Projekt-631: Deutz-Fahr: Schwingungstestung

Projektleitung

Manfred Nadlinger

Forschungseinrichtung

Direktion FJ-BLT

Projektnummer

10221

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Berichte

Abschlussbericht , 31.12.2004

Kurzfassung

Die vertikalen Beschleunigungen in der Kabine werden auf der 100m-Bahn und mit der Kabinenfederung (AUS/EIN) um bis zu 20 % verringert. Im Praxiseinsatz war durch die Kabinenfederung (mit Ausnahme des Pfluges) keine Schwingungsreduktion in vertikaler Richtung am Fahrersitz festzustellen. Der Grund liegt in der stochastischen (zufälligen) Schwingungsanregung und der Fixierung des Traktorgrundrahmens durch den Pflug (keine freie Schwingmöglichkeit). Bezogen auf den Versuchstraktor ist die Kabinenfederung (System „Wippe\" - mechanisch oder pneumatisch) als alleiniges Federungssystem am Traktor zur vertikalen Schwingungsverbesserung (Verminderung) nicht geeignet. Der Grund liegt in der Überlagerung der Eigenfrequenzen mit der Kabinenfederung und dem Traktorgrundrahmen. In Verbindung mit der Vorderachsfederung ist auch die Kabinenfederung wirksam. Die Kabinenfederung gemeinsam mit der Vorderachsfederung reduzieren die Eigenfrequenz des Traktorgrundrahmens (Federungszustand EIN/EIN). Die Eigenfrequenzen der Kabine und des Traktorgrundrahmens überlagern sich nicht oder nur mehr unter bestimmten Fahrzuständen und beträchtliche Schwingungsreduktionen sind die Folge. Die Vorderachsfederung hat somit den größten Einfluss auf die vertikale Schwingungsreduktion am Fahrersitz. In der Praxis wurden durch die Vorderachsfederung vertikale Schwingungsreduktionen am Fahrersitz um bis ca. 80 % festgestellt. Die Vorderachsfederung in Verbindung mit der Kabinenfederung (EIN/EIN) zeigt im Praxiseinsatz (bei fast allen Fahrzuständen) die größte vertikale Beschleunigungsreduktion auf den Fahrer. Ein grundsätzliches Problem der heutigen Federungssysteme ist die gezielte Abstimmung der einzelnen Schwingungsparameter bei der Vielzahl unterschiedlicher Betriebszustände. Mit der gemeinsamen Verwendung von Vorderachsfederung und Kabinenfederung wurde bereits eine große Beschleunigungsreduktion am Fahrersitz in vertikaler Richtung erreicht. Zusätzlich zur Vorderachs- und Kabinenfederung ist aber noch immer ein guter Fahrersitz notwendig, um das Optimum an Schwingungsreduktion in vertikaler Richtung zu erreichen. Die ursprüngliche Befürchtung der Sitzhersteller, dass mit der Einführung der Kabinenfederung ein guter Fahrersitz nicht mehr notwendig sein wird, ist somit unbegründet. Die Verkaufsstatistik für Deutschland und Österreich zeigt einen eindeutigen Trend zum Traktor mit 50 km/h. Ohne Vorderachsfederung ist der Fahrer nicht nur einer hohen Schwingungsbelastung ausgesetzt, auch die Fahrsicherheit auf der Straße, ab 40 km/h, ist nicht mehr gegeben. Daher sollte der verpflichtende Einbau der Vorderachsfederung bei allen Traktoren über 40 km/h gesetzlich gefordert werden. Die horizontalen Schwingungen in Fahrtrichtung werden bereits mit integrierten Sitzhorizontalfederungen sehr gut abgeschwächt. Die horizontalen Schwingungen quer zur Fahrtrichtung wurden bei den modernen Federungssystemen bisher nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Durch den Trend zum vermehrten Einsatz leistungsstarker Traktoren wird das Problem der Querbeschleunigungen am Fahrersitz aktuell. Große Traktoren haben alle sehr hohe Sitzpositionen für den Fahrer. Je weiter der Fahrer von der Hinterachse entfernt ist, desto höher werden die horizontalen Beschleunigungen quer zur Fahrtrichtung. Nachdem der menschliche Körper quer zur Fahrtrichtung nur eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit hat, machen sich Horizontalbeschleunigungen quer zur Fahrtrichtung sehr schmerzhaft bemerkbar. Sogenannte „Sitzquerhorizontalfederungen\" werden vereinzelt als Wunschausstattungen von den Sitzfirmen angeboten, deren Wirksamkeit wurde aber noch zu wenig untersucht. Deshalb können darüber noch keine seriösen Aussagen gemacht werden. Im Sept. 2002 wurde ein EU-Projekt mit dem Namen „VIBSEAT\" gestartet, um das Problem der horizontalen Schwingungen am Fahrersitz versuchstechnisch und mit Hilfe von Simulationsprogrammen zu bearbeiten. In drei Jahren werden die Ergebnisse dieses EU-Projektes vorliegen. Bis dahin sollen auch wirksame „Sitzquerhorizontalfederungssysteme\" serienreif sein. Aufgrund der verschiedensten Schwingungsparameter und deren komplexen Zusammenhänge werden in Zukunft Computersimulationsprogramme zur Optimierung der Federungssysteme einen wesentlichen Beitrag leisten. Erste Arbeiten auf diesem Gebiet wurden bereits von H. Böhler, der sich mit einem „Traktormodell zur Simulation der dynamischen Belastungen bei Transportfahrten\" (Mehrkörpersimulation) [62] und Bernd Thomas, der mit Hilfe der Simulation ein passives Kabinenfederungssystem für Traktoren konzipierte [60], durchgeführt. Die Entwicklung zu immer höheren Fahrgeschwindigkeiten im Bereich der Agrarwirtschaft ist noch nicht abgeschlossen und dementsprechend sind noch einige Probleme ungelöst. So muss ein Forschungsschwerpunkt auf der Lösung des Zielkonfliktes zwischen Fahrsicherheit und Fahrkomfort liegen. Hier muss speziell untersucht werden, inwieweit andere Fahrwerkskonzepte zu besseren Lösungen führen. Es muss jedoch auch geklärt werden, ob und in welchem Maße sich Verbesserungen durch den Einsatz neuer und besserer Regelungen erzielen lassen. Wo die Grenzen der mechanischen Abstimmungen von Schwingungssystemen erreicht sind, können nur mehr mit Hilfe elektronischer Regelungen Verbesserungen erzielt werden. Am Beispiel des aktiv geregelten Sitzes der Fa. John Deere ist dies bereits gelungen. In Zukunft ist es sinnvoll die Regelung in das Traktormanagementsystem zu integrieren, um das Federungsverhalten auf die Fahrzustände automatisch abstimmen zu können. Einige Traktorhersteller arbeiten bereits an intelligenten Federungssystemen, die sich in der Federungscharakteristik an den jeweiligen Betriebszustand anpassen. Eine neue EU-Richtlinie wurde im Frühjahr 2002 beschlossen. Die Richtlinie legt in Zukunft die Grenzwerte mechanischer Vibrationen am Arbeitsplatz und damit auch für Bedienstete in der Land- und Forstwirtschaft fest. Sie regelt die maximal, tägliche zumutbare Schwingungsexposition für den Fahrer. Beim Vergleich der Ergebnisse des Praxiseinsatzes mit den Grenzwerten der EU-Richtlinie ist zu erkennen, dass bis zum Inkrafttreten der Richtlinie 2014 von Seiten der Traktorhersteller noch ein großer Handlungsbedarf besteht, um die strengen Grenzwerte der EU-Richtlinie erfüllen zu können. Mit dem üblichen Konzept des gefederten Standardtraktors wird es nur mit optimal aufeinander abgestimmten Federungssystemen möglich sein, diese Forderungen zu erfüllen. Neue Traktorkonzepte werden bis dahin diese Forderungen erfüllen. Leider hat die Mehrzahl der Menschen in unserer Arbeitswelt eine sitzende Tätigkeit zu verrichten. Wird gegen eine schlechte Sitzhaltung und (oder) gegen eine hohe Schwingungsbelastung über Jahre hinweg nichts unternommen, kann die Gesundheit und die Lebensqualität auf Dauer stark beeinträchtigt werden. Wartet man bis zum Auftreten der ersten Beschwerden, ist es meist bereits zu spät. Auch der teuerste Traktorsitz kann dann Schäden durch Abnützungserscheinungen nicht mehr rückgängig machen. Ein Optimum an Sitzkomfort wird derzeit nur durch eine Vorderachsfederung, Kabinenfederung, einen guten Fahrersitz, verbunden mit einer effektiven horizontalen Schwingungsdämpfung in und quer zur Fahrtrichtung erreicht. Ein Kabinenniveauausgleich kann noch zusätzlich zu einer wesentlichen Entlastung des Fahrers beitragen. Die Traktorhersteller sollten ein Federungssystem entwickeln, das die Federungscharakteristik den jeweiligen Betriebsbedingungen des Traktors automatisch anpasst.

Berichtsdateien

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Autor/innen

Manfred Nadlinger

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