Projekt-949: Objektivierung der geländeklimatischen Bewertung der Weinbaulagen Österreichs in Hinblick auf deren Auswirkung auf die Qualität des Weines am Beispiel der Regionen um Oggau und Retz

Projektleitung

Helga Kromp-Kolb

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur - Department Wasser - Atmosphäre - Umwelt ehem. Institut für Meteorologie und Physik

Projektnummer

1265

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Objective topoclimatic assessment of winegrowing areas in Austria in view of their influence on wine quality. A pilot study for the surroundings of Oggau (Burgenland) and Retz (Lower Austria)

Projektziele

Zunächst sollte erstmals eine Grundlage für einen objektiven, weinqualitätsrelevanten Maßstab zur klimatischen Charakterisierung von Weinbaulagen in Österreich geschaffen werden. Dabei sollen sowohl thermische und Strahlungsunterschiede im topographisch gegliederten Gelände als auch Frostgefährdung und Trockenstressrisiko einbezogen werden. Ziel war die Ermittlung eines 'potentiellen Mostgewichtes' für topographisch unterschiedliche Standorte.
Die weinqualitätsrelevanten klimatischen Parameter sollen in das geplante, bundesweite digitale Weinbauinformationssystem auf GIS-Basis einfließen. Diese Datenbank soll es u.a. ermöglichen die relevanten Parameter der Weinbaugebiete kartographisch darzustellen und in der Folge z.B. bei der optimalen Anpassung der Rebsorten und -unterlagen an den Standort behilflich sein.
In den meisten europäischen Ländern, in denen Qualitätsweinbau eine kulturell oder wirtschaftlich bedeutende Rolle spielt, sind die klimatischen Grundlagen für den erfolgreichen Anbau von Qualitätsweinen untersucht, erfasst und kartographisch dargestellt worden. Sie bilden eine wesentliche Grundlage für Entscheidungen hinsichtlich Sortenwahl, Flurbereinigungsmaßnahmen, Bearbeitungsmethoden, Förderungen, etc.
Je dominanter das Klima für die Qualität des Weines ist, d.h. je randlagiger der Standort, desto wichtiger ist die Erfassung der klimatologischen Verhältnisse. Da die klimatischen Voraussetzungen in den Weinbaugebieten in Österreich vergleichsweise gut sind, wurde dieser Frage bisher relativ wenig Augenmerk geschenkt. Es gab jedoch gute Gründe diese Lücke jetzt zu füllen: Der Planungshorizont bei entscheidenden Weinbaumaßnahmen - wie etwa Sortenwahl - liegt bei ca. 20 Jahren; die vorausschauende Berücksichtigung von Entwicklungen, welche sich in diesem Zeitrahmen abspielen können, ist daher wichtig. Die derzeit bereits beobachtbare Klimaveränderung und die vermutete weitere Tendenz lässt erwarten, dass auch im österreichischen Weinbau Anpassungsmaßnahmen notwendig werden, für die eine wissenschaftliche Grundlage benötigt wird. Es ist darüber hinaus zu erwarten, dass wegen der klimatischen Veränderungen auf Betreiben wichtiger Weinbauländer wie Frankreich auf EU-Ebene Änderungen in den Regelungen für den Weinbau vorgenommen werden. Es wäre für Österreich wichtig, zu diesem Zeitpunkt über die fachlichen Grundlagen zu verfügen, die es ermöglichen, die Auswirkungen eventueller Änderungen auf Österreich abzuschätzen und qualifiziert zur Diskussion um Neuregelungen beizutragen.
Ziel dieses Projektes war es, objektive topoklimatische Kriterien für die Beurteilung von Weinbaugebieten abzuleiten und mittels Interpolationsverfahren flächige Kartendarstellungen dieser Kriterien zu erstellen. Im ursprünglichen Konzept war geplant, das dichte meteorologische Messnetz der Firma ADCON in den Weinbauregionen Retz und Oggau für diese räumliche Interpolation zu nutzen. Leider stellte sich bei Vergleichsmessungen im ersten Projektjahr heraus, dass die Messgenauigkeit der ADCON-Stationen nicht für diesen Zweck ausreicht. Die Temperatursensoren zeigten Abweichungen im Tagesmittel von rund 0.5 bis 1 °C und beim Tagesmaximum, bedingt durch Strahlungsfehler, sogar bis zu über 2 °C.

Berichte

Abschlussbericht , 01.10.2004

Kurzfassung

Als Indikator für das Klima eignen sich die Temperatursummen nach Harlfinger hervorragend. Diese widerspiegeln nicht nur die thermischen Eigenschaften einer Region, sondern zu rund 30 Prozent auch die Strahlungsverhältnisse. Der Zusammenhang Mostqualität (hier verwendet Zucker- und Säuregehalt) und Klima wurde aus Säure- und Zuckeranalysen errechnet, die von Trauben von ein und derselben Riede gewonnen wurden. Dies ist notwendig um sicherzustellen, dass andere Faktoren, welche die Mostqualität beeinflussen, möglichst konstant gehalten werden. Besonders gut geeignet sind die Daten des REBPROG-Programmes, da hier die zeitliche Entwicklung des Zucker- und Säuregehaltes innerhalb des Jahres gemessen wird. Mittels Temperatursumme kann z.B. für den Grünen Veltliner im Raum Mistelbach mehr als 90 Prozent der Variabilität des Zucker- und Säuregehaltes erklärt werden. Um die relative klimatische Eignung der einzelnen Flächen des Retzer Raumes zu ermitteln, wurde die Höhenabhängigkeit der Temperatursummen einerseits, und die Abhängigkeit von der Strahlung, d.h. von der Hangausrichtung, der Hangneigung und der Abschattung anhand der verfügbaren Messwerte und eines Strahlungsmodells errechnet. Die Vertikalgradienten der Temperatur wurden auf Tagesbasis aus zwei Stationen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik berechnet. Für die Bestimmung des Strahlungseffektes wurde ein hoch aufgelöstes digitales Höhenmodell und das Strahlungsmodell 'Solar Analyst’ verwendet. Dieses Strahlungsmodell berechnet die Globalstrahlung in Abhängigkeit von Hangneigung, Hangausrichtung und Abschattung. Auf der Basis eines hoch aufgelösten Geländemodells konnten die Temperatursummen durch die Kombination des Seehöheneffektes und des Strahlungseffektes berechnet werden. Die Methode liefert sowohl für einzelne Jahre, als auch für die mittleren Verhältnisse im Zeitraum 1984 bis 2003 ein differenziertes Bild von Temperatursummen. Der Gesamtablauf des Berechnungsmodells besteht aus folgenden Schritten: Berechnung der Temperatursummen an den meteorologischen Stationen. Berechnung der Regression zwischen Temperatursummen und Mostparameter. Berechnung und Übertragung der Seehöhenabhängigkeit der Temperatursumme auf das digitale Höhenmodell. Berechnung und Übertragung des Strahlungskorrekturterms auf das digitale Höhenmodell. Berechnung der Temperatursumme für das gesamte digitale Höhenmodell mithilfe der Stationswerte, der Seehöhenabhängigkeit und der Strahlungskorrektur. Berechnung der Mostparameter durch Anwendung der Regressionen auf die Temperatursumme im digitalen Höhenmodell. Der gute Zusammenhang zwischen Zucker- bzw. Säuregehalt und Temperatursummen ermöglicht die Errechnung einer Karte des potenziellen Zucker- oder Säuregehaltes. Das derart berechnete, potenzielle Mostgewicht für die Periode 1984 bis 2003 (Abbildung 3) stellt nur einen relativen (hypothetischen) Wert dar: Es gibt die klimatische Gunst oder Ungunst der Lage an, unter der Annahme, dass alle anderen Faktoren, wie z.B. der Boden, den Verhältnissen an der Referenzriede entspricht. In Gebieten, in denen Werte von 20 °KMW und mehr auftreten, erreichen im Laufe des Jahres höhere Temperatursummen als benötigt werden, um den entsprechenden Zuckergehalt aufzubauen. Hier kann daher früher gelesen werden. In dem Interpolationsverfahren nicht enthalten ist das Frostrisiko. Der limitierende Faktor für den Weinbau im Flachland und Beckenbereich im Raume Retz sind – wie auch aus obigen Ergebnissen ersichtlich - nicht die Temperatur- und Strahlungsbedingungen während der Vegetationsperiode, sondern die Starkfröste im Winter und die Spätfröste um den Weinaustrieb. Die verfügbaren meteorologischen Daten reichen nicht für eine tiefer gehende Analyse oder Modellbildung aus. Es kann jedoch abgeschätzt werden, dass das Frostrisiko während des Weinaustriebes im Flachland um Retz rund doppelt so hoch ist, wie nur 60 Höhenmeter darüber, auf den Hängen. Das hier entwickelte Verfahren kann auf andere Weinbaugebiete angewendet werden, wenn meteorologische Daten für die lokale Kalibrierung der Modelle zur Verfügung stehen.

Berichtsdateien

Abschlussbericht_1265.pdf

Autor/innen

Mag. Dr. Herbert Formayer, Dr. Otmar Harlfinger, Univ. Prof. Dr. Erich Mursch-Radlgruber, Mag. Dr. Helga Nefzger, Mag. Nikolaus Groll, Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb