© M. Egerbacher
VirtuellerZaunZiege: Ein Virtueller Zaun für Ziegen – Bewertung physiologischer Parameter und des Verhaltens als Indikatoren des Tierwohls bei Nutzung eines virtuellen Zaunsystems
Projektleitung
Monika Egerbacher
Forschungseinrichtung
Forschungsverein Venn
Projektnummer
101696Projektlaufzeit
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Finanzierungspartner
Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Allgemeine Projektinformationen
Abstract (deutsch)
Ziel der Studie ist es, modernes Weidemanagement mit virtuellem Zaun zu erproben, eine Zukunftstechnologie für eine effiziente und nachhaltige Weidenutzung. Virtuelle Zaunsysteme bestehen aus einem Halsband mit einer Box, die einen GPS-Empfänger mit Antenne und Batterien enthält, die über Sonnenkollektoren aufgeladen werden. Mithilfe einer App und einer Satellitenkarte wird das Weidegebiet durch virtuelle Zäune abgegrenzt. Nähern sich die Tiere der virtuellen Grenze, wird zunächst ein akustisches Warnsignal in Form einer Tonskala gesendet, gefolgt von einem elektrischen Impuls. Zum Einsatz kommt das bereits erfolgreich an Rindern, Ziegen und Schafen getestete Gerät von Nofence, Norwegen.
Das Projekt ist als Pilotstudie angelegt mit dem Ziel, die Eignung der Technologie für Ziegen hinsichtlich Erlernbarkeit und Auswirkungen auf das Tierwohl zu evaluieren. Dazu werden 20 Ziegen unterschiedlicher Altersklassen (alt, mittel und jung) in zwei Gruppen zu je 10 eingeteilt, die als Kontrollgruppe und als Testgruppe mit dem Nofence-Halsband dienen. Nach der Anpassung an Weide und Gruppe beginnt für die Nofence-Gruppe eine zweitägige Trainings- und eine zehntägige Testphase, in der der physische Zaun auf einer Seite durch einen virtuellen Zaun ersetzt wird. Die Kontrollgruppe wird während der gesamten Versuchsdauer auf einer Weide mit herkömmlichem Elektrozaun gehalten. Alle Experimente finden zwischen 14 und 19 Uhr statt.
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Schlagwörter (deutsch)
Virtueller Zaun, Ziegen, Weidemanagement, Tierwohl, Stress
Titel (englisch)
Virtual fencing for goats – assessment of physiological parameters and animal behaviour as indicators of animal welfare while using a virtual fencing system.
Abstract (englisch)
The purpose of the study is to test modern pasture management with virtual fencing, a future technology for efficient and sustainable pasture use. Virtual fence systems consist of a collar with a box that contains a GPS receiver with antenna and batteries that are charged via solar panels. With the help of an app and a satellite map, the pasture area is demarcated by virtual fences. When the animals approach the virtual boundary, an acoustic warning signal in the form of a tone scale is first sent, which is followed by an electrical impulse. The device from Nofence, Norway, which has already been successfully tested on cattle, goats and sheep, is used.
The project is designed as a pilot study with the aim of evaluating the suitability of the technology for goats in terms of learnability and the effects on animal welfare. For this purpose, 20 goats of different age groups (old, medium and young) are divided into two groups of 10 each, which serve as a control group and as a test group with the nofence collar. After adaptation to pasture and group, a two day training and a ten day test phase begins for the nofence group, in which the physical fence on one side is replaced by a virtual fence. The control group is kept in a pasture with a conventional electric fence for the entire duration of the experiment. All experiments will take place between 2 and 7pm.
Schlagwörter (englisch)
virtual fencing, goats, pasture management, animal welfare
Zugesicherte Finanzierung BML
Projektziele
Die Beweidung mit Ziegen hat in den Alpen eine lange Tradition. Daher stehen Versuche zur Offenhaltung der Landschaft mit Ziegen wieder alpenweit im Fokus der Almbewirtschafter und von Biodiversitätsexperten. Die Ziegenweide wurde aber zunehmend durch das Forstrecht eingeschränkt und in der Folge wegen Unwirtschaftlichkeit (entsprechend dem hohem Aufwand und den entgegenstehenden geringen Erträgen) oft aufgegeben. Mit der virtuellen Zauntechnik ist es denkbar, dass trotz des steigenden Arbeitskräftemangels in der Almwirtschaft, bislang kaum nutzbare, weil verbuschende und daher oft nicht mehr zäunbare Landschaftskammern beweidbar werden. Auf den österreichischen Alpen werden ca. 10.300 Ziegen (neben z.B. 311.000 Rindern, 112.000 Schafen oder 8.800 Pferden) gehalten, auf den Tiroler Alpen mehr als die Hälfte der Ziegen (neben z.B. 108.000 Rindern, 68.000 Schafen und 3.200 Pferden)(ALMWIRTSCHAFT Österreich 2021: https://www.almwirtschaft.com/...). Die virtuelle Zauntechnik kann langfristige auch bei Schafen und Rindern die Weideführung in der Almstufe verbessern und hat kann daher – angesichts des immer knapper werdenden Almpersonals und der sinkenden Zahl an Almbewirtschaftern – weit über die Ziegenweide hinaus Bedeutung erlangen.
Die im Projekt zum Einsatz kommende „Blobe Goas“ ist als robuste Ziegenrasse, die typischerweise als Mutterziege gehalten wird, prädestiniert für die Landschaftspflege in steilen Lagen. Sie hat ihre ursprüngliche Herkunft im zentralen Zentralalpenteil Tirols (Nord – und Südtiroler Wipptal, sowie Stubaital). Sie ist eine recht ursprüngliche Rasse mit hohem Gefährdungsstatus (nur noch ca. 830 Tiere) und ein Sinnbild für die Weide im subalpinen, steilen Gelände. Sie kommt insbesondere auch mit den in dieser Höhenlage typischen extremen Witterungslagen (z.B. Schneelagen auch im Sommer) gut zurecht und ist eine relativ lange Weidedauer gewohnt.
Praxisrelevanz
Mit dieser Pilot-Studie soll ein neues Weidemanagementsystem im Hinblick auf physiologische Parameter und dem Verhalten der Tiere als Indikatoren des Tierwohls getestet werden. Die Ergebnisse liefern relevante Basisdaten als Voraussetzung für i) die Genehmigung einer größere Feldstudie mit mehr Tieren im alpinen Gelände und ii) in der Folge eine mögliche Zulassung des virtuellen Zaunsystems der Firma Nofence in Österreich.
Natur- und Landschaftsschutz:
Die virtuelle Zauntechnik kann helfen, einen weiteren Verlust an offener Landschaft in abgelegenen Landschaftsteilen, Almen, Tälern etc. zu vermeiden. Diese sind Biodiversitäts-Hotspots, die jedoch durch Verbuschung und Aufforstung bedroht sind. In Österreich nimmt die Waldfläche seit Jahrzehnten zu. Lag der Waldanteil vor etwa 100 Jahren noch bei ca. 30% hat sich der Waldanteil auf zuletzt ca. 48% erhöht. Auch in Tirol hat sich etwa der Waldanteil seit 1954 von 33% auf ca. 42% (2016) erhöht. Die Neubewaldung und Verbuschung der Landschaft findet vornehmlich in der subalpinen Waldstufe, dem „Almstockwerk“ statt.
Nutzbarhaltung der Alm- und Weidelandschaft:
Während allein das Bundesland Tirol 1954 noch eine alpwirtschaftlich genutzte Fläche von 27% bzw. 341.500 ha aufwies, hat ganz Österreich heute nur mehr eine Almfutterfläche von 340.000 ha. In Tirol sind nur mehr rund 135.000 ha als Almfutterfläche genutzt. Dies bedeutet für Tirol einen Rückgang von -60,5%!
Qualitative Verbesserung der Weidepflege in schwierigen Geländelagen: Die Beweidung mit Ziegen hat in den Alpen eine lange Tradition. Daher stehen Versuche zur Offenhaltung der Landschaft mit Ziegen wieder alpenweit im Fokus der Almbewirtschafter und von Biodiversitätsexperten. Die Ziegenweide wurde aber zunehmend durch das Forstrecht eingeschränkt und in der Folge wegen Unwirtschaftlichkeit (entsprechend dem hohem Aufwand und den entgegenstehenden geringen Erträgen) oft aufgegeben. Mit der virtuellen Zauntechnik ist es denkbar, dass trotz des steigenden Arbeitskräftemangels in der Almwirtschaft, bislang kaum nutzbare, weil verbuschende und daher oft nicht mehr zäunbare Landschaftskammern beweidbar werden. Auf den österreichischen Alpen werden ca. 10.300 Ziegen (neben z.B. 311.000 Rindern, 112.000 Schafen oder 8.800 Pferden) gehalten, auf den Tiroler Alpen mehr als die Hälfte der Ziegen (neben z.B. 108.000 Rindern, 68.000 Schafen und 3.200 Pferden)(ALMWIRTSCHAFT Österreich 2021: https://www.almwirtschaft.com/...). Die virtuelle Zauntechnik kann langfristige auch bei Schafen und Rindern die Weideführung in der Almstufe verbessern und hat kann daher – angesichts des immer knapper werdenden Almpersonals und der sinkenden Zahl an Almbewirtschaftern – weit über die Ziegenweide hinaus Bedeutung erlangen.
Die im Projekt zum Einsatz kommende „Blobe Goas“ ist als robuste Ziegenrasse, die typischerweise als Mutterziege gehalten wird, prädestiniert für die Landschaftspflege in steilen Lagen. Sie hat ihre ursprüngliche Herkunft im zentralen Zentralalpenteil Tirols (Nord – und Südtiroler Wipptal, sowie Stubaital). Sie ist eine recht ursprüngliche Rasse mit hohem Gefährdungsstatus (nur noch ca. 830 Tiere) und ein Sinnbild für die Weide im subalpinen, steilen Gelände. Sie kommt insbesondere auch mit den in dieser Höhenlage typischen extremen Witterungslagen (z.B. Schneelagen auch im Sommer) gut zurecht und ist eine relativ lange Weidedauer gewohnt.
Neue forstrechtliche Optionen:
Ein langfristiges Ziel des Projektes ist – im Hinblick auf das öffentliche Interesse der Landschaftsoffenhaltung und der Biodiversitätsförderung – dem Gesetzgeber neue Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen zum forstgesetzlichen Weideverbot aufzuzeigen und die strikte Abwehrhaltung der obersten Gerichte gegen die Ziegenweide aufzuweichen, da diese (mangels ausreichender Fernhaltung der Ziegen vom Waldbewuchs) immer der Waldentwicklung zulasten der Ziegenweide dem Vorrang gaben.
Berichte
Kurzfassung
Berichtsdateien
Abstract (deutsch)
Virtuelles Zäunen (vf) ist eine GPS-gestützte Zauntechnologie, die den visuellen Hinweis eines physischen Zauns durch ein akustisches Signal und einen optionalen elektrischen Impuls ersetzt und so die Beweidung von Nutztieren in Gebieten ermöglichen soll, die umweltsensibel, geschützt oder schwer zugänglich sind. Bisher konzentrierten sich Forschung und Handel vor allem auf Rinder, doch das norwegische System „Nofence“ ist auch für Schafe und Ziegen erhältlich und wird bereits in der Praxis eingesetzt. In dieser Pilotstudie wurden zwei Gruppen von 10 erwachsenen „Blobe“-Ziegen, die Nofence-Halsbänder trugen (mit ihren nicht besenderten Kitzen) nacheinander auf vf trainiert. In den ersten beiden Tagen (Phase 1) des 12-Tage-Plans war die vf-Linie durch einen physischen Zaun markiert, der nach und nach entfernt wurde. Am achten Tag wurde die vf-Grenze verschoben, um die zugängliche Weidefläche zu vergrößern. Die Auswertung der akustischen Signale und elektrischen Impulse ergab eine höhere Anzahl akustischer Signale, was darauf hindeutet, dass Ziegen z.T. bereits auf das akustische Signal reagierten und den elektrischen Impuls vermieden. Nach dem Verschieben der Zaunlinie nahm die Anzahl der akustischen und elektrischen Signale zu, während die Ziegen die neue Grenze erkundeten und testeten. Alle Ziegen mit Nofence Halsbändern verblieben jedoch – bis auf zwei Ausnahmen - innerhalb des virtuellen Zaunes, es kam zu keinem vom System registrierten Ausbruch. Der Anstieg der Success-Ratio weist auf einen Lernprozess der Tiere hin, was den Angaben zu Versuchen mit Schafen und Rindern entspricht. Die ersten Ergebnisse der HF-Messungen ergaben deutliche Effekte des elektrischen Impulses auf die Herzfrequenz und die Regelmäßigkeit des Pulses. Die Auswertung der Grundverhaltensweisen der Ziegen durch Intervallbeobachtung ergab keine klaren, gerichteten Unterschiede. Die Messung der Cortisolmetaboliten im Kot als Stressindikator und die Gewichtszunahme während der Versuchszeit ergaben vergleichbare Ergebnisse bei den jeweiligen vf und pf Gruppen. Anhand der FCM konnte kein eindeutig negativer Effekt des vf-Systems nachgewiesen werden, was sich mit der Literatur deckt. Insgesamt kann diese Studie als Basis für weitere Studien mit virtuell gezäunten Ziegen dienen. Weiterentwickelte Versuchsdesigns mit erhöhtem Kontakt der Tiere mit dem virtuellen Zaun können helfen, mehr Erkenntnisse über das Potential der vf-Technologie als Weidemanagement-Tool für Ziegen zu gewinnen.
Abstract (englisch)
Virtual fencing (vf) is a GPS-enabled fencing technology that replaces the visual cue of a physical fence with an acoustic signal and an optional electric pulse and therefore allows the grazing of livestock in areas that are environmentally sensitive, protected, or difficult to access. So far, research and commercial trade have concentrated mainly on cattle, but the Norwegian system ‘Nofence’ is also available for sheep and goats. In this study, two groups of 10 adult ‘Blobe’ goats wearing Nofence-collars with offspring were successively trained to vf. In the first two days of the 12-day schedule, the vf line was marked by a physical fence, which was gradually removed. On day eight, the vf line was shifted to enlarge the accessible grazing area. An evaluation of acoustic signals and electric pulses showed a higher number of acoustic signals than electric pulses, which implies that goats were responding to the acoustic signal alone, thus avoiding the electric pulse. After shifting the fence line, the number of acoustic signals and electric pulses increased as the goats explored and tested the new boundary. All goats with Nofence-collars – with two exceptions – remained within the virtual fence and no escape registered by the system occurred. The increase in the success ratio indicates that the animals are learning, which corresponds to the data from experiments with sheep and cattle.
The first results of the HF measurements showed clear effects of the electrical impulse on the heart rate and the regularity of the pulse. The evaluation of the goats' basic behaviors through interval observation did not reveal any clear, directed differences. The measurement of cortisol metabolites in the feces as a stress indicator and the weight gain during the experimental period gave comparable results in the respective vf and pf groups. Using the FCM, no clear negative effect of the vf system could be demonstrated, which is consistent with the literature. Overall, this study can serve as a basis for further studies with virtually fenced goats. Further developed experimental designs with increased animal contact with the virtual fence can help to gain more insight into the potential of vf technology as a pasture management tool for goats.
Autor/innen
Wilms, L., Hamidi, D., Lüntzel, C., Waiblinger, S., Palme, R., Komainda, M., Siller, J., Ortner, M., Brugger, T., Kistl, M., Isselstein, J., Egerbacher M.