VIRES: TdRF2023_Pre-Breeding zur Entwicklung regional angepasster und virusresistenter Weizensorten, als Anpassung an den Klimawandel in der Pflanzenproduktion

Projektleitung

Hermann Buerstmayr

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101959

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft | Saatzucht Donau GmbH&CoKG| Saatzucht Edelhof GmbH

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Durch Insekten übertragbare Getreidevirosen gelten als ‚Gewinner‘ des Klimawandels. Wintergetreide, insbesondere Wintergerste und Winterweizen, sind einem verstärktem Druck für eine Infektion mit Weizen-Verzwergungsvirus (Wheat dwarf virus, WDV), sowie Gerstengelbverzwergungsvirus [Barley yellow dwarf virus, BYDV] und Getreidegelbverzwergungsvirus [Cereal yellow dwarf virus, CYDV]) ausgesetzt. Getreidepflanzen sind im Jugendstadium am empfindlichsten gegenüber diese Viren. Die Viren werden durch saugende Insekten (Vektoren) übertragen: WDV wird durch eine Zwergzikade (Psammotettix alienus), BYDY und CYDV durch mehrere Blattlausarten. Die Aktivität der Vektoren ist temperatur- und damit witterungsabhängig. Steigende Temperaturen erhöhen die Mobilität der Vektoren. Insbesondere längere Perioden mit warmer Temperatur im Herbst, in manchen Jahren bis in den Frühwinter, wie sie zunehmend vorkommen, bewirken eine höhere Gefährdung unserer Getreidebestände durch Virosen. Das Schadausmaß variiert je nach Befallsgrad, stark befallene Bestände können zum Totalausfall führen.

Im Projekt werden erforderlichen Vorarbeiten (Pre-breeding) zur Züchtung von 1) neuen resistenten Zuchtlinien durchgeführt und 2) wirksame Selektionsverfahren entwickelt, wobei der Schwerpunkt auf Resistenz gegen WDV gelegt wird, weil WDV in der Praxis bei Weizen in Mitteleuropa von zunehmender Bedeutung ist.

In Arbeitspaket 1 wird die genetische Variation im aktuellen Zuchtmaterial in mehrortigen Feldversuchen überprüft und Selektionsmarker für quantitative Resistenz werden gesucht. In Arbeitspaket 2 wird ein von der Pflanzenzüchtung an der BOKU [1] in einer alten osteuropäischen Sorte kürzlich entdeckter und hoch wirksamer Resistenzfaktor auf Chromosom 6A in regional angepasste Winterweizen-Sortenkandidaten eingebracht.

Insgesamt stellen die zu erwartenden neuen Erkenntnisse zur Vererbung der Virusresistenz und das neu entwickelte Pre-breeding Zuchtmaterial mit verbesserter Virusresistenz einen essentiellen Schritt in Richtung zukunfts-fitter Weizensorten und nachhaltiger Absicherung des Weizenanbaues in Österreich dar.

Schlagwörter (deutsch)

Virosen, Weizen, Resistenz, Klimaanpassung, Züchtung, Weizenverzwergungsvirus

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

TdRF2023_Pre-breeding to develop regionally adapted and virus resistant winter wheat cultivars safeguarding future wheat production in times of climate-change.

Abstract (englisch)

Insect-transmissible cereal viruses are considered 'winners' of climate change. Winter cereals, especially winter barley and winter wheat, are under increased pressure for infection with cereal viruses, including Wheat Dwarf Virus (WDV), as well as Barley yellow dwarf virus (BYDV) and Cereal yellow dwarf virus (CYDV). Cereal plants are most susceptible to these viruses when in the one to three leaf stage. The viruses are transmitted by sucking insects (vectors): WDV is transmitted by a leafhopper (Psammotettix alienus), BYDV and CYDV by several aphid species. Vector activity is temperature and thus weather dependent. Rising temperatures increase the mobility of vectors. In particular, longer periods of warm temperatures in the fall, in some years into early winter, which are increasingly occurring, result in a higher risk to our cereal crops from viruses. The extent of damage varies depending on the degree of infestation; heavily infested stands can lead to total failure.

In the project, necessary preliminary work (pre-breeding) will be carried out to breed 1) new resistant breeding lines and 2) develop effective selection procedures, focusing on resistance to WDV, because WDV is of increasing importance for wheat production in Central Europe.

In work package 1, genetic variation in current breeding material will be checked in multi-site field trials and selection markers for quantitative resistance will be sought. In work package 2, a highly effective resistance factor on chromosome 6A recently discovered by BOKU plant breeders [1] in an old variety will be introduced into novel, regionally adapted winter wheat variety candidates.

Overall, the expected new findings on the inheritance of virus resistance and the newly developed pre-breeding breeding material with improved virus resistance represent an essential step towards future-fit wheat varieties and sustainable safeguarding of wheat cultivation in Austria.

Schlagwörter (englisch)

virus, resistance, wheat dwarf virus, breeding, climate change, adaptation, wheat

Projektziele

Problemstellung

Getreidevirosen sind ‚Gewinner‘ des Klimawandels und werden den Getreideanbau in Österreich zunehmend unter Druck setzen.


Der durch die menschliche Aktivität angeheizte Klimawandel verstärkt eine Reihe von Stressfaktoren für das Leben auf unserem Planeten. Pflanzen, einschließlich Kulturpflanzen, sind verändernden Umweltbedingungen ausgesetzt. Dies führt sowohl zu verstärktem abiotischen Stress, wie Hitze, Wassermangel, oder Spätfröste und zu geändertem biotischem Stress, da sowohl die Pflanzen als auch deren Schädlinge und Krankheitserreger unterschiedlich auf den Klimawandel reagieren.

Am Tag der Ressortforschung des BM für Land und Forstwirtschaft Regionen und Wasserwirtschaft am 15. Mai 2023, wurde das Thema Virosen an Getreide von den Teilnehmer:innen des Workshops Züchtungsforschung für standortangepasste Sorten als eines der drängenden neuen Probleme diskutiert. Mehrere Teilnehmer: innen aus Praxis und Wissenschaft orten auf diesem Gebiet Handlungsbedarf, um die nächste Generation von Getreidesorten mit einem Schutzschild gegen Virosen auszustatten. Dieses für die Praxis neue Zuchtziel benötigt in einem ersten Schritt intensive Vorarbeiten, welche in enger Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis im gegenwärtigen Projektantrag umgesetzt werden sollen.

Durch Insekten übertragbaren Getreidevirosen gelten als ‚Gewinner‘ des Klimawandels [2; 3]. Wintergetreide, insbesondere Wintergerste und Winterweizen, sind einem verstärkten Druck für eine Infektion mit dem Weizen-Verzwergungsvirus (Wheat dwarf virus, WDV), sowie Gerstengelbverzwergungsvirus (Barley yellow dwarf virus, BYDV) und Getreidegelbverzwergungvirus (Cereal yellow dwarf virus, CYDV) ausgesetzt. Die Virosen werden durch saugende Insekten (Vektoren) übertragen, WDV durch eine Zwergzikade (Psammotettix alienus); BYDV und CYDV durch mehrere Blattlausarten, unter anderem die Bleiche Getreideblattlaus (Macrosiphum dirhodum) [4; 5]. Die Aktivität der Vektoren ist temperatur- und damit witterungsabhängig. Steigende Temperaturen erhöhen die Mobilität der Vektoren. Warme Witterung und die damit einhergehend hohe Mobilität der Vektoren können zu rascher Ausbreitung der Viruserreger führen. Ein später Anbauzeitpunkt von Wintergetreide und ein früher Anbau von Sommergetreide kann daher zu vermindertem Befallsdruck beitragen. Zunehmend längere Perioden mit warmer Temperatur im Herbst, die in manchen Jahren bis in den Frühwinter hineinreichen können, bewirken eine höheres Infektionsrisiko unserer Getreidebestände. Junge Weizenpflanzen sind besonders sensitive gegenüber WDV, ein starker Virusbefall im Herbst kann zu einem Totalausfall führen [5].

Neben pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie die saubere Einarbeitung von Ausfallgetreide nach der Ernte, geeigneter Anbauzeitpunkt, zügiger Feldaufgang und Jugendentwicklung, saubere Feldränder, und Bekämpfung der Vektoren (Insektizide) kommt der Züchtung resistenter Sorten eine Schlüsselrolle in der nachhaltigen und gleichzeitig umweltschonenden Verhinderung von Schäden durch Virosen zu [5; 6].

Aufgrund der Prävalenz des WDV in Mitteleuropa [7] werden wir im gegenwärtigen Projekt vorrangig die Verbesserung der Resistenz gegen WDV in Winterweizen verfolgen. Die gewonnenen Erfahrungen und Resultate werden darüber hinaus hilfreich sein, in einem nachfolgenden Projekt die Resistenz gegen BYDV [8] in angepasste Sorten einzulagern.

Im Projekt werden die erforderlichen Vorarbeiten zur 1) Züchtung neuer resistenter Weizenlinien durchgeführt und 2) wirksame Selektionsverfahren entwickelt. Der Schwerpunkt wird auf Resistenz gegen WDV gelegt.

Genetische Variation für Resistenz gegen WDV im Genpool des Weizens und der Verwandten des Weizens liegt vor [9-11], wobei die Unterschiede überwiegend quantitativer Natur sind. Eine systematische Untersuchung des Resistenzverhaltens der aktuellen heimischen Weizensorten und Zuchtlinien fehlt bisher. In einem Vorläuferprojekt konnten wir zeigen, dass eine ältere Zuchtline aus den Niederlanden (SVP-72017-17-5-10-1) auffällig widerstandfähig gegenüber WDV ist. In diesem Projekt wurde ein stark wirksamer Genort (QTL, quantitative trait locus) auf dem langen Schenkel von Chromosom 6A (Qwdv.ifa-6A) kartiert und Selektionsmarker für diesen QTL liegen vor [1]. Die Resistenz von Qwdv.ifa-6A geht auf die alte ukrainische Sorte „Mironovskaja 808“ zurück (eigene Ergebnisse). Darüber hinaus ist das Weizen-Roggen Translokationschromosom 1BL-1RS mit Resistenz gegen WDV assoziiert [1]. Dieses Translokationschromosom ist in der Weizenzüchtung von Bedeutung, wird allerdings durch seine negative Auswirkung auf die Backqualität in Qualitätsweizensorten vermieden.

Resistenz für BYDV in Weizen ist ebenfalls beschrieben, wobei im primären Genpool geringe Variation für BYDV Resistenz [12] vorkommt. In der Vergangenheit wurden Weizen Linien mit Translokations-Chromosomen des Wildgras Thinopyrum intermedium hergestellt welche verbesserte Resistenz gegen BYDV aufweisen, und zwar durch das Gen Byd2 auf einem 7D-7Ai1 Translokationschromosom [8; 13]. Eigene Experimentallinien mit Byd2 sind aus Vorarbeiten an der BOKU vorhanden und können in ein zukünftiges Projekt eingebracht werden (eigene Ergebnisse). Die erste westeuropäische Winterweizen-Sorte welche Byd2 trägt ist RGT Wolverine gezüchtet von der Firma RAGT (https://ragt.uk/rgt-wolverine/).

Um das zunehmend wichtige Merkmal Virusresistenz in kommende Generationen regional angepasster Weizensorten einzulagern sind umfangreiche wissenschaftliche Vorarbeiten nötig, die in diesem Projekt angegangen werden. Das Projekt wird in enger Kooperation zwischen der Universität für Bodenkultur Wien und den mittelständischen Getreidezüchtern Saatzucht-Donau und Saatzucht-Edelhof umgesetzt.

Aktivitäten und Ziele im gegenwärtigen Projekt:

  • Erfassung und Kartierung der Resistenz gegen die ortsübliche Virus-Belastung in aktuellem Winterweizen-Zuchtmaterial in wiederholten Feldversuchen unter Frühsaat.
  • Erstellung regional angepasster, qualitative hochwertiger Winterweizen Zuchtlinien und Sortenkandidaten mit verbesserter Resistenz gegen WDV durch Einlagerung des Resistenz-QTL Qwdv.ifa-6A.

Praxisrelevanz


Am Tag der Ressortforschung des BM für Land und Forstwirtschaft Regionen und Wasserwirtschaft am 15. Mai 2023, wurde das Thema Virosen an Getreide von den Teilnehmer:innen des Workshops Züchtungsforschung für standortangepasste Sorten als eines der drängenden neuen Probleme diskutiert (https://info.bml.gv.at/im-foku...). Teilnehmer: innen aus Praxis und Wissenschaft orten auf diesem Gebiet Handlungsbedarf, um die nächste Generation von Getreidesorten mit einem "Schutzschild" gegen Virosen auszustatten. Dieses für die Praxis neue Zuchtziel benötigt in einem ersten Schritt intensive Vorarbeiten, welche in enger Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis im gegenwärtigen Projektantrag umgesetzt werden sollen. In einem ersten Schritt wird Resistenz gegen die neue und zunehmend bedeutende Virose Weizenverzwergungsvirus (WDV) in umfangreichen Experimenten überprüft und in einem Pre-breeding Ansatz in neue und regional angepasste Zuchtlinien eingelagert.


Winterweizen zählt für Österreichs Ackerbau zu den tragenden Kulturarten. Die Züchtung regional angepasster Sorten leistet einen essentiellen Beitrag zur nachhaltigen Pflanzenproduktion. Resistenz gegen Virosen in Weizen wurde in der österreichischen Weizenzüchtung bisher zu wenig Beachtung geschenkt. Insekten-übertragbare Getreidevirosen sind „Gewinner“ durch den Klimawandel. Längere Wärmeperioden im Herbst bis in den Frühwinter führen zu hoher Aktivität von Virus-Überträgern (Vektoren) während sich gleichzeitig die Getreidepflanzen im empfindlichen Entwicklungsstadium befinden.

Die Einlagerung verbesserter Resistenz in neue Sorten bietet einen „Versicherungsschutz“ für den Getreidebau für Jahre mit erhöhtem Befallsdruck. Winterweizen mit verbesserter Resistenz gegen Virosen stellt somit eine notwendige Anpassung an den Klimawandel dar und trägt dazu bei, die Versorgung Österreichs mit heimischem Getreide von hoher Qualität abzusichern.