Die Weißtanne gewinnt im Klimawandel an Bedeutung; ihr Genom wurde in diesem Projekt sequenziert.

© Michael Mengl, BFW

Tannen-Seq: Weißtannen Genom-Sequenzierung

Projektleitung

Berthold Heinze

Forschungseinrichtung

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft

Projektnummer

101197

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Landwirtschaftskammer Österreich| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Abies alba, DNA, Chromosomen, Gene

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Silver fir genome sequencing

Projektziele

1. Mitarbeit in einem internationalen Konsortium zur Erstellung eines ersten Entwurfes einer Genomsequenz der Weißtanne (Abies alba) im Sinne einer \"Reference Sequence\". Eine \"Reference Sequence\" wird für alle zukünftigen, auf dem Genom basierenden Forschungsarbeiten benötigt. Damit kann man die Gene identifizieren und ihre Varianten in verschiedenen Herkünften erforschen. Für diese \"Ref Seq\" wird vorerst ein einzelner Baum genau untersucht, es werden Bibliotheken von DNA-Bruchstücken (\"libraries\") erzeugt und im Hochdurchsatz-Verfahren sequenziert. Diese Bruchstücke werden dann in monatelanger Computer-Rechenarbeit wieder zusammengesetzt.
2. Datenerhebung für zukünftige Forschungsprojekte zu österreichischen Tannen: Um erste Daten über die Variabilität der Gensequenzen österreichischer Weißtannen zu erhalten und diese in Beziehung zur \"Reference Sequence\" zu setzen, sollen DNA-Sequenzen aus zumindest zwei stark unterschiedlichen Herkünften (Westen - Osten Österreichs, s. Breitenbach et al. 1997) gesammelt werden. Dazu werden nicht komplette Einzel-Genome erfasst, sondern z.B. so genannte Transkriptome (Abbilder der aktiven messenger RNA zu bestimmten Zeitpunkten in bestimmten Pflanzen-Geweben, Roschanksi et al. 2013), \"conserved orthologuous sequence\" Marker (Gene, die bei verwandten Arten in relativ wenig veränderter Sequenz vorliegen: Daten aus dem EU-Projekt \"ProCoGen\", www.procogen.eu) und einzelne Gene aus Sequenzdatenbanken (z.B. Mosca et al. 2012). Sequenzunterschiede werden als so genannte \"single nucleotide polymorphisms\" (SNPs) gefunden, die dann in Folgeprojekten in größerem Stil an größeren Pflanzenzahlen erhoben werden können. Ziel hier ist erst einmal die Entdeckung solcher kleiner Sequenzunterschiede und die Entwicklung von \"assays\", also von Labor-Prüfungsprotokollen für diese Unterschiede. Einige Tausend solcher SNPs sollen im Rahmen dieses Projektes aufgedeckt werden.
3. Datenbereitstellung auf Hochleistungs-Computern: Die großen Datenmengen einer Genomsequenz und von tausenden SNPs benötigen Computer-Resourcen, die weit über normale Büro-PCs hinausgehen. Das Institut für Waldgenetik am BFW ist im Begriff, solche Systeme aus eigenen Mitteln aufzubauen. Diese Rechner werden verwendet, um die Daten zu speichern und für zukünftige, spezielle Forschungsprojekte zur Tanne in Österreich aufzubereiten.

Praxisrelevanz

Die Tanne kann als eine geeignete Baumart angesehen werden, die im Klimawandel verstärkt die Fichte ersetzen kann, dabei aber die Bedürfnisse der Industrie nach Nadelholz vom Zuwachs her weitgehend und auch in gleicher Qualität wie die Fichte erfüllen kann (Rotach 2016). Ebenso kann sie auch manchen Standorten für die Esche einspringen (Rotach 2016). Die Tannenanteile in den österreichischen Wäldern sind über weite Strecken von den potentiellen natürlichen noch weit entfernt.
Wenn daher in Zukunft eine Ausweitung der Tannenbestände erfolgen soll, ist die Frage nach dem Ausgangsmaterial dafür besonders dringend. Es soll möglichst gute Zuwächse bringen, standortsangepasst und ökologisch stabil auch im Klimawandel sein. Da es keine genaueren Kenntnisse über die Gene dieser Baumart gibt, und da systematische und ausgedehnte Herkunfts- und Nachkommenschaftstest in Versuchspflanzungen für die Tanne in Österreich weitgehend fehlen, kann die Analyse von Gen-Unterschieden in natürlichen, angepassten Beständen einen sehr großen praktischen Erkenntnisgewinn bringen. Ein erstes Beispiel dafür haben, noch ohne Referenz-Genom-Daten, Roschanksi et al. (2015) und Brousseau et al. (2016) für Südeuropa gebracht (Datenbasis: 763 SNPs). Das Genom sollte aber für diesen Zweck möglichst vollständig erfasst werden, um nicht einige wenige wichtige Gene zu übersehen. Deshalb ist eine Referenz-Genom-Sequenz als Basis für solche weitergehenden Projekte so wichtig.
Das vorliegende Projekt schafft also die notwendigen Grundlagen für die wissenschaftliche Erfassung von Wuchsunterschieden zwischen Tannenherkünften auf der Basis der Gesamtheit ihrer Gene. Das geschieht in Arbeits- (und Kosten-)teilung in einem internationalen Konsortium. Dadurch kann Österreich von Anfang an von den Vorteilen profitieren und es können Folgeprojekte initiiert werden, die diese Wuchsunterschiede im Detail analysieren.Vor allem von diesen Folgeprojekten kann man sich nicht nur praktische Erkenntnisse für die Forstwirtschaft und insbesondere auch für die Baumschulen erwarten, sondern in besonderem Maß auch für die Grundlagen-Wissenschaft (Wirkungen verschiedener Genvarianten auf das Wachstum der Tanne).

Berichte

Abschlussbericht , 31.10.2019

Kurzfassung

Die Technologien zur Sequenzierung von Genomen sind so weit fortgeschritten, dass man auch die sehr großen Genome der Nadelbäume zusammenstellen kann. Für Tannenarten fehlten bisher Genomsequenzen. Ziele des Projektes waren daher die Mitarbeit in einem internationalen Konsortium zur Genomsequenzierung der Weißtanne (Abies alba) als \"Reference Sequence\", weiters die Erhebung von genomischen Daten für zukünftige Forschungsprojekte zu österreichischen Tannen, und schließlich die Bereitstellung dieser Daten auf Hochleistungs-Computern am BFW. Neben der Landwirtschaftskammer Österreich konnten von den Bundesländern als Ko-Finanzierungspartner Oberösterreich, Tirol und Kärnten gewonnen werden. Aus Bayern kam ein weiterer Beitrag, und die Autonome Provinz Bozen/Südtirol finanziert eine Folgestudie. Die Idee zur Sequenzierung wurde im Alpine Forest Genomics Network erarbeitet (AForGeN; https://aforgen.wsl.ch/en.html; Silver Fir Genome Project https://aforgen.wsl.ch/en/silver-fir-genome-project.html). Eine Reihe von Institutionen steuerten Beiträge zur Finanzierung des Vorhabens bei. Ein Baum am Gelände der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL (Schweiz) wurde für die Sequenzierung ausgewählt und am Centre Nacional d'Analisi Genómica CNAG in Barcelona (Spanien) sequenziert und analysiert. Das resultierende Genom-assembly ist öffentlich verfügbar (http://treegenes.org/FTP/Genomes/Abal/ und Mosca et al. 2019). Die Gesamtgröße beträgt 18,17 Gigabasen (Gb) Länge, die auf 37 Millionen scaffolds (Gerüst-Bruchstücke) verteilt sind. Die Hälfte dieser Bruchstücke (N50) ist länger als 14,05 Kilobasen (Kb). Das Genom wurde ausführlich mit anderen Koniferen-Genomen verglichen. Von den Proteinen konnten 39.420 eine Funktion zugewiesen werden. Vor allem die durchschnittliche Länge und die Gesamtlänge der Exons sind sehr gut mit den anderen Koniferen vergleichbar. Der Ansatz in diesem Projekt, mit relativ kleinen Beiträgen zahlreicher Institutionen ein komplexes Genom zu sequenzieren, war sehr erfolgreich. Es kann in Zukunft als Referenz verwendet werden, um Varianten der Gensequenzen in Bäumen aus verschiedenen Klimazonen und Standortsbedingungen zu finden. In einer Bachelorarbeit wurden Verfahren und Protokolle zur Isolierung von messenger RNA (mRNA) aus Nadeln und Samen sowie Keimlingen von österreichischen Weißtannen getestet. Der Haupt-Nährstoff im Samen von Koniferen sind Fette. Deshalb wurden die Fette in österreichischen Tannensamen, und speziell solche, die nur in Nadelbäumen vorkommen (so genannte delta 5 ungesättigte Fettsäuren), in einer Masterarbeit näher untersucht. Die Gene für die Synthese dieser Fettsäuren (delta 5 Desaturasen) sind aus Koniferen noch nicht beschrieben. Es wurde daher versucht, den Gehalt von Samen an dieser Fettsäure in größeren Probenanzahlen festzustellen und im Weißtannengenom die entsprechenden Gene zu finden. Die Fettsäuren wurden identifiziert und quantifiziert. Es bestehen Unterschiede zwischen einzelnen Bäumen und Herkünften. Mögliche Gen-Sequenzen für delta 5 Desaturasen wurden durch Vergleich mit niederen Pflanzen aus Gendatenbanken im Weißtannengenom gefunden. In der Datenbank GymnoPLAZA konnte dazu eine ganze Genfamilie mit Mitgliedern in vielen Koniferen gefunden werden. Teile dieser Gene wurden in den Tannensamen sequenziert. Es wurden einige DNA- und Protein-Sequenzunterschiede gefunden, die möglicherweise mit unterschiedlichen Mengen dieser Fettsäuren in den Samen in Verbindung gebracht werden können. Damit wurde das Potenzial demonstriert, mit der Weißtannen-Referenz-Sequenz funktionelle Unterschiede in Stoffwechselwegen zu finden und damit in Folge mögliche molekulare Anpassungsvorgängen in Waldbäumen aufzuklären.

Berichtsdateien

Endbericht_101197_Weisstannen_Anhang_I_Heinze_Forstzeitung_Nr_6_2017.pdf

Autor/innen

Berthold Heinze

Endbericht_101197_Weisstannen_Anhang_II_Heinze_2018_Landwirt_Tanne.pdf

Autor/innen

Berthold Heinze

Endbericht_101197_Weisstannen_Genom_Heinze_BFW.pdf

Autor/innen

Berthold Heinze; Nathalie Mühl; Barbora Balusková; Silver Fir Genome Project Konsortium