SCARABKLAR: Auswirkung des Klimawandels auf die nachhaltige Wirkung von entomopathogenen Pilzen im Dauergrün- und Weideland: Einsatz von Pilz-Dispersionsformulierung zur Bekämpfung von Scarabaeiden in exponierten Steilhangflächen

Projektleitung

Hermann Strasser

Forschungseinrichtung

Universität Innsbruck

Projektnummer

101849

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Der Klimawandel führt weltweit, aber ganz besonders in den Gebirgstälern, zu Veränderungen von Temperatur und Niederschlag sowie zu einer Zunahme der Häufigkeit von extremen Wetterbedingungen. Höhere Temperaturen, die mit dem Klimawandel einhergehen, haben bereits einen signifikanten und spürbaren Einfluss auf die Phänologie von Pflanzen und Tieren, was sich wiederum direkt auf die Land- und Forstwirtschaft auswirkt. Unser BIPESCO Team mit den Landwirtschaftskammern der Bundesländer (jüngst auch mit dem KLAR! Kaunergrat Konsortium) befassen sich direkt mit der Frage der Schädlingsbekämpfung in einem sich verändernden Klima. Es wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, bestehende präventive landwirtschaftliche Praktiken und integrierte Schädlingsbekämpfungsstrategien (IPM) zu überdenken, um das lokal angepasste und diversifizierte Agrarökosystem "Alpiner Raum" zu fördern, welches resilient genug ist, um extreme Wetterschwankungen zu tolerieren. Unser vorgeschlagenes SCARABKLAR Projekt, welches voraussichtlich in den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg durchgeführt werden soll, ist inter- und transdisziplinär angelegt, da es fünf spezifische Ziele beinhaltet: 1) Abschätzung der Lebensumstände ausgewählter Schädlingsarten am Beispiel der Blatthornkäfer (d.h. Mai-, Gartenlaub- und Junikäfer) durch den Klimawandel. 2) Feststellung der Auswirkungen  einer gezielten Bewirtschaftung/Bewässerung auf Boden, Pflanze, Engerlinge und Pilzwirkstoff – u.a. Optimierung der bestehenden Bewässerungspraxis in der UNESCO Weltkulturerbe-Region KLAR! Kaunergrat. 3) Charakterisierung neuer biologischer Pilzwirkstoffe/Formulierungen und die Prüfung der Wirksamkeit bestehender Pilzgerste-Granulate unter neuen Klimabedingungen. 4) Generierung von Daten, welche die Produktregistrierung und -vermarktung für die getesteten, wirksamen biologischen Agentien Metarhizium brunneum und/oder Beauveria brongniartii bzw. seiner diversen Dispersionsformulierungen, zur Bekämpfung des Gartenlaub - und Junikäfers bzw. Wald- und Feldmaikäfers besonders im Steilhangeinsatz, beschleunigen. 5) Wissensverbreitung: Landwirte mit Wissen über praktische Managementoptionen versorgen, um sich an Veränderungen in der Häufigkeit von Schädlingsausbrüchen anzupassen.

Schlagwörter (deutsch)

Scarabaeide, Beauveria brongniartii, Metarhizium brunneum, Dauergrünland, Bewässerung, Klimawandel, Dispersionsformulierung, biologische Schädlingsbekämpfung, IPM, Biocontrol, Ressourcenmanagement Wasser.

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Impact of climate change on the sustainable effect of entomopathogenic fungi in permanent grassland and meadows: Application of fungal dispersion formulation for the control of Scarabaeids in exposed steep slopes

Abstract (englisch)

Worldwide, but particularly in mountain valleys, climate change is causing shifts in temperature and precipitation as well as an increase in the frequency of extreme weather conditions. Higher temperatures associated with climate change are already having a significant and noticeable impact on plant and animal phenology, which in turn directly affects agriculture and forestry. The BIPESCO Team in cooperation with the Agricultural Chambers in Austria (recently also KLAR! Kaunergart Konsortium) has been directly addressing the issue of pest management in a changing climate for nearly two decades, as well as the need to rethink existing preventive agricultural practices and integrated pest management (IPM) strategies to promote locally adapted and diversified agroecosystems that are resilient enough to tolerate extreme weather variability.
Our proposed SCARABKLAR project, which will be implemented in the climate change regions in the provinces of Carinthia, Upper Austria, Lower Austria, Salzburg, Tyrol and Vorarlberg , is inter- and transdisciplinary in nature, as it includes five specific objectives: 1) To assess the livelihood responses of selected pest species, using Scarabs (i.e., Cockchafers, garden chafer, and June beetles) as an example, to climate change. 2) Determining the effects of irrigation on soil, plant, grubs and fungal active ingredient - optimizing existing irrigation practices. 3) To characterize new fungal biological agents/formulations and test the efficacy of existing fungal barley kernels under new climate conditions. 4) Generation of data that will accelerate product registration and commercialization for the tested, effective biological agent Metarhizium brunneum and/or Beauveria brongniartii or its various dispersion formulations, for control of garden chafer and June beetle or forest- and field cockchafer especially in steep slope applications. 5) Knowledge dissemination: Provide farmers with knowledge of practical management options to adapt to changes in pest outbreak frequency.

Schlagwörter (englisch)

Scarabs, Beauveria brongniartii, Metarhizium brunneum, permanent grassland, irrigation, climate change, dispersal formulation, biological control, IPM, biocontrol, water resource management

Projektziele

Unsere SCARABKLAR-Forschung beschäftigt sich direkt mit dem Thema Scarabaeiden – Bekämpfung im Dauergrün- und Weideland unter Berücksichtigung der Steilhangapplikation in der KLAR! Kaunergrat Gebirgsregion Tirol, sowie in der Gebirgsregion Zillertal, Pinzgau (Salzburg), Montafon (Vorarlberg) und im Gailtal (Kärnten) - alles Regionen mit „Klima-Smarter Bewirtschaftung“. Auch sind Abundanzuntersuchungen bezüglich der Mai- und Junikäferbekämpfung in Ober- und Niederösterreich geplant. Aufgrund des sich verändernden Klimas soll die Notwendigkeit geprüft werden, wie bestehende präventive landwirtschaftliche Praktiken und Strategien (u.a. traditionelle Bewässerungssysteme in der der KLAR! Kaunergrat Region) auf die integrierten Schädlingsbekämpfungsmöglichkeiten (IPM) Einfluss nehmen. Konkret soll u.a. auch der Einfluss einer gezielten Bewässerung unter Optimierung der Bewässerungspraxis auf Boden, Pflanze und Engerlinge in der Demoregion Kaunergrat untersucht werden, wobei agrarmeterologische Daten gewonnen werden sollen.

Es sollen unter Berücksichtigung der GAP-Strategieplan-Ziele 2021 eine nachhaltige biologische Bekämpfung der Bodenschädlinge Mai-, Gartenlaub- und Junikäfer - und das wenn möglich in Steilhangflächen - entwickelt und geprüft werden. Ziel ist es, ein Registrierungsdossier zu erarbeiten, sodass neue Wasserdispergierbare Formulierungen unter Zuhilfenahme verbesserter Applikationstechniken in Zukunft den Landwirten zur Erhaltung ihrer naturnahen Dauergrün- und Weidelandflächen, sowie Bergmähder, zur Verfügung gestellt werden können.

Im Besonderen sind folgende Schwerpunktarbeiten geplant: (i) Bestimmung der Scarabaeiden-Befallsdichten (alle Stadien) an Standorten in den Beobachtungsgemeinden, (ii) hernach Beurteilung der indigenen Beauveria-, Metarhizium-Dichte im Boden unter Berücksichtigung der vertikalen Sporenpräsenz in den Horizonten; (iii) Beurteilung der Wirkung von Beauveria und Metarhizium durch Bestimmung der Infektionsrate der adulten Käfer und Engerlinge in behandelten Versuchsflächen. iv) Untersuchung zur Auswirkung des Klimawandels auf die Populationen der wichtigsten Bodenschädlinge in den Regionen, mit einem starken Fokus auf die biologische Bekämpfung von Blatthornkäfer-Engerlingen mit neuen biologischen Pilz-Wirkstoffformulierungen. v) Testung einer neuen Anwendungsform der Melocont- bzw. Granmet–Flüssigprodukte für die nachhaltige Bekämpfung von Engerlingen in exponierten Steilhangflächen bzw. in Spezialkulturen (z. B. Fahrgassenapplikation in Obstbau, Baumschulen, Forst). Dazu sollen mit Hilfe einer Prototyp-Applikationsmaschine (d.h. Stachelwalzen Injektor), die Wirkstoffe in eine Bodenschichttiefe von 4 bis 7 cm appliziert werden. vi) Aufbauend auf publizierte GEP/GLP-Studien, aber auch auf Basisinformationen aus den durchgeführten Labor- und Felduntersuchungen - sowie auf „Gray Literatur“ und öffentlich zugänglicher Literaturinformation - sollen die relevanten Daten für ein Beauveria brongniartii/Metarhizium brunneum Registrierungsdossier erarbeitet werden. vii) In entsprechender Praxis, sollen die Landwirte mit Wissen über praktische Managementoptionen zum Thema Klimawandel versorgt werden, um ihre „Klimabaustellen“ selbst nachhaltig bewirtschaften zu können.

Praxisrelevanz

Das Auftreten der Blatthornkäfer-Schädlinge (Amphimallon, Melolontha und Phyllopertha) und die zu hohen Temperaturen im Frühjahr/Sommer führten in den letzten Jahren zu großen Schäden in unserer vorwiegend kleinstrukturierten Landwirtschaft in Österreich. Eine umweltfreundliche und nachhaltige Regulierung der Blatthornkäfer mit den entomopathogenen Pilzen Beauveria und Metarhizium ist seit Jahren spruchreif und soll nun als praxistaugliche, nachhaltige, sichere aber auch kostengünstige Bekämpfungsmaßnahme fertig entwickelt werden. Die Erfahrungen aus den zahlreichen BIPESCO Projektarbeiten in der Vergangenheit unterstützen unser Vorhaben (siehe BIPESCO Homepage Projekte). Das Projekt SCARABKLAR zielt auf eine nachhaltige integrierte Schädlingsbekämpfung der Blatthornkäfer-Population ab und ist auch bestrebt, das mögliche Potential einer zusätzlichen endophytischen Wirksamkeit der Pilzpathogene zu nutzen. Das Konzept setzt auf einen präventiven Einsatz des entomopathogenen Pilzes Beauveria brongniartii bzw. Metarhizium brunneum gegen die Entwicklung der Engerlinge im Boden aber auch auf eine direkte Bekämpfung der Käfer über die Pflanze, welche nach jüngsten Erkenntnissen auch durch das Entomopathogen besiedelt werden kann. Dies wäre ein weiterer möglicher biologischer Bekämpfungsansatz für die Praxis.
Die Ergebnisse unserer Forschung werden der Landwirtschaft, dem Gartenbau und der Forstwirtschaft zugutekommen. Unsere Arbeit kann wesentlich dazu beitragen, die biologische Vielfalt zu fördern (z.B. durch den Erhalt artenreicher Pflanzengesellschaften des Dauergrünlandes), Treibhausgase zu reduzieren (z.B. durch den Verzicht an Pflanzenschutz- und Düngemittel) und die Ernährungssicherheit zu verbessern. Unser Konsortium nutzt ein Netzwerk und bemüht sich, die Hürden für die Anwendung neuer Technologien zu beseitigen. Unsere Herausforderungen sind: (1) Erhöhung der Wirksamkeit von entomopathogenen Pilzen (EPP) in Schädlingsbekämpfungsprogrammen, (2) Verbesserung des Pflanzenwachstums und der Widerstandsfähigkeit und (3) Optimierung der Überwachungsinstrumente für eine bessere Charakterisierung der EPP-Leistung und der Pflanzengesundheit. Unsere Tätigkeit wird auch Lösungen zur europäischen „Green Deal“ Strategie anbieten: unser Handeln steht somit im Einklang mit der strategischen Ausrichtung der EU - "Wiederherstellung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt in Europa und nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen" -, da wir eine nachhaltige Landwirtschaft unterstützen, welche die Umweltverschmutzung verringert und die biologische Vielfalt fördert. Wir wollen zeigen, dass mit den bewirtschafteten Bewässerungsanlagen bestehende Kulturlandschaften trotz Klimawandel mit ihrer Biodiversität für Landwirtschaft und Gesellschaft erhalten werden können und der Wirkungsgrad der biologischen Schädlingsbekämpfung mit den insektentötenden Bodenpilzen Beauveria und Metarhizum sichergestellt werden kann. Darüber hinaus wollen wir den Produzenten von Wirkstoffen helfen, die EU-Richtlinie 2009/128/EG einzuhalten, indem nicht-chemische Alternativen wie Biopestizide gegenüber chemischen Pestiziden der Vorzug gegeben werden kann. Ein praxisrelevanter Einsatz der Pilze ist bereits jetzt denkbar, so einer Notfallzulassung für die neuen Melocont bzw. Granmet‑Formulierungen gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 stattgegeben werden wird. Mittelfristiges Ziel soll aber die Registrierung der biologischen Pilzwirkstoffe gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sein. Erst dann können unsere Landwirte selbst entsprechend den Notwendigkeiten und auch dem GAP-Strategieplan-2021 folgend ihre Kulturlandschaften erhalten und pflegen. Man denke besonders an das Dauergrünland, welches während der gesamten Vegetationszeit - und nicht nur während der maximal 120 tägigen Notzulassung -  mit den biolgischen Pilz-Wirkstoffen, angepasst an das Wachtumsstadium des jeweiligen Aufwuchses und gemäß der jeweiligen Aktivität der Engerlinge, behandelt werden können.

Die aktuellen Ergebnisse werden unmittelbar in der Beratung und in Fachzeitschriften für Landwirte aufbereitet. Auch wird die nachhaltig integrierte Schädlingsbekämpfungsstrategie bei Feldtagen, Informationsveranstaltungen für Landwirte sowie nationalen und internationalen Fachtagen präsentiert werden. Weiters sind Peer-review Publikationen geplant.