Projekt-90: Überführung biotechnologischer Methoden beim weiblichen Rind von der Forschung in die Zuchtpraxis: Vergleichsstudie zum frühzeitigen Re-Transfer in vitro produzierter Rinderembryonen für die Erzeugung tiefgefriertauglicher Embryonen und von Nachkommen

Projektleitung

Gottfried Brem

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur - Department IFA Tulln Biotechnologie in der Tierproduktion

Projektnummer

1227

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Potential use of oocytes of high genetic valued female cattle in controlled animal breeding systems

Projektziele

Die Entwicklung/Etablierung eines optimierten Verfahrens beim Rind soll zur Erzeugung von Embryonen für die Produktion von Nachkommen genetisch hochwertiger Tiere in der österreichischen Rinderzüchtung eingesetzt werden. Für dieses Verfahren wird die relativ lange und aufwendige In-vitro-Produktionsphase (IVP) mehr an physiologische Entwicklungsfaktoren des weiblichen Tieres gebunden. Die einzelnen Schritte der IVP sollen deutlich verkürzt werden. Mittels einer einfachen und tierschonenden Technik sollen wesentliche Teilschritte vermehrt im Tier ablaufen und damit eine effiziente Alternativmethode zur hormonellen Embryogewinnung (Superovulation) unter gleichzeitiger Minimierung zahlreicher Probleme sein. Mit den drei Bereichen i) Forschung, ii) Ausbildung und iii) Technologietransfer in den landwirtschaftlichen Bereich können grundlegende Voraussetzungen geschaffen werden (Zuchtstrategischer Gesichtspunkt, Maßnahmen zur Erhaltung der genetischen Vielfalt, Untersuchungen zu neuen biotechnischen Produktionsformen).
Die zentralen Aufgaben des beantragten Projektes ergaben sich aus der Forschungsarbeit zur optimalen Kombination von In-vitro-Produktion und In-vivo-Entwicklung unter Einbeziehung einer österreichweiten Zuchtstrategie. Ausgangspunkt stellt die IVP von Rinderembryonen dar, welche sich in
i) Follikelpunktion
ii) In-vitro-Reifung (IVM)
iii) In-vitro-Befruchtung (IVF) und
iv) In-vitro-Kultur (IVK) gliedert.
Schwerpunkte:
i) Eizellgewinnung ohne bzw. unter reduziertem Hormoneinsatz,
ii) die Verwendung von Zuchttieren, die aufgrund anatomischer/ pathophysiologischer Veränderung an Eileiter und Gebärmutter keine Nachkommen mehr erzeugen können sowie
iii) die Gewinnung von Eizellen von Eierstöcken geschlachteter Rinder.
Die Vorteile, die sich aus der endoskopischen Besamung ergeben, liegen in der besseren Ausnutzung geringerer Samenmengen. Dadurch besteht ein besserer Ausnutzungsgrad der Samenportionen von Spitzenstieren, sowie die Möglichkeit, effiziente Besamungen mit qualitativ beeinträchtigten, in der Menge reduzierten und z.B. nach Geschlecht gesorteten Samenportionen durchzuführen.

Berichte

Abschlussbericht , 01.05.2004

Kurzfassung

Follikeldynamik am Eierstock: Es konnte gezeigt werden, dass mittels wiederholter Punktion des dominanten Follikels dessen negativer Einfluss auf kleinere Follikel gemindert wurde, wodurch sich die Follikeldynamik deutlich steigern ließ. Die Dominanzpunktion hatte zur Folge, dass bis zum Zyklustag 11 ein Anstieg in der Zahl der Follikel zu erkennen war. Die Zunahme der Zahl der Follikel war auf die Kategorie der ‚kleinen Follikel’ beschränkt. Mittlere und große Follikel spielten zahlenmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung. Am 11. bzw. 13. Tag ist eine Stagnation der Follikelanbildung zu sehen, die über den weiteren Verlauf der Punktionssitzungen wieder zurückgeht. In einer weiteren Untersuchung wurde die Follikeldynamik über einen Zeitraum von 3 Zyklen unter Einfluss und Verfügbarkeit von Progesteron (Progesteronapplikation, Induktion der Ovulation des ersten dominanten Follikels, Kontrollgruppe) während des Diöstrus beobachtet. Es konnte gezeigt werden, dass Progesteron einen wichtigen Einfluss auf die Langzeitentwicklung der Follikel ausübt. Der Einfluss erstreckte sich auf die Anzahl der Follikel, die Zykluslänge, die Anzahl der Follikelwellen pro Zyklus sowie die Dauer der Follikelwellen. Die Ergebnisse unterstreichen die Etablierung von Protokollen für die jeweils praktischen Bedingungen zur Gewinnung von Eizellen. Zusätzlich wurden transvaginal ultraschallgeleitete Follikelpunktionen sowohl stationär am IFA-Tulln als auch ambulant in Betrieben verschiedener Bundesländer in Österreich durchgeführt. Unter praktikablen Gesichtspunkten wurden Follikel von Kalbinnen und Kühen und bei gonadotropinbehandelten und nicht stimulierten Tieren unter Berücksichtigung des Punktionsintervalls punktiert. Es konnte gezeigt werden, dass in Anlehnung an die stationäre Gewinnung die ambulante Punktion erfolgreich bei Jungtieren und bei laktierenden Tieren im Betrieb durchgeführt werden kann. Eine moderate hormonelle Stimulation zur Steigerung der Follikel- und Eizellzahl hat sich als vorteilhaft erwiesen. Die Punktionen mit und ohne Gonadotropinvorbehandlungen liefen erfolgreich ab, wobei die in diesem Bericht aufgezeigten verschiedenen Behandlungsschemata in Summe die jeweils an die Betriebe anzupassende Vorgehensweise herausstellen. In-vitro-Produktion: In diesem Abschnitt der In-vitro-Produktion wurden verschiedene Swim-up-Techniken untersucht, deren Ziel die Gewinnung von unterschiedlich behandelten und damit biochemisch-physikalisch 'fraktionierten’ Spermien analog der Verfahren zur Samentrennung für die weitere In-vitro-Produktion ist. Dabei wurde unbehandelter Samen von Kaninchen (Nativsamen) sowie kryokonservierte Samenportionen vom Rind eingesetzt. Mit den verschiedenen Swim-up-Techniken konnten bewegliche Spermien aus dem Vertikal-Swim-up (konventionelle Methode) bzw. aus dem Horizontal-Swim-up (Spermselectoren, unterschiedlich starke Beanspruchung der Spermienmotilität) in ausreichender Menge für die In-vitro-Fertilisation gewonnen werden. In Versuchen zur In-vitro-Produktion wurde Glutathion den Medien zugesetzt, um die peroxidische Schädigungen während der Embryonalentwicklung zu reduzieren. Die Ergebnisse zeigen, dass Glutathion ein sehr wertvoller Bestandteil in der Kulturphase ist, in der ein atmosphärischer Sauerstoff (20%) zur Begasung verwendet wird. In der In-vitro-Kultur, die mit 5% O2 angesetzt wird, scheint kein zusätzlicher Effekt vorhanden zu sein. In einem weiteren Schritt wurde die Hyaluronsäuresupplementierung in einer Konzentration von 2 mg/ml im Kapazitationsmedium für das Swim-up-Verfahren und im Fertilisierungsmedium getestet, um in diesem Rahmen die physiologische Wirkung von Glykosaminoglykanen während der Befruchtung zu erfassen. Gegenüber der Kontrollgruppe zeigte die Hyaluronsäure-Gruppe mit ca. 40% eine tendenziell bessere Blastozystenentwicklung nach Swim-up und nach IVF. Aus diesem Ergebnis ist zu schließen, dass sowohl die Samen wie auch Eizellen Hyaluronsäure im Medium uneingeschränkt tolerieren, womit effektivere Samenkonzentrationen in der IVF ohne Erhöhung der Polyspermierate möglich erscheinen. Im letzten In-vitro-Versuch wurde der Einfluss unterschiedlicher Konzentrationen an Östrus-Cow-Serum (OCS: 10%, 5%, 1%) und BSA (3 mg/ml, 6 mg/ml) im Kulturmedium erfasst. OCS-Zusatz im Medium führt zu deutlich höheren Blastozystenraten als BSA-Zusatz. Die Embryonalentwicklung vollzieht sich im OCS-Medium schneller als im BSA-Medium. Elektronenmikroskopische Aufnahmen belegen jedoch, dass Embryonen in Abhängigkeit der OCS-Konzentration deutlich erkennbar intrazytoplasmatische und extrazelluläre Schädigungen aufweisen, die in in vivo kultivierten Embryonen nicht zu finden waren. Untersuchungen zur Darstellung der Entwicklungschronologie von Embryonen im Rindereileiter: In einer Studie zur Darstellung der Entwicklungschronologie von Embryonen im Rindereileiter wurden Embryonen nach Superovulation (FSH/eCG) zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus dem Eileiter gespült. Das Gesamtbild der gewonnenen Stadien dient als Entwicklungsvergleich für In-vitro-Produktionssysteme. Bei insgesamt 119 superovulierten Spendertieren wurde über einen Zeitraum von 24 Stunden bis zu 126 Stunden nach der Befruchtung 1411 ovulierte Komplexe mittels einer endoskopsichen Technik aus dem Eileiter gespült und ein Entwicklungsprofil für In-vivo-Embryonen erstellt. Das Profil gibt einen Einblick über die gesamte Entwicklungsperiode von Embryonen im Eileiter, d. h. wann und wie lange verschiedene Teilungsstadien auftreten und welcher Anteil einer möglichen Entwicklungsretardierung unterliegt. Die angewandte Methode stellt derzeit die einzige beschriebene, minimal invasive Möglichkeit zur Gewinnung von tubalen Embryonalstadien beim Rind dar. In-vivo-Kultur von präimplantiven Embryonen in temporären Empfängern: Als ein wesentlicher Beitrag zur In-vivo-Kultur von Rinderembryonen konnte die Übertragung früher in vitro gewonnener Eizellen bzw. produzierter Embryonen in die Eileiter geleistet werden. Die Transfers wurden einseitig ipsi- bzw. kontralateral durchgeführt. Die Ergebnisse der ersten Untersuchung zeigten, dass die Spülung der Gebärmutter in einer Gewinnungsrate von 26% resultierte, während die Spülung der Eileiter zusammen mit der Gebärmutter die gesamte Anzahl gewonnener Komplexe verdoppelte. Obwohl diese Studie deutliche Schwankungen der Findungs- und Entwicklungsraten aufwies, liegt der Schluss nahe, dass dennoch Embryonen in den verschiedenen Entwicklungsstadien erfolgreich auf Zwischenempfänger übertragen werden können. Die anschließenden Versuche hatten zum Ziel, die Gewinnungs- und Entwicklungsraten aus In-vivo-Kultur zu steigern. Dazu wurden technisch-methodische Adaptationen vorgenommen, die in Summe die erfolgreichsten Chancen einer hohen Wiederfindungs- und Entwicklungsrate versprechen. Mit dieser strukturellen Modifikation zur morphologischen Nachahmung des maturierten Cumulus-Oozyten-Komplexes wurde der Einfluss der so transferierten Komplexe auf deren Transport in ihrer physiologischen Umgebung im Eileiter untersucht. Es wurden Embryonen in den verschiedenen Entwicklungsstadien transvaginal endoskopisch auf Zwischenempfänger übertragen und am 7. Kulturtag zurückgewonnen. Der Transfer von Embryonen in Hyaluronsäure, Zygoten ohne Cumuluszellen, Zygoten mit Rest-Cumulus, maturierten Cumulus-Oozyten-Komplexe zusammen mit Spermien (GIFT) und in Alginat eingebettete Embryonen führte zu deutliche unterschiedlichen Gewinnungsraten (12,9%, 29,6%, 56,1%, 63,1%, and 70,5%). Mit diesen Daten konnte gezeigt werden, dass die Morphologie der übertragenen Komplexe wesentlich die tubale Migration beeinflusst und maßgebliche Auswirkungen auf die In-vivo-Kultur hat. In Anlehnung an diese Ergebnisse wurde das Verfahren weiter optimiert, um die Entwicklungskapazität des Eileiters herauszustellen. In drei Transfergruppen wurden (i) in-vitro-maturierte Cumulus-Oozyten-Komplexe auf besamte Empfängertiere, (ii) in-vitro-maturierte Cumulus-Oozyten-Komplexe zusammen mit Samen (GIFT) und (iii) Embryonen im 4- bis 8-Zellstadium übertragen und mit der Entwicklung ausschließlich in vitro produzierter Embryonen verglichen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass mit dem Transfer von Cumulus-Oozyten-Komplexe/Samen (GIFT) bzw. von Embryonen im 4- bis 8-Zellstadium die besten Rückgewinnungsraten am Tag 7 (GIFT: 73%; Embryonen im 4- bis 8-Zellstadium: 88%) und Entwicklungsraten (GIFT: 23%; Embryonen im 4- bis 8-Zellstadium: 43%) zu erreichen sind. Zusammenfassend lassen die Ergebnisse der Untersuchungen aus diesem Projekt den Schluss zu, dass wichtige Meilensteine sowohl für wissenschaftliche Zwecke als auch für die Routineanwendung geschaffen wurden. Über zahlreiche nationale und internationale Kontakte wurden dem vorliegenden Forschungsprojekt deren Aktualität und Bedeutung bestätigt.

Berichtsdateien

1227_Abschlussbericht.pdf

H-Publikationsteil-BM.doc

Autor/innen

Univ.-Prof. DI DDr. G. Brem