Projekt-78: Phänotypische und genotypische Identifizierung und Charakterisierung von Hefen aus österreichischen Milchprodukten

Projektleitung

H. Prillinger

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur - Department Biotechnologie Institut für angewandte Mikrobiologie (IAM)

Projektnummer

1066

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Projektziele

Umfassende Erfassung und genotypische Identfizierung potentieller Schadhefen (Kontaminanten) aus österreichischen Milch- und Käseprodukten bzw. deren Zusatzstoffen.
Analyse und Identifizierung der in verschiedenen Reifungsprozessen von Käseprodukten involvierten nützlichen Hefemikrobenflora über genotypische Methoden.

Praxisrelevanz

- Die genotypisch zuverlässige Identifizierung von Kontaminaten ist wichtig für eine Nachverfolgung von Schadfällen (Identifikation der Schadquelle).
- Die Erfassung der nützlichen Hefemikrobenflora für die Käsereifung bei verschiedenen lokalen Käsesorten (Tiroler Graukäse, Steirerkäse, Glundner, einiger Südtiroler Käsesorten) ist eine wesentliche Voraussetzung für eine zukünftige Auswahl von Starterkulturen bzw. neuer Technologien für die Käsereifung und Grundlage für eine mikrobiologische Beurteilung dieser Käseprodukte.
- Die molekular identifizierten Hefen stehen in einer Mikroorganismen-Stammsammlung kryokonserviert zur Verfügung.

Berichte

Abschlussbericht , 01.09.2000

Kurzfassung

Das Vorkommen von Hefen in Milchprodukten ist aus mehreren Gründen von Bedeutung. Da sie sich in Umgebungen gut vermehren, wo viele Bakterien überhaupt nicht leben können (bei niedrigem pH-Wert, niedrigem aW-Wert, niedrigen Temperaturen, bei Anwesenheit von Konservierungsmitteln und höherer Salzkonzentration), kommen sie oft als Kontaminationsflora vor. Eine größere Anzahl von Hefen in Milchprodukten führt sowohl zu den hefiggärigen Geruchs- und Geschmacksveränderungen wie auch zu Texturveränderungen und Bombagen der Packungen durch CO2-Bildung. Die Kontaminationsquellen sind vielfältig. Da in Rohmilch vorhandene Hefen überwiegend durch Hitzebe-handlung eliminiert werden, ist ihre Anwesenheit im Endprodukt auf eine Rekontamination durch unsachgemäße Produktionsschritte, mikrobiologisch nicht geeignete Zusatzstoffe (Frucht-, Kräuterzusätze) und Verpackungen oder auf kontaminierte Gerätschaften zurückzuführen. Es wurden 514 Hefeisolate aus 14 Milchprodukten isoliert. Den Hauptanteil der Hefenflora stellen die Ascomyceten-Hefen (461 Stämme) dar, während die Basidiomyceten-Hefen in geringem Ausmaß (53 Stämme) vorkommen. Ein polyphasischer Ansatz wurde verwendet, um die Hefeisolate zu identifizieren. Einerseits wurden die Hefen morphologisch und physiologisch charakterisiert. Andererseits wurde eine che-motaxonomische und genotypische Charakterisierung unternommen, um die Zellmakromoleküle (Zellwandzucker, Ubichinone, DNA) zu charakterisieren und die Ergebnisse mit den traditionellen Methoden zu vergleichen. 473 Hefestämme (92%) wurden auf Artebene identifiziert (448 Ascomyceten-Hefen, 26 Basidiomyceten-Hefen) und 34 (6%) Isolate wurden auf Gattungsebene (8 Ascomyceten-Hefen, 25 Ba-sidiomyceten-Hefen) charakterisiert. Nur 7 (2%) Hefestämme konnten nicht zuverlässig identifiziert werden. Die Hefestämme Debaryomyces hansenii und Kluyveromyces marxianus wurden am häufigsten isoliert. Insgesamt wurden 86 (18%) Hefe-stämme als D. hansenii identifiziert. Diese Hefe kommt in erster Linie in Sauermilchkäse vor (52 Stämme). Von 71 (15%) Stämmen, die als K. marxianus identifiziert wurden, wurden 31 Stämme in Frischkäse und 28 in Sauermilchkäse gefunden. Mit etwas geringerer Häufigkeit kommen Geotrichum candidum, Candida zeylanoides und Yarrowia lipolytica vor. Von 56 (11%) Stämmen wurden im Sauermilchkäse 17 Hefeisolate als G. candidum identifiziert. In verschiedenen oberflächenschimmelgereiften Käsesorten wurden auch 11 Stämme als G. candi-dum charakterisiert. C. zeylanoides tritt am häufigsten im Frischkäse (38 von 54) auf. Von den 40 Y. lipolytica Stämmen, wurden 16 aus Frischkäse und 11 aus Butter identifiziert. Ungefähr je 20 Hefeisolate wurden als Clavispora lusitaniae, Kluyveromyces lactis, bzw. Candida catenulata charakterisiert. Vertreter von anderen Ascomyceten-Arten kommen mit einer niedrigeren Häufigkeit (<20 Stämme/Produkt) in Milch-produkten vor. Rhodotorula mucilaginosa wurde innerhalb der Basidiomyceten-Hefen am häufigsten gefunden. Von insgesamt 16 identifi-zierten Stämmen wurden 8 aus Frischkäse isoliert. Die Cryptococcus Stämme fanden sich häufig in Frischkäse. Ungefähr 30% aller identifizierten Isolate stammen aus Frischkäse, bzw. Sauermilchkäse. Aus Butter wurden 11% aller Stämme isoliert. 5% der Hefeisolate wurden in Joghurt gefunden. Aus allen anderen Milchprodukten wurden weniger als 3% Stämme isoliert. Von 34 Hefestämmen, die auf Gattungsebene charakterisiert wurde, wurde bei einigen Isolaten das gesamte 18S rRNA Gen sequenziert. Die phylogenetische Analyse auf Basis von 18S rDNA, als auch von 26S rDNA Sequenzen hat gezeigt, dass man zwei neue Arten der Gattung Yarrowia beschreiben kann. Über den gleichen Weg wurden zwei neue Arten der Gattungen Trichosporon und Cryptococcus charakterisiert. Ein Hefeisolat konnte man als eine neue Art der Gattung Rhodotorula betrachten. In der vorliegenden Arbeit hat die Identifizierung der Hefen herkömmlicher Milchprodukte gezeigt, dass die Speciesvielfalt relativ groß ist. Manche von diesen Arten treten als Kontaminationsflora durch ungeeignete Herstellungsverfahren auf. Einige Hefen bilden zusammen mit Pilzen und Bakterien eine für bestimmte Käsesorten spezifische Mikroflora. Eine kontrollierte Verwendung von Hefekulturen bei industrieller Herstellung von Käsen ist selten. Es bestehen schon Daten aus der Praxis, dass man die proteolytische und lipolytische Aktivität von Yarrowia lipolytica und Geotrichum candidum für die Reifungsprozesse von Käse ausnützen kann. In Zukunft könnte es von Interesse sein, Hefen als Starterkulturen einzusetzen, um einerseits die Reifung zu unterstützen und andererseits neue Käsesorten zu entwickeln. Die lipolytische und proteolytische Aktivität, die Bildung von Aromakomponenten (Aminosäuren, Fettsäuren, Ester), Laktosefermentation (führt zur Begrenzung der Säurebildung), Laktatassimilation (Entsäuerung der Käseoberfläche) und eine positive Wechselwirkung auf primär eingesetzte Starterkulturen sind einige der erwünschten Eigenschaften, die man bei der Käseproduktion aus-nützen kann. Die Starterkulturen müssen effizient und spezifisch wirken. Außerdem sollten sie aus klar definierten Kulturen zusammenge-setzt sein. Deshalb ist eine zuverlässige Identifizierung der Hefen herkömmlicher Milchprodukte wichtig, um diese gezielt einsetzen zu kön-nen.

Berichtsdateien

1066_Zusammenfassung.doc

Autor/innen

Dr. Dipl.-Ing. Ksenija Lopandic, O.Univ.-Prof. Dr. Hansjörg Prillinger