Projekt-690: Die regionale Struktur des Grünlandes in Österreich - ein Beitrag zum MAB-Projekt 'Grünland im Berggebiet'

Projektleitung

Franz GREIF

Forschungseinrichtung

Direktion Agrarwirtschaft

Projektnummer

10553

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Regional Grassland Structure in Austria - a Contribution to the MAB-Project ‘Grasslands in the Mountainous Regions of Austria’

Projektziele

Im Rahmen des Teilprojektes der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft sollte eine Untersuchung des Themenkomplexes 'Almwirtschaft' im Rahmen des Gesamtprojektes 'Grünland im Berggebiet Österreichs' erfolgen, mit einem Arbeitsschwerpunkt 'Interaktionsformen zwischen Almbewirtschaftung und Heimgut - Nutzungstypen und Nutzungsintensitäten'. Daneben sollte eine regionale Analyse der alpinen Grünlandnutzung (auf verschiedenen räumlichen Konkretisierungsniveaus), von Almwirtschaftsformen, sowie von Funktionen des alpinen Grünlandes, auch im Zusammenhang mit sonstigen Zweigen der Landwirtschaft und den übrigen Wirtschaftsbereichen einen gesamtösterreichischen Überblick verschaffen. Ziele der Arbeit waren Auswertungen und Analysen der offiziellen Statistiken zur Feststellung von Bodennutzungsveränderungen im Zusammenhang mit räumlichen Eignungsverhältnissen sowie eine allgemeine regionale Analyse der Sachverhalte im Bereich Grünlandnutzung mit dem Schwerpunkt Almwirtschaft.

Berichte

Abschlussbericht , 31.12.2004

Kurzfassung

In mehreren Projektzwischenberichten für die Akademie der Wissenschaften wurden umfangreiche Daten zur Grünlandentwicklung in Österreich gesammelt und analysiert. Das Projekt war in zwei Teilprojekte gegliedert: In einer regionalen Analyse für ganz Österreich auf Ebene der landwirtschaftlichen Kleinproduktionsgebiete erfolgten Gebietstypisierungen mit multivariaten statistischen Methoden und Analysen der Förderungen im Alm- und Grünlandbereich. Auf kleinregionaler Ebene erfolgte eine Darstellung der Grünlandsituation im Projektgebiet Mittleres Ennstal mit besonderem Augenmerk auf dem Themenkomplex Almwirtschaft. Eine vertiefende Auswertung dreier Beispielsalmen im Projektgebiet Ennstal diente zur Feststellung des konkreten Outputs an landwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Gütern und Dienstleistungen in ihrer ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension. Ausgehend von Definitionen statistischer Begriffe zum Thema Grünland und der konzeptuellen Überlegung, welche zeitlichen und räumlichen Dimensionen bei der Darstellung der Grünlandentwicklung in Österreich von Bedeutung sind, wurden die grundlegenden Strukturgegebenheiten in der Grünlandbewirtschaftung dargestellt, wie z.B. die Verteilung der Erwerbsarten, der Betriebsgrößen, Kulturarten und Grünlandkategorien sowie der Tierhaltung. Im gesamtösterreichischen langjährigen Vergleich der Daten – eingeschränkt wegen statistischer Definitionsänderungen – zeigt sich die Intensivierung innerhalb des Grünlandes. Während der Almanteil seit 1930 in etwa gleich blieb, kam es zu einer signifikanten Verschiebung von den Hutweiden und einmähdigen Wiesen hin zu mehrmähdigen Wiesen und Kulturweiden, auch noch in der letzten statistisch verfügbaren Periode von 1995-1999. Die verschiedenen Grünlandnutzungskategorien, die agrarbetrieblichen und agrarsozialen Sachverhalte in den landwirtschaftlichen Kleinproduktionsgebiete wurden in ihrer gegenwärtigen Ausprägung und in ihrer Entwicklung seit 1980 betrachtet. Die einzelnen Variablen des umfangreichen Datenmaterials wurden zu 7 thematischen Gruppen zusammengefasst: Flächennutzung, Betriebsstruktur, Viehwirtschaft, übergreifende Verhältniszahlen, Agrarsoziale Verhältnisse, Tourismus und Almwirtschaft. Mit Hilfe von Faktoren- und Clusteranalysen konnten 3 Grünlandbewirtschaftungstypen ermittelt werden (traditionelle alpine Grünlandwirtschaft, marktwirtschaftlich orientierte Grünlandwirtschaft, kleine und auslaufende Betriebe), deren räumliche Verteilung in den Kleinproduktionsgebieten untersucht wurde. Damit konnten 5 sehr unterschiedliche regionale Grünlandbewirtschaftungstypen lokalisiert werden. Speziell zur Almwirtschaft konnten 4 verschiedene regionale Schwerpunkte definiert werden (Galtalmen, Milchwirtschaftsalmen, extensiv genutzte Hochalmen und extensiv genutzte niedrige Almen). Auf kleinregionaler und einzelbetrieblicher Ebene erfolgten eingehende Untersuchungen im Referenzgebiet Ennstal, das die Gemeinden Aigen, Oppenberg, Pürgg-Trautenfels, Stainach und Tauplitz und damit einen Querschnitt von den Nördlichen Kalkalpen bis zu den Niederen Tauern umfasst. In den Projektjahren 1999-2000 wurden die Bedeutung der Almwirtschaft und die jüngere Entwicklung für diese Region dargestellt. Dabei zeigten sich die Wichtigkeit und die Funktionsvielfalt der Almen für die Region. Der Trend zu einer effizienten und rationellen Form der Bewirtschaftung kommt in einer geringeren Bestoßung der Almen und in einem Rückgang der Almfutterflächen zum Ausdruck. Extensivierungserscheinungen und die Konzentration auf Gunstlagen sind zu bemerken. Neben der Lage und der Größe einer Alm spielen meist die Besitzverhältnisse eine entscheidende Rolle für deren Entwicklung. Kleine schwer erreichbare Almen werden aufgelassen, größere Gemeinschaftsalmen bleiben erhalten. Aus der Gesamtdarstellung der unterschiedlichen Almbewirtschaftungstypen der Region kristallisierten sich drei sehr unterschiedliche Nutzungsformen heraus, die auf den ersten Blick erfolgsträchtig und entwicklungsfähig zu sein scheinen. Diese drei Almnutzungsmodelle wurden im letzten Projektjahr näher betrachtet und in ihren Ausprägungen bezüglich Multifunktionalität und Nachhaltigkeit gegenübergestellt. Für die Gnanitzalm (traditionelle Bewirtschaftung), die Tauplitzalm (intensive Tourismusnutzung) und die Gschiederalm (Schwerpunkt Jagd) wurde neben der detaillierten statistischen Auswertung auch eine ergänzende Befragung durchgeführt. Die unterschiedlichen Nutzungsintensitäten, Probleme und Stellenwerte für die Bewirtschafter bzw. Heimbetriebe wurden ermittelt. Neben dem landwirtschaftlichen Output wurde besonderes Augenmerk auf die Erfassung des außerlandwirtschaftlichen Outputs der Almwirtschaft gelegt. Es war daher notwendig alle drei Dimensionen des komplexen Beziehungsgefüges der Almwirtschaft zu erfassen, Ökonomie, Ökologie und Soziokultur. Verschiedene Nutzungsmuster bestimmen die Intensität und den Stellenwert der Weidewirtschaft auf den Almen, die noch immer die billigste und einfachste Form der Erhaltung dieser Kulturlandschaft darstellt. Kulturlandschaften sind künstliche Ökosysteme und aus sich heraus ökologisch instabil und müssen daher vom Menschen laufend stabilisiert werden. Die alpinen Rasenflächen können auch durch den Einsatz von mechanischen Geräten (Mähwerk, Sense usw.) erhalten werden, die hohen Kosten und der intensive Arbeitsaufwand stellen diese Form der Pflege aber in Frage. Traditionelle Almwirtschaft in Verbindung mit Fremdenverkehrsnutzung und/oder Jagdnutzung ist eine geeignete Form der Freiflächenerhaltung in den Gebirgsregionen. Jagd versus Fremdenverkehr wird aber bei einer ausgeprägten Form einer der beiden Nutzungsarten zum Problem, besonders dann, wenn eine Nutzungsform einen ganzjährigen Anspruch stellt. Sondernutzungen, wie sie beispielsweise auf der Gschiederalm beschrieben wurden, lassen die vielfache Vernetzung der almwirtschaftlichen Funktionen erkennen. Die landwirtschaftliche Produktion ist heute nur mehr ein Teilaspekt der Almwirtschaft. Zusehends gewinnt der „außerlandwirtschaftliche Output“ an Bedeutung, oder nimmt mitunter bereits einen weit höheren Stellenwert als die Landwirtschaft selbst ein (z.B. Tauplitzalm). Alle drei untersuchten Almen sind gemeinsame Produkte von wirtschaftlichen Aktivitäten (Land-, u Forstwirtschaft, Tourismus, Freizeitverhalten), ökosystemaren Prozessen (nutzungs- und standortabhängig), und historisch gewachsenen Strukturen. Gemeinschaftliche, betriebsübergreifende Initiativen, Kooperationen und außerlandwirtschaftliche Nutzungen (Fremdenverkehr, Freizeitnutzung, Jahresablauf etc.) machen die Almwirtschaft auch zu einem wichtigen gesellschaftlichen Bestandteil des Lebens in der Region. Entscheidend für die Entwicklung und das 'Funktionieren' der jeweiligen Nutzungsstrategien sind letztlich Einzelpersonen, die oft eine Schlüsselrolle innehaben. Offensichtlich ist dies bei den Einzelalmen. Bei Gemeinschaftsalmen, gleich ob traditionell oder touristisch genutzt, hängt es zu einem Gutteil vom Obmann der Almgemeinschaft ab, ob die Rechte und Pflichten der Einzelnen durchgesetzt werden, bzw. inwieweit gemeinsame tragfähige Strategien und Lösungswege gefunden und verwirklicht werden. Private Sondernutzungen, wie am Beispiel der Gschiederalm gezeigt, weisen noch stärker auf die Bedeutung von Einzelpersonen hin, noch dazu wenn Geldgeber und Hauptnutzer identisch sind. Wenn eine stabile und nachhaltige Almwirtschaft angestrebt wird, ist besonders auf diese 'weichen' und in zeitlicher Dimension eher instabilen Faktoren wie Einzelpersonen, Förderungsbestimmungen und Tourismustrends Rücksicht zu nehmen.

Berichtsdateien

MAB-Projekt.pdf

Autor/innen

Franz Greif, Klaus Wagner, Thomas Parizek, Sophie Pfusterschmid