Projekt-55: Zeitlich gestaffelter Einsatz der Raubmilben Neoseiulus californicus und Phytoseiulus persimilis (Acari, Phytoseiidae) zur nachhaltigen biologischen/integrierten Spinnmilbenbekämpfung im Gartenbau - Evaluierung einer neuen Ausbringungsstrategie

Projektleitung

Andreas Walzer

Forschungseinrichtung

Universität Wien - Fakultät für Naturwissenschaften und Mathematik Institut für Zoologie

Projektnummer

1184

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Successive release of Neoseiulus californicus and Phytoseiulus persimilis (Acari, Phytoseiidae) for sustainable biological/integrated control of spider mites in horticulture - Evaluation of a new release strategy

Projektziele

In ein- bis mehrjährigen geschützten Zierpflanzenkulturen (Rose, Gerbera) ist durch die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis eine langfristige Kontrolle der Spinnmilben nur durch wiederholte Ausbringung des Nützlings gewährleistet. Bei ungünstigen Gewächshausbedingungen sind zeitweise auch Akarizideinsätze ergänzend notwendig. Durch geeignete Kombination von P.persimilis und einer zweiten Raubmilbenart (Neoseiulus californicus) könnte ein längerfristiger Bekämpfungserfolg bei gleichzeitig reduzierten bzw. adaptierten Einsatzmengen beider Raubmilbenarten erreicht werden. Neben den potentiellen positiven Effekten durch den Einsatz zweier nah verwandter Arten (selbe Familie - Phytoseiidae) sind auch Interaktionen zwischen den Raubmilben zu erwarten. Experimente im Labor, Versuchsglashaus und in kommerziellen Gärtnereien sollen den Einfluss dieser Interaktionen zwischen N. californicus und P. persimilis auf die Spinnmilbenkontrolle klären.
Eine umfassende Kenntnis über die Interaktionen zwischen Wirtspflanze/Schädling/Nützling ist die Basis einer nachhaltigen biologischen/integrierten Schädlingskontrolle im Gartenbau. Unter diesem Aspekt können die Ergebnisse des vorgeschlagenen Projektes zu einer Effizienzsteigerung und Optimierung der Spinnmilbenbekämpfung beitragen und somit positive Konsequenzen für den österreichischen Anwender, die Nützlingsproduktion und die Nützlingsberatung haben.

Praxisrelevanz

Die Ergebnisse sind vor allem in drei Bereichen national, aber auch international zu verwerten:
1) Für den Anwender: Die Effizienzsteigerung der biologischen/integrierten Schädlingskontrolle sollte auch zu einer Reduktion der Aufwandmengen an P. persimilis und zu einem verminderten Pestizideinsatzes führen. Neben den positiven gesundheitlichen Aspekt für den Anwender sollte auch der ökonomische Aufwand geringer sein als mit der traditionellen Methode. Dies kann ein Anreiz für Gärtner sein, vom ausschließlich chemischen Pflanzenschutz verstärkt auf die biologische/integrierte Schädlingskontrolle umzusteigen.
2) Für die Nützlingsberatung: Die Ergebnisse bzw. deren Interpretation sollen zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen den Faktoren in den immer komplexer werdenden Systemen der biologischen/integrierten Schädlingsbekämpfung führen. Dadurch kann im Gartenbau der Schädlingsverlauf besser prognostiziert und Fehlschläge vermieden werden und somit positive Auswirkungen auf die Praxis des Nützlingseinsatzes haben.
3) Für die Nützlingszucht: Durch die neue Ausbringungsmethode könnte sich ein relativ neuer Nützling (N. californicus) im österreichischen Gartenbau etablieren und die Verkaufsmöglichkeiten gesteigert werden. Generell tragen die Ergebnisse zur Optimierung des Nützlingseinsatzes und zur Effizienzsteigerung in der biologischen/integrierten Schädlingskontrolle im Gartenbau bei und im Idealfall kann die vorgeschlagene Studie für andere Nützlings/Schädlingskomplexe in anderen Kulturen Modellcharakter haben.

Berichte

Abschlussbericht , 01.11.2002

Kurzfassung

Der Simultaneinsatz der Raubmilben Phytoseiulus persimilis und Neoseiulus californicus (Acari: Phytoseiidae) in ein- oder mehrjährigen Zierpflanzenkulturen unter Glas hat zu Verbesserungen bezüglich Langfristigkeit der Spinnmilbenkontrolle gegenüber dem traditionellen alleinigen Einsatzes von P. persimilis geführt. Ein zeitlich gestaffelter Einsatz der beiden Raubmilbenarten scheint zielführender zu sein als ein Simultaneinsatz. Ein zeitlich gestaffelter Einsatz der beiden Arten würde bedeuten, dass N. californicus in Kulturen, die den Raubmilben auch andere Nahrung als Spinnmilben (Alternativnahrung) bieten, als 'Basisnützling' vorbeugend eingesetzt wird und P. persimilis nur bei Bedarf, d.h. bei einem starken Anstieg der Spinnmilbenpopulationen, zugesetzt wird. Durch die geeignete Kombination von P. persimilis und Neoseiulus californicus könnte ein längerfristiger Bekämpfungserfolg bei gleichzeitig reduzierten bzw. adaptierten Einsatzmengen beider Raubmilbenarten erreicht werden. Weiters kann diese neue Ausbringungsstrategie auch zur Reduktion großflächiger Akarizideinsätze beitragen. Neben den potentiellen positiven Effekten durch den Einsatz zweier nah verwandter Arten (selbe Familie-Phytoseiidae) sind auch Interaktionen zwischen den Raubmilben zu erwarten. Experimente im Labor, Versuchsglashaus und in einer kommerziellen Gärtnerei sollten den Einfluss dieser Interaktionen zwischen N. californicus und P. persimilis auf die Spinnmilbenkontrolle klären. Alternativnahrung für N. californicus und P. persimilis: Der kalifornische Blütenthrips Frankliniella occidentalis (Thysanoptera: Thripidae) ist einer der Hauptschädlinge in Glashausrosen. Beide Raubmilbenarten sind in der Lage, die Larven von F. occidentalis zu überwältigen. Während sich beide Arten durch Konsumation der Larven von F. occidentalis bis zum Adulttier entwickeln konnten, waren nur die Weibchen von N. californicus, nicht aber jene von P. persimilis, in der Lage, Eier zu reproduzieren. Daher ist F. occidentalis für die Juvenil-Stadien beider Raubmilbenarten und für die Weibchen von N. californicus als Alternativnahrung einzustufen, nicht aber für die Weibchen von P. persimilis. F. occidentalis hingegen kann das Prädationsrisiko reduzieren, indem. Raubmilbeneier angestochen werden und damit zukünftige Prädatoren eliminiert werden. Prädations-Vermeidungsstrategien von P. persimilis und N. californicus: Der Nahrungsspezialist P. persimilis und der Nahrungsgeneralist N. californicus zeigten unterschiedliche Strategien, um potentielle Prädation an ihren Nachkommen zu minimieren. Bei der Wahl zwischen Nahrungsplätzen mit ausschließlich Spinnmilben und Nahrungsplätzen mit Spinnmilben und heterospezifischen Raubmilbeneiern (zukünftige Prädatoren) vermeidet P. persimilis Nahrungsplätze mit N. californicus und produziert ihre Eier vornehmlich in Nahrungsplätzen ohne heterospezifischen Raubmilben. N. californicus hingegen hat keine Präferenz für einen bestimmten Nahrungsplatz. Aber in Nahrungsplätzen mit heterospezifischen Raubmilbeneiern reduziert N. californicus das Prädationsrisiko ihrer Nachkommen durch das Anstechen und Aussaugen der heterospezifischen Raubmilbeneier. Spinnmilbenkontrolle in Einzelart- und Zweiartensystemen in einer Buschbohnenkultur unter kontrollierten Bedingungen: Neoseiulus californicus alleine konnte innerhalb von 30 Tagen die Spinnmilbenpopulation nicht kontrollieren, während P. persimilis alleine die Spinnmilbenpopulation innerhalb 12 Tagen auf sehr niedrige Populationsdichten reduzierten konnte. Allerdings verschwand dann P. persimilis und die Spinnmilbenpopulation stieg wieder an. Nur der gemeinsame Einsatz von N. californicus und P. persimilis konnte eine effiziente und langfristige Spinnmilbenkontrolle gewährleisten. In den ersten 7 Tagen gab es keine Interaktionen zwischen P. persimilis und N. californicus, sodass die Gesamteffekte beider Raubmilbenarten auf die Mortalität der Spinnmilben die Summe der Einzeleffekte jeder Raubmilbenart darstellte (additive Effekte). Danach agierten die beiden Raubmilbenarten synergistisch und die Gesamteffekte auf die Spinnmilbenmortalität waren höher als die Summe der Einzeleffekte (synergistische Effekte). Zeitlich gestaffelter Einsatz von N. californicus und P. persimilis. Zweijähriger Versuch in einer Rosenkultur unter Praxisbedingungen: Die biologische/integrierte Spinnmilbenbekämpfung in der Rosenkultur verlief gesamt betrachtet sehr zufriedenstellend. Neoseiulus californicus konnte sich im Herbst und Winter des ersten Versuchsjahres im Rosenbestand etablieren. Durch die Anwesenheit von N. californicus wurde die Spinnmilbenpopulation nachhaltig reduziert und T. urticae kam im zweiten Jahr 2 ½ Monate später als erwartet auf. Im zweiten Jahr konnte auch die Anzahl der eingesetzten Raubmilben (-15%) und die Anzahl der chemischen Behandlungen gegen Spinnmilben (-90%) deutlich reduziert werden. Schlußfolgerungen und Implikationen für die Praxis der biologischen/integrierten Spinnmilbenkontrolle: Der zeitlich gestaffelte Einsatz von N. californicus und P. persimilis zeigte deutliche Verbesserungen in bezug auf Effizienz und Langfristigkeit der Spinnmilbenbekämpfung und sollte gegenüber einem alleinigen Einsatz von P. persimilis in einer mehrjährigen Kultur wie Glashausrosen vorgezogen werden. Die beiden Raubmilbenarten mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften scheinen sich zu ergänzen. Negative Interaktionen zwischen den beiden Raubmilbenarten konnten auf Populationsebene nicht nachgewiesen werden.

Berichtsdateien

1184_Raubmilben.pdf

Autor/innen

Mag. Andreas Walzer