Pro-SAU: Forschungsprojekt Pro-SAU: Evaluierung von neuen Abferkelbuchten mit Bewegungsmöglichkeit für die Sau

Projektleitung

Johannes Baumgartner

Forschungseinrichtung

Veterinärmedizinische Universität Wien - Department für öffentliches Gesundheitswesen in der Veterinärmedizin Institut für Tierhaltung und Tierschutz

Projektnummer

100986

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen| Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Mit dem Projekt \"Pro-SAU\" sollen Entscheidungsgrundlagen für die Beantwortung der in der 1. THVO beschriebenen Fragen im Rahmen eines koordinierten Gesamtprojekts geliefert werden. Ziel dieses Projekts ist die Evaluierung von neuartigen Abferkelsystemen mit der Möglichkeit zur Bewegung und gegebenenfalls zur zeitlich begrenzten Fixierung Sau im Kastenstand anhand klar definierter Parameter. Primäres Bewertungskriterium ist das Wohlergehens der Tiere. Insbesondere ist die Dauer der kritischen Lebensphase der Saugferkel zu untersuchen und Aussagen über den frühesten Beginn und die maximal zulässige Dauer der Fixierung der Sau im Kastenstand rund um die Geburt zu erarbeiten. Neben dem Verhalten und der Gesundheit wird die biologische Leistung der Tiere in der Bewertung ebenso berücksichtigt werden wie ökonomische und arbeitswirtschaftliche Aspekte. Die Datenerhebung erfolgt sowohl auf experimenteller Basis in Forschungsbetrieben als auch im praktischen Einsatz der Systeme in ausgewählten Ferkelerzeugungsbetrieben in Österreich.

Schlagwörter (deutsch)

Abferkelbucht, Kastenstand, Ferkelschutzstand, Schweinehaltung, Ferkelproduktion, Tierschutz, Wohlergehen, kritische Lebensphase

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Evaluation of farrowing pens with temporary crating of the sow

Abstract (englisch)

The main objective of the 'Pro-SOW.at' project is the evaluation of loose farrowing systems with the possibility of temporary crating. Systems that are being designed or modified in collaboration with partners from science and from the practical field will be investigated with regard to precisely defined welfare parameters. Especially the 'critical period of the piglets' in terms of piglet mortality has to be defined. Amongst these are economic aspects, factors that go along with workload and efficiency as well as criteria concerning the improvement of animal welfare and husbandry – solely under the assumption of compliance with existing legislation concerning animal husbandry and welfare. Data will be collected both in an experimental approach at research farms as well as at a practical level on selected Austrian commercial sow units.

Projektziele

I. Versuchsdesign:
Der erste Versuchsabschnitt des Projektes \"Pro-SAU\" umfasst die Entwicklung, Bewertung und Auswahl von geeigneten Abferkelbuchtmodellen, die den ab 2033 gültigen tierschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Dies erfolgt im Rahmen von Voruntersuchungen in der kooperierenden landwirtschaftlichen Fachschule Hatzendorf sowie im Schweinezentrum Gießhübl GmbH und durch Einholen von Erfahrungen über international bereits im Einsatz befindliche Abferkelbuchttypen.
Am Ende dieser Testphase wird die Anzahl der im Hauptversuch zu untersuchenden Systeme auf fünf Buchttypen reduziert. Es sind dies voraussichtlich:
1. Trapez-Bucht gemäß Vorschlag aus dem LK-Projekt: 5,5 m² mit Kastenstand zum Öffnen
2. Flügel-Bucht gemäß Vorschlag aus dem LK-Projekt: 5,5 m² mit Kastenstand zum Öffnen
3. Knick-Bucht gemäß Vorschlag aus dem LK-Projekt: 5,5 m² mit Kastenstand zum Öffnen
4. SWAP-Bucht gemäß Vorschlag der Vetmeduni Vienna: 6,0 m² mit fakultativem Kastenstand
5. ProDromi-Bucht gemäß Vorschlag der Vetmeduni Vienna: 7,4 m² mit fakultativem Kastenstand
In der Hauptversuchsphase werden die ausgewählten Buchttypen in den drei Versuchsbetrieben Medau, Gießhübl und Hatzendorf in jeweils etwas unterschiedlicher Versuchsanordnung systematisch untersucht. In Medau werden die Typen 1, 2, 4 und 5 mit jeweils 4 Buchten, in Gießhübl die Typen 1, 2, 3 und ev. 4 mit jeweils 4 Buchten und in Hatzendorf die Typen 1, 2 und 3 mit jeweils 2 Buchten pro Typ untersucht.
Die Frage nach der Dauer der kritischen Lebensphase der Ferkel bzw. nach dem Beginn und dem Ende der ab 2033 zeitlich limitierten Möglichkeit zur Fixierung der Sau im Kastenstand wird in den drei Versuchsbetrieben mit den dort eingebauten Abferkelbucht-Typen in folgenden Varianten untersucht:
- 1 Tag vor dem errechneten Geburtszeitpunkt der Gruppe bis 5 Tage nach der Geburt des Wurfes (v5)
- 1 Tag vor dem errechneten Geburtszeitpunkt der Gruppe bis 3 Tage nach der Geburt des Wurfes (v3)
- Nach Ende der Geburt, d. h. nach Abgang der Nachgeburt bis 3 Tage nach der Geburt des Wurfes (n3)
- Ohne Fixierung der Sau (0)
Jede Buchttyp x Fixierungsvariante wird nach Möglichkeit an einer Stichprobe von 16 Sauen untersucht. Damit können Unterschiede in der Ferkelmortalität zwischen den untersuchten Kombinationen von 2 % mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % als statistisch signifikant erkannt werden.
Parallel zu den Untersuchungen in den Versuchsbetrieben Medau, Gießhübl und Hatzendorf erfolgt die Datenerhebung in 9-10 ausgewählten Ferkelerzeugungsbetrieben in ÖO, NÖ, der Steiermark und ev. Kärnten. Diese im Rahmen des LK-Projektes ausgewählten Ferkelerzeugungsbetriebe sind mit mind. acht Buchten eines neuartigen Abferkelbuchttyps mit Bewegungsmöglichkeit für die Sau ausgestattet. Diese Buchten (mind. 8) werden in einer ersten Phase mit der Fixierungsvariante ‚v5' (1 Tag vor dem errechneten Geburtszeitpunkt der Gruppe bis 5 Tage nach der Geburt des Wurfes) betrieben. In der 2. Phase soll auf eine selbstgewählte 2. Fixierungsvariante gewechselt werden. Die über den „Sauenplaner“ gesammelten Produktionsdatendaten aus den neuartigen Buchten fließen ebenso in die Analysen des Projektes ProsAu ein wie die Resultate der Ferkelsektionen, der Verletzungsbeurteilungen, der arbeitswirtschaftlichen und ökonomischen Beurteilungen und das Erfahrungswissen der TierhalterInnen.

II. Untersuchungsmethoden:
In Rahmen des Projektes Pro-SAU werden von den Projektanten folgende Parameter bzw. Kriterien zur Beurteilung der Tierschutzrechtskonformität, Verfahrenssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Berücksichtigung erhoben:
- Ferkelmortalität und Todesursachen: Sektion verendeter Ferkel aus den Versuchs- und Praxisbetrieben zur genauen Abklärung der Verlustursachen durch die Vetmeduni Wien bzw. durch LFZ Raumberg-Gumpenstein
- Haltungsbedingte Schäden und Verletzungen: Beurteilung der Tiere durch geschultes Erhebungspersonal mittels Adspektion gemäß einem vordefiniertem Protokoll in allen Projektbetrieben
- Verschmutzung von Sau und Bucht: Beurteilung durch geschultes Erhebungspersonal gemäß einem vordefiniertem Protokoll in allen Projektbetrieben
- Nestbau- und Geburtsverhalten, Ferkelnestnutzung, Aktivitäts- und Ruheverhalten, Bewegungsmöglichkeit in der Bucht: Verhaltensbeobachtung über Videoaufzeichnungen, durch kontinuierliche Beobachtung und scan sampling; quantitative und qualitative Datenerhebung in den 3 Versuchsbetrieben Medau, Gießhübl und Hatzendorf
- Ökonomische Aspekte: Biologische Leistung, Kostenrechnung, Wirtschaftlichkeit: Aufzeichnung der Leistungsdaten bzw. Produktionskennzahlen sowie der medizinischen Behandlungsmaßnahmen und Erkrankungen der Tiere in Stallkarten bzw. Behandlungsbüchern und nachfolgender Übertrag in das Programm „Sauenplaner“ sowohl in den 3 Versuchsbetrieben als auch in den 10 Praxisbetrieben
- Arbeitswirtschaftliche Gesichtspunkte: Beurteilung von Arbeitszeitbedarf, Handhabung, und Bedienungsfreundlichkeit durch geschultes Erhebungspersonal gemäß einem vordefinierten Protokoll in allen Projektbetrieben
- Stallklimatische Aufzeichnungen (im Stallabteil bzw. Ferkelbereich) & jahreszeitlicher Einfluss/Zusammenhang: Stalltemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit, Schadgaskonzentration
- Erfahrungswissen der TierhalterInnen: Systematische Aufzeichnung von relevanten Erfahrungen im Betrieb der untersuchten neuen Abferkelbuchten in allen Projektbetrieben und qualitative Auswertung der Aufzeichnungen.

Praxisrelevanz

Die Forschungsergebnisse dieses Projekts sollen dem Gesetzgeber wesentliche Entscheidungsgrundlagen liefern, um die Mindestanforderungen für die Haltung von Schweinen in Österreich zu bewerten und im Anlassfall gesetzliche Änderungen vorzunehmen. Die erzielten Ergebnisse können erheblichen Einfluss auf die österreichische Schweineproduktion nehmen und es ist für das Fortbestehen einer wirtschaftlichen Ferkelproduktion in Österreich von besonderem Stellenwert, frühzeitig praxistaugliche Systemalternativen – in welchen sich die Sauen innerhalb definierter Zeiträume frei bewegen können – sowie geeignete Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um die Umstrukturierungen in der Branche bis spätestens 1. Jänner 2033 zu einem Abschluss bringen zu können.
Die Untersuchungen finden unter kommerziellen österreichischen Produktionsbedingungen statt.

Berichte

Abschlussbericht , 24.04.2018

Kurzfassung

Die in Europa seit den 70er Jahren praktizierte Haltung von Sauen während der Geburts- und Säugeperiode im Kastenstand der Abferkelbucht war in den vergangenen Jahren wiederholt Gegenstand öffentlicher Diskussionen, welche in Österreich in einem amtswegigen Prüfungsverfahren der Volksanwaltschaft zur Klärung der Rechtskonformität der 1. Tierhaltungsverordnung mündeten. Ergebnis dieses Verfahrens war die mit 9. März 2012 veröffentlichte Änderung der 1. THVO (BGBl. II Nr. 61/2012). Diese sieht unter anderem vor, dass bis spätestens 1. Jänner 2033 alle in Österreich eingebauten Abferkelbuchten eine Mindestfläche von 5.5 m2 aufweisen müssen, dabei darf eine Mindestbreite der Bucht von 160 cm nicht unterschritten werden. Des Weiteren dürfen die Sauen nur mehr bis zum Ende der „kritischen Lebensphase“ der Ferkel zum Schutz dieser fixiert werden. Die Abferkelstände müssen sowohl in Quer- als auch Längsrichtung auf die Körpergröße der einzelnen Sauen einstellbar sein. Die geänderten Rechtsvorschriften für die Haltung in Abferkelbuchten zogen zahlreiche Fragestellungen hinsichtlich der baulichen Ausführung, der Tiergerechtheit, der Wirtschaftlichkeit und der Produktionssicherheit nach sich, die im Zuge des vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) sowie Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) im Herbst 2013 beauftragten Projekts „Pro-SAU“ bearbeitet und analysiert werden sollten. Die Projektpartner (Landwirtschaftskammern, HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Veterinärmedizinische Universität Wien, Universität für Bodenkultur Wien, AGES Graz, HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg, VÖS) haben sich auf eine Untergliederung des Gesamtprojekts in folgende drei Teile festgelegt: o Projekt der HBLFA Raumberg-Gumpenstein (HBLFA-Projekt), Konsortialführerschaft und Gesamtprojektleitung durch DI Birgit Heidinger o Projekt der Landwirtschaftskammer Österreich zur „Weiterentwicklung bestehender Abferkelbuchten – praktischer Teil“ (LK-Projekt) unter der Leitung von DI Johann Stinglmayr o Projekt der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni-Projekt) unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr.med.vet. Johannes Baumgartner Ziel von Pro-SAU war die wissenschaftliche Beurteilung von Abferkelsystemen mit temporärer Fixierungsmöglichkeit der Sau. Zu den Beurteilungskriterien zählten neben der Rechtskonformität auch Parameter des Wohlbefindens der Tiere, der Tierbetreuung sowie arbeitswirtschaftliche und ökonomische Aspekte. Eine zentrale Fragestellung war die Erörterung der im Gesetz genannten „kritischen Lebensphase von Saugferkeln“. Dem HBLFA-Teilprojekt waren innerhalb des Gesamtprojekts folgende Aufgabenbereiche und Kompetenzen zugeordnet: o Konsortialführerschaft und Leitung des Gesamtprojekts (DI Heidinger) o Inhaltliche Koordination des Projekts sowie interne Kommunikation zwischen den Projektpartnern o Erhebung von Datengrundlagen zu folgenden Themenbereichen in den Forschungsbetrieben Gießhübl und Hatzendorf: - Produktionsdaten und biologische Leistungen - Erdrückungsereignisse (Videoaufnahmen) - Haltungsbedingte Schäden und Verletzungen an Sauen und Ferkeln - Verschmutzung von Sauen und Buchten - Ferkelverlustursachen anhand pathoanatomischer Untersuchungen (Sektionen) verendeter Ferkel - Stallklimatische Bedingungen (Voruntersuchungen und begleitende Erhebungen) - Tierbehandlungen (Sauen und Ferkel) o Datenerhebungen zu haltungsbedingten Schäden und Verletzungen an Sauen und Ferkeln sowie der Tier- und Buchtenverschmutzung in drei von sechs Praxisbetrieben des LK-Projekts (drei Betriebe wurden durch die LK OÖ bzw. LK NÖ betreut) o Datenhoheit, -aufbereitung und -auswertung zu folgenden Forschungsbereichen: - Produktionsdaten bzw. biologische Leistungen in allen Projektbetrieben - Erörterung der \"kritischen Lebensphase von Saugferkeln\" in den drei Forschungsbetrieben - Videoanalyse von Erdrückungsereignissen aus den Betrieben Gießhübl und Hatzendorf - Stallklima-Analysen und Dokumentation in allen beteiligten Projektbetrieben - Sektionen der Ferkel aus den Betrieben Gießhübl und Hatzendorf - Haltungsbedingte Schäden und Verletzungen in den Praxisbetrieben - Verschmutzung von Sauen und Buchten o Unterstützung der „AG Ökonomie“ bei Konzeption der arbeitswirtschaftlichen und ökonomischen Erhebungen o Unterstützung der „AG Umsetzung und Beratung“ in allen Belangen der Kampagnisierung und des Wissenstransfers in die Praxis o Unterstützung und fachliche Begleitung von MasterstudentInnen der BOKU bei Auswertungen zur Verschmutzung von Tieren und Buchten sowie zur Herzfrequenzvariabilität o Koordination und Zusammenführung der Berichte aus den Teilprojekten sowie der AG Ökonomie und Arbeitswirtschaft in einen gemeinsamen Zwischen- sowie Abschlussbericht; dessen Endredaktion und Einreichung bei den Projektauftraggebern Im dreijährigen Hauptversuch wurden fünf verschiedene Abferkelbuchtentypen untersucht. Drei dieser Buchtentypen entstammen einer Entwicklungsarbeit von österreichischen Partnern aus Wissenschaft, Beratung, Stallbaubranche und Praxis („LK-Buchten“). Es sind dies die Flügelbucht, die Knickbucht und die Trapezbucht. Zusätzlich wurden zwei zu Projektbeginn am europäischen Markt angebotene, ausländische Buchtentypen (SWAP-Bucht und Pro Dromi-Bucht) getestet. Als Versuchsbetriebe für das Forschungsvorhaben standen neben drei Forschungsbetrieben (LFS Hatzendorf, Schweinezentrum Gießhübl GmbH und Schweinebetrieb Medau der Veterinärmedizinischen Universität Wien) auch sechs bäuerliche ferkelerzeugende Betriebe zur Verfügung. Die Einbindung von Praxisbetrieben in das gegenständliche Projekt war von besonderer Bedeutung, um die neu entwickelten Buchtensysteme auch unter praktischen Bedingungen testen und die entsprechenden Erfahrungen der LandwirtInnen erheben zu können. Dadurch konnten insgesamt robustere Ergebnisse gewonnen werden. Die Untersuchung der kritischen Lebensphase der Saugferkel fand in den drei Forschungsbetrieben statt. Die Datenaufbereitung und -auswertung erfolgte im Rehmen des HBLFA-Teilprojekts. In den genannten fünf Buchtentypen wurden die Sauen in vier Fixierungsvarianten gehalten: In FV 3 waren die Sauen vom Ende der Geburt bis zum 4. Lebenstag der Ferkel im Abferkelstand fixiert, in FV 4 wurden sie am Tag vor dem errechneten Geburtstermin ebenfalls bis zum 4. Lebenstag der Ferkel fixiert und in FV 6 vom Tag vor dem errechneten Geburtstermin bis zum 6. Lebenstag der Ferkel. Als Kontrollvariante diente die FV 0, in welcher keine Fixierung der Sauen erfolgte. Die Buchtentypen und Fixierungsvarianten wurden hinsichtlich der Auswirkungen auf die Ferkelmortalität, das Tierverhalten und die haltungsbedingten Schäden miteinander verglichen. Ebenso wurden Effekte in Hinblick auf Arbeitswirtschaft und Ökonomie erörtert. Eine Fixierung der Sau in der FV 4 stellt eine effektive Maßnahme zur Reduktion der Ferkelverluste dar. Die höchsten Verlustraten sind hingegen bei Anwendung der FV 0 zu erwarten. Die Fixierung der Sau nach Ende der Geburt (FV 3) führt zu signifikant geringeren Gesamtverlusten verglichen mit der FV 0 und zu tendenziell höheren Ferkelverlusten verglichen mit FV 4. Darüber hinaus werden bei Anwendung der Fixierungsvariante 3 aus arbeitswirtschaftlicher Sicht besondere Anforderungen an das Betreuungspersonal gestellt. In der Fixierungsvariante 6 sind gegenüber Variante 4 keine Vorteile bezüglich der Ferkelsterblichkeit festzustellen. In den untersuchten Buchtensystemen und unter Anwendung der definierten Fixierungsvarianten haben die Wurfgröße und die Wurfzahl (Alter der Sau) einen signifikanten Einfluss auf die Ferkelmortalität. Generell zieht die Fixierung der Sau eine qualitative und quantitative Einschränkung der Verhaltensmöglichkeiten für das Tier nach sich und hat einen signifikanten Einfluss auf die Aktivität der Sauen vor bzw. nach der Geburt. In der Nestbauphase zeigen im Stand eingesperrte Sauen vermehrt Positionswechsel. Das Nestbauverhalten dauert bei nicht-fixierten Sauen länger an und ist gekennzeichnet durch höhere Aktivität verglichen mit fixierten Tieren. Ebenso sind nicht-fixierte Sauen bei der Geburt aktiver und wechseln öfter die Liegeposition. Die Fixierungsvariante hat keinen Einfluss auf die Geburtsdauer. Die Aktivität der Sauen ist am Tag nach der Geburt mit und ohne Fixierung gering und steigt danach deutlich an. Fixierte Sauen zeigen jeweils am Tag des Öffnens des Standes erhöhte Aktivität. Die Fixierungsvariante hat keinen Einfluss auf die Tier- und Buchtenverschmutzung. Bei Sauen und Ferkeln ist kein eindeutig gerichteter Effekt auf die beurteilten haltungsbedingten Schäden und Verletzungen festzustellen. In den Buchtentypen treten unterschiedliche haltungsbedingte Schäden und Verletzungen gehäuft auf. Diese stehen häufig in engem Zusammenhang mit der gewählten Bodenausführung und der jeweiligen Standkonstruktion. Einige haltungsbedingte Verletzungsrisiken konnten im Projektverlauf durch entsprechende Adaption der Buchten beseitigt werden. Hinsichtlich der Systembeurteilung kann gesagt werden, dass die drei im Projekt entwickelten LK-Buchten rechtskonform ausgeführt sind. Rechtskonformität ist grundsätzlich auch für die ausländischen Buchtentypen SWAP und Pro Dromi gegeben. Diese Buchtentypen weisen jedoch Mängel in der Rutschfestigkeit des Bodens, der Verstellbarkeit der Abferkelstände und in Bezug auf Arbeitswirtschaft und Arbeitssicherheit auf. Einer entsprechenden Stabilität und Verstellbarkeit des Abferkelstandes sowie einfach zu bedienenden Mechanismen zum Öffnen und Schließen des Standes kommt in Hinblick auf die Tiergerechtheit (Verletzungsträchtigkeit, Erdrückungsgefahr) sowie Arbeitswirtschaft besondere Bedeutung zu. In allen untersuchten Buchtentypen ist die Bewegungsfreiheit der Muttersau gegeben, wobei bei einer Mindestfläche von 5.5 m2 das für jede LK-Bucht entsprechend definierte Längen- und Breitenverhältnis von entscheidender Relevanz in Hinblick auf die Funktionalität ist. Im Durchschnitt der LK-Buchten sind die Aufzuchtleistungen (in den Fixierungsvarianten 4 und 6) mit jenen in konventionellen Abferkelbuchten – mit permanenter Fixierung der Sau – vergleichbar. Die aufgetretene Variabilität zwischen den einzelnen LK-Buchtentypen ist nicht signifikant. Die Wirtschaftlichkeit der Ferkelproduktion in den neuartigen Abferkelbuchten mit Bewegungsmöglichkeit der Sau ist bei gleichen Produktionsleistungen dennoch durch deutlich höhere Investitionskosten und die Mehrkosten für Arbeit vermindert. Das Projekt Pro-SAU war gekennzeichnet durch eine einzigartige und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Beratung, Stallbaubranche und Praxis. Durch eine breitabgestützte forschungsorientierte Auslegung des Projekts unter Beteiligung der Praxis konnten valide, robuste und vor allem praxisrelevante Daten generiert werden. Die Erkenntnisse sollen den auftraggebenden Ministerien (BMGF und BMLFUW) als Entscheidungsgrundlage für die notwendige Änderung der 1. Tierhaltungsverordnung hinsichtlich der Haltung von Schweinen in Abferkelbuchten dienen. Ebenso bilden die Ergebnisse dieses Projekts die Basis für die erforderliche Begutachtung der neuen Abferkelbuchtensysteme durch die gesetzlich implementierte Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz. Für das Fortbestehen einer wirtschaftlichen Ferkelproduktion in Österreich war es von besonderem Stellenwert, frühzeitig praxistaugliche Systemalternativen – in welchen sich die Sauen innerhalb definierter Zeiträume frei bewegen können – sowie geeignete Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um die Umstrukturierungen in der Branche bis spätestens 1. Jänner 2033 zu einem Abschluss bringen zu können.

Berichtsdateien

ABSCHLUSSBERICHT_Pro-SAU_2017.pdf

Autor/innen

HEIDINGER, Birgit STINGLMAYR, Johann MASCHAT, Kristina OBERER, Manfred BLUMAUER, Emil KUCHLING, Sabrina LEEB, Christine HATZMANN, Elisabeth ZENTNER, Eduard HOCHFELLNER, Lisa LAUBICHLER, Christian DOLEZAL, Marlies SCHWARZ, Lukas MÖSENBACHER-MOLTERER, Irene VOCKENHUBER, Daniela BAUMGARTNER, Johannes

Pro-SAU_English_Summary.pdf

Autor/innen

siehe deutsche Version