Der Rübenderbrüssler Asproparthenis punctiventris

© Lina Weissengruber

ÖKOBOTHY: Untersuchung zur chemischen Ökologie und Wirtspflanzenselektion des Rübenderbrüsslers Bothynoderes punctiventris

Projektleitung

Elisabeth Koschier

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101453

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Coleoptera, Zuckerrübe, Nahrungslockstoffe, Deterrentien, Nahrungspflanzen, volatile Pflanzeninhaltsstoffe,

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Investigating the chemical ecology and host plant selection in the sugar beet weevil Bothynoderes punctiventris

Abstract (englisch)

In the years 2017 to 2019 an outbreak of the sugar beet weevil Bothynoderes punctiventris Germar (Coleoptera: Curculionidae) caused enormous damage to sugar beet crops in eastern Austria. The search for efficient pest control strategies raised question on the ecology of the sugar beet weevil that need to be researched under controlled conditions in the laboratory. Knowledge on the host plant selection behaviour of this pest is of particular importance for the development of novel control measures. To date the olfactory cues – or any other stimuli - used by the beetles to localize young sugar beet plants have not been investigated. The attractiveness of the odour bouquets of potential host plants other than the sugar beet to the weevil has not been researched either, and odour components present in the plant odours of secondary hosts have not been analysed, although olfactory attractive odour compounds could enhance the efficiency of the currently used attractant Grandlure III-V. Moreover, the potential of secondary host plants – crops, weeds or miscellaneous plants – to sustain the B. punctiventris population needs to be clarified. Finally, feeding deterrent plant extracts and minerals applied to young sugar beet plants may disrupt the host selection process of this pest. Research on the behaviour of the sugar beet weevil is a sine qua non for the development of future environmentally friendly and sustainable control strategies.

Projektziele

Zielstellung des geplanten Projektes ist es einerseits, die Rolle der Duftbouquets von Haupt- und Nebenwirtspflanzen im Wirtpflanzenselektionsprozess von B. punctiventris zu untersuchen und Duftkomponenten mit Lockwirkung zu identifizieren. Der Vergleich ihrer Nahrungseignung für Käfer und Larven zeigt, welche Pflanzen die Vermehrung des Schädlings fördern. Andererseits sollen deterrente, i.e. fraßabweisende Pflanzenextrakte und mineralische Substanzen darauf getestet werden, ob sie nach Applikation auf die Zuckerrübe den Wirtspflanzenselektionsprozeß des Käfers stören oder hemmen können.
Arbeitsschwerpunkte:
(i) Prüfung der Rolle von Pflanzendüften für die Wirtsfindung von B. punctiventris sowie die Eignung von Haupt- und Nebenwirtspflanzen als Nahrung für Käfer und Larven
(ii) Analyse der Pflanzendüfte und Prüfung von Duftkomponenten einzeln und in Kombination mit Grandlure auf ihre Lockwirkung auf B. punctiventris
(iii) Identifizierung von Pflanzenextrakten und mineralischen Substanzen mit fraßabweisender Wirkung auf B. punctiventris

Praxisrelevanz

In den Jahren 2017 bis 2019 verursachte das Massenauftreten von Bothynoderes punctiventris, dem Rübenderbrüssler, enorme Schäden im Zuckerrübenanbau in Ostösterreich. Die Suche nach wirksamen Bekämpfungsmöglichkeiten warf eine Reihe von Forschungsfragen auf, die unter kontrollierten Bedingungen in Laborversuchen untersucht werden sollen. Besonders hilfreich für die Entwicklung erfolgversprechender Bekämpfungsstrategien kann die Klärung offener Fragen zur Wirtspflanzenselektion von B. punctiventris sein. Bis jetzt ist nicht ausreichend geklärt, wie der Käfer seine Wirtspflanzen lokalisiert, ob er junge Rübenpflanzen „riecht“ oder ob ihn andere Sinnesreize leiten. Es ist auch nicht bekannt, ob vielleicht der Duft anderer (Wirts- )Pflanzen die Zuckerrübe an Lockwirkung auf die Käfer übertrifft, ob einzelne Duftkomponenten, die in den Duftbouquets mehrerer Wirtspflanzen vorkommen, für diese Lockwirkung verantwortlich sind und ob diese Duftkomponenten die Wirkung des derzeit verwendeten Lockstoffes Grandlure III-IV verstärken könnten. Weiters gilt es zu untersuchen, ob andere Kultur- oder sonstige Pflanzen dem Rübenderbrüssler Nahrung bieten und die Population auch außerhalb der Rübenfelder erhalten. Um Zuckerrüben vor dem Fraß der Käfer im Frühjahr zu schützen, soll die Wirkung von deterrenten, i.e. fraßabschreckenden Pflanzenextrakte und mineralischen Substanzen geprüft werden, die nach Applikation auf die Jungpflanzen den Wirtspflanzenselektionsprozeß des Käfers stören oder hemmen können. Eine eingehende Untersuchung der Verhaltensweisen des Rübenderbrüsslers ist unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung künftiger umweltfreundlicher, nachhaltiger Bekämpfungsstrategien.

Berichte

Abschlussbericht

Kurzfassung

Seit 2017 verursacht das Massenauftreten von Asproparthenis punctiventris Germar (Coleoptera: Curculionidae), dem Rübenderbrüssler, enorme Schäden im Zuckerrübenanbau in Ostösterreich. Durch den Klimawandel vermehrt auftretende warme und trockene Witterungsphasen im Frühjahr begünstigen die Entwicklung des Schädlings. Die nun abgeschlossenen Untersuchungen zeigen Ansätze zur Reduktion der Rübenderbrüssler-Gesamtpopulation in Zuckerrübenanbaugebieten auf. In Laborversuchen unter kontrollierten Bedingungen konnten offene Fragen zum Nahrungsspektrum des Rübenderbrüsslers geklärt werden. Seine bevorzugten Nahrungspflanzen finden sich in der Pflanzenfamilie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Im Vergleich zu Zuckerrübe (Beta vulgaris L. subsp. vulgaris Altissima Gruppe) und ihren nahen Verwandten werden Melde-Arten (Atriplex hortensis L., A. patula L.) von den Käfern beider Geschlechter um etwa ein Drittel weniger befressen. Auch häufige Beikräuter wie der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album L.) und der Rauhaarige Amarant (Amaranthus retroflexus L.) dienen in geringerem Ausmaß dem Schädling als Nahrungsquelle und sollten bei der Beikrautbekämpfung besonders berücksichtigt werden. Körneramarant (Amaranthus hypochondriacus L.) und Quinoa (C. quinoa L.) sind ebenfalls Nahrungspflanzen mit Potenzial, zum Erhalt der Schädlingspopulation außerhalb der Zuckerrübenfelder beizutragen. Ein Vergleich ergab erstmals, dass Rübenderbrüssler-Weibchen in der Zeit der Eiablage mehr Blattmasse fressen als während des Reifungsfraßes. Versuche mit eingetopften Pflanzen zeigten, dass sich die Larven des Rübenderbrüsslers nicht nur an Zuckerrübe, sondern auch an anderen Fuchsschwanzgewächsen entwickeln können. Beikräuter und andere Pflanzen aus der Familie der Knöterichgewächse (Polygonaceae) wie z.B. Buchweizen (Fagopyrum esculentum M.) zählen dagegen nicht zu den Nahrungspflanzen von A. punctiventris. Anders als in der Literatur dargestellt werden auch Mais (Zea mays L.), Sonnenblume (Helianthus annuus L.) und Salat (Lactuca sativa L.) kaum bzw. nicht gefressen. Der Rübenderbrüssler lokalisiert seine Nahrungspflanzen anhand der Duftbouquets ihrer Blätter, und dies gilt für beide Geschlechter sowohl während des Reifungsfraßes als auch in der Zeit der Eiablage. Dabei ist nach derzeitigem Kenntnisstand nur der Pflanzenduft in seiner Gesamtheit für die Wirtspflanzenfindung ausschlaggebend: Es konnten keine einzelnen volatilen (Haupt-) Komponenten mit geruchlicher Lockwirkung auf den Käfer identifiziert werden. Laborversuche zeigten das Potenzial deterrenter, i.e. fraßabweisender Pflanzeninhaltsstoffe, mineralischer Stoffe und Substanzen organischen Ursprungs, die Fraßaktivität des Schädlings an jungen Zuckerrübenpflanzen deutlich zu verringern. Eine Schädlingsmanagementstrategie, die sich z. B. auf Massenfang mit Lockstofffallen in Kombination mit Deterrent-Einsatz stützt, könnte in Jahren mit moderaten Befallszahlen effizient genug sein, um Schäden durch den Rübenderbrüssler zu vermeiden.

Berichtsdateien

101453_ÖKOBOTHY_Abschlussbericht_überarbeitet.pdf

Abstract (deutsch)

Seit 2017 verursacht das Massenauftreten von Asproparthenis punctiventris Germar (Coleoptera: Curculionidae), dem Rübenderbrüssler, enorme Schäden im Zuckerrübenanbau in Ostösterreich. Die nun abgeschlossenen Untersuchungen zeigen Ansätze zur Reduktion der Rübenderbrüssler-Gesamtpopulation in Zuckerrübenanbaugebieten auf. Laborversuchen zeigten, dass sich die bevorzugten Nahrungspflanzen in der Pflanzenfamilie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae) finden. Im Vergleich zu Zuckerrübe (Beta vulgaris L. subsp. vulgaris Altissima Gruppe) und ihren nahen Verwandten werden Melde-Arten (Atriplex hortensis L., A. patula L.) von den Käfern beider Geschlechter um etwa ein Drittel weniger befressen. Auch häufige Beikräuter wie der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album L.) und der Rauhaarige Amarant (Amaranthus retroflexus L.) dienen in geringerem Ausmaß dem Schädling als Nahrungsquelle und sollten bei der Beikrautbekämpfung besonders berücksichtigt werden. Körneramarant (Amaranthus hypochondriacus L.) und Quinoa (C. quinoa L.) sind ebenfalls Nahrungspflanzen mit Potenzial, zum Erhalt der Schädlingspopulation außerhalb der Zuckerrübenfelder beizutragen. Versuche mit eingetopften Pflanzen zeigten, dass sich die Larven des Rübenderbrüsslers nicht nur an Zuckerrübe, sondern auch an anderen Fuchsschwanzgewächsen entwickeln können. Beikräuter und andere Pflanzen aus der Familie der Knöterichgewächse (Polygonaceae) zählen dagegen nicht zu den Nahrungspflanzen von A. punctiventris. Anders als in der Literatur dargestellt werden auch Mais (Zea mays L.), Sonnenblume (Helianthus annuus L.) und Salat (Lactuca sativa L.) kaum bzw. nicht gefressen. Der Rübenderbrüssler lokalisiert seine Nahrungspflanzen anhand der Duftbouquets ihrer Blätter. Dabei ist nach derzeitigem Kenntnisstand nur der Pflanzenduft in seiner Gesamtheit für die Wirtspflanzenfindung ausschlaggebend: Es konnten keine einzelnen volatilen (Haupt-) Komponenten mit geruchlicher Lockwirkung auf den Käfer identifiziert werden. Laborversuche zeigten das Potenzial deterrenter, i.e. fraßabweisender Pflanzeninhaltsstoffe, mineralischer Stoffe und Substanzen organischen Ursprungs, die Fraßaktivität des Schädlings an jungen Zuckerrübenpflanzen deutlich zu verringern. Eine Schädlingsmanagementstrategie, die sich z. B. auf Massenfang mit Lockstofffallen in Kombination mit Deterrent-Einsatz stützt, könnte in Jahren mit moderaten Befallszahlen effizient genug sein, um Schäden durch den Rübenderbrüssler zu vermeiden.

Abstract (englisch)

From 2017 on, mass occurrences of the sugar beet weevil Asproparthenis (Bothynoderes) punctiventris Germar (Coleoptera: Curculionidae) have caused enormous damage to sugar beet crops in eastern Austria. The present research project has come up with approaches to reducing the total population of the weevil in a sugar beet growing area. In laboratory experiments, open questions about the food spectrum of the sugar beet weevil could be clarified. Its preferred food plants are found in the Amaranthaceae plant family. Weevils of both sexes consume about 30% less leaf mass from Atriplex hortensis L. (garden orache) or A. patula L. (common orache) than from sugar beet (Beta vulgaris L. subsp. vulgaris Altissima group) or its close relatives. To a somewhat lesser extent, common weeds such as fat hen (Chenopodium album L.) and common amaranth (Amaranthus retroflexus L.) can also serve as food sources for the pest and should therefore be given special consideration in weed control. Furthermore, grain amaranth (Amaranthus hypochondriacus L.) and quinoa (C. quinoa L.) are food plants as well and could contribute to maintaining pest populations outside sugar beet fields. Experiments with potted plants showed that the larvae of the sugar beet weevil can develop not only on sugar beet but also on other Amaranthaceae species. By contrast, weeds, and other plants of the knotweed family (Polygonaceae) are no food plants of A. punctiventris. Contrary to the literature, maize (Zea mays L.), sunflower (Helianthus annuus L.) and lettuce (Lactuca sativa L.) are not fed on. The sugar beet weevil locates its food plants by the odour bouquets of their leaves. As far as we know to date, only the plant odour as a whole is decisive in host plant finding; no individual volatile (main) components with olfactory attraction effects on the weevil were identified. Laboratory experiments showed the potential of deterrent plant components, mineral substances, and substances of organic origin to significantly reduce the feeding activity of the pest on young sugar beet plants. A pest management strategy based, for example, on mass trapping with traps baited with an olfactory attractant in combination with the application of a deterrent substance could be efficient enough to avoid damage to crops in years with moderate infestation levels.

Autor/innen

Koschier, E.H.

Publikationen

Alle Publikationen wurden vom Projektverantwortlichen eingetragen und liegen in dessen Verantwortung.

Koschier, E.H., Dittmann, L., Spangl, B. (2024). Olfactory Responses of Asproparthenis punctiventris Germar to Leaf Odours of Amaranthaceae Plants .
Dittmann, L., Spangl, B., Koschier, E.H. (2023). Suitability of Amaranthaceae and Polygonaceae species as food source for the sugar beet weevil Asproparthenis punctiventris Germar .