IBeSt_Plus_MastSchwein: Evaluierung von österreichischen Schweinemastställen mit unterschiedlichen Haltungssystemen hinsichtlich Tierwohl und Ökonomie

Projektleitung

Christine Leeb

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101954

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft | Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Das derzeit am meisten verbreitete Haltungssystem für Mastschweine sind unstrukturierte Buchten mit Vollspaltenböden, die zwar ökonomisch und arbeitswirtschaftlich vorteilhaft sein können, den Anforderungen der Tiere hinsichtlich des Auslebens des Normalverhaltens aber kaum gerecht werden. Das Ziel von IBeSt+ ist es daher, wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen, die einen wichtigen Beitrag leisten, um neue gesetzliche Mindestanforderungen in der Mastschweinehaltung zu entwickeln. Die dabei erzielten wissenschaftlichen Erkenntnisse können auch als Ausgangspunkt für Förder-/Labelrichtlinien in Österreich dienen, die den Ansprüchen der Tiere und der Gesellschaft unter Berücksichtigung der ökonomischen Limitationen der landwirtschaftlichen Betriebe besser gerecht werden. Dazu sollen Faktoren, die das Tierwohl beeinflussen können (z.B. Flächenangebot, Gestaltung des Liegebereichs, Lüftung, Fütterung, Herkunft der Tiere), anhand 30 bestehender Betriebe in Österreich, die an Qualitätsprogrammen teilnehmen (15 Betriebe mit +60% Platzangebot, 50 mit + 100%), identifiziert werden. Dazu werden Verhaltensindikatoren (z.B. Schwanzbeissen, Liegepositionen), klinische Indikatoren am lebenden Tier (z.B. Schwanz- und Ohrverletzungen, Lahmheit, Verschmutzung) sowie am Schlachthof (z.B. Lungenveränderungen), und Aufzeichnungen zu Erkrankungen (z.B. Atemwegserkrankungen) und Produktionsdaten (z.B. Mortalität, Zunahmen) anhand dreimaliger Betriebsbesuche zu verschiedenen Jahreszeiten erhoben. Die Daten dieser 30 Mastschweinebetrieben, werden mit Daten der 8 IBeSt-Betriebe gepoolt analysiert und charakterisiert. Dadurch können vorallem Kombinationen von Faktoren (z.B. mehr Platz + verringerter Spaltenanteil) dargestellt werden, die sich auf den Betrieben besonders vorteilhaft auf Aspekte des Tierwohls auswirken. Diese Charakterisierung soll auch zur Bewertung der Ökonomie bzw. Arbeitswirtschaft herangezogen werden. Im Zusammenhang mit der Verbreitung von Tierwohl-Ställen ist auch Wissen über Motivation und Hinderungsgründe von Bäuerinnen und Bauern zur Teilnahme an Label-Programmen entscheidend, welches im Rahmen von Interviews erfasst wird. So können wissenschaftliche Grundlagen geliefert werden, die zur weiteren Entwicklung von Haltungssystemen als Alternative zu den bestehenden Vollspaltenbuchten im Sinne des Tierwohls beitragen.

Schlagwörter (deutsch)

Tierwohl, Ökonomie, Qualitätsprogramme, Schwanzkupieren, Liegebereich, Schweinehaltung

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

On-farm evaluation of Austrian finishing pig farms with different husbandry systems regarding animal welfare and economy

Abstract (englisch)

The currently most widespread housing system for fattening pigs are unstructured pens with fully slatted flooring, which may be economically and labor-economically advantageous, but hardly meet the needs of the animals regarding normal behaviour. The aim of IBeSt+ is therefore to create a scientific basis that contributes significantly to the development of new legal minimum requirements in fattening pig husbandry. The scientific findings obtained in the process can also serve as a starting point for subsidy and/or labeling schemes in Austria that better meet the needs of animals and society while taking into account the economic limitations of farms. For this purpose, factors that can influence animal welfare (e.g. available space, design of the lying area, ventilation, feeding, origin of the animals) will be identified on the basis of 30 existing farms in Austria participating in quality assurance programs (15 farms with +60% space available, 15 with + 100%). For this purpose, behavioral indicators (e.g., tail biting, lying positions), clinical indicators on the live animal (e.g., tail and ear lesions, lameness, soiling) and at the slaughterhouse (e.g., lung lesions), and treatment records (e.g., respiratory diseases) and production data (e.g., mortality, weight gains) will be collected based on three farm visits at different times of the year. The data are pooled with existing data from the 8 IBeSt farms, analyzed and characterized. Thus, combinations of factors (e.g. more space + reduced percentage of slatted floor) can be identified, which have a particularly beneficial effect on aspects of animal welfare on-farm. This characterisation will also be used to evaluate economics and labor management. For a wider uptake of improved husbandry systems, knowledge about motivation and obstacles of farmers to participate in such label programs is crucial, information, which will be collected during interviews. In this way, a scientific basis can be provided that contributes to the further development of housing systems as an alternative to the existing fully slatted pens in terms of animal welfare.

Schlagwörter (englisch)

animal welfare, economy, quality assurance, tail docking, lying area, pig husbandry

Projektziele

IBeSt+ stellt eine Erweiterung des Projekts IBeSt: „Innovationen für bestehende Aufzucht- und Mastställe für Schweine in Österreich – zum Wohl von Tier und Mensch“ dar. Es sollen gemäß den Vorgaben des novellierten Tierschutzgesetzes „an Hand der angeführten Parameter auch Haltungssysteme von, an bestehenden Qualitätsprogrammen teilnehmenden, Schweinemastbetrieben“ evaluiert werden, „unter Berücksichtigung des Verbots des routinemäßigen Schwanzkupierens und des Erfordernisses eines physisch und temperaturmäßig angenehmen Liegebereichs…“. "Die diesbezüglichen Ergebnisse sind nachfolgend von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz zu begutachten".

Das Ziel von IBeSt+ ist es also, wissenschaftliche Grundlagen als wichtigen Beitrag für gesetzliche Rahmenbedingungen, Förderrichtlinien und Label-Schweinefleischproduktion in Österreich zu erarbeiten, die den Ansprüchen der Tiere und der Gesellschaft unter Berücksichtigung der ökonomischen Limitationen der landwirtschaftlichen Betriebe besser gerecht werden. Dazu sollen Faktoren, die das Tierwohl beeinflussen können, anhand bestehender Betriebe in Österreich identifiziert bzw. evaluiert werden. Dabei sind insbesondere auch Kombinationen von Faktoren (z.B. mehr Platz kombiniert mit verringertem Spaltenanteil) interessant. Dazu sollen Daten von 30 Mastschweinebetrieben, die bereits an Qualitätslabels teilnehmen, sowie Daten der IBeSt-Betriebe gepoolt analysiert und charakterisiert werden. Dies soll auch zur Bewertung hinsichtlich Ökonomie bzw. Arbeitswirtschaft herangezogen werden. Im Zusammenhang mit der Verbreitung von Tierwohl-Ställen ist auch Wissen über Motivation und Hinderungsgründe von Bäuerinnen und Bauern zur Teilnahme an Label-Programmen entscheidend.

Dazu ergeben sich folgende Fragestellungen:

Wie wirken sich verschiedene stallbauliche Varianten für Mastschweineställe aus hinsichtlich

  • Tierwohl (Tiergesundheit und Verhalten, mit besonderer Berücksichtigung der Schwanzverletzungen)
  • Aspekten der Arbeitszeit und Ökonomie
  • Wahrnehmung der Landwirt*innen

Im Detail:

  • Tier: Faktoren, wie z.B. Gruppengröße, Strukturierung, Stallkühlung, Fütterung und Beschäftigungsmaterial beeinflussen Aspekte des Tierwohls (Nielsen et al., 2022). Diese Faktoren werden anhand von Checklisten, unter Einbezug der Risikofaktorenanalyse für Schwanzbeißen, sowie durch Messungen im Stall (Stallklimacheck) und Probenahme (Futtermittelproben) erfasst. Ihre Auswirkungen werden dann  anhand von tierbezogenen Indikatoren, wie Verhalten (z.B. Ruheverhalten), klinischen Parametern (z.B. Verletzungen, Verschmutzung) sowie von Auswertungen vorhandener Daten über einen längeren Zeitraum (z.B. Produktionsdaten; SFU Daten) erfasst. Dies erfolgt anhand der Indikatoren, die schon für IBeSt festgelegt wurden, sodass eine gemeinsame Auswertung der Daten aus IBeSt und IBeSt+ sichergestellt ist.
  • Ökonomie: Das Arbeitspaket Ökonomie analysiert die Wirtschaftlichkeit von höheren Tierwohlstandards für Mastbetriebe. Dazu werden die Kosten inkl. Arbeitskosten von Betrieben mit höheren Standards im Vergleich zum gesetzlichen Standard quantifiziert, die tierischen Leistungen erhoben und monetär bewertet. Zusätzliche öffentliche Gelder im Rahmen des Tierwohlpakets werden in die Kalkulationen einbezogen. Daraus errechnet sich das Betriebsergebnis ohne Berücksichtigung von möglichen Preiszuschlägen für Qualitätsprogramme. Auch die Entwicklung der Arbeitsabläufe in diesen Haltungssystemen wird dokumentiert.
  • Mensch: Das Arbeitspaket Mensch beschäftigt sich mit der subjektiven Wahrnehmung der Betriebsleiter*innen. Dazu soll die Motivation für den Einstieg auf die Label-Schweinefleischproduktion erhoben werden, sowie die Hindernisse, die sie bei der Umstellung überwinden mussten und die Erfahrungen mit der Haltung von Mastschweinen mit unkupierten Schwänzen. Auch wird die subjektive Sicht der Landwirt*innen zum Thema Tierwohl erhoben: woran erkennen sie, dass es ihren Mastschweinen ‚gut‘ geht?
  • Stallklima: Für alle Betriebe soll eine Stallklima-Grunderhebung zur Erörterung des Status quo hinsichtlich der stallklimatischen Einflussfaktoren vorgenommen werden.
  • Praxis: Vernetzung der teilnehmenden Betriebe und Kommunikation zielgruppengerecht in Richtung Landwirtschaft und allgemeine Öffentlichkeit

Praxisrelevanz

Zusätzlich zum Projekt IBeSt, das sich mit Anpassungsmöglichkeiten für bestehende Vollspaltensysteme für Aufzucht- und Mastschweine beschäftigt, soll im IBeSt+ Projekt entsprechend dem gesetzlichen Auftrag wissenschaftliche Grundlagen erarbeitet werden, die als Beitrag für gesetzliche Rahmenbedingungen, Förderrichtlinien und Label-Schweinefleischproduktion in Österreich dienen können. Diese sollen den Ansprüchen der Tiere und der Gesellschaft unter Berücksichtigung der ökonomischen Limitationen der landwirtschaftlichen Betriebe besser gerecht werden. Damit werden insbesondere bei Um- und Neubauten wichtige Erkenntnisse und Entscheidungshilfen für die landwirtschaftlichen Betriebe geliefert, um sie dementsprechend „zukunftsfit“ zu machen.

Eine Aufbereitung für Landwirt*innen erfolgt laufend während der gesamten Projektlaufzeit über das branchenspezifische Netzwerk des VÖS. Es soll regelmäßig im VÖS-Magazin mit einer Auflage von 19 000 Stück (vier Ausgaben pro Jahr) über den Projektfortschritt berichtet werden. Außerdem sollen die Interessensvertreter durchgehend informiert werden und die Position der Landwirte und Landwirtinnen in die Projektausrichtung mit einfließen lassen.

Die Kommunikation der Erkenntnisse aus dem Projekt auf Universitäten, land- und forstwirtschaftlichen Schulen und Beratungseinrichtungen ist wesentlich. So kann schon bei Schüler*innen Verständnis und Grundlagen zu den verschiedenen Haltungssystemen geschaffen werden, was zur Etablierung von mehr Tierwohl in der österreichischen Schweinehaltung beitragen kann. Die beteiligten Institutionen (RA-GU, BOKU; HAUP) können dabei sicherstellen, dass dieser Wissenstransfer zielgerichtet erfolgt.

Außerdem wird intensiv mit dem TGÖ zusammengearbeitet, mit Fokus auf das Thema "Reduktion des routinemäßigen Schwanzkupierens unter Anwendung der Risikofaktorenanalyse". Die Projektergebnisse sollen über intensiven Austausch auch mit der AMA Marketing GmbH zur Neuausrichtung der AMA-Gütesiegelrichtlinien Schwein beitragen.