© Raumberg-Gumpenstein
GenErhalt: Ex-situ Erhalt der pflanzengenetischen Vielfalt des österreichischen Extensivgrünlands (Grünland-Genbank)
Projektleitung
Wilhelm Graiss
Forschungseinrichtung
LFZ Raumberg-Gumpenstein
Projektnummer
100990Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Allgemeine Projektinformationen
Abstract (deutsch)
Regelmäßige Über- und Nachsaaten zur Erhaltung bzw. Steigerung der Leistungsfähigkeit und Erhöhung der Narbendichte von Grünlandbeständen sind inzwischen Standardmaßnahmen der Bewirtschaftung von Dauergrünland. Bei der Auswahl des Saatgutes wird auf die Verwendung hochwertiger Sorten, meist in Form von Qualitäts-Saatgutmischungen, geachtet. Diese Sorten stammen neben inländischem Zuchtmaterial zum großen Teil von Firmen aus Norddeutschland, Dänemark, Holland, Frankreich und Neuseeland. Aber auch die in Österreich gezüchteten Sorten sind notwendigerweise genetisch homogenisiert und in ihren Eigenschaften auf die Bedürfnisse der modernen Grünlandbewirtschaftung ausgerichtet. Das regelmäßige Ausbringen dieses so gesehen „genetisch standortfremden“ Saatgutes führt nach und nach zu einer Gendrift, die auch extensiv bewirtschaftete und in-situ erhaltene Grünlandbestände trifft. Durch Polleneintrag nachgesäter Grünlandbestände geht die ursprüngliche Genetik betroffener Arten des Extensivgrünlandes zunehmend und ohne Gegenmaßnahmen bereits in naher Zukunft unwiederbringlich verloren. Eine Besammlung passender Bestände in ihrer regionalen Ausprägung und die Sicherung des Samenmateriales in der Gumpensteiner Genbank sind daher dringend nötig.
Im Rahmen des Projektes wird Saatgut landwirtschaftlich wichtiger Grünlandgräser und -kräuter in den 3 ausgewählten Lebensraumtypen aller 10 naturräumlichen Großeinheiten Österreichs besammelt (G-Zert 2012), reproduziert und ex-situ im Gefrierlager des LFZ gesichert. Dies dient in erster Linie dem Erhalt der genetischen Vielfalt, die durch Nach- und Übersaat mit einheitlichem Saatgut sehr stark gefährdet ist. Das gesammelte und verwahrte Material steht zukünftig für Züchtungsaktivitäten sowie regionale Naturschutz- und Landschaftsbau-Maßnahmen zur Verfügung. Die im Rahmen dieses Projektes erhobenen Daten werden in das nationale Verzeichnis der öffentlich zugänglichen österreichischen Genbank integriert.
Schlagwörter (deutsch)
Genbank, Futterpflanzen, Gräser, kleinkörnige Leguminosen, Kräuter, G-Zert
Titel (englisch)
Ex-situ conservation of plant genetic diversity from Austrian extensive grassland (grassland gene bank)
Abstract (englisch)
Extensive grassland has several species in common with intensively used ones; but they differ significantly in their genetics, as they are well adapted to regional climatic, site-specific and land use conditions. These regional genetic properties are a very valuable resource, especially in times of climate change, which has to be kept both for coming generations and future breeding projects.
Regular reseeding for maintaining or increasing performance and sward density is a standard procedure nowadays in the management of permanent grassland. When choosing the seed mixture, farmers are looking for high value varieties, which are, besides from Austria, mostly from northern Germany, Denmark, the Netherlands, France and New Zealand. All varieties, also the Austrian ones, are genetically homogenized and optimized for a modern grassland use. The regular application of genetic alien seed mixtures leads step by step to a genetic drift, harming also still existing extensively used sites. With the input of pollen from reseeded grassland and without counter-measures, the original genetics of the affected species from extensively used grassland get more and more lost in the near future. Sampling of suitable stands in their regional originality and securing of seed material in the gene bank of Gumpenstein are therefore urgent.
Within the project, seed material of grasses and forbs important for agriculture will be collected in the 10 ecological regions of Austria (G-Zert 2012) in different origins, propagated and ex-situ conserved in the facilities at AREC Raumberg-Gumpenstein. This is done to conserve genetic diversity, which is heavily endangered from reseeding with homogenized seed mixtures. The collected and stored material is available for future breeding projects, as well as for regional nature conservation and landscaping projects. The data gained will be included into the national catalogue of the open accessible Austrian gene bank.
Projektziele
Im Bereich Naturschutz werden bereits zahlreiche Aktivitäten gesetzt, die sich mit dem in-situ-Erhalt naturschutzfachlich wertvoller und vor allem seltener Arten und Gesellschaften beschäftigen (Pflege und Offenhalten von Streuwiesen, Halbtrockenrasen, Magerrasen, etc.) beschäftigt. Aufgrund der geringen Gefährdung dieser Bestände durch genetische Drift vom Wirtschaftsgrünland werden solche Flächen im vorliegenden Projekt nicht berücksichtigt. Es besteht bei dem in-situ-Erhalt seltener Arten im Rahmen von Naturschutzaktivitäten normalerweise nicht unmittelbar die „Gefahr“, dass genetisches Material von benachbarten, intensiv bewirtschafteten und nachgesäten Flächen eine Gen-Drift der Zielarten verursacht. Stattdessen werden solche Lebensraumtypen besammelt, die sich in einer regelmäßigen semi-extensiven Bewirtschaftung befinden (ein- bis zweimalige Mahd), die ursprünglichen Ausgangsbestände für das drei- und mehrschnittig genutzte Grünland bildeten und daher auch ein ähnliches, sich teilweise überschneidendes Artenspektrum besitzen.
Das vorliegende Projekt fokussiert auf folgende Lebensraumtypen, die im Gumpensteiner Herkunftszertifikat (G-Zert 2012) definiert wurden. Der Lebensraumtyp bezeichnet dabei einen abstrahierten Typus aus der Gesamtheit gleichartiger und ähnlicher natürlicher Lebensräume. Innerhalb eines Lebensraumtyps lässt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Biotoptypen unterscheiden. Jeder einzelne Typ bietet, als Lebensraum mit seinen ökologischen Bedingungen einheitliche, von anderen Typen verschiedene Voraussetzungen und ist durch spezielle Pflanzengesellschaften gekennzeichnet:
1. Fuchschwanz-Auenwiesen: Meist zweimal jährlich gemähte Wiesen auf nährstoffreichen Standorten. Meist entlang von Flüssen, Bächen und Gräben bzw. in deren Überschwemmungsbereich sowie wasserzügigen Hanglagen, auf tonig-lehmigen, auch zeitweilig überfluteten Böden in tiefen bis mittleren Lagen.
2. Glatthafer-Fettwiesen: Frische Mähwiesen der tieferen Lagen, die zumeist zweimal genutzt werden. Hochwüchsige Fettwiesenarten können in den regelmäßig, aber mäßig gedüngten Mähwiesen noch nicht ihre volle Konkurrenzkraft entfalten, sodass auch noch einzelne Magerkeitszeiger vorkommen.
3. Goldhafer-Bergwiesen: Frische Mähwiesen der mittleren und höheren Lagen, die ein- bis zweimal jährlich gemäht , im Herbst auch gelegentlich beweidet werden.
Die geplanten Sammelorte dieses Projektes sind somit semi-extensiv genutzte Wiesengesellschaften in collinen bis montanen Höhenstufen (Höhenstufen-Definition nach Fischer et al., 2005). Allerdings wird es auch die (untergeordnete) Möglichkeit geben, beim Vorkommen von Lebensraumtypen mit einer besonderen regionalen Bedeutung (z.B. Bergmähder), nach Rücksprache mit den lokalen Projektpartnern ebenso auch ausgesuchte Arten solcher Flächen zu besammeln und das Saatgut langfristig zu sichern.
Es ist im Rahmen dieses Projektes nicht möglich, eine flächendeckende Sammlung vorzunehmen. Um den unterschiedlichen Regionen Österreichs soweit als fachlich notwendig gerechter zu werden, sollen in allen 10 naturräumlichen Großeinheiten Österreichs (siehe G-Zert Richtlinie) stichprobenartige Sammlungen durchgeführt werden. Hierbei kann dann die naturräumlich unterschiedliche genetische Anpassung des Pflanzenmaterials an die Standort-Gegebenheiten abgebildet werden. Aufgrund der Tatsache, dass typische zweischürige Wiesen mit geringer bis keiner Nachsaat-Beeinflussung nur noch selten vorkommen, wird bei der Sammlung kaum Rücksicht darauf genommen werden können, wie die genetischen Verbreitungsmuster einzelner Arten gestaltet sind. Hierfür wären auch umfangreiche genanalytische Untersuchungen notwendig, die nach aktuellem Stand des Wissens noch nicht durchgeführt wurden und im Rahmen dieses eher praxisorientierten Projektes nicht angedacht sind.
In allen naturräumlichen Großeinheiten Österreichs wird Saatgut charakteristischer Arten (Gräser, Leguminosen und Kräuter) der Grünland-Gesellschaften Fuchsschwanz-Auenwiesen, Glatthafer-Fettwiesen und Goldhafer-Bergwiesen gesammelt. Die Auswahl dieser Arten erfolgt aufgrund folgender Kriterien:
•charakteristische Art einer der oben genannten Lebensraum-Typen
•Vorkommen des Lebensraum-Typs in der naturräumlichen Großeinheit
Praxisrelevanz
Die Sammlung am LFZ Raumberg-Gumpenstein leistet einen wertvolle Beitrag zum Erhalt der Biodiversität und zur nachhaltige Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft, z.B. als Genreservoir, sowie für die Pflanzenreproduktion und damit in weiterer Folge für die Saatgutwirtschaft.
Berichte
Kurzfassung
Berichtsdateien
Abstract (deutsch)
Im Rahmen des Projekts GenErhalt der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurde von 2014 bis 2023 die genetische Diversität von Grünlandarten durch Sammlung und Konservierung von Samen aus Wildpopulationen gesichert. Mit einer veränderten Anbaustrategie, welche die Parzellengröße signifikant vergrößerte, wurde eine effizientere Saatgutproduktion ermöglicht, die eine rasche Vermehrung für die landwirtschaftliche bzw. naturschutzfachliche Nutzung unterstützt.
Vorhandenes Material aus früheren Akzessionen wurde sorgfältig geprüft und für die Langzeitkonservierung vorbereitet, einschließlich Keimfähigkeitstests und der Reproduktion ausgewählter Herkünfte. Die erfolgreiche Vermehrung begann mit einem Vorziehen in Pflanzschalen im Folientunnel, gefolgt von der Anlage von Einzelpflanzen, wobei das gewonnene Material nach gründlicher Prüfung und Trocknung in das Langzeitlager überführt wurde. Zusätzlich fanden in Kooperation mit Naturschutzbehörden der Länder weitere Sammlungen statt, die zur umfangreichen Genbank beitrugen und Österreichs Engagement für den Erhalt der Biodiversität stärken.
Die Ergebnisse des Projekts, die langfristige Sicherung von 529 regionalen zertifizierten Pflanzenakzessionen, wurden in die nationale Genbank Österreichs integriert und tragen durch die Etablierung und Verwendung von zertifizierten, regionalen Wildpflanzensaatgut in unterschiedlichen Mischungen zu genetischen Erhaltung der Biodiversität im Grünland bei.
Abstract (englisch)
During the project conducted by HBLFA Raumberg-Gumpenstein from 2014 to 2023, the genetic diversity of grassland species was preserved through the collection and conservation of seeds from wild populations. A modified cultivation strategy, which significantly increased the size of the plots, enabled more efficient seed production that supports rapid multiplication for agricultural and conservation use.
Existing material from previous accessions was carefully inspected and prepared for long-term conservation, including germination tests and the reproduction of selected origins. The successful propagation began with pre-growing in planting trays within foil tunnels, followed by the establishment of individual plants. The resulting material, after thorough examination and drying, was transferred to long-term storage. In addition, further collections were made in cooperation with the conservation authorities of the federal states, contributing to the extensive gene bank and strengthening Austria's commitment to biodiversity conservation.
The results of the project, the long-term safeguarding of 529 regional certified plant accessions, were integrated into Austria's national gene bank and contribute to the genetic conservation of biodiversity in grassland through the establishment and use of certified, regional wild plant seeds in different mixtures.
Autor/innen
Graiss, W., Gassner-Speckmoser, K., Gaier, L., Krautzer, B.