Feed no food: Feed no food – Untersuchungen zum Einfluss eines reduzierten Milchentzugs in den ersten Laktationstagen auf Leistung und Energiebilanz von Bio-Milchkühen

Projektleitung

Andreas Steinwidder

Forschungseinrichtung

Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein

Projektnummer

101862

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft 

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

In der biologischen Landwirtschaft wird eine grundfutterbasierte Milchviehhaltung angestrebt. In den ersten Wochen nach der Abkalbung befinden sich Milchkühe, je nach Leistung und Futteraufnahme, in einem Energiedefizit. Bei grundfutterbasierter Fütterung sind die Energiekonzentration in der Ration sowie die Energieversorgung begrenzt. Dadurch kann es zu einem ausgeprägten Energiedefizit, hohen Körperreservemobilisation und Stoffwechselbelastungen kommen.

Im 2-faktoriellen Versuch (KF-Niveau bzw. Milchentzug) sollen die Einflüsse eines reduzierten Milchentzugs in den ersten zwei Laktationswochen sowie des Kraftfutterverzichts auf die Futteraufnahme, Nährstoffversorgung, Milchleistung sowie Tiergesundheitsparameter von Bio-Milchkühen im Vergleich zu Kontrollgruppen untersucht werden.

Schlagwörter (deutsch)

Biologisch, Grundfutter, Kraftfutter, Melkung, Nährstoffversorgung

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Feed no food - Effects of reduced milk withdrawal in the first days of lactation on performance and energy balance of organic dairy cows

Abstract (englisch)

In organic farming a forage based feeding is an aim. In the first weeks after calving, dairy cows are in an energy deficit, depending on performance and feed intake. With forage-based feeding, the energy concentration in the ration and the energy supply are limited. This can result in a pronounced energy deficit, high body reserve mobilization and metabolic stress.

In the 2-factorial trial ("CF level" and "harvested milk"), the influences of reduced harvested milk in the first two weeks of lactation and of no concentrate feeding on feed intake, nutrient supply, milk yield, and animal health parameters of organic dairy cows  will be investigated compared to control groups.

Schlagwörter (englisch)

Organic, forage, concentrate, milking, nutrient supply

Projektziele

Zu Laktationsbeginn steigt die Milchleistung von Milchkühen üblicherweise schneller als die Futteraufnahme, daher befinden sich Milchkühe in diesem Stadium häufig in einer negativen Energiebilanz (EB). Abhängig vom Grad der energetischen Unterversorgung und der damit verbundenen Mobilisierung von Körperreserven, können negative Auswirkungen auf die Leistung, Immunfunktion, Gesundheit, Fruchtbarkeit und Langlebigkeit auftreten (Carbonneau et al., 2012; Ster et al., 2012; Wankhade et al., 2017; Macrae et al., 2019).

In der biologischen Landwirtschaft bestehen rechtliche und ökonomische Beschränkungen hinsichtlich des Kraftfuttereinsatzes (EC, 2008; EC, 2018). Ein Steigender Kraftfutteranteil kann die Grundfutteraufnahme reduzieren und die Futterkosten, insbesondere in biologischen Produktionssystemen, erhöhen (Horn et al., 2014). In der Bio-Landwirtschaft wird eine grundfutterbasierte Fütterung sowie eine Reduktion von lebensmitteltauglichen Kraftfutterkomponenten angestrebt. Bei grundfutterbasierter Fütterung bzw. bei vollständigem Kraftfutterverzicht sind jedoch die Energiekonzentration in der Ration, die Futteraufnahme sowie die Energieversorgung der Kühe begrenzt. Dadurch kann es zu einem ausgeprägten Energiedefizit, hohen Körperreservemobilisation und Stoffwechselbelastungen kommen.

Ergebnisse der Literatur sowie eigener Untersuchungen weisen darauf hin, dass durch eine Reduktion der Melkfrequenz bzw. des Milchentzugs in den ersten Laktationstagen die Energieversorgung von Kühen zu Laktationsbeginn verbessert werden können. In Versuchen verringerte ein reduzierter Milchentzug in den ersten 5-7 Laktationstagen den metabolischen Stress und hatte positive Auswirkungen auf die Immunreaktionen der Kühe, ohne die Produktivität der hochleistenden Milchkühe während der gesamten Laktation wesentlich zu beeinträchtigen (Carbonneau et al., 2012; Lacasse et al., 2016; Morin et al., 2018). In Versuchen mit verringerte Melkfrequenz sank die Milchleistung, wurden die Energiebilanz und der Stoffwechselstatus verbessert (McNamara et al., 2008; Loiselle et al., 2009; Kay et al., 2013; Lacasse et al., 2016; Capelesso et al., 2019; Moallem et al., 2019) und kam es durch einen günstigeren Nährstoffversorgungsstatus zu einer früheren Wiederaufnahme des Ovarialzyklus (Clark et al., 2006; Patton et al., 2006; Stelwagen et al., 2013, Steinwidder et al., 2021). Eine Verringerung der täglichen Melkfrequenz über mehrere Wochen kann jedoch die Milchleistung im weiteren Verlauf der Laktation einschränken (Dahl et al., 2004; Stelwagen et al., 2013; Capelesso et al., 2019).

Im 2-faktoriellen Versuch (KF-Niveau bzw. Milchentzug) sollen die Einflüsse eines reduzierten Milchentzugs in den ersten zwei Laktationswochen sowie des Kraftfutterverzichts auf die Futteraufnahme, Nährstoffversorgung, Milchleistung sowie Tiergesundheitsparameter von Bio-Milchkühen im Vergleich zu Kontrollgruppen untersucht werden.


Versuchsaufbau:

Insgesamt werden Daten von 60 Laktationen der Milchkühe (Fleckvieh bzw. HF-Lebensleistung) des Bio-Instituts der HBLFA Raumberg-Gumpenstein in drei Winterfütterungsperioden (3 Wiederholungen zu 20 Laktationen pro Jahr) untersucht. Die Tiere werden dazu zwei KF-Gruppen (KF bzw. K0) und 2 Melkgruppen (M und M-) gleichmäßig zugeteilt.

KF Niveau (KF und KF0):

  • Die Tiere der KF-Kontrollgruppe (KF) erhalten über den Transponder nach der Abkalbung eine steigende Kraftfuttermenge, welche etwa den derzeit üblichen Zuteilung in der Bio-Landwirtschaft entspricht (beginnend von 3,0 kg Frischmasse (FM) täglich auf 6,0 kg FM am 14. Laktationstag; Steigerung um 0,25 kg/Tag). Ab dem 15. Laktationstag erhalten alle Kühe bis zum 35. Laktationstag 6,0 kg FM Kraftfutter pro Tag. Danach wird dieses leistungsbezogen zugeteilt, wobei die maximale Kraftfuttermenge mit 6,0 kg FM/Tier und Tag begrenzt wird.
  • Die Tiere der Versuchsgruppe (KF0) erhalten nur die Grundfutter-TMR und kein Kraftfutter.

Die Grundfutterration, Vorbereitungsfütterung vor der Abkalbung und die Mineralstoffergänzung unterscheidet sich nicht zwischeh den Versuchsgruppen.

Milchentzug (Gruppen: M bzw. M-):

  • Die Tiere der Kontroll-Melkgruppe (M) werden wie üblich zweimal täglich gemolken.
  • In der Versuchsgruppe (M-) werden
    • an den ersten 3 Laktationstagen nur zu maximal 8 l/Tag (4 l/Melkung),
    • von Laktationstag 4 bis 7 maximal 12 l/Tag
    • und von Laktationstag 7 bis 14 maximal 16 l/Tag gemolken.

Ab dem 15. Laktationstag werden alle Kühe wie üblich ausgemolken.

Wenn Tiere in den drei Versuchsjahren mehrmals in den Versuch kommen (weitere passende Laktation), dann wechseln diese in der Folgelaktation die Versuchsgruppen.

Projektziele:

  • Messung der Futteraufnahme, Energie- und Nährstoffversorgung, LG-, Körperkonditions- und Rückenfettdicke-Entwicklung, Milchleistung, Tiergesundheits- und Fruchtbarkeitsparameter sowie Blut-Stoffwechselparameter.
  • Erkennung der Einflüsse „Kraftfutter“ bzw. „Melkung“ und „Kraftfutter x Melkung (Wechselwirkung)“ auf die oben genannten Parameter.
  • Ableitung von Praxisempfehlungen zum Herden- und Fütterungs­management bei grundfutterbasierter Fütterung.

Praxisrelevanz

Die Minimierung des Kraftfuttereinsatzes gewinnt, auf Grund der Rahmenbedingungen, in der Milchviehhaltung an Bedeutung. In der Bio-Landwirtschaft wird eine grundfutterbasierte Fütterung sowie eine Reduktion von lebensmitteltauglichen Kraftfutterkomponenten angestrebt. In den ersten Wochen nach der Abkalbung befinden sich Milchkühe, je nach Leistung und Futteraufnahme, in einem Energiedefizit. Bei grundfutterbasierter Fütterung bzw. bei vollständigem Kraftfutterverzicht sind die Energiekonzentration in der Ration, die Futteraufnahme sowie die Energieversorgung der Kühe begrenzt. Dadurch kann es zu einem ausgeprägten Energiedefizit, hohen Körperreservemobilisation und Stoffwechselbelastungen kommen. Ergebnisse der Literatur sowie von eigenen Untersuchungen weisen darauf hin, dass durch eine Reduktion des Milchentzugs in den ersten Laktationstagen die Energieversorgung von Kühen zu Laktationsbeginn verbessert werden kann. Aus den Ergebnissen des Versuchs sollen neue Erkenntnisse zum Management im geburtsnahen Zeittraum gewonnen werden, welche zur Minimierung des Energiedefizits und Optimierung der Leistung und Tiergesundheit unter grundfutterbasierten Fütterungsbedingungen beitragen können.

Eine breite Ergebnisumsetzung über wissenschaftliche Publikationen, Fachpublikationen, Beratungsunterlagen, Vorträge etc. ist sichergestellt. Der Versuch wird am Bio-Lehr- und Forschungsbetrieb der HBLFA Raumberg-Gumpenstein durchgeführt. Versuchsfragen werden möglichst praxisnahe gestaltet, sodass eine direkte Weitergabe der Ergebnisse an andere Betriebe gewährleistet ist. Nach Möglichkeit soll auch ein/e Student/in der Universität für Bodenkultur in die Projektarbeiten und Auswertungen eingebunden werden.