CNSOIL: Bodenpioniere 2050: Leuchtturmbetriebe als Innovationsträger für boden- und klimaschützende Bewirtschaftungsstrategien zur Umsetzung des Green Deal.

Projektleitung

Gernot Bodner

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101891

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft | Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Im Rahmen des Green Deal steht die Landwirtschaft vor der Herausforderung der Klimaneutralität durch Emissionsreduktion und CO2-Speicherung im Boden. Mit der EU-Bodenstrategie 2030 sollen die dafür erforderlichen Ökosystemfunktionen des Bodens sichergestellt werden. Jedoch liegen bisher kaum praxistaugliche Umsetzungsstrategien für diese Ziele vor. Als neuen Ansatz definiert die EU-„Mission Soil Health“ Leuchtturmbetriebe als Innovationsmotor für das Erreichen der Klima- und Bodenziele des Green Deal.

Im Projekt „Bodenpioniere 2050“ wird ein nationales Netzwerk von Leuchtturmbetrieben an 60 Standorten aufgebaut, die die wichtigsten Boden- und Klimaformen sowie Betriebstypen abdecken. Leuchtturmbetriebe sind hochinnovative Betriebe mit dem operativen Ziel der Optimierung der Bodengesundheit zur Ertragssicherung. Auf den Betrieben werden moderne wissenschaftliche Instrumente etabliert, um die Bodenfunktionen Klimaschutz, Nährstoffeffizienz, Erosionsschutz und Klimawandelanpassung gezielt zu steuern.

Als zentrales Werkzeug dafür wird ein Bodenqualitätsmodell entwickelt, das mittels künstlicher Intelligenz (KI) aus „on-farm“ erhobenen Bodendaten Steuerungsindikatoren für Bodenfunktionen identifiziert. Durch eine neue Form der KI wird die indikatorbasierte Bodendiagnose mit Expertenwissen von Betriebsleitern und Beratern verbunden, um realistische standortspezifische Indikatoren-Zielwerte zu definieren. Diese quantifizieren die erreichten Bewirtschaftungserfolge in den einzelnen Bodenfunktionen und bieten den Betrieben eine Handlungsorientierung für weitere Managementoptimierung.

Über eine neue Plattform werden Satellitendaten zur Humusbilanzierung und Bewertung der Resilienz gegen Hitze-/Trockenstress aufbereitet. Die Integration der Pflanzenbestands-Indices in das Bodenindikatoren-Modell verbessert die Prognose der Bodenfunktionen und verknüpft diese mit Fortschritten in der Klimawandelanpassung der Leuchtturmbetriebe.

Humusspeicher- und Stickstofffluss-Szenarien für Pionierbewirtschaftungssysteme unter Klimawandelbedingungen werden anhand der erhobenen betrieblichen Messdaten innerhalb realistischer standortspezifischer Bandbreiten für die gesamtösterreichische Ackerfläche simuliert.

Das Projekt bietet damit durch Integration von innovativer landwirtschaftlicher Praxis und Forschung in einem Leuchtturmbetriebsnetzwerk praxistaugliche Managementlösungen zur nationalen Umsetzung der Green Deal-Ziele mit wichtiger europaweiter Beispielwirkung.

Schlagwörter (deutsch)

Mission Soil Health, Leuchtturmbetriebe, Green Deal, Bodenfunktionen, Klimaschutz, Erosion, Klimawandelanpassung, Stickstoff-Effizienz

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Soil pioneers 2050: Lighthouse farms as innovators of climate change mitigating and soil health improving management systems to achieve the Green Deal targets.

Abstract (englisch)

In the course of the Green Deal, agriculture faces the challenge of climate neutrality through emission reduction and soil carbon sequestration. The EU Soil Strategy 2030 is intended to ensure the soil ecosystem functions required for this aims. So far, however, there are hardly any practicable implementation strategies for these goals. As a new approach, the EU "Mission Soil Health" defines lighthouse farms as innovation drivers for achieving the climate and soil goals of the Green Deal.

In the "Soil Pioneers 2050" project, a national network of lighthouse farms is being set up at 60 locations, covering the most important Austrian soil and climate types as well as farming systems. Lighthouse farms are highly innovative farms with the operational goal of optimizing soil health to secure yields. Modern scientific instruments are established on the farms in order to evaluate the soil functions of carbon storage, nutrient efficiency, erosion mitigation and adaptation to climate change.

A soil quality model is being developed as a central tool for this purpose, which uses artificial intelligence (AI) to identify key control indicators for soil functions from soil data collected "on-farm". A new form of AI combines indicator-based soil diagnosis with expert knowledge from farmers and extensionists to define realistic site-specific indicator target values, quantify the management successes achieved in the individual soil functions and offer an orientation to farmers of potential targets for further management optimization.


A new remote sensing platform is used to process satellite data for humus balancing and assessment of resilience to heat/drought stress. The integration of the crop canopy indices into the soil indicator model improves the forecast of soil functions and links them to progress in climate change adaptation achieved at the lighthouse farms.

Carbon storage and nitrogen flow scenarios for pioneer farming systems under climate change conditions are simulated for Austrian arable land, using the on-farm measurement data to define realistic site-specific constraints and processes.

The project thus offers practical management solutions for the national implementation of the Green Deal goals through the integration of innovative agricultural practice and research in a lighthouse farm network and can provide an important Europe-wide example to develop future-oriented farming systems.

Schlagwörter (englisch)

Mission Soil Health, Lighthouse farms, Green Deal, Soil Functions, Climate change mitigation, Erosion, Climate change adaptation, Nitrogen efficiency

Projektziele

Der Europäische Green Deal strebt bis 2050 eine weitreichende Transformation der Gesellschaft zu nachhaltigeren Lebens- und Produktionsformen an, die den Klimawandel und seine Auswirkungen minimieren (Europäische Kommission, 2019). Dabei kommt dem Sektor Landwirtschaft eine hohe Bedeutung zu: 39 % der Landfläche stehen unter landwirtschaftlicher Nutzung, ackerbauliche Bewirtschaftung nimmt europaweit eine Fläche von 26 % ein (FAOStat).


Bei einem Treibhausgas-Emissions-Anteil der österreichischen Landwirtschaft von 10,8 % (-16,3 % zwischen 1990 und 2020; Umweltbundesamt, 2022) ist eine weitere Reduktion eine große Herausforderung. Auch andere im Kontext des Green Deal formulierte Ziele, etwa im Bereich der Düngung (Reduktion des Stickstoffinputs um -20 % bei einer Effizienzsteigerung von + 50 %; Europäische Kommission, 2022a), stellen Länder wie Österreich mit einer im Mittel bereits hohen Stickstoffeffizienz (laut Eurostat 80 %) vor komplexe Fragen der praktischen Umsetzbarkeit.

Studien aus den USA und Australien zeigen zudem, dass die Umsetzung staatlicher Klima- und Bodenschutzprogramme in der Praxis mit Teilnahmequoten von nur 2-5 % der landwirtschaftlichen Flächen sehr gering ist (Amundson und Biardeau, 2018; Kragt et al., 2017). Dieses Risiko besteht auch für die Ziele des Green Deal. Die Strategien der EU-Kommission bauen auf extensivierende Maßnahmen (z.B. Agroforestry, Wiederbewaldung, Feldfutterbau; Europäische Kommission, 2021a), deren breite Annahme unwahrscheinlich ist und mit denen die Gefahr des Verlustes an heimischer Produktion bei steigender Importabhängigkeit einhergeht (Barreiro Hurle et al., 2021). Andere Vorschläge der Kommission, wie Zwischenfruchtbau und reduzierte Bodenbearbeitung, werden in der österreichischen Landwirtschaft bereits langjährig umgesetzt (z.B. Begrünung auf 35 % der Ackerfläche, BMLRT 2021) und bieten damit nur unzureichend Antworten, wie die Anforderungen des Green Deal zu erfüllen sind.

Der Erfolg des Green Deal braucht daher verbesserte Umsetzungsstrategien, die eine hohe Zielerreichung bei gleichzeitiger Praxisakzeptanz sicherstellen.


Die übergeordnete Zielstellung des vorliegenden Projektes ist daher, praxistaugliche Systeme für die Anforderungen des Green Deal an den österreichischen Ackerbau zu entwickeln.Grundlage für die Erreichung des Projektziels ist die Integration von Wissenschaft und Praxis über forschungsbegleitete Leuchtturmbetriebe („Lighthouse Farms“) entsprechend dem Konzept der Mission Soil Health (Europäische Kommission, 2021b). Innovative Systemlösungen für die Klima- und Bodengesundheitsziele der EU werden dabei aus den Bewirtschaftungskonzepten von Leuchtturmbetriebe entwickelt, ihre Effektivität wird durch moderne wissenschaftliche Methoden überprüft und neue Instrumente für die Optimierung der Zielerreichung geschaffen.

Die zentralen Anforderungen an die ackerbauliche Bodennutzung, die nach vorliegenden EU-Dokumenten zu erfüllen sind, und damit die Schwerpunkte des Projekts definieren, sind:

  • Humussteigerung mit Zielvorgaben in der Größenordnung von 0,1-0,4 % jährlicher Erhöhung der Bodenkohlenstoffvorräte (z.B. Europäische Kommission, 2021b; Europäische Kommission 2022b).
  • Nährstoffeffizienz mit Stickstoffreduktionszielen von -20 % und Effizienzsteigerungen von +50 % (z.B. Europäische Kommission, 2022a).
  • Bodengesundheit mit Erhalt bzw. Herstellung eines guten Zustandes von (Acker)böden bei derzeit in Ausarbeitung befindlichen Indikatoren, die Ökosystemfunktionen von Böden abbilden (z.B. Europäische Kommission, 2021c).
  • Klimawandelanpassung als allgemeines Ziel der GAP zur Produktionssicherheit bei zunehmenden Witterungsextremen (Trockenheit, Hitze).

Im Projekt werden dabei mehrere methodische Querschnittsmaterien behandelt:

  • Zielwerte: Vorliegende Zielwerte (z.B. 0,1-0,4 % Corg-Steigerung) werden auf Grundlage neuer Daten von Leuchtturmbetrieben überprüft und konkretisiert. Für Indikatoren, die nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand für die Steuerung von Bodenfunktionen relevant sind, werden realistische Zielwerte bereitgestellt (AP 1).
  • MRV-Methodik: Es werden Indikator-basierte Modelle für Monitoring, Informationsbereitstellung und Überprüfung (MRV) entwickelt, um die Bodengesundheit eines Betriebes zu diagnostizieren und seine Ökosystemleistungen darzustellen (AP 2). Für großraumige Anwendungen werden neue Fernerkundungs-Tools zur Humusbilanzierung und Analyse der Klimawandelanpassungspotenziale von Ackerflächen entwickelt (AP 3).
  • Prognose: Simulationsmodelle des Kohlenstoff- und Stickstoffkreislaufes werden durch die Integration von bodenbiologischen Prozessen und realistische datenbasierte Grenzwerte erweitert, um eine verbesserte Abschätzung von Speicherpotenzialen zu erzielen (AP 4).
  • Dissemination: Durch praxisbasierte Managementlösungen wird die Annahmebereitschaft neuer Bewirtschaftungssysteme im gesamten landwirtschaftlichen Sektor gesteigert und die Umsetzung der Klima- und Umweltziele des Green Deal verbessert.

Praxisrelevanz

1. Landwirtschaftliche Praxis: Die landwirtschaftliche Praxis steht durch öffentliche Erwartungen in Richtung Klimaschutz unter starkem Veränderungsdruck, der sich in den agrarpolitischen Rahmenbedingungen widerspiegelt. Der Innovationsbedarf ist daher sehr hoch, um diese Ziele mit praxistauglichen Lösungen zu erreichen.

Grundlage des Projekts ist die Erkenntnis, dass Innovation in der Landwirtschaft am effizientesten aus der Praxis selbst entsteht (z.B. Skaalsveen et al. 2020). Durch die Etablierung eines Netzwerks von Leuchtturmbetrieben und entsprechenden wissenschaftlichen Daten ihrer Klima- und Bodenleistungen steht eine Methode zur Verfügung, praxistaugliche Strategien für das Erreichen der Anforderungen des Green Deal an den Sektor Landwirtschaft zu entwickeln.

Bestehende Erfahrungen (z.B. aus dem Verein Boden.Leben) werden im Projekt genutzt, um mittels Feldtagen, Seminaren und digitalen Informationsquellen (WhatsApp, Youtube) eine effektive Weitergabe erfolgreicher Bewirtschaftungsstrategien zu erreichen. In Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftskammern sowie landwirtschaftlichen Vereinen werden in den teilnehmenden Bundesländern pro Jahr folgenden Disseminationsaktivitäten durchgeführt.


  • 1. Jahr: Feldtag: Immergrüne Ackerbausysteme, Seminar: Humusaufbau.
  • 2. Jahr: Feldtag: Bodenschonende Bearbeitungsmethoden, Seminar: Bodenbiologie
  • 3.Jahr: Feldtag: Bodenfruchtbarkeit erkennen und managen, Seminar: Nährstoffeffizienz
  • 4. Jahr: Feldtag: Bodenschutz und Wassermanagement, Seminar: Klimawandelanpassung

Aus den Ergebnissen des Projekts werden Beratungsunterlagen sowie Videomaterial erstellt, in denen die Managementelemente (Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Zwischenfrucht, Düngungssystem) sowie die erzielten Ökosystemleistungen erfolgreicher Leuchtturmbetrieben im Detail aufgearbeitet sind, um interessierten Betriebsleiter/innen die Umsetzung am eigenen Betrieb zu erleichtern. Für die Verbreitung der Erkenntnisse aus dem Projekt werden zumindest zwei Artikel pro Jahr für landwirtschaftliche Fachzeitschriften verfasst.

2. Behörden: Im Zuge des Green Deals werden für den Sektor Landwirtschaft zahlreiche neue Richtlinien erarbeiten, die von den Mitgliedsstaaten umzusetzen sind. Für das Projekt relevant sind dabei vor allem die EU-Bodenstrategie für 2030 (COM/2021/699 final), die EU-Carbon Farming-Initiative (COM/2021/800 final), die Umweltziele im Rahmen der Biodiversitätsstrategie (COM/2022/304 final) sowie Maßnahmen zur Erreichung der EU-Klimaziele (COM/2020/562 final).

Für deren Umsetzung sind wesentliche Fragen über relevante Indikatoren, quantitative Ziele sowie deren Monitoring, Reporting und Überprüfung (MRV) zu klären. Im Projekt werden wissenschaftliche Grundlagen und Daten erarbeitet, die für Österreich die Mitgestaltung und Konkretisierung von Zielen und Umsetzungsstrategien auf EU-Ebene unterstützen und es werden Instrumente geschaffen, die zur Erfüllung von MRV-Anforderungen beitragen.

Insbesondere werden:

(1) standortspezifische Daten zu Kohlenstoffspeichermöglichkeiten bei humusaufbauender Bewirtschaftung erhoben und mit Simulationsmodellen verbunden, um eine realistischere Einschätzung von Humussteigerungszielen zu ermöglichen (AP 1, AP4)

(2) Indikatoren für EU-Klima- und Bodengesundheitsziele zur Abbildung von Managementleistungen entwickelt, um künftige Monitoring-Programmen zu gestalten und Dokumentationsvorgaben zu erfüllen (AP 1, AP3).

3. Öffentlichkeit:

Eine Herausforderung für die Umsetzung des Green Deal ist die Verbesserung der Kommunikation zwischen Primärproduzenten im ländlichen und Konsumenten im urbanen Raum. Die Überwindung von bestehenden Vorurteilen ist eine wichtige Voraussetzung, um innovative Wertschöpfungsketten (z.B. Direktvermarktung, Gütesiegel) zu schaffen, durch die erhöhte Umweltleistungen (Klimaschutz) der Landwirtschaft vom Konsumenten auch preislich honoriert werden.

Die Methode der forschungsbegleiteten Leuchtturmbetriebe bietet einen wichtigen Ansatz, das Vertrauen der Konsumenten in den heimischen Ackerbau zu fördern. Im Projekt werden Umweltleistungen von praktischen Betrieben über unabhängige wissenschaftliche Daten dokumentiert und damit für die Öffentlichkeit glaubwürdig dargestellt. Das in AP 2 entwickelte Bodengesundheits-Modell bietet eine auch für die Öffentlichkeit transparente Dokumentation von Ökosystemleistungen. Dieser Ansatz kann in weiterer Folge etwa als Grundlage für Gütesiegelprogramme verwendet werden, die bestimmte Zielfunktionen (z.B. Klimafunktion) in der Produktion abbilden.

Neben den an Landwirte gerichteten Fachveranstaltungen werden einmal pro Jahr in jedem beteiligten Bundesland im städtischen Raum Fachgespräche zwischen am Projekt beteiligten Landwirten/innen, Wissenschaftlern/innen und Vertretern von NGOs organisiert, um die Ergebnisse des Projekts auch an die nicht-landwirtschaftliche Öffentlichkeit zu transportieren.