BufoPestClim: Einfluss von Pestiziden und Klimaerwärmung auf die Entwicklung von Amphibien

Projektleitung

Johann Zaller

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur, Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung, Institut für Zoologie

Projektnummer

100977

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Amphibien sind die weltweit am meisten gefährdeten Wirbeltierarten. Als Ursache für den Rückgang der Artenzahlen werden Habitatverlust, Krankheiten, Prädatoren und Konkurrenz, Umweltverschmutzung, Pestizide und Klimawandel angeführt. Das Global Amphibian Assessment gibt die chemische Umweltverschmutzung neben dem Habitatverlust als zweitgrößte Ursache für den weltweiten Amphibienrückgang an. Die Auswirkungen von landwirtschaftlichen Praktiken auf Amphibien wurden in zahlreichen Studien untersucht. Jedoch bezieht sich der Großteil dieser Studien meist nur auf einen Faktor (z.B. Pestizidwirkungen), währenddessen Amphibien in ihrer natürlichen Umgebung mehreren Faktoren gleichzeitig ausgesetzt sind. Ziel dieses Forschungsprojekts ist es, die Auswirkungen des weltweit häufigsten Herbizids (Roundup) und globaler Erwärmung auf eine der häufigsten Amphibienarten in Europa, die Erdkröte (Bufo bufo), zu untersuchen. Unseres Wissens befassten sich bisher nur zwei Studien mit dem kombinierten Effekt von Erwärmung und Herbiziden auf Amphibienarten (USA: Salamander, Australien: Baumfrosch). Jedoch ist nichts darüber bekannt, wie sich die Kombination von Herbiziden und Erwärmung auf europäische Amphibien auswirkt.
Obwohl die Anwendung von Herbiziden in Gewässern nicht erlaubt ist, zeigen Beobachtungen dass sie regelmäßig in der Nähe von Flüssen und Seen z.B. zur Vernichtung invasiver Pflanzen im Uferbereich verwendet werden, dass z.B. temporäre Tümpel/Pfützen mit Amphibienlaichen mit Herbiziden überspritzt werden, oder dass vorgegebene Distanzen zu Gewässern nicht beachtet werden. Überdies gelangen Herbizide aus den landwirtschaftlichen Flächen durch Auswaschung während heftiger Regenfälle oder durch Winderosion in Gewässer.
Die Ziele des Projektes sind, einzelne und kombinierte Effekte von verschiedenen Herbizidkonzentrationen und/oder Erwärmung auf die Entwicklung von Erdkröteneiern zu untersuchen. Das Untersuchen dieser Wechselwirkungen hat große Bedeutung für die Risikoabschätzung von Pestizidanwendungen auf Nicht-Zielorganismen und die ökologische Grundlagenforschung und die Naturschutzforschung und kann letztendlich in Handlungsempfehlungen für die Pestizidanwendung unter zukünftigen Klimabedingungen münden.

Schlagwörter (deutsch)

Pflanzenschutzmittel, Nicht-Zielorganismen, Klimawandel, Rückgang der Amphibien, Wechselwirkungen zwischen Globaler Erwärmung und Herbiziden, Tierökologie, Ökotoxikologie, Gefährdete Arten, Biodiversität, Naturschutz

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Effect of pesticides and climate warming on the development of amphibia

Abstract (englisch)

Amphibians are the most endangered vertebrate species declining worldwide. Important factors for their decline are pesticides and climate warming. However, we know very little about possible interactive effects of these factors. The objectives of the proposed project are to examine single and combined effects of different concentrations of the globally most widely used herbicide (Roundup) and climate warming on the development of eggs and larvae of one of the most abundant amphibian species in Europe (European toad, Bufo bufo). We will conduct a full-factorial experiment using aquatic microcosms in climate chambers simulating two temperature levels and five herbicide concentration levels. Results will help to assess the risk of agricultural herbicide use on non-target organisms under future climatic conditions.

Projektziele

Amphibien sind die am meisten gefährdeten Wirbeltierarten. Ihre Artenzahl verringert sich weltweit, was auf verschiedene Ursachen wie Habitatverlust, Krankheiten, Prädatoren und Konkurrenz, Umweltverschmutzung, Pestizide und Klimawandel zurückzuführen ist (Araujo et al. 2006, Relyea 2005b, Pounds et al. 2006; Wake und Vredenburg 2008). Das Global Amphibian Assessment gibt neben Habitatverlust die Umweltverschmutzung als zweitgrößte Ursache für den weltweiten Amphibienrückgang an. Ein zunehmendes Interesse an der Erforschung der Wirkung von landwirtschaftlichen Praktiken auf Amphibien ist zu beobachten (Relyea 2005a; Wake und Vredenburg 2008). Jedoch bezieht sich der Großteil dieser Studien meist nur auf einen Faktor, wohingegen Amphibien in ihrer natürlichen Umgebung mehreren Faktoren gleichzeitig ausgesetzt sind. Im geplanten Projekt wollen wir die Auswirkungen von globaler Erwärmung unter Anwendung des weltweit häufigsten Herbizids (Roundup) auf eine der häufigsten Amphibienarten in Europa, die Erdkröte (Bufo bufo), untersuchen. Unseres Wissens befassten sich bisher nur drei Studien mit dem kombinierten Effekt von Erwärmung und Herbiziden in den USA und in Australien (Rohr und Palmer 2013, Broomhall 2004). Jedoch ist nichts darüber bekannt, wie sich die Kombination von Erwärmung und Herbiziden auf europäische Amphibien auswirkt.
Obwohl die Anwendung von Herbiziden in Gewässern nicht erlaubt ist, zeigen uns Beobachtungen eine regelmäßige Verwendung in der Nähe von Flüssen und Seen zur Vernichtung invasiver Pflanzen im Uferbereich oder vorgegebene Distanzen zu Gewässern während landwirtschaftlicher Tätigkeiten werden einfach ignoriert. Überdies gelangen Herbizide aus den agrarwirtschaftlichen Flächen durch Auswaschung während heftiger Regenfälle oder durch Winderosion in Gewässer.

Die Ziele unseres Projektes sind, einzelne und kombinierte Effekte von Erwärmung und/oder verschiedenen Herbizidkonzentrationen auf die Entwicklung von Erdkröteneiern zu untersuchen.
Folgende drei Hypothesen werden geprüft:
1. Bei Erhöhung der Wassertemperatur steigt auch die Geschwindigkeit der Eientwicklung.
2. Höhere Konzentrationen von Herbizid führen zu geringeren Überlebensraten als niedrige Konzentrationen.
3. Bei Kombination von Erwärmung und Herbizidzugabe sind die Überlebensrate und das Wachstum niedriger als nur unter einem dieser Faktoren, da Amphibien multiplen Stressfaktoren ausgesetzt sind. Andererseits könnte bei geringen Herbizid-Konzentrationen die durch die Erwärmung beschleunigte Embryonal- und Larvalentwicklung die Dauer der Einwirkung von Herbiziden verkürzen.
Die Hypothesen werden in aquatischen Mikrokosmen in Klimaschränken während einer Saison an Erdkröten getestet. Die Erdkröte ist die größte und am weitesten verbreitete Krötenart in Österreich. Weibchen erreichen bis zu 8 cm Körperlänge, Männchen circa 6,5 cm. Sie lebt in Habitaten bis zu 2000 m Seehöhe (www.herpetofauna.at). Die Erdkröte gehört, wie alle heimischen Amphibienarten zu den gefährdeten Arten (http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/naturschutz/artenschutz/oasis). Die Eiablage beginnt im Frühling (circa im März) bei Wassertemperaturen über 6°C. Ein Weibchen kann bis zu 6000 Eier pro Saison legen, aus denen abhängig von der Durchschnittstemperatur nach wenigen Tagen bis Wochen die Kaulquappen schlüpfen.
Das Hauptziel des Projektes ist es, Wechselwirkungen zwischen Pestiziden und Erwärmung und deren Wirkung auf die Entwicklung von Erdkröten aufzuzeigen. Dies ist einerseits für die Grundlagenforschung interessant, hat jedoch auch wichtige Folgen für den angewandten Bereich. Die Untersuchungen sollen Einblick geben in die Reaktion einer gefährdeten Fauna auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftung und auf den gleichzeitig stattfindenden Klimawandel.

Praxisrelevanz

siehe auch Abschnitt \"Details - Möglichkeit der Verwertung der Forschungsergebnisse\"

Die derzeitigen Auswirkungen von Klimaerwärmung auf Pestizide sind schwer vorauszusagen, da Veränderungen in der Temperatur Einfluss auf den Einsatz von Chemikalien, deren Aufnahme, Ausscheidung, Biotransformation, Schicksale, Transport und Bioverfügbarkeit haben. Das geplante Projekt soll aufzeigen, wie wichtig der Erklärungsbedarf ist, wenn zum Thema Einfluss von Klimaerwärmung auf die Toxizität von Verunreinigungen und ihre Wirkung auf Amphibien ein genaues Risiko abzuschätzen ist.
Die komplexen Interaktionen von Erwärmung und Pestiziden sind kaum erforscht. Ergebnisse dazu sind deshalb interessant für die Wissenschaftswelt und Politikmacher, wenn man ungewollte Auswirkungen von Pestiziden unter zukünftigen Klimaszenarios betrachtet. Die Ergebnisse spielen auch für die agrochemische Industrie eine große Rolle, die das Risiko ihrer Produkte auf die Umwelt einschätzen muss. Da Amphibien wichtige Zeigerarten für aquatische Ökosysteme sind und eine wichtige Rolle in der Biokontrolle, als Nahrungsquelle für Vögel und für den Umweltschutz haben, haben die Ergebnisse des geplanten Projektes umfassende Bedeutung in verschiedenen ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten.

Berichte

Abschlussbericht , 31.05.2016

Kurzfassung

Der Pestizideinsatz steigt sowohl in der Landwirtschaft als auch im Privatbereich. Von den eingesetzten Pestiziden stellen glyphosat-basierte Herbizide die am meisten verwendeten Produkte dar. Wenn diese Produkte in der Nähe von Gewässern eingesetzt werden, kann dies auch zur Kontamination dort lebender Amphibien und Algen führen. Inwiefern die Wirkung von Pestiziden auf Nicht-Zielorganismen durch den Klimawandel (generelle Erwärmung bzw. Zunahme an Extremtemperaturen) beeinflusst wird, ist nur sehr wenig untersucht. Im vorliegenden Projekt wurde ein Experiment zum Einfluss des glyphosat-basierten Herbizids Roundup PowerFlex® und der Temperatur auf die Ei- bzw. Kaulquappen-Entwicklung der Erdkröte (Bufo bufo), vergesellschaftete Algengemeinschaften, sowie abiotische Parameter im Umgebungswasser im April und Mai 2015 durchgeführt. Die Resultate zeigten Effekte von Herbizidkonzentration und Temperatur auf die Morphologie der Erdkröten. Kombinierte Effekte von Herbizidkonzentration und Temperatur wirkten sich signifikant auf die Körperlänge und Körperbreite der Kaulquappen aus. Bemerkenswert war auch eine Interaktion von Herbizid und Temperatur, sodass bei 76% aller Kaulquappen deformierte Schwänze bei 15°C auftraten, wohingegen keine Schwanzdeformationen in der Kontrollgruppe ohne Herbizideinsatz bei 15°C oder generell bei Kaulquappen bei 20°C auftraten. Die Herbizidkonzentrationen bewirkten auch eine Verschiebung der Diversität und Zusammensetzung der Algengemeinschaften; die Algendichte war nicht beeinflusst. Die Wassertemperatur beeinflusste die Algendiversität, zeigte jedoch nur marginale Effekte auf Algendichte. Weder die Algendichte noch die Algendiversität zeigte signifikante Effekte auf die Morphologie der Kaulquappen. Höhere Temperaturen führte zu einem reduzierten Sauerstoffgehalt und pH-Wert des Umgebungswassers. Die durch Herbizide oder Temperatur hervorgerufene Beeinflussung von Erdkrötenentwicklung und Algengemeinschaften können potentiell ökologische Interaktionen in Süßwasserökosystemen verändern. Die hier gefundenen Herbizid-Temperatur-Interaktionen lassen die Relevanz der Risikobewertungen von Pestiziden bei Standardtemperaturen hinterfragen.

Berichtsdateien

Endbericht_DaFNE_BufoClimPest_31Mai2016_FINAL.pdf

Autor/innen

Dr. Johann Zaller et al.

Publikationen

Alle Publikationen wurden vom Projektverantwortlichen eingetragen und liegen in dessen Verantwortung.

Fabian Baier, Edith Gruber, Thomas Hein, Elisabeth Bondar-Kunze, Marina Ivanković, Axel Mentler, Carsten A. Brühl, Bernhard Spangl, Johann G. Zaller​ (2016). Non-target effects of a glyphosate-based herbicide on Common toad larvae (Bufo bufo, Amphibia) and associated algae are altered by temperature https://peerj.com/articles/2641/.
Fabian Baier, Mathias Jedinger, Edith Gruber, Johann G. Zaller (2016). Temperature-Dependence of Glyphosate-Based Herbicide's Effects on Egg and Tadpole Growth of Common Toads http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fenvs.2016.00051/full. (http://dx.doi.org/10.3389/fenvs.2016.00051).