Ackerbaulandschaft mit Traktor

© Quelle:BMLRT, Fotograf: Alexander Haiden

BINATS 2: BINATS 2 – Erfassung der Biodiversität in österreichischen Ackerbaugebieten anhand der Indikatoren Landschaftsstruktur, Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Tagfalter und Wildbienen – 2. Erhebungsdurchgang.

Projektleitung

Kathrin Pascher

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Zoologie

Projektnummer

101187

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Bundesministerium für Gesundheit| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

BINATS 2 hat die erneute Erhebung der floristischen und faunistischen Biodiversität in den österreichischen Agrargebieten (Nutzflächen und Begleitstrukturen) zum Ziel. Auf insgesamt 100 in BINATS 1 eingerichteten Testflächen wurde die Biodiversität anhand der Indikatoren Landschaftsstruktur, Gefäßpflanzen, Heuschrecken und Tagfalter 2007 (50 Testflächen in den Maisanbaugebieten) und 2008 (50 in den Rapsanbaugebieten) anhand einer Monitoring-Methode, die federführend von der Antragstellerin und ihrem damaligen Team entwickelt wurde, erhoben (PASCHER et al. 2009a; 2010a,b; 2011a). Nach zehn Jahren soll die Biodiversitätserhebung 2017 (Maisregion) und 2018 (Rapsregion) erneut durchgeführt werden. Im Gegensatz zu BINATS 1, bei dem mit dem erhobenen Datensatz nur eine Momentaufnahme des floristischen und faunistischen Artbestandes möglich war, können durch den BINATS 2 Datensatz nun auch Biodiversitätstrends beobachtet und gemessen werden. Darüber hinaus werden Wildbienen als weiterer Indikator in das BINATS-Monitoringprogramm integriert.
Die Kartierung der Indikatoren wird gemäß dem BINATS Handbuch von PASCHER et al. 2009a & 2010b durchgeführt:
Modul 1: Landschaftsstrukturen: einmalige Erhebung
Modul 2: Gefäßpflanzen: zweimalige Erhebung: Frühlingsaspekt und Herbstaspekt
Modul 3: Heuschrecken: einmalige Erhebung
Modul 4: Tagfalter: einmalige Erhebung
Modul 5: Wildbienen: einmalige Erhebung im Frühling auf allen 100 BINATS-Testflächen; zusätzlich 3-malige Kartierung im Sommer auf ausgewählten 30 der 100 BINATS-Testflächen unter Eingliederung in das BINATS-Erhebungsdesign
Modul 6: Auswertung:
-Veränderung der Landschaftsstrukturen
-Veränderung der Artenzahlen und Abundanz der BINATS 1 Indikatoren
-Biodiversitätstrends in den österreichischen Agrargebieten
-Erstmalige Darstellung der Situation der Wildbienen in österreichischen Agrargebieten (regionales Vorkommen, Artenzahl, Abundanz)
-Aufzeigen der für die Wildbienenfauna relevanten Landschaftsstrukturen in Agrarlandschaften und Landbewirtschaftungssystemen
-Aufzeigen des Vorkommens von Neophyten und der Veränderung deren Abundanz im Zeitraum von zehn Jahren (z.B. Ambrosia artemisiifolia)
-Berechnung der „extinction debt“ und Entwicklung von Maßnahmen zur Rettung aussterbender Arten im Agrargebiet
-BINATS 2 bietet die Grundlage, spezifische Effekte von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) herausfiltern zu können, da nun allgemeine landwirtschaftliche Trends dokumentiert sind
-Identifizierung von ökologisch besonders sensiblen Gebieten für GVO
-Dokumentation von Nutzungsveränderungen
-Umwelttrends
-Klimaveränderung anhand des Vorkommens von Arten unter Berücksichtigung von durchschnittlichen Jahres- (Monats-) Temperaturen und Niederschlägen
-Sichtbarmachung von Effekten des ausgelaufenen ÖPUL-Programms
-Überprüfen ausgewählter Maßnahmen auf Erfolg – soweit bereits nachweisbar – des neuen Agrar‐Umweltförderprogramms

Schlagwörter (deutsch)

Biodiversität, Monitoringprogramm, österreichisches Agrarland, Landschaftsstrukturen, Gefäßpflanzen, Wildbienen, Heuschrecken, Tagfalter, Biodiversitätstrends, Artenverluste, GVO

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

BINATS 2 – Biodiversity survey in the Austrian agrarian landscapes based on habitat structures, vascular plants, grasshoppers, butterflies, and wild bees as representative indicators – 2nd inventory.

Abstract (englisch)

BINATS 2 (BIodiversity–NATure–Safety) aims at a further survey of plant and animal diversity in the Austrian agrarian regions (fields and accompanying structures). On altogether 100 test areas which were implemented in BINATS 1, biodiversity was recorded using the indicators habitat structure, vascular plants, grasshoppers, and butterflies in 2007 (50 test areas in maize cultivation areas) and in 2008 (50 in OSR cultivation areas). A monitoring method was developed in charge of the applicant and her at that time collaborating project team (PASCHER et al. 2009a; 2010a,b; 2011a) and implemented. Now, after a period of ten years biodiversity survey should be repeated in 2017 (maize areas) and 2018 (OSR areas). In contrast to the data set of BINATS 1 which enabled a snapshot of species inventory of plants and selected animal groups, BINATS 2 additionally is able to detect and measure biodiversity trends due to the updated data set. Moreover, wild bees are incorporated into the BINATS monitoring design as an additional indicator.
Survey of all indicators is carried out following the methodology described in the BINATS filed guide of PASCHER et al. 2009a & 2010b:
Module 1: Habitat structures: singular survey
Module 2: Vascular plants: two times survey: spring aspect and late summer aspect
Module 3: Grasshoppers: singular survey
Module 4: Butterflies: singular survey
Module 5: Wild bees: incorporation into the BINATS monitoring design: singular survey of all 100 BINATS test areas in spring; additional triple survey of 30 hot spots of the 100 BINATS test areas during the summer
Module 6: Data analyses:
-Changes in habitat structures
-Changes in species number and abundance of BINATS 1 indicators
-Biodiversity trends in the Austrian agrarian regions
-For the first time a description of the situation of wild bees in the Austrian agrarian region (regional occurrence, species diversity, abundance)
-Pointing out habitat structures which are relevant for the wild bee fauna in agrarian regions and their occurrence in different agricultural land use systems
-Survey of the occurrence of neophytes and changes in their abundance within a period of ten years (e.g. Ambrosia artemisiifolia)
-Calculation of “extinction debt” and development of measures to save declining species in agrarian regions
-BINATS 2 provides the basis for a potential detection of specific effects of genetically modified organisms (GMO) because general agrarian trends over several years are documented for the first time
-Identification of ecologically sensible areas in connection with GMO in agrarian regions
-Documentation of land use change
-Environmental trends
-Climate change determined with species occurrence considering average annual (monthly) temperatures and precipitations
-Visualising effects of the already finished ÖPUL-programs
-If already traceable, success control of single selected measures of the recently implemented Agrar‐Umweltförderprogramm

Projektziele

Im Rahmen des geplanten Projekts BINATS 2 (BIodiversity – NATure – Safety) soll die floristische und faunistische Biodiversität in den österreichischen Agrargebieten (Nutzflächen und Begleitstrukturen) erneut erhoben werden. Der Fokus der Erhebungen liegt auf den Raps- und Maisanbaugebieten in ganz Österreich. Auf den bereits in BINATS 1 festgelegten repräsentativen 100 Testflächen sollen die Kartierungen in den Jahren 2017 (in den Mais-Anbaugebieten) und 2018 (in den Raps-Anbaugebieten) durchgeführt werden (für Details siehe Leistungsbeschreibung). Zusätzlich zu den bereits 2007 und 2008 erhobenen Indikatoren Landschaftsstrukturen, Vegetation, Heuschrecken (Indikator für Vernetzung und Lebensraumqualität) und Tagfalter (Indikator für Lebensraumqualität und auch GVO-spezifischer Indikator), werden auch erstmalig die Wildbienen erhoben. Durch ihre Diversität und hohe Spezialisierung auf verschieden Lebensraumfaktoren verfügt diese Gruppe über einen hohen Zeigerwert für den Zustand der Landschaft und stellt darüber hinaus einen Schlüsselfaktor im Bereich der Ökosystemdienstleistung Bestäubung dar. Mit BINATS 2 ist es nun möglich, nicht nur eine Momentaufnahme des floristischen und faunistischen Arten- beziehungsweise Individuenbestandes zu erhalten und korrelative Analysen durchzuführen, sondern auch erstmalig für den österreichischen Agrarraum Biodiversitätstrends zu beobachten und zu messen. Der große Arbeitsaufwand bei BINATS 2 ergibt sich durch die Biodiversitätsdaten-Erhebung auf den 100 Testflächen. Basierend auf den neu erhobenen Daten und den Daten von BINATS 1 könnten unter vergleichsweise geringem Arbeitsaufwand dann die Veränderungen verschiedenartiger Faktoren untersucht werden, die ebenfalls hohen Neuwert für die Wissenschaft haben und unabhängig von anderen bereits durchgeführten Projekten zum Thema sind. So werden Veränderungen der Landschaftsstrukturen, sowie der Artenzahlen und Abundanz von Gefäßpflanzen, Heuschrecken und Tagfaltern dargestellt. Der aktuelle Status quo der Wildbienen im österreichischen Agrargebiet hinsichtlich regionalem Vorkommen, Artenzahlen und Abundanz wird erstmalig dokumentiert. Relevante Landschaftsstrukturen, die für die Wildbienenfauna in Agrarlandschaften und Landbewirtschaftungssystemen relevant sind, werden identifiziert. Zudem wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung „Biodiversitätsflächen“ wie etwa Blühstreifen neben den Monokulturen von angebauten Kulturpflanzen mit zeitlich beschränktem Blühangebot in den Agrarlandschaften zukommt, um Wildbienen ein durchgehendes, ausreichendes Nahrungsangebot, sowie Nistplätze zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wird das Vorkommen von Neophyten und der Veränderung von deren Abundanz im Zeitraum von zehn Jahren (z.B. Ambrosia artemisiifolia) aufgezeigt. Durch die Berechnung der extinction debt können gefährdete Arten im Agrarraum eruiert werden und Maßnahmen, die das Aussterben von bestimmten Arten noch verhindern könnten, rechtzeitig gesetzt werden. Da mit BINATS 2 auch allgemeine landwirtschaftliche Trends sichtbar werden, kann dieses Biodiversitätsmonitoring auch für die Identifizierung von GVO spezifischen Effekten verwendet werden. In diesem Zusammenhang – Vorhandensein und Abundanz von relevanten Kreuzungspartnern von GVO – können auch auf Basis dieser zweifachen Datensätze ökologisch besonders sensible Gebiete identifiziert werden. Darüber hinaus werden Nutzungsveränderungen, Umwelttrends und Klimaveränderung anhand des Vorkommens von Arten unter Berücksichtigung von durchschnittlichen Jahres- (Monats-) Temperaturen und Niederschlägen sichtbar gemacht. Soweit möglich, werden auch Effekte des ausgelaufenen ÖPUL-Programms aufgezeigt. Das ist möglich, da die BINATS-Untersuchungsspots großteils direkt in den Feldern zu liegen kommen und bei BINATS 1 auch erhoben wurde, welche der Flächen 2007 und 2008 Brachen waren. Um die Effekte und den Erfolg des neuen Agrar‐Umweltförderungprogramms, das 2014 angelaufen ist, messen und belegen zu können, muss parallel zur Einführung des Programms eine Baseline‐Erhebung als Vergleich durchgeführt werden. Diese Daten sind notwendig, um in Zukunft einen fördernden Einfluss auf die Biodiversität von Pflanzen und Tieren im Agrarraum, der aus der Einführung des neuen Agrar‐Umweltförderungprogramms resultiert, überhaupt identifizieren zu können. Die Daten sind bei BINATS in der Weise erhoben, dass eventuelle Artenverluste gleichzeitig auch Lebensraumverlusten zugeordnet werden könnten. Eine in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholte Erhebung dieser Basisdaten würde es ermöglichen, eine Erfolgskontrolle des neuen Agrar‐Umweltförderungprogramms hinsichtlich Biodiversitätsförderung durchzuführen.

Praxisrelevanz

Aktuelle kleinregionale Daten zur Biodiversität sind für Österreich nur sehr eingeschränkt vorhanden. Die verfügbaren Daten, die in Österreich großräumiger erhoben wurden, sind abgesehen von den BINATS-Daten bereits älteren Ursprungs. Demzufolge existieren außer den BINATS-Daten keine für Österreich repräsentativen, detaillierten aktuellen Daten zur Verbreitung und Häufigkeit von Pflanzen‐ und Tierarten, sowie von verschiedenen Lebensräumen im Agrarraum. Dies konnte wiederholt belegt werden, da die BINATS-Daten von verschiedenen ForscherInnen oftmalig angefragt wurden. Das Biodiversitätsmonitoring BINATS hat nicht nur national, sondern auch international viel Beachtung erfahren (z.B. zwei Einladungen zu keylectures in Dundee und Bremen, sowie zahlreiche nationale und internationale Publikationen).

Berichte

Abschlussbericht , 31.07.2019

Kurzfassung

BINATS (BIodiversity – NATure – Safety) ist ein 2006 in der österreichischen Agrarlandschaft implementiertes Beobachtungsprogramm der Artenvielfalt anhand ausgewählter Indikatorgruppen. Lag der Fokus der Erstkonzeption (BINATS I) im Falle einer eventuellen Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen auf der Identifizierung potentieller Effekte auf die Biodiversität, so ist das Hauptaugenmerk von BINATS II (2017/18) - das die Wiederholung der Erhebungen nach einem Jahrzehnt darstellt - auf die Veränderung der Artenzahl und Individuenhäufigkeit der Indikatorgruppen in diesem Zeitraum gerichtet. Die zufällig ausgewählten 100 BINATS Testflächen (625x625 m) liegen schwerpunktmäßig in den österreichischen Mais- und Rapsanbaugebieten, die allerdings Großteils den gesamten österreichischen Ackerbaubereich abdecken. Im Rahmen von BINATS werden der Status und die Veränderung der Biodiversität anhand von floristischen und faunistischen Indikatorgruppen sowie die Ausstattung und Qualität von Habitaten im agrarisch genutzten Raum erhoben. Die Erfassung der Indikatoren Gefäßpflanzen (2x jährlich), Tagfalter (1x zum Aktivitätsmaximum), Heuschrecken (1x zum Aktivitätsmaximum) und Wildbienen (erstmalig bei BINATS II; 1 oder 4x jährlich) wird entlang von 10 zufällig ausgewählten Transektkreuzen pro Testfläche (Seitenlänge=20 m) durchgeführt. Die Kartierung der Habitattypen erfolgt unter Verwendung der Roten Liste der Biotoptypen Österreichs flächendeckend auf der gesamten Testfläche. Als einziges Projekt mit langjährigem quantitativen großräumigen Insekten-Monitoring nimmt BINATS eine Alleinstellungsposition in Österreich ein und gewinnt gerade im Blickwinkel der globalen Biodiversitätskrise in seiner Funktion als Farmland Biodiversitäts-Monitoring an Sichtbarkeit und Relevanz. HABITAT-/LEBENSRAUMVERÄNDERUNGEN UND –VERLUSTE IM VERGLEICH BINATS I UND II Beim Vergleich der Datensätze von BINATS I und II hinsichtlich der Anteile von Habitattypen auf der Gesamtfläche der 100 Testflächen von insgesamt 39 km2 ergibt sich folgendes Bild: Bei BINATS II wurden exakt 100 verschiedene Habitattypen erfasst, bei BINATS I waren es im Vergleich dazu 106. Der Anteil an landwirtschaftlichen Nutzflächen mit 35,1 km2 - das entspricht etwa 90% der Gesamtfläche - ist in etwa gleich geblieben, davon Äcker mit 27,8 km2. Der Flächenanteil einjähriger Ackerbrachen (0,2 km2) hat sich im Vergleich zu BINATS I um 30% verringert, hingegen haben mehrjährige Ackerbrachen (0,77 km2) um 45% zugenommen. Alle Brachen wurden aufgrund ökologischer Kriterien und nicht nach den INVEKOS-Angaben klassifiziert. Der Anteil an Grünland (inklusive extensives Grünland und Grünlandbrachen; Gesamtflächenausmaß=3,95 km2) hat eine Reduktion um 6,6% erfahren. Der Waldanteil (zusammengefasste Kategorien: Auwald, Laub-, Nadel- Mischwald und -forste) zeigt bei BINATS II eine Flächenausdehnung um plus 13%. Die linearen Begleitstrukturen inklusive Raine, Wiesenwege, Röhrichte und lineare Gehölzstrukturen sind mit 1,95 km2 - das entspricht 5% der BINATS Gesamtfläche - in ihrer Flächenausdehnung etwa gleich geblieben. Lineare Gehölzstrukturen (u.a. Hecken) separat betrachtet, verzeichnen allerdings ein Minus von 10%. Geschotterte und versiegelte Flächen der Kategorien Siedlungen, Asphaltstraßen, Schotterwege sowie Bahngleiskörper weisen mit einer Fläche von 1,5 km2 bei BINATS II ein Plus von 0,34% auf. Das entspricht 3,84% der BINATS Gesamtuntersuchungsfläche. Die nach zehn Jahren ermittelten Unterschiede im Flächenausmaß können einerseits mit tatsächlichen Veränderungen in der Landschaftsausstattung interpretiert werden, andererseits können auch Lebensraumzuordnung zu unterschiedlichen Habitattypen aufgrund möglicher korrekter Mehrfachzuordnungen zu Kategorien der Roten Liste der Biotoptypen sowie abweichender Kartierungen von Komplexen durch die/den jeweilige/n KartiererIn als potentielle Ursache angegeben werden. Diese Abweichungen wurden allerdings in einem aufwändigen Vereinheitlichungsfahren auf einer die Habitate zusammenfassenden Ebene in hohem Maße minimiert.   ARTENZAHLEN Summiert für alle 100 BINATS Testflächen wurde bei BINATS II folgende Gesamtartenzahl für den jeweiligen Indikator ermittelt: Gefäßpflanzen inklusive Kulturpflanzenarten und invasive Arten gesamt 932 (27% der etwa 34.000 in Österreich vorkommenden Pflanzenarten, 319 Rote Liste (RL)-Arten; BINATS I: 908 Arten), Tagfalter 55 Arten (mehr als 25% von insg. 215; davon allerdings nur 9 Lebensraum-Spezialisten; 2.284 Individuen/5.762 plus 5-minütiger Erfolgskontrolle; 13 RL-Arten, BINATS I: 41) sowie 54 Heuschrecken-Arten (fast 39% von ges. 139; 29 RL-Arten; 14.171 Individuen; bei BINATS I: 55). Grundsätzlich handelt es sich bei den jeweils nur bei BINATS I oder II beobachteten Arten der Tagfalter und Heuschrecken um Arten, die nur in geringer Abundanz auf den Testflächen vorkamen. Einige dieser Arten sind auch generell nur sehr selten anzutreffen und besonders im Agrarland nur noch lokal nachweisbar. Die Artenzahländerungen liegen daher im vernachlässigbaren Schwankungsbereich. Besondere Vorsicht ist bei der Interpretation der Gesamtartenzahl der mobilen Artengruppe der Tagfalter geboten, die generell nur in Kombination mit der ermittelten Individuenzahl korrekte Aussagen zulässt. Die bei BINATS II registrierte höhere Artenzahl kann verschiedene Ursachen haben: Einmalerhebung; kurze Flugzeiten einzelner Tagfalter-Arten; zufällige Registrierung einzelner Zusatzarten; natürliche Populationsentwicklung sowie jährliche Populationsschwankungen; natürlich stattfindender Arten-Turnover; Witterungsverhältnisse am jeweiligen Kartierungstag (Sonneneinstrahlung, Bewölkung, etc.); besondere klimatische Gegebenheiten der Erhebungsjahre (Hitzejahre 2017, 2018); bei BINATS II optimale Anpassung des zeitlich eingekürzten Erhebungszeitfensters; im gegensatz zu BINATS I andere bei BINATS II erfasste Kulturen auf den Transektkreuzen; bei BINATS II erforderliche örtliche Verschiebung bei 35,8% der Probekreise inklusive der dadurch erfassten teilweise auch aufgewerteten Lebensräume; „Areal-Effekt“ durch die Ausweitung der BINATS Testflächen auf den 125 m Pufferbereich; dadurch auch Entstehen größerer Distanzen zwischen den erhobenen Probekreisen; Erfolg von Biodiversität-begünstigenden Maßnahmen sowie vergleichsweise bereitwilligere Zusage zum Flächenbetritt bei biologisch oder biodiversitätsfördernd bewirtschaftenden LandwirtInnen. Negativ auf die Artenzahl wirken sich landwirtschaftliche Intensivierungsmaßnahmen, Versiegelung, Zerstörung von natürlichen und seminatürlichen Lebensräumen sowie zunehmende Fragmentierung aus. Aus den genannten Gründen lassen v.a. die Daten der mobilen Tiergruppen nur horizontale Vergleiche der Artenzahlen zwischen den Testflächen im selben Untersuchungsjahr zu. Generelle Veränderungen des Gesamtzustandes der Tagfalter über ein Jahrzehnt können mit Einmalerhebungen nicht fundiert festgemacht werden. Für quantitative Tagfalter-Datensets wären 5-7 Erhebungsdurchgänge pro Jahr erforderlich, die allerdings bei BINATS aus budgetären Gründen nicht durchführbar waren. Davon abgesehen kommen anspruchsvolle Arten hauptsächlich in naturnahen Lebensräumen und nicht auf Ackerflächen vor. Auf 450 der insgesamt knapp 1.000 erhobenen Transektkreuze konnte bei BINATS II kein Tagfalternachweis erbracht werden. Auftretende generelle Trends können allerdings anhand der BINATS Vergleichsdaten bei einzelnen Arten bestätigt werden. So haben sich die durchschnittlich höheren Jahrestemperaturen in BINATS II beispielsweise positiv auf die Verbreitung des Großen Feuerfalters sowie der Lauchschrecke ausgewirkt. Eine tendenziell zunehmende Ausbreitung in wärmere Regionen Österreichs konnte auch für die naturschutzrelevanten Neophyten Ambrosia sowie die Riesen-Goldrute beobachtet werden. SITUATION DER WILDBIENEN BEI BINATS II Bei den Wildbienen wurden insgesamt 245 Arten (34% von ca. 700 in Österreich nachgewiesenen Arten) registriert. Mit Sichtungen auf über einem Drittel der Testflächen war die Honigbiene die am häufigsten vorkommende Bienenart, die Steinhummel die häufigste Wildbienenart. In Getreide-Kulturen wurden die Bienen zumeist auf Beikräutern beobachtet. Insektenblütige Kulturarten wie beispielsweise Raps tragen nur wenig zur Förderung von Wildbienen bei, da sie nur temporär einen großen Blütenreichtum zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zu den Anbauflächen stellen Feld- und Wegraine, Ackerbrachen, extensiv bewirtschaftetes Grünland oder Ruderalstandorte einen Lebensraum für viele, darunter auch sehr seltene Wildbienenarten dar, da hier sowohl ein kontinuierliches Nektar- und Pollenangebot, als auch Nistplätze für die Bienen vorhanden sind. Diese in den Agrarlandschaften so bedeutenden Strukturen, die einen Flächenanteil von lediglich rund 10% der Gesamtuntersuchungsfläche auf den 1.000 BINATS-Transektkreuzen ausmachen, werden von 82% der bei BINATS erfassten Wildbienenarten genutzt. Besondere Bedeutung kommt hierbei vor allem den Feld- und Wegrainen mit einem Flächenausmaß von nur 1,5% zu, wo 40% der registrierten Arten beobachtet wurden. Die Diversitätsflächen boten nur anspruchslosen Wildbienenarten Lebensraum. Generell gilt, je blütenreicher die Diversitätsfläche, desto mehr Wildbienen sind anzutreffen, wobei die Ausstattung der Landschaft im Umkreis um die Diversitätsfläche einen Einfluss auf die Artenvielfalt auf der Diversitätsfläche selbst zeigt. EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE ARTENZAHL Bei allen erhobenen BINATS Indikatoren ist eine höhere Gesamtartenzahl zu verzeichnen, je weiter eine Testfläche im Osten liegt. Dies spiegelt die aufgrund des pannonischen Klimaeinflusses zu erwartende Verteilung der Artenvielfalt in Österreich wider. Im Rahmen von BINATS konnte beobachtet werden, dass die Insekten je nach Lebensraum unterschiedlich von den höheren Sommertemperaturen der Hitzejahre betroffen waren. So blieb nach unserer Beobachtung während der Freilandarbeiten das Mikroklima in extensiven Wiesen im Gegensatz zu ausgedürrten Äckern für die Insekten erträglich. Was die Auswirkungen des Klimawandels betrifft, ist bekannt, dass es in einer ersten Phase zumeist zur Begünstigung von wärmeliebenden Arten - auch invasiver Arten - kommt. Erst dann setzt etwas verzögert das regionale Verschwinden betroffener Arten ein. Die Ausstattung der Agrarlandschaft mit naturnahen Landschaftselementen sowie die Bewirtschaftungs-form zeigen bei allen kartierten Organismengruppen eine große Wirkung auf die Arten- und Individuen-Häufigkeit. Der Anteil an Ackerflächen korreliert stark negativ mit der Artenzahl aller Indikatorgruppen. Hingegen sind der Anteil an Grünlandbrachen, die Kleinteiligkeit (mean patch size), die Anzahl an Biotoptypen sowie die Komplexität der Landschaft (Shannon Diversity Index) mit der Artenvielfalt positiv korreliert. Einzelne Fördermaßnahmen wie biologische Wirtschaftsweise, Diversitätsfläche und Naturschutzfläche lassen mit Ausnahme der Heuschrecken keinen Zusammenhang mit der Artenzahl der untersuchten Organismengruppen erkennen. Die Zusammenführung aller auf den Testflächen durchgeführter ÖPUL-Maßnahmen in eine Variable zeigte allerdings bei allen Indikatorgruppen eine mittlere (p<0,01) bis schwache (p<0,05) signifikant positive Korrelation. Die Ergebnisse von BINATS I und II veranschaulichen deutlich, dass sich der Großteil an Pflanzen- und Tierarten auf die kleinflächigen naturnahen Lebensräume wie Feld- und Wegraine, Straßenböschungen, Ruderalflächen, Hochstauden, Hecken, Einzelbäume, Baumgruppen etc. konzentriert. Diese Strukturen sowie extensives Grünland müssen vorrangig erhalten, neu angelegt und optimiert werden, um Biodiversität im Agrarraum zu fördern und deren Erhalt auch für die Zukunft sicherzustellen.

Berichtsdateien

BINATS_II_-_Endbericht_Pascher&al_20072020_final_korr_Online.pdf

Autor/innen

PASCHER Kathrin; HAINZ-RENETZEDER Christa; SACHSLEHNER Leopold; FRANK Thomas; PACHINGER Bärbel