Junge Arbeiterinnen aus einer Königin einer resistenten Linie ca. vier Wochen nach Einweiselung der Königin in ein Wirtschaftsvolk – ausgeprägtes flächendeckendes VSH Verhalten der neuen Arbeiterinnen um den Milbendruck im vormaligen Wirtschaftsvolk zu kontrollieren (Bild: A. Putz, 2024)

© Putz, Anselm, 2024

BienenGenom: Genom-Scan österreichischer Bienenpopulationen mit besonderer Berücksichtigung der Varroa Resistenz und praktischer züchterischer Fragestellungen

Projektleitung

Thomas Druml

Forschungseinrichtung

Biene Österreich

Projektnummer

101720

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus| Biene Österreich - Imkerei Dachverband

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Mit den raschen Fortschritten der genomweiten Analysen und Genom-Sequenzierung in den letzten 10 Jahren, ist mittlerweile ein direkter Einblick in das Genom auf Populationsebene von unterschiedlichen Tierarten möglich. Die Bienenzucht ist seit den letzten Jahrzehnten permanent mit negativen Umwelteinflüssen konfrontiert, wobei neben Pestiziden, Klimawandel, Verbauung, vor allem die Varroa Milbe die gegenwärtige Imkerei vor immense Herausforderungen stellen. Denn ohne den massiven Einsatz von chemischen wie auch pharmakologischen Mitteln zur Bekämpfung des Parasiten, wären die europäische Honigproduktion als auch die europäischen Bienenpopulationen nicht überlebensfähig.

Die Winterverluste von Bienenvölkern in Österreich schwanken von 8.1% bis 28.4% und verursachen somit für die österreichische Imkerei einen Schaden von durchschnittlich 32 Millionen Euro jährlich. Die Varroatose wird für 20 bis 50% dieser Winterverluste verantwortlich gemacht.

Ein Aussetzen der Anti-Varroa Behandlung bei Bienenvölkern würde innerhalb von drei Jahren zum Zusammenbruch der gesamten Honigbienenpopulation führen. Aus diesen genannten Gründen ist langfristig die Zucht einer Biene anzustreben, die mit der Varroa Milbe koexistieren kann, d.h. die gewisse genetisch bedingte Resistenz- bzw. Toleranzmerkmale aufweist.

Trotz der Bemühungen zahlreicher internationaler Zucht Konsortien schreitet der Zuchtfortschritt in Richtung Varroa Resistenter Biene nur mäßig voran, da dieses schwierig zu definierende Merkmal polygenetisch bedingt ist. Im Jahr 2020 wurde von Prof. Bienefeld erstmals ein HighDensity SNP Chip entwickelt, der ab Frühjahr 2022 für die Untersuchung des gesamten Bienengenoms kosteneffektiv und mit hoher Durchsatzrate zur Verfügung steht. Damit ergibt sich erstmalig in der Zuchtgeschichte dieser Spezies die Möglichkeit die genetische Disposition, die mit Varroa Resistenz und Leistung korrelieren, zu analysieren und potentielle genetische Marker zu identifizieren. Weiter können SNP Daten zur genetischen Charakterisierung im Rahmen des Erhaltunszuchtprogrammes der "Dunklen Biene" verwendet, sowie für die Bestimmung der Paarungssicherheit an österr. Beölegstellen genutzt werden. Mit diesem Projekt soll neben der Bearbeitung der genannten Forschunsfragen auch ein Grundstock an Daten, technischen Werkzeugen und Know-How entwickelt werden, der für zukünftige Zucht- wie auch Wissenschaftsarbeit nutzbar sein kann.

Schlagwörter (deutsch)

Bienenzucht; Varroa-Resistenz; Genomanalyse; SNP Chip; Belegstellensicherheit; Genetische Diversität; Tiergesundheit

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Genome-scan of Austrian Honeybee populations with special focus on Varroa resistency and practical breeding issues

Abstract (englisch)

The rapide efforts in whole-genome sequenzing facilitated in the meanwhile a direct insight into the genome on population level of several livestock species. The bee-breeding sector has been permanently exposed throughout the last decades to negative environmental effects, from which besides pestizides, climate change and loss of agricultural land, the mite 'varroa destructor' represents an immense challenge for nowadays beekeepers. Without the massive use of chemical as well as pharmacological drugs in order to lower mite population growth in bee colonies, the european honey production would not be aible to continue to exist. As a consequence winter colony losses in Austria vary from 8.1% to 28.4%, and thus generate a financial damage of 32 million Euro yearly. The mite varroa destructor is being made responsible for 20% to 50% of this financial damage. A stop of anti-varroa treatments in apiaries would let break down the entire honeybee populations within three years. Due to all these reasons, the breeding of a varroa-resistant bee, able to coexist with the mite, is of essential significance for the future honey production sector. Although intense efforts were made by several international bee breeding consortia in breeding resistant honeybees, the selection efforts only increased slowly, as the trait varroa-resistancy is difficult to describe and is controlled by more than one gene. In the year 2020 Prof. Bienefeld and collegues developed a high-density SNP genotyping array, which will be firstly available from spring 2022 for the genome-wide analysis of the honeybee genome on population level. This new tool offers for the first time in breeding history of this species the possibility to study the genetic background and disposition of varroa resistancy and performance traits and it should enable also the identification of useful genetic markers for future breeding programs. Furthermore HD SNP data can be applied to characterize population structures in the context of conservation breeding (Dark Austrian Honeybee) and it will also be possible to evaluate controlled mating on mating stations. In this project we aim, besides the solving of the mentioned scientific questions, to establish a basic pool of genotype data, technical methods and scientific know-how, in order to facilitate future breeding and scientific work in favour of the Austrian Honeybee populations.

Schlagwörter (englisch)

Bee breeding; Varroa resistance; genome analysis; SNP array; paternity control; genetic diversity; animal health

Projektziele

Mit der Etablierung und den raschen Fortschritten der genomweiten Analysen auf Basis von hochdichten SNP Chips (SNP=Single Nucleotide Polymorphism, Einzelnukleotid-Polymorphismus) und Sequenzdaten in den letzten 10 Jahren ist mittlerweile ein direkter Einblick in das Genom auf Populationsebene von unterschiedlichen Tierarten möglich. Beruhen die gebräuchlichen tierzüchterischen Konzepte, wie Inzuchtkoeffizient, effektive Populationsgröße, Zuchtwertschätzung etc. auf mathematisch definierten Schätzmodellen, ist es durch die kommerzialisierte und standardisierte SNP Chip-Analyse möglich, mehrere hundert- bis zigtausende genetische Marker pro Tier relativ kostengünstig zu genotypisieren und damit auf Populationsebene die realen Verwandtschaftsverhältnisse, Diversitätsparameter, Selektionssignaturen sowie genetische Marker oder Kandidaten-Genregionen abzuleiten (Jones et al., 2020).

Die Bienenzucht ist seit den letzten Jahrzehnten permanent mit negativen Umwelteinflüssen konfrontiert, wobei neben Pestiziden, Klimawandel, Verbauung, vor allem die Varroa Milbe den Bien als auch den Imker vor immense Herausforderungen stellen. Trotz der Bemühungen zahlreicher internationaler Konsortien schreitet der Zuchtfortschritt in Richtung einer Varroa-toleranten Biene nur mäßig voran, da dieses schwierig zu definierende Merkmal polygenetisch bedingt ist. Im Jahr 2020 wurde von der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Bienefeld erstmals ein HD SNP Chip entwickelt (Jones et al., 2020), der ab Frühjahr 2022 für die Untersuchung des Bienengenoms kosteneffektiv und mit hoher Durchsatzrate zur Verfügung steht. Damit ergibt sich die Möglichkeit für die österreichischen Imkereiverbände grundlegende genetische Untersuchungen der österr. Bienenpopulationen durchzuführen.

Seit dem Auftreten der Varroa Milbe in Mitteleuropa ab den 1980er Jahren wurden langfristig Versuche und Anstrengungen unternommen, um die Züchtung einer resistenten Biene voranzutreiben. Zahlreiche Studien haben den Erblichkeitsgrad von Resistenz Merkmalen untersucht und festgestellt, dass es sich dabei um komplexe Merkmale mit niedriger bis mittlerer Heritabilität handelt. Daraus folgt der Schluss, dass bei der Varroa Resistenz mehrere Gene beteiligt sind, die sich mitunter unabhängig voneinander vererben. Der 2020 entwickelte HD SNP Chip (Jones et al., 2020) beinhaltet mehrere Polymorphismen, die bislang mit Merkmalen der Varroa Resistenz assoziiert wurden, und bietet somit die Möglichkeit die genetischen Dispositionen der österreichischen Bienenpopulationen in Richtung Varroa Toleranz zu verifizieren.

In einer 2020 erschienen Review von Mondet et al. wurden die bislang publizierten Studien und Experimente zur Varroa Resistenz bei Bienen gesammelt, systematisch evaluiert und auf Überlappung der Erkenntnisse geprüft. Von den im Zeitraum von 1984 bis 2019 weltweit veröffentlichten 153 Publikationen zu diesem Thema, basierten 80 Papers auf 20 Populationen die als Überlebende aus einer Letalselektion hervorgingen. 39 dieser Arbeiten beruhten auf Afrikanisierten Bienen (Argentinien, Brasilien) bzw. auf amerikanischen Populationen (Baton Rouge VHS; Russische Baton Rouge VHS). Bei allen 20 resistenten Stämmen konnten insgesamt 16 phänotypische Komplexe erhoben, untersucht und evaluiert werden. Die am häufigsten untersuchten Merkmale waren in abnehmender Reihenfolge: SMR (Anteil nichtreproduktiver Milben), VSH (Varroa-sensitive Hygiene), Grooming (Körperpflege), Recapping (Ausräumen infizierter Zellen), Toleranz bei Pathogenen Prävalenz, Schwarmtrieb. Bei den Merkmalen SMR, Recapping, Pathogen Toleranz und Schwarmtrieb konnte ein hoher Anteil der Studien die untersuchten Merkmale verifizieren, bei VSH und Grooming wurde ein signifikanter Einfluß auf Varroa Resistenz nur zu ca. 60% bestätigt, beim Merkmal Hygiene Verhalten bestätigten lediglich 10% der Arbeiten einen ursächlichen Einfluß.

27 wissenschaftliche Arbeiten beschäftigten sich mit dem genetischen Hintergrund der Varroa Resistenz, wobei insgesamt 153 assoziierte Gene/Loci (SNPs, QTls) gefunden werden konnten, von denen die physikalische Position am Genom bei 118 Genen bekannt ist (ein Teil dieser Loci ist am SNP Chip enthalten). Interessanterweise wurde sehr wenig Überlappung zwischen assoziierten Loci innerhalb der Phänotypgruppen/Merkmale festgestellt, was zu dem Schlüssen führt, dass, a) mehrere Anpassungen and den Parasiten divergent (in mehreren Populationen unabhängig voneinander) passiert sind; b) unterschiedliche Genotypen (Populationen) verschiedene Gene/Allele zur Resistenzbildung verwenden (vgl. Genetische Diversität); c) zwischen den Messmethoden eines Merkmals Unterschiede bestanden; und d) Unterschiede in den Genotypisierungsmethoden für die fehlenden Übereinstimmungen verantwortlich sind. Für die weitere Charakterisierung bzw. Präzisierung des genetischen Hintergrundes bzw. Markergenen der Varroa Resistenz müssten folgende Bereiche in den Analysen mehr Beachtung finden: Genotyp-Umwelt Interaktionen, Populations-Spezifika, Heritabilität und Wiederholbarkeit der untersuchten phänotypischen Merkmale und die Evaluierung bzw. Optimierung der Merkmalsdefinition bzw. Messmethoden.

Für die österreichische Bienenpopulationen konnte Buchegger (2018) in Anlehnung an die AGT (Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht; https://www.toleranzzucht.de) mehrere vielversprechende Meßmerkmale in selektierten Bienenstämmen auf deren Heritabilität und Korrelationen prüfen. Dieser Ansatz sollte in diesem Projekt daher mittelfristig weiterverfolgt werden um Wiederholbarkeiten bzw. Populationsdynamiken besser abzuschätzen (Merkmalspräzisierung), und es sollen Völker die weniger bis keinem Selektionsdruck ausgesetzt waren, miteinbezogen werden, damit eine breitere phänotypische Streuung für Genomweite Assoziationsanalysen genutzt werden kann.

Bei den geplanten ca. 240 Prüfvölkern sollen folgende Merkmale erhobenen werden: natürlicher Milbenabfall im Frühjahr, mehrmalige Sommerbefallsmessung, Recapping, SMR, SUTT. Die Meßmerkmale werden dann mit den am SNP Chip enthaltenen Varroa-Resistenz Loci assoziiert, um zu evaluieren, welche Loci (SNPs) signifikant mit den Beobachtungen korrespondieren und welche nicht. Zusätzlich zur Evaluierung der genetischen Präsdisposition mittel bekannter genetischer Marker (SNPs), soll eine Genomweite Assoziationsanalyse mit den erhobenen Prüfdaten aus Feld- und Stationsprüfung durchgeführt werden, um zu untersuchen, ob es in den österr. Bienenpopulationen eigene (spezifische) Allelvarianten gibt, die mit Varroa-Resistenz korrelieren.

Da bei der Biene in der Fortpflanzung mehrere Drohnen pro Königin zum Zuge kommen, hat die Paarungskontrolle einen zentralen Stellenwert. Neben der künstlichen Besamung, hat sich das System der Belegstellen durchgesetzt, die eine relative Sicherheit in Punkto väterliche Abstammung leisten können. Der Wert der Belegstellen hängt vor allem von deren Lage und dem Grad der Abschirmung zu anderen Bienenvölkern (potentiellen Drohenvölkern) ab. Die Fragestellung der sogenannten Belegstellensicherheit stellt einen weiteren Forschungsschwerpunkt dieses Projekts dar und soll mittels neuer und innnovativen SNP-Chip basierenden Methoden untersucht werden.

Genetische Diversität stellt die Grundlage sowohl für die Umweltanpassung einer Species als auch für züchterische Maßnahmen dar, da nur aus einem variablen Genpool benötigte „positiv-Allele“ gefiltert werden können. Einschränkungen des Genpools können diese genetische Plastizität minimieren. Daher ist es notwendig die genetische Diversität zu charakterisieren, um entsprechende Informationen für das weitere Zuchtmanagement nutzen zu können. In diesem Projekt sollen für die "Dunkle Biene" der AMZ (Austrian Mellifera Züchter) Methoden der "Conservation Genetics" angewandt werden, um dem Zuchtverband entsprechende Daten zur weiteren Zuchtplanung zu liefern und diese mit den Züchtern entsprechend zu diskutieren.

Praxisrelevanz

Mit der Nutzung des kürzlich entwickelten HD 100k SNP Chip, der einen technischen Meilenstein der modernen Bienenzucht und Forschung darstellt, kann auch für Österreich ein signifikanter zukunftsweisender Schritt in Richtung zeitgemäßer Zucht- und Wissenschaftsarbeit getätigt werden. Neben dem Aufbau eines eigenen österreichischen Datenpools und dem dazugehörigen know-hows und des aufwändig herzustellenden Datenflusses, ist es neben der Forschung zu genetischer Diversität auch möglich, Fragestellungen die für die Praxis von Relevanz sind, zu erörtern und zu beantworten. Dazu gehören neben der Validierung einzelner bekannter genetischer Marker für Varroa Resistenz auch die Überprüfung der Belegstellensicherheit. Zusätzlich können Ergebnisse aus dieser Forschungsarbeit, die auf die österr. Situation der Bienenzucht abgestimmt ist, den Grundstein für weiterführende praxisrelevante Werkzeuge liefern, wie z.B.: Entwicklung von Gentests, Genomdaten-gestütze Selektionsexperimente, weitere Belegstellentests, genetisches Monitoring in Bezug auf die Erhaltungszucht.

Berichte

Abschlussbericht

Kurzfassung

Mit den Projekt BienenGenom konnten mehrere Fragestellungen bzw. Punkte mit züchterischer Relevanz geklärt werden und es war in weiterer Folge möglich, neben dem Aufbau eines umfassenden Daten- und Probenarchivs, sowie Analyseinstrumentariums, auch ein Folgeprojekt (FFG SelectBees2.0) in die Wege zu leiten. Somit wurde ein solides Fundament für die Bienenforschung in Österreich etabliert, mit dem man auch zukünftig in der Lage sein wird essentielle Fragestellungen der Züchtung und Vererbungsbiologie in Hinblick auf Varroa-Resistenz und damit Tiergesundheit zu bearbeiten. In diesem Forschungsprojekt konnte einem zentralen Punkt der allgemeinen gesellschaftlichen Rezeption, bekannt geworden unter dem Sammelbegriff „Biodiversitätskrise“, auch Rechnung getragen werden. Mit der Analyse der genetischen Diversität bei zwei in Österreich beheimateten Bienenpopulationen, der Carnica Biene (Apis mellifera carnica) und der Dunklen Biene (Apis mellifera mellifera), war es möglich mit Hilfe zweier unterschiedlicher wissenschaftlicher Ansätze die genetische Vielfalt, die Zusammensetzung des Genpools und die gegenwärtigen Tendenzen in Hinsicht auf den Verlust von Diversität zu untersuchen. Die Carnica Biene gilt als Leistungsrasse und wird daher international stark in der Imkereiwirtschaft eingesetzt. Neben Slowenien gilt auch Österreich als Ursprungsgebiet dieser Rasse bzw. Subspecies, und es gingen zahlreiche züchterische wie wissenschaftliche Impulse von Österreich, insbesondere vom ehem. Bundesforschungsinstitut für Bienenkunde Lunz aus, welche für die Leistungssteigerung und die internationale Verbreitung der Carnica essentiell waren. Vor diesem Hintergrund gingen in den frühen 1990er Jahren zwei österreichische Carnica Zuchtverbände hervor – die Austrian Carnica Association (ACA) und die Zentrale Arbeitsgemeinschaft österreichischer Carnicazüchter (ZAC!). Diese beiden Zuchtpopulationen wurden mittels der Methode der Pedigreeanalyse untersucht, wobei die Zusammensetzung des Genpools und die züchterischen wie populationsgenetischen Tendenzen genau analysiert wurden. Aufgrund von moderatem Inzuchtzuwachs, begrenzter Populationsgröße (ZAC!) und unbalanciertem Zuchttiereinsatz (ACA) zeigen beide Zuchtpopulationen einen moderaten Verlust an genetischer Diversität, der vergleichbar ist mit Nutztierpopulationen, die an der Grenze zur Erhaltungszucht stehen. Diesbezüglich repräsentiert die Existenz von zwei genetisch differenzierten Carnica Zuchtpopulationen und die ausgeprägten genealogischen Strukturen beider Populationen eine wertvolle Ressource, die zukünftig in der Zuchtplanung genutzt werden kann, um genetische Carnica Variabilität weiterhin zu erhalten. Die „Dunkle Biene“ (Apis mellifera mellifera), einst die dominierende Rasse/Subspezies in Mittel- und Nordeuropa bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, ist in Österreich mittlerweile eine Randerscheinung und vom Aussterben bedroht. Hier wurden in diesem Projekt mit Hilfe neuester molekulargenetischer Methoden (70k SNP Chip Analyse, Netzwerk- und Autozygotieanalyse) die genetische Zusammensetzung österreichischer Mellifera Populationen in Hinsicht auf die Introgression von C-Linien Genanteilen und die molekulargenetischen Inzuchtverhältnisse untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass bei der österreichischen Dunklen Biene eine durchschnittliche Inzucht von 5,9% bis 2,8% vorkommt. In Bezug auf den Mellifera Genanteil stammen im Schnitt 87,2% bis 82,3% der Gene aus dem Mellifera Hintergrund– der C-Linien Genanteil (Carnica Genanteil) liegt somit zwischen 12 und 17%. Daraus schlussfolgernd sollte zum weiteren Erhalt der Dunkeln Biene von Zeit zu Zeit (ca. im 5-10 jährigen Intervall) ein molekulargenetisches Monitoring durchgeführt werden, damit die Populationen stabilisiert bzw. erhalten werden können. Das methodische Instrumentarium bzw. der Vergleichsdatenpool dazu wurden in diesem Projekt erstellt. Eines der bekanntesten Charakteristika der Honigbiene stellt ihre spezifische Fortpflanzungsbiologie – die Polyandrie oder Mehrfachpaarung – dar. Um dennoch eine kontrollierte Paarung und damit die Übertragung eines Zuchtfortschritts zu gewährleisten, etablierte sich das sogenannte „Belegstellensystem“, semi-isolierte Paarungsstationen auf denen mehrere 1b Vollgeschwister Königinnen die Drohnen (Erbmaterial des 4a Volks) für die Anpaarung stellen. Die Sicherheit der Anpaarung hängt somit in erster Linie von der Topographie der Belegstelle und der Anzahl an aufgestellten Drohnenvölkern ab. Die Ermittlung der Anpaarungssicherheit ist von zentralem tierzüchterischem Interesse, da damit auch ein Qualitätskriterium für die angepaarten Zuchtköniginnen wie auch für das jeweilige Zuchtprogramm ermittelt wird. Obwohl in der Bienenforschung Vaterschaftsanalysen durchgeführt werden, sind die Publikationen diesbezüglich dürftig, vor allem in den neueren bi-allelen Systemen, und es existiert derzeit noch kein Standardverfahren. In diesem Projekt wurde ein Verfahren entwickelt und geprüft, mit dem standardmäßig Vaterschaftstest mit hoher Aussagekraft auch auf dem spezifischen Belegstellenszenario durchgeführt werden können. Die Sicherheiten der getesteten semi-isolierten Gebirgsbelegstellen Österreichs liegen zwischen 82 und 94%, mit einer Korrekturmöglichkeit nach oben. Diese Ergebnisse verdeutlichen somit den hohen Qualitätsstandard österreichischer Belegstellen im Alpengebiet. Die Varroa-Resistenz bei der westlichen Honigbienen A.mellifera gilt als komplexes Merkmal, dessen phänotypische Variation durch Umwelteinflüsse, polygenetischen Hintergrund oder Genregulation verursacht wird. Aufgrund der komplexen Merkmalserhebung bzw. schwierigen Phänotypisierung ist die Resistenzzucht in erster Linie wissenschaftlichen Projekten bzw. individuellen Zuchtbetrieben vorbehalten, die sich den daraus ergebenden Zusatzaufwand leisten können. Vom derzeitigen Stand des Wissens ausgehend, werden Verhaltensmerkmale (SMR – supressed mite reproduction, VSH – Varroa sensitive hygiene, Recapping – Wiederverdeckelung von Brutzellen, allgemeines Hygieneverhalten) und Milbenbefallsraten (Brutbefall, Bienenbefall, Totabfallszahlen) herangezogen, um entweder Selektionsentscheide zu treffen oder um entsprechende Testdatendesigns zu etablieren, die für Assoziationsstudien mit Genotypdaten verwendet werden, um eventuelle genetische Marker zu identifizieren. In diesem Projekt konnten 275 Carnica Völker aus diversem genetischem Hintergrund umfassend phänotypisiert, analysiert und archiviert werden. Es konnte weiter mit Hilfe empirischer Daten ein Kategorisierungsmodell für Resistenzgrade entwickelt werden, das auch eine entsprechende Datenspreizung für genom-weite Assoziationsstudien bietet. Von diesen Prüfvölkern konnten 22,9 % der Völker als resistent charakterisiert werden, mit einem mittleren SMR von 0,44 (+/- 0,09) und einer Brutbefallsrate von 0,04 (+/- 0,03). In anfälligen Bienenvölkern betrug das SMR im Durchschnitt 0,22 (Brutbefall von 0,22), und dieser Wert sank auf 0,18 (Brutbefall von 0,52) in als nicht lebensfähig eingestuften Völkern. Die darauffolgende Genom-weite Assoziationsstudie identifizierte zwei SNP Marker die inmitten von Genen (zwei noch nicht charakterisiert und das Gen FOXP) lokalisiert waren. Das Gen FOXP auf Chromosom 13 ist bekannt als „Sprach-Gen“ und wurde bei der Biene in Zusammenhang mit Lernverhalten und Tanzverhalten gebracht. Methodisch konnte in diesem Forschungsprojekt auch evaluiert werden inwieweit der von Jones et al. (2020) entwickelte und seit 2023 verfügbare 70k Illumina® Honey Bee Genotyping Array für die Anwendung im Bereich der Resistenzzucht- und Forschung geeignet ist. Im Juni 2024 konnte in Kooperation mit Dr. Berthold Heinze vom BFW sowie Dr. Stefan Mandl und dem Autor ein Forschungsprojekt mit dem Titel: „SelectBees2.0 - Selektion österreichischer Carnica Bienen auf Varroa-Resistenz“ erfolgreich beim FFG über das Programm Bridge 2024-01 eingereicht werden. Die hier im Projekt BienenGenom erarbeiteten Ergebnisse und Daten stellen somit einen guten Ausgangspunkt für die weitere Forschung im Bereich der Varroaresistenz dar.

Berichtsdateien

Endbericht BienenGenom 101720

Abstract (deutsch)

Mit den Projekt BienenGenom konnten mehrere Fragestellungen bzw. Punkte mit züchterischer Relevanz geklärt werden und es war möglich, neben dem Aufbau eines umfassenden Daten- und Probenarchivs, auch ein Folgeprojekt (FFG SelectBees2.0) in die Wege zu leiten. Somit konnte ein solides Fundament für die zukünftige Bienenforschung in Österreich etabliert werden. Bei der Carnica Biene (Apis mellifera carnica) wurde mittels Pedigreeanalysen die genetische Vielfalt, die Zusammensetzung des Genpools und die gegenwärtigen Tendenzen in Hinsicht auf den Verlust von Diversität untersucht . Die „Dunkle Biene“ ist in Österreich eine Randerscheinung und vom Aussterben bedroht. Hier wurden in diesem Projekt mit Hilfe neuester molekulargenetischer Methoden (70k SNP Chip Analyse) die genetische Zusammensetzung österreichischer Mellifera Populationen in Hinsicht auf die Introgression von C-Linien Genanteilen und die molekulargenetischen Inzuchtverhältnisse untersucht. Die Ermittlung der Anpaarungssicherheit ist von zentralem tierzüchterischem Interesse, da damit auch ein Qualitätskriterium für die angepaarten Zuchtköniginnen wie auch für das jeweilige Zuchtprogramm einhergeht. In diesem Projekt wurde ein Verfahren entwickelt und geprüft, mit dem standardmäßig Vaterschaftstests mit hoher Aussagekraft auch auf dem spezifischen Belegstellenszenario durchgeführt werden können. Die Varroa-Resistenz bei der Honigbiene gilt als komplexes Merkmal, dessen phänotypische Variation durch Umwelteinflüsse, polygenetischen Hintergrund oder Genregulation verursacht wird. Aufgrund der komplexen Merkmalserhebung ist die Resistenzzucht in erster Linie wissenschaftlichen Projekten bzw. individuellen Zuchtbetrieben vorbehalten, die sich den daraus ergebenden Zusatzaufwand leisten können. In diesem Projekt konnten 275 Carnica Völker umfassend phänotypisiert, analysiert und archiviert werden. Es wurde ein Kategorisierungsmodell für Resistenzgrade entwickelt, das auch eine entsprechende Datenspreizung für genom-weite Assoziationsstudien bietet. Die darauffolgende Genom-weite Assoziationsstudie identifizierte zwei SNP Marker die inmitten von Genen lokalisiert waren. Die hier im Projekt BienenGenom erarbeiteten Ergebnisse und Daten stellen somit einen guten Ausgangspunkt für die weitere Forschung im Bereich der Varroaresistenz dar, die ab 2025 weitergeführt werden soll.

Abstract (englisch)

Within the project BienenGenom we were able to clarify several issues and points of relevance to bee-breeding and to set up a comprehensive data and sample archive. Furthermore it was also possible to initiate a follow-up project (FFG SelectBees2.0). The genetic diversity of the Carnica bee (Apis mellifera carnica), the composition of the gene pool and current trends with regard to the loss of diversity were investigated using pedigree analyses. The “dark bee” is a marginal species in Austria and is threatened with extinction. In this project, the genetic composition of Austrian mellifera populations with regard to the introgression of C-line gene components and the molecular genetic inbreeding ratios were investigated using the latest molecular genetic methods (70k SNP chip analysis). The determination of mating reliability is of central interest to animal breeders, as it is also a quality criterion for the mated breeding queens as well as for the respective breeding program. In this project, a procedure was developed and tested with which standard paternity tests with high significance can also be carried out on the specific honey bee mating site scenario. Varroa resistance in honey bees is a complex trait whose phenotypic variation is caused by environmental influences, polygenetic background or gene regulation. Due to the complexity of the trait, resistance breeding is primarily reserved for scientific projects or individual breeding companies that can afford the resulting additional effort. In this project, 275 Carnica colonies were comprehensively phenotyped, analyzed and archived. A categorization model for resistance levels was developed, which also provides a corresponding data spread for genome-wide association studies. The subsequent genome-wide association study identified two SNP markers that were localized in the middle of genes. The results and data generated here in the BienenGenom project thus represent a good starting point for further research in the field of varroa resistance, which is to be continued from 2025.

Autor/innen

Druml Thomas

Publikationen

Alle Publikationen wurden vom Projektverantwortlichen eingetragen und liegen in dessen Verantwortung.

Thomas Druml, Berthold Heinze, Christian Boigenzahn (2024). Genomische Populations- und Verwandtschaftsanalyse von österreichischen Apis mellifera mellifera und Apis mellifera carnica Zuchtpopulationen in Hinblick auf Hybridisierung und Zusammensetzung des anzestralen Genpools (96/5). Züchtungskunde. (ISSN 004-5401).