ALARM 2: trAnsdisziplinäre Optimierung des LAwinenRisikoManagements 2

Projektleitung

Arnold Studeregger

Forschungseinrichtung

ZAMG - Steiermark

Projektnummer

101349

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

ÖBB-Infrastruktur AG| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Naturgefahren, Lawine, Modellierung, Risikomanagement, Kommunikation, Transdisziplinarität

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Transdisciplinary optimization of avalanche risk management 2

Abstract (englisch)

To improve avalanche risk management ALARM 2 works with the combination of a technical solution containing an improved forecasting system for avalanches and a social solution containing teachings, communication and emergency plans for members of the avalanche commissions.
More exact estimations of the snow height will lead to more accurate calculations of the avalanche length and the size of the avalanche deposit. Therefore one goal is to improve the model chain by replacing the M-CFD snowdrift model with a less computationally intensive estimation of the wind induction to the snow height and by including the model SNOWPACK into the model chain. Snowpack is a snow character model, with which a potential weak layer within the snowpack can be determined. This additional information can help to specify the potential fracture depth of the forecasted avalanche and therefore the slab thickness and the size of the avalanche.
To improve the satisfaction of the users of the avalanche forecast tool, which are most likely members of avalanche commissions and officials in case of immediate avalanche danger, they are involved in the development process of the tool and later on will be trained in the use of the tool. We will deepen the knowledge of the development of skills, competences and internal resources in avalanche commissions in order to derive knowledge about their concrete needs and the development of new concepts and training contents. In the spirit of Regional Risk Governance, we seek to define state options for ensuring the continuity and quality of voluntary risk prevention. Both the development of the teaching modules and the analysis of state options to ensure continuity and quality will be characterized by a transdisciplinary research process.
The coupled model chain resulting from this project has the advantage of a more accurate local avalanche forecast. In particular, this supports avalanche commissions and authorities in making decisions, e.g. over period and place of roadblocks or avalanche blasts etc. Through the model chain, more accurate forecasts of the snow distribution as well as the runout lengths of the avalanches can be made in advance of a heavy precipitation event.

Projektziele

Ziel: Erstellung eines praktischen, anwenderfreundlichen Tools für die Auslauflängenabschätzung von Lawinen
Genauere Abschätzung der Schneemächtigkeiten und damit genauere Aussagewerte im Auslaufbereich der Lawine
Die Modellkette, die im Projekt ALARM aufgebaut wurde bleibt weitgehend bestehen, wird allerdings durch einen wichtigen Faktor erweitert. Es wurden bereits Informationen bzw. Prognosen über die Wettersituation mit dem Modell SNOWGRID (zur Errechnung der verteilten Schneehöhen) verknüpft. Danach wird in der Modellkette noch der Wind und daraus die Schneeverfrachtung berücksichtigt und als Neuerung der Schneedeckenaufbau herangezogen, um die Anrisshöhe der zu modellierenden Lawine zu bestimmt. Das Modell SNOWPACK modelliert die Schneeschichtung innerhalb der Schneedecke und kann somit auch entstehende Schwachschichten identifizieren. Die Informationen über die Schneehöhe und die Lage der Schwachschicht innerhalb der Schneedecke werden in das Lawinensimulationsmodell gespeist. Somit kann die Auslauflänge und Kubatur einer möglichen Lawine realitätsnaher berechnet werden.
Diese Neuerung der Modellkette ermöglicht auch eine Modellierung für die Abschätzung von Sprengerfolgen und der maximalen Reichweite gesprengter Lawinen. Diese Modellierungen können unterstützend für Genehmigungsverfahren von Sprenganlagen zur Sicherung von Verkehrswegen oder auch randlichen Siedlungen eingesetzt werden. Es werden vermehrt integrale Schutzmaßnahmen geplant, da großflächig Verbauungsmaßnahmen schwerer zu finanzieren sind. Besonders die alpinen Bergregionen können von dem verbesserten Prognosetool profitieren.
Für die künstliche Auslösung von Lawinen ist es wesentlich vorab zu eruieren, welche potentiellen Lawinenschneemengen wirklich abgehen können, um Schadensfolgen zu vermeiden. Für Sprengungen und die Berechnung des Schneedeckenaufbaus in Hängen, in denen Lawinen häufig abgesprengt werden, liegt der Fokus auf den Faktoren Wind und Neuschnee. Die Berechnung von Wetterszenarien, Einwehung, Schneedecke und lawinendynamischen Modellen in Kombination ermöglicht einen weiteren erheblichen Wissensgewinn in der Beurteilung von Lawinen.
Nachrechnung von extremen Wettereignissen mit den direkten Wettermodelldaten zur Optimierung der Modellparameter
Anhand der Wetter- und Schneedaten von bekannten, großen Lawinenereignissen aus der Vergangenheit wird die Schneesituation, die bei den jeweiligen Ereignissen geherrscht hat, berechnet und die abgegangene Lawine im Nachhinein modelliert. Durch solche Beispiele können die verschiedenen Parameter innerhalb der Modellkette justiert werden, sodass die Modellierung dem Ereignis am besten übereinstimmt. Solche Evaluierungsberechnungen helfen die Abstimmung der Parameter zu verbessern und die Modellkette zu optimieren.
Um bei unvorhergesehenen Wetterumständen schnell agieren zu können und die Schwellwerte für Handlungsbedarf seitens der einzelnen Lawinenkommissionen zu kennen, sollen für betreffende Lawinengänge Szenarien berechnet werden. Somit wird nicht ständig anhand der Wetterprognose eine mögliche Lawinengröße berechnet, sondern nur ab bestimmten Schwellenwerten die Lawinenkommission gezielt unterstützt. Dies spart Rechenkapazitäten und liefert die nötige Information über die Schneelage individueller und an die Bedürfnisse der Kommissionen angepasst.
Aufzeigen von Unsicherheiten von Lawinensimulationen
Innerhalb einer Modellkette ist es von besonderem Interesse, wie die Ausgangsdaten eines Kettengliedes als variable Eingangsgrößen das nächste Kettenglied und dessen Ergebnisse beeinflussen. Im Fall der Lawinensimulation gilt dies insbesondere für die Abschätzung von Anbruchhöhen, aber auch für mögliche Informationen über andere Eigenschaften des Schnees im Anbruchgebiet oder entlang der Sturzbahn (z.B. Schneedichten oder Schneetemperatur). Diese Informationen und die damit verbundenen Unsicherheiten kommen beispielsweise aus der Extremwertstatistik oder daher, dass verschiedene Prozesse (wie Neuschneeereignisse und Einwehungen) oder unterschiedliche Szenarien kombiniert werden. Weitere Quellen für Unsicherheiten in Lawinensimulationen sind Ungenauigkeiten bei der Aufnahme von Feld- und Geländedaten, vereinfachende Annahmen bei der Modellbildung, die numerischen Näherungslösung oder deren Implementierung in Softwaretools. Während diese Unsicherheiten in der Modellkette als konstant gesehen werden können, ist der Einfluss der variablen Eingangsgrößen, beziehungsweise wie diese Unsicherheiten durch die Modellkette propagieren von besonderem Interesse. Es werden Techniken um die Unsicherheiten der variablen Eingangsdaten in den Ergebnissen der Lawinensimulation quantitativ zu erfassen und somit statistisch auszuwerten erarbeitet, damit beispielsweise Konfidenzintervalle für Auslauflängen oder maximale Geschwindigkeiten angegeben werden können.

Ziel: Kommunikation - Notfallpläne - Ausbildung
a.) Ziel ist die bisherigen Erkenntnisse über die Entwicklung von Fähigkeiten, Kompetenzen und internen Ressourcen in Lawinenkommissionen zu vertiefen, um daraus Wissen über den konkreten Bedarf und die Entwicklung neuer Konzepte und Schulungsinhalte abzuleiten. Wir wollen Lehrmodule entwickeln, die in die Ausbildungsstruktur der Lawinenkommissionen integriert werden können und darauf abzielen, die soziale Kapazität, d.h. die lokalen Netzwerke von Innen zu stärken. Die vier Kapazitätstypen Wissen, Einstellung/Motivation, Soziale/Organisationale Kapazität und Emotionale/Mentale Kapazität dienen als Struktur für die Modulentwicklung. Als Beispiel für wichtige Inhalte der Module kann Kommunikations- und Konfliktmanagement und die Entwicklung von Notfalls Plänen genannt werden.
b.) Wir sind bestrebt im Sinne Regionaler Risiko Goveranance staatliche Möglichkeiten zur Sicherung von Kontinuität und Qualität der freiwilligen Risikovorsorge zu definieren.
Methodik
Sowohl die Entwicklung der Lehrmodule als auch die Analyse von staatlichen Möglichkeiten zur Sicherung von Kontinuität und Qualität sollen durch einen transdisziplinären Forschungsprozess gekennzeichnet sein.
Rekursivität ist ein generelles Gestaltungsprinzip in der transdisziplinären Forschung . Dies meint, dass das Vorgehen immer wieder überprüft und angepasst wird. Dieser Vorgang ermöglicht schrittweise fachliche Beiträge und jene aus der Praxis einzubeziehen.

Praxisrelevanz

Der wichtigste Ansatz des Projekts besteht in Kooperation zwischen den operationellen Institutionen in Österreich (Tirol, Kärnten, Niederösterreich und Steiermark), welche es ihnen erlaubt eine kritische Masse an Kompetenz zu erreichen und große Synergien in der gemeinsamen Entwicklung von innovativen Vorhersage- und Warnwerkzeugen und neuen Verbreitungsstrategien zu generieren. Zusätzlich garantiert die Kooperation mit den Lawinenwarndiensten eine weite Verbreitung und lange Verfügbarkeit (auch nach Projektende) der Projektresultate, da die beteiligten Institutionen sie in ihre frei verfügbaren operationellen Produkte integrieren werden. Weiters werden durch die Kooperation erstmals vereinheitlichte Warn- und Vorhersageprodukte möglich.
Innovation wird auch durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität erreicht, da das Konsortium folgende Expertisen besitzt:
• hohe wissenschaftlich-technische Expertise benötigen, um innovative Modelle zu entwickeln
• Erfahrung in operationellen Abläufen brauchen, um die Vorhersagen und Warnungen regelmäßig und verlässlich herausgeben zu können (z.B. Lawinenwarndienste)
• ebenfalls hohe Expertise im Bereich der Kommunikationswissenschaften benötigen, um innovative Wege der Kommunikation beschreiten zu können (z.B. Uni Graz).
Alle relevanten Wissensbereiche werden vom Projektkonsortium abgedeckt.
Zusätzlich werden transdisziplinäre Aspekte sicherstellen, sodass von Projektbeginn an eine intensive Interaktion mit den verschiedenen Zielgruppen stattfindet und diese die Gelegenheit haben die Form und Inhalte der Endprodukte mitzubestimmen.
Hilfe für die Lawinenwarndienste
Die Lawinenwinter 1998-1999, 2004-2005, 2007-2008 und 2017-2018 haben einmal mehr gezeigt: Naturgefahren lassen sich im alpinen Lebensraum nicht vollständig vermeiden. Trotz bedeutender Investitionen in Lawinenverbauungen oder Wildbachsperren gefährden sie immer wieder Personen oder zerstören Gebäude und Verkehrswege. Anstatt Naturgefahren mit allen Mitteln zu verhindern, versucht man heute, deren Risiken zu senken. Ein wichtiger Teil für die Bewertung in der Zukunft ist einerseits das Vorantreiben der Modellkette sowie die Weitergabe des Wissens an die Lawinenkommissionen.
Die Zusammenarbeit der für Risikomanagement relevanten Institutionen in Österreich wird verbessert. Damit sind sowohl die für Vorhersagen zuständigen Projektpartner und auch jene Zielgruppen, die auf Basis der Warnungen für das Management der Risiken zuständig sind. Dieses Ziel wird einerseits durch Austausch von Wissen und Methoden unter den Projektpartnern erreicht und durch die Projektergebnisse, die darauf ausgelegt sind die Zusammenarbeit der Zielgruppen zu verstärken.
Die Durchführung des Projekts wird durch Verbesserung der Lebensqualität und durch Verminderung von Schäden durch Naturgefahren zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, da auch weniger Interventionen notwendig sein werden um Schäden zu beheben.
Mehr und verbesserte Information für Lawinenwarndienste und Kommissionen: In dieser Aktivität wird die Informationsgrundlage, die den Lawinenprognostikern in der Steiermark, Kärnten, Niederösterreich und Tirol zur Verfügung steht um Entscheidungen in Bezug auf Lawinenwarnungen zu treffen, verbessert. Das Wissen über die Lawinengröße in der Prognose ist ein wichtiger Bestandteil in der Lawinenwarnung.