AFFRI II

© Mortimer Müller

AFFRI 2: Österreichische Waldbrandinititative II

Projektleitung

Harald Vacik

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur - Department für Wald- und Bodenwissenschaften Institut für Waldbau

Projektnummer

101045

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Die langfristige und nachhaltige Sicherstellung einer österreichischen Waldbrandforschung ist das Hauptziel. Es sollen laufend aktuelle und historische Waldbrände und deren Charakteristika erhoben werden. Für Länder, Gemeinden und Einsatzkräfte wird eine Möglichkeit zur selbstständigen Erfassung von Brandereignissen geschaffen. Statistiken und Grafiken zum Waldbrandgeschehen in Österreich werden verfügbar gemacht und können abgerufen werden. Die Funktionalitäten der österreichischen Waldbrand-Datenbank sollen verbessert und Schnittstellen zur Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung über Web 2.0 Technologien geschaffen werden. Das für Tirol entwickelte sozioökonomische Modell zur Abschätzung der anthropogenen Brandgefahr soll verfeinert und für ganz Österreich berechnet werden. Die einzig in Österreich relevante natürliche Ursache für Waldbrände stellen Blitzschläge dar. Gemeinsam mit Meteorologen und Experten der österreichischen Blitzortung soll an einem Prognosemodell für die Blitzaktivität in Österreich gearbeitet werden. Die Bodenfeuchte wird als der entscheidende Parameter für die Entzündbarkeit angesehen. Hier sollen Vorarbeiten für die Errichtung eines Netzwerks aus Feuchtesensoren geschaffen werden. Ein Waldbrandgefahrenvorhersagesystem soll konzipiert werden, wobei klimatische, sozioökonomische und Vegetationsparameter berücksichtigt werden. In Abstimmung mit potenziellen Daten- und Infrastrukturlieferanten soll die Implementierung des Prototyps eines Warnsystems vorangetrieben werden.
Um den aktuellen Wissensstand zum Waldbrandgeschehen und seinen Folgen zu verbessern, soll für ausgewählte Brandereignisse ein laufendes Monitoring eingerichtet werden. Neben der Mortalität der betroffenen Gehölze werden die Auswirkungen von Waldbränden auf die Regenerationsfähigkeit und die Stoffkreisläufe untersucht. Die Effekte von Waldbränden auf die Schutzwirkung in Gebirgswäldern sollen analysiert und waldbauliche Präventivmaßnahmen vorgestellt werden. Daneben gilt ein Hauptaugenmerk der Forschungsarbeit der Fichte und ihrer steigenden Brandgefahr im Zuge des Klimawandels.
Das Projekt wird Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung durchführen (u. a. Blogbeiträge, Pressemeldungen, Interviews, Medienkontakte). Da ein Großteil heimischer Waldbrände direkt oder indirekt durch den Menschen ausgelöst werden, soll die aktive Öffentlichkeitspolitik mittelfristig dazu beitragen, dass Waldbrände früher entdeckt oder durch angepasstes Verhalten verhindert werden können. Daneben ist geplant Schulungen und Workshops mit Vertretern von Feuerwehren, Forstinspektoraten und zuständigen Mitarbeitern auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene durchzuführen. Ebenso sollen die Grundlagen für regionale Waldfachpläne unter Berücksichtigung der Waldbrandgefahr erarbeitet sowie ein Leitfaden zum Waldbrandgeschehen in Österreich erstellt und publiziert werden.

Schlagwörter (deutsch)

Waldbrand, Monitoring, Naturgefahren, Waldbau, Klimawandel, Österreich

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Austrian Forest Fire Research Initiative II

Abstract (englisch)

In 2008 the Institute of silviculture at the University of Natural Resources and Life Sciences in Vienna started the research on forest fires in Austria. Within the projects AFFRI, ALP FFIRS and FIRIA more than 4500 fires were recorded. Research included fuel measurements, socioeconomic causes, vulnerability analysis, tree mortality studies and the analysis of lightning ignitions. Aims of the project are to focus on the acquisition of older forest fire data and to enhance the performance and functionality of the internal and public accessible database. The prediction of forest fires in Austria should be improved by the conceptualization of a forest fire danger prediction system that includes climatic and socioeconomic factors and the vegetation. Because ground moisture is the most important factor of fire ignition, the construction of a network of moisture sensors should be accelerated. The implementation of a prototype of this warning system has to be conducted. The active monitoring of large forest fires in Austria should be initiated. Here, tree mortality studies and fuel measurements should lead to a better understanding of forest fires and their behaviour. Silvicultural recommendations to avoid forest fires and how to treat burned areas should be developed. The whole project will be attended by active public information and awareness rising through press reports, blog articles, interviews. It is planned to initiate workshops with stakeholders and action forces and to start new research projects during AFFRI II, to ensure the Austrian forest fire research and to dig deeper into some research questions.

Projektziele

Zur Verbesserung der bestehenden Datengrundlagen ist eine breite Forschungsinitiative sinnvoll und notwendig. Folgende Ziele sollen im Rahmen des Projektes verfolgt werden:

Waldbrand-Dokumentation (AP1)
• Standardisierte Erfassung und laufende Dokumentation von Waldbränden sowie Aufarbeitung von älteren Brandereignissen in Österreich zur Abschätzung von Auftreten und Charakteristika (u. a. Ursachen, Brandflächen, betroffene Waldgesellschaften).
• Bereitstellung von Möglichkeiten für Länder, Gemeinden und Einsatzkräfte zur Branderfassung, Übermittlung von Bild- und Kartenmaterial sowie zur Erstellung von Statistiken zum Waldbrandgeschehen.
• Verbesserung der Funktionalitäten der internen Waldbrand-Datenbank sowie des öffentlichen Web-GIS Informationssystems.
• Schaffung einer Schnittstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung durch Web 2.0 Technologien.

Verbesserung der Vorhersage der Waldbrandgefahr (AP2)
• Analyse der Möglichkeiten zu Erstellung eines dynamischen Vorhersagemodells für Blitzschlagbrände unter Berücksichtigung von historischen Waldbranddaten und Blitzphysik.
• Berechnung des für Tirol entwickelten sozioökonomischen Modells zur Abschätzung der anthropogenen Waldbrandgefahr für ganz Österreich
• Abschätzung des Einflusses der Bodenfeuchtigkeit auf die Waldbrandentstehung unter Berücksichtigung der Vorarbeiten zur Errichtung eines österreichweiten Netzwerks aus Feuchtesensoren.
• Konzepterstellung für ein multifunktionales Waldbrandgefahrenvorhersagesystem mittels klimatischer, sozioökonomischer und vegetationskundlicher Parameter.
• Evaluierung der Möglichkeiten und des Aufwands zur Implementierung des Prototyps eines Waldbrandgefahrenvorhersagesystems unter Einbindung potenzieller Daten- und Infrastrukturlieferanten.

Waldbauliche Empfehlungen (AP3)
• Mehrjähriges Monitoring besonderer Waldbrandereignisse zur Verbesserung des Wissensstands über Mortalität, Regenerationsfähigkeit und der Notwendigkeit/Effizienz von waldbaulichen Präventivmaßnahmen.
• Beurteilung der kurz-, mittel- und langfristigen Effekte von Waldbränden auf die Schutzwirkung von Gebirgswäldern sowie auf die Nähr- und Kohlenstoffkreisläufe.
• Analyse der zukünftigen Gefährdung österreichischer Gebirgswälder im Zuge des Klimawandels, mit besonderer Berücksichtigung der Hauptbaumart Fichte.
• Erarbeitung waldbaulicher Empfehlungen zur Prävention von Waldbränden und Behandlung von Brandflächen.

Bewusstseinsbildung & Öffentlichkeitsarbeit (AP4)
• Schaffung von Möglichkeiten zur Verbesserung der Bewusstseinsbildung und zur Kommunikation der Waldbrandgefahr an Dienststellen, Einsatzkräfte und die breite Öffentlichkeit, beispielsweise über Blogbeiträge, Präsenz in den Medien und Presseaussendungen.
• Erstellung der Grundlagen für regionale Waldfachpläne zur Verbesserung der Waldbrandbekämpfung und -prophylaxe von besonders durch Waldbrand gefährdeten Gebiete sowie Dissemination der im Projekt gewonnenen Erkenntnisse an unterschiedliche Zielgruppen (Forstleute, Feuerwehren, Behörden, Öffentlichkeit).
• Fachliche und inhaltliche Vorarbeiten für die Durchführung von einem oder mehreren Workshops und Schulungen mit Vertretern von Einsatzkräften, Forstleuten und politischen Entscheidungsträgern.
• Erstellung und Veröffentlichung eines Leitfadens zum Waldbrandgeschehen in Österreich.

Projektmanagement (AP5)
• Organisatorische Betreuung des Projektes während der gesamten Laufzeit.
• Überprüfung der Optionen von weiterführenden Projektanträgen im Rahmen nationaler (z. B. ACRP, KIRAS, Sparkling Science) und internationaler (z. B. Horizon 2020) Forschungsprogramme.
• Koordinierung und Abhaltung von Projekttreffen und Workshops.
• Erstellung von Zwischen- und Endbericht.

Die angeführten Forschungsthemen und -fragen werden auch international diskutiert. In Zukunft wird die Waldbrandgefahr eine stärkere Rolle bei der Naturgefahrenbeurteilung einnehmen und eine Risikoabschätzung nur mit Integration der räumlich expliziten Faktoren Mensch, Klima und Vegetation sinnvoll sein. Für die möglichst interdisziplinär angelegten und teilweise anwendungsorientierten Vorhaben ist die Kooperation zwischen unterschiedlichen Partnern und Interessensträgern besonders wichtig.

Praxisrelevanz

Mit der laufenden Klimaerwärmung ist anzunehmen, dass Trockenperioden und damit auch die Häufigkeit und die Intensität von Waldbränden in Österreich zunehmen werden. Gerade die von Fichte dominierten montanen und subalpinen Gebirgswälder zeigen eine besonders hohe Waldbrandintensität. Wenn diese Wälder in Zukunft einer erhöhten Waldbrandgefahr ausgesetzt sind, dann nehmen auch die potenziellen Schäden markant zu. Die damit verbundenen Folgeerscheinungen (u. a. erhöhte Erosion, Steinschlag, Muren und Lawinen) können einen hohen Einfluss auf die Erbringung von Ökosystemleistungen haben. Zur Anpassung von forstlichen Maßnahmen, insbesondere hinsichtlich der drohenden Klimaveränderung, ist es für Österreich wichtig, eine entsprechende Datengrundlage zu haben und Fragen der Waldbrandforschung zu bearbeiten. Im Falle einer Intensivierung des Waldbrandregimes kann auf eine ausführliche und langjährige Datenreihe zurückgegriffen werden. Zukünftige Entwicklungen des Waldbrandregimes lassen sich durch Forschungsarbeiten antizipieren, ebenso eventuelle Veränderungen und Verschiebungen von Hotspots. Damit können Anpassungsmaßnahmen (auch in Hinblick auf die österreichische Anpassungsstrategie an den Klimawandel) entsprechend ausgestaltet werden. Die Kosten für Bund und Länder können durch eine effizientere Ressourcennutzung der Feuerwehren, insbesondere hinsichtlich Luftunterstützung, reduziert werden.

Neben dem unmittelbaren Nutzen der Daten für die Analyse von Trends und die Auswertung für wissenschaftliche Zwecke, können die Waldbrandplattform und die Forschungsarbeiten auch bei der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden. Das Bewusstsein für Waldbrände in der Bevölkerung kann gestärkt und mögliche Empfehlungen für das richtige Verhalten bei hoher Waldbrandgefahr gegeben werden. Auf diese Weise wird das Risiko anthropogen verursachter Waldbrände reduziert.

Berichte

Abschlussbericht , 31.10.2019

Kurzfassung

Im Jahr 2008 startete am Institut für Waldbau, Universität für Bodenkultur Wien, die österreichische Initiative zur Waldbrandforschung (Austrian Forest Fire Research Initiative - AFFRI). Im Zuge von AFFRI und zwei weiterführenden Projekten konnten erstmalig Waldbrände österreichweit und zentral erfasst sowie Fragestellungen aus der Waldbrandforschung bearbeitet werden. Ende 2015 wurde im Rahmen der Bund-Länder-Kooperation AFFRI 2 ins Leben gerufen. Von 2015 bis 2019 erfolgte die laufende Bearbeitung unterschiedlicher Aufgaben aus den Arbeitspaketen. Die Waldbrand-Dokumentation in Österreich wurde fortgeführt und umfassende Statistiken auf Bundes- und Länderebene erstellt. Über Internet-Recherchen und online verfügbare Chroniken von Feuerwehren und Gemeinden konnten rund 100 historische Waldbrände vor 1993 aufgearbeitet und in die Datenbank eingepflegt werden. Eine Kooperation mit den Landesfeuerwehrverbänden von Salzburg, Vorarlberg und Wien ermöglicht seit Mitte 2018 eine vollständige Dokumentation von Waldbränden in diesen Bundesländern. In der österreichischen Waldbrand-Datenbank konnten mehrere Verbesserungen implementiert werden und das externe Web-GIS wurde an die neuen Erfordernisse im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGV) angepasst. Daneben ist eine englische Version der Seite in Arbeit und wird bis Ende 2019 fertiggestellt sein. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe 8 (AG 8) im Rahmen der „EU-Strategy for the Alpine Region (EUSALP) wurde mit einem Panel von Waldbrandexperten aus dem Alpenraum die größten Herausforderungen bei der Waldbrandvorbeugung, Waldbrandunterdrückung sowie der Nachbehandlung von Brandflächen in der Alpenregion identifiziert werden. Mittels eines multilingualer Online-Fragebogen der von 80 Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Behörde und Einsatzkräfte beantwortet wurde konnten aktuelle und zukünftige Herausforderungen eines integrierten Feuermanagements im Alpenraum erarbeitet werden. Die Ergebnisse fließen in ein White Paper für politische Entscheidungsträger ein, das bis Ende 2019 fertiggestellt wird. Die seit Herbst 2017 laufende Kooperation mit Absolventen der HTL Donaustadt wurde vertieft und der Prototyp eines komplementären Systems zur Waldbrand-Gefahrenabschätzung in Österreich verbessert sowie für die zukünftigen Usertests durch Experten angepasst. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurden erstmals Abschätzungen zum Feuchtegehalt der leicht brennbaren oberen Streuschicht in unterschiedlichen österreichischen Waldtypen erhoben. Daneben werden derzeit die Datensätze aus vergangenen Projekten zu den Brennstoffmengen in unterschiedlichen Waldökosystemen aufgearbeitet, um die Datenqualität zur Abschätzung der Entzündbarkeit unterschiedlicher Vegetationsformen zu verbessern. Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse zum Entstehungs- und Ausbreitungspotenzial von Bränden in heimischen Wäldern. Während der gesamten Projektlaufzeit wurden die Forschungsarbeiten und Erhebungen öffentlichkeitswirksam über Beiträge in einem Waldbrand-Blog begleitet. Ebenso fanden zahlreiche Interviews mit Medienvertretern von Radio, Print und Fernsehen statt, auch Presseaussendungen wurden durchgeführt. Ein Leitfaden für Waldbrände in Österreich inklusive waldbaulicher Empfehlungen für die Waldbrandvorbeugung soll auf Basis der Erkenntnisse im Jahr 2020 zur Verfügung stehen.

Berichtsdateien

AFFRI2_Endbericht_final.pdf

Autor/innen

Mortimer M. Müller; Harald Vacik