WF-Projekt-ÖKO-SCHU-WA: Die Bedeutung der Schutzwälder in Österreich und ihre regional- und volkswirtschaftliche Relevanz

Projektleitung

Alexandra Freudenschuss

Forschungseinrichtung

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)

Projektnummer

101747

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Naturgefahren sind eine bedeutende Ursache für die Bedrohung von Leben, Lebensqualität und Wohlbefinden. Zudem können sie die Regionalwirtschaft und die Volkswirtschaft maßgeblich negativ beeinflussen. Über die wirtschaftlichen Folgen von Naturgefahren und den Nutzen von Vorsorgemaßnahmen liegen in Österreich gute Befunde im Hinblick auf Lawinen, Wildbachereignisse und Hochwasser vor. In diesem Forschungsprojekt liegt der Fokus auf der Abwehr von Naturgefahren durch Wälder mit direkter Objektschutzfunktion. Vorliegende Evidenz deutet darauf hin, dass die Schutzwirkung der Wälder nicht überall den angestrebten Zustand erreicht hat. In den geschützten Zonen hat die wirtschaftliche Dynamik teils stark zugenommen. Die wirtschaftlichen Implikationen davon sind derzeit noch nicht bekannt. Ziel ist, Maßnahmen zu identifizieren, durch welche die Schutzwirkung der Wälder auch in Zukunft gewährleistet werden kann. Dazu werden folgende Forschungsfragen bearbeitet:

  1. Ist-Analyse und Bestandsaufnahme: Welche Gebiete werden durch Wälder mit direkter Objektschutzfunktion potenziell geschützt?
  2. Wie hoch ist das Ausmaß der potenziellen Betroffenheit einer fehlenden oder mangelhaften Schutzwirkung durch Wälder für Siedlungen, Beschäftigung und Wertschöpfung und welche Regionen sind betroffen?
  3. Value at Risk-Impact-Analyse: Welche regional- und volkswirtschaftlichen Konsequenzen sind im Fall einer verminderten Schutzwirkung zu erwarten?
  4. Impact-Analyse einer Zustandsverbesserung: Welche regional- und volkswirtschaftlichen Konsequenzen sind zu erwarten, wenn es zu einer Sicherung der Schutzwirkung durch die Verbesserung des Zustands der Schutzwälder kommt und durch welche Maßnahmen kann dies erreicht werden?
  5. Bereitstellung des öffentlichen Gutes Schutzwirkung: Welche Befunde liefert die ökonomische Literatur über die optimale Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter?
  6. Evidenz über den vor Ort erhobenen Zustand von Wäldern mit Objektschutzfunktion in repräsentativen Regionen in Österreich, sowie Evidenz über die lokale institutionelle Koordination in diesen Regionen: Welche Hemmnisse und welche Erfolgsfaktoren, die eine optimale Bereitstellung des Schutzes durch Wälder erschweren bzw. erleichtern, können im Kontext der jeweiligen Fallstudie identifiziert werden?
  7. Schlussfolgerungen: Gibt es auf der Grundlage der Studienergebnisse Bedarf zur Ergänzung bzw. Anpassung im Hinblick auf die österreichische Waldstrategie 2020+ oder das Aktionsprogramm Schutzwald und wenn ja, welchen?

Schlagwörter (deutsch)

Schutzwald, Naturgefahren, Regionalökonomie, volkswirtschaftliche Effekte

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

The importance of protective forests in Austria and their economic relevance

Abstract (englisch)

Natural hazards are a significant cause of threat to life, quality of life and well-being. Moreover, they can have significant negative impacts on the regional economy and thus on the macro-economy. In Austria, there are good findings on the economic consequences of natural hazards and the benefits of preventative measures with regard to avalanches, torrents and floods. In this project we focus on the importance of control of natural hazards through protective forests (forests with a direct object protective function). Evidence suggests that the protective effect of forests has not yet reached the desired target state everywhere.

In the protected zones, economic dynamics have increased, in some cases sharply. The forestry specific and economic implications of this are currently not well known. The aim of the present project is to generate evidence to identify measures to improve the protective capacity of forests in the future in several working steps. To this end, the following research questions will be addressed:

  1. State of affairs and inventory: Which regions are potentially protected by protective forests in the current situation?
  2. What is the extent of the potential vulnerability of a lacking or insufficient protective effect of forests on settlements, employment and value added and which regions are particularly affected?
  3. Value at Risk — Impact-Analysis: Which regional and economic consequences are to be expected in case of a reduced protective effect in a scenario of a degradation of protective forests?
  4. Impact analysis of an improvement: What regional and economic consequences can be expected if the protective effect is ensured by improving the condition of the protective forests and which measures are needed to achieve this?
  5. Provision of the public good protective effect: What findings does the econometric literature provide on the optimal provision of local public goods and what conclusions can be drawn for protective forests?
  6. Evidence on the protective status of protective forests in representative regions in Austria, as well as evidence on local institutional coordination in these study regions: What barriers and what success factors can be identified in the context of case studies that impede or facilitate optimal provision of protection by forests?
  7. Conclusion: Based on the study results, is there a need for supplementation or adaptation with regard to the Austrian Forest Strategy 2020+ or the Action Program "Forests protect us!" and if so, which?

Schlagwörter (englisch)

protective forests, natural hazards, regional economics, macro-economic effects

Projektziele

Ökosystemdienstleistungen sind die Grundlage des Lebens, des Gedeihens der Gesellschaft und die natürliche Basis jeder wirtschaftlichen Aktivität. Die natürliche Umwelt und auch die von Menschen gestalteten natürlichen Systeme schaffen jene Voraussetzungen, die intakte Lebensbedingungen für die Menschen ermöglichen. Die von Schutzwäldern bereitgestellte Ökosystemdienstleistung Schutz vor Naturgefahren ist ein sehr gutes und augenfälliges Beispiel für deren herausragende Bedeutung. Unter dem Begriff Schutzwald werden im Folgenden Wälder mit direkter Objektschutzfunktion im Sinne der forstlichen Raumplanung und nicht Schutzwälder im Sinn des § 21 ForstG 1975 verstanden. Die Schutzwirkung ergibt sich aus den intakten Funktionen des Waldes oftmals als willkommenes Nebenprodukt. Je nach Kontext, etwa im Fall großer Gefahrenabwehr bzw. im Fall hoher Vulnerabilität, kann dieses Nebenprodukt zur wichtigsten Funktion aus Sicht der geschützten Personen werden. Aus dieser Gegenüberstellung wird klar, dass Ökosystemleistungen zwar in einem allgemeinen Kontext identifiziert und bestimmt, aber erst in einem konkreten Umfeld hinsichtlich Nutzen für die Menschen bzw. die Wirtschaft bewertet werden können.

Das zentrale Ziel des Projektes ist, die wirtschaftliche Bedeutung der Ökosystemleistungen der Schutzwälder im Hinblick auf ihre Wirkung zur Schadenabwehr bzw. Schadenminderung zu bewerten und Möglichkeiten auszuloten, um diese Wirkung weiterhin zu erhalten, zu verbessern und auszuweiten.


Vorliegende Evidenz deutet darauf hin, dass die Schutzwirkung der Wälder nicht überall den angestrebten Zustand erreicht hat. In einigen Regionen hat sich der Zustand verschlechtert und somit hat sich auch die potenzielle Schutzwirkung verringert. In vielen geschützten Zonen hat die wirtschaftliche Dynamik stark zugenommen und somit auch die Vulnerabilität. Die wirtschaftlichen Implikationen davon sind derzeit nur ungenügend bekannt. Um das zentrale Ziel des vorliegenden Projektes zu erreichen, ist es nötig, interdisziplinär Evidenz zu schaffen.


Folgende Teilziele werden angestrebt:

Zustandsanalyse und Ausgangslage aus forstlicher Sicht (Ziel 1):

Die Lage der Schutzwälder ist weitgehend bekannt. Die potenziell durch sie geschützten Bereiche sind derzeit aber noch nicht erfasst. Der erste Schritt ist daher deren Identifikation. Ein weiteres Ergebnis ist ein Überblick auf nationaler Ebene über den Zustand von Schutzwäldern mit Hilfe von Zustandsindikatoren der Waldinventur.

Zustandsanalyse und Ausgangslage aus regionalwirtschaftlicher Sicht, sowie Identifikation von Regionen, die von mangelhafter Schutzwirkung betroffen sind (Ziel 2):

Auf der Grundlage der vorangegangenen Arbeitsschritte kann die potenzielle Betroffenheit der Bevölkerung und der lokalen Wirtschaft identifiziert werden. Die Ergebnisse beruhen auf Auswertungen auf sehr kleinräumigen Ebene, sie können aber aufgrund der zugrunde liegenden Erhebungen nur auf aggregierter räumlicher Ebene ausgewiesen werden (je Signifikanzniveau: z.B. Bezirke, NUTS-3-Regionen).

Bestimmung der regional- und volkswirtschaftlichen Konsequenzen für den Fall einer verminderten Schutzwirkung in einem Szenario des Nicht-Handelns, also des Zulassens der Degradation der Schutzwälder (Ziel 3):

Die Grundlage für eine Value-at-Risk-Bewertung aus einem ökonomischen Blickwinkel ist eine Zusammenführung der Befunde der am Projekt beteiligten Expertinnen und Experten in einem konkreten Szenario, in dem die beobachtete Entwicklung gemäß einem Trend fortgeschrieben wird. Daraus ergibt sich eine Veränderung der potenziellen Gefährdung, einerseits durch die veränderte Schutzwirkung und andererseits durch die veränderte wirtschaftliche Betroffenheit. Die Konsequenzen eines solchen Szenarios werden regional- und volkswirtschaftlich bewertet. In diesem Zusammenhang werden erwartete Auswirkungen des Klimawandels mit Hilfe von Ergebnissen des BFW berücksichtigt.

Identifikation der regional- und volkswirtschaftlichen Konsequenzen, wenn es zu einer Verbesserung des Zustands der Schutzwälder und einer nachhaltigen Gewährleistung der Schutzwirkung kommt (Ziel 4):

Das Vorgehen ähnelt bezüglich der grundsätzlichen Herangehensweise im interdisziplinären Team jenem unter Ziel 3. Hier wird jedoch ein Szenario analysiert, in dem die Eignung der Wälder zur Bereitstellung von Schutzwirkungen durch geeignete Maßnahmen verbessert wird. Die damit verbundenen Kosten werden dem entstehenden Nutzen gegenübergestellt. Der Nutzen erschließt sich aus dem Vergleich mit den Ergebnissen der Untersuchung zum Ziel 3. Auf diese Weise kann eine umfassende regional- und volkswirtschaftliche Bewertung vorgenommen werden.

Auslotung und Identifikation der Voraussetzungen für die optimale Bereitstellung lokaler öffentlicher Güter und ihrer Relevanz für die Bewirtschaftung von Schutzwäldern in Österreich (Ziel 5):

Die von Schutzwäldern bereitgestellte Wirkung kann aus ökonomischer Sicht als ein (lokales) öffentliches Gut bezeichnet werden. Darunter versteht man, dass von der Wirkung niemand ausgeschlossen werden kann (und soll) und die Wirkung nicht geschmälert wird, wenn weitere Personen daraus einen Vorteil ziehen. Dieses öffentliche Gut kann durchaus auch von privaten Akteuren bereitgestellt werden. Unter welchen Voraussetzungen öffentliche Güter im Kontext von Ökosystemdienstleistungen bereitgestellt werden oder nicht, ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Für den Fall der Schutzwälder gibt es dazu nur wenige Befunde. Eine Beurteilung von Voraussetzungen für eine optimale Bereitstellung des öffentlichen Gutes Schutzwirkung durch Schutzwälder wird basierend auf der ökonomischen Literatur erstellt. Dabei werden die Institutionen berücksichtigt, die in Österreich anzutreffen sind.

Identifikation von repräsentativen Regionen, die von Schutzwirkungen durch Schutzwälder profitieren und die Vor-Ort-Erhebungen auf der Grundlage von regionalen Fallstudien (Ziel 6):

Für kleine Regionen (z.B. Gemeinden) reicht das Stichprobennetz der ÖWI nicht aus, um zur Schutzwirkung sichere Aussagen zuzulassen. Für die Identifikation der regionalen Bedeutung der Schutzwirkung ist daher eine vor Ort Erhebung nötig. Die konkreten Regionen werden auf der Basis der aggregierten Analyse identifiziert, um möglichst repräsentative Einheiten zu identifizieren. Innerhalb dieser Regionen werden Testflächen zur Beurteilung der Schutzwirkung und Abschätzung des Maßnahmenbedarfs erhoben und die Problematik exemplarisch diskutiert.

Zur Ergründung jener Hemmnisse und Erfolgsfaktoren, die eine optimale Bereitstellung des Schutzes durch Wälder erschweren bzw. erleichtern werden regionale Fallstudien durchgeführt. Die Personenkreise, die von Schutzwäldern profitieren, sind nicht notwendigerweise gut über diese Ökosystemdienstleistung informiert. Mangelnde Kenntnis kann zu nicht adäquatem Handeln und Unterlassen von Pflegemaßnahmen oder fehlender Bereitschaft zur Leistung von Kompensationen folgen. Aus den Ergebnissen der vorangegangenen Arbeiten ergeben sich in konkreten räumlichen Kontexten neue Informationslagen, die Betroffene vor neue Herausforderungen stellen. Gemeinsam mit den Betroffenen kann ausgelotet werden, ob die in der Literatur identifizierten Lösungszugänge zur Optimierung der Schutzwirkung im jeweiligen Kontext funktionieren können. Aus dem Vergleich unterschiedlicher Fallstudien werden erfolgsversprechende Strategien identifiziert.

Konkrete Vorschläge für neue Optionen zum optimierten Einsatz von forstpolitischen Instrumenten und von Maßnahmen zum Management von Naturgefahren für Schutzwälder (Ziel 7):

Die Ergebnisse zum Ziel 7 sind eine Bestandsaufnahme der Wirkung bisheriger Maßnahmen und Arrangements zur Gewährleistung der gefahrenmindernden Wirkung von Schutzwäldern und Optionen zur Verbesserung des Zustands von Schutzwäldern in Österreich. Diese Analyse berücksichtigt erwartete Folgen des Klimawandels und entwickelt Vorschläge unter der Annahme einer zunehmenden Erwärmung und der Konsequenzen für den Zustand der Wälder.

Praxisrelevanz

Verschiedene Akteurinnen und Akteure haben unterschiedliche Ansprüche in Bezug auf die Praxis. Anhand von verschiedenen Gruppen werden die entsprechenden Bezüge bzw. Nutzenkategorien identifiziert. Dabei stellt sich heraus, dass je nach Definiti­on der Zielgruppe unterschiedliche Ergebnisse von besonderem Nutzen sind:

Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter

  • Für diese Zielgruppe ist der Fokus des Projektes meist von niedriger Priorität. Die Ergebnisse werden für besonders Interessierte dieser Zielgruppe Einblicke in die größeren Zusammenhänge liefern.
  • Wenn im Zuge der Bearbeitung Vorschläge erarbeitet werden, um die Governance zu verbessern oder Strategien anzupas­sen und diese auch umgesetzt werden, so hat diese Zielgruppe mittelbar einen Nutzen.

Beteiligte im Naturgefahrenmanagement

  • Für diese Gruppe von Akteurinnen und Akteuren werden Ergebnisse erarbeitet und Statistiken bereitgestellt, die für die Planung von Maßnahmen eine wichtige Grundlage bilden können.
  • Dazu ist es sinnvoll, sie bereits zu Beginn des Projektes im Rahmen des Startup-Workshops einzubeziehen, um die für sie geeignete Art der Ergebnisaufbereitung abzustimmen.
  • Die Ergebnisse der empirischen Erhebung können als Anregung genutzt werden, die nicht immer einfachen Prozesse der Abstimmung zwischen den verschiedensten Akteurinnen und Akteuren zu erleichtern.

Personen im Bereich der Governance und Politikgestaltung

  • Für diese Personengruppe werden Ergebnisse erarbeitet, die bisher als Wissensdefizit identifiziert wurden.
  • Die Auswertungen der ökonomischen Analysen liefern Anhaltspunkte über Kosten und Nutzen einer optimierten Bewirt­schaftung der Objektschutzwälder in Österreich.
  • Die regionalökonomischen Auswertungen liefern Hinweise für unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in regionaler Hin­sicht und unterstützen dabei Prozesse zur Priorisierung von Vorhaben.
  • Die Ergebnisse des Projektes unterstützen die Anpassung bzw. Neuformulierung von laufenden Strategieprozessen im Zuge der bestehenden Foren zum Dialog über die Zukunft des Waldes in Österreich.
  • Die Ergebnisse liefern fachliche Grundlagen für Argumentarien über Prioritäten der Zukunft der Wälder in Österreich im Bereich der Abwägung der Schutzgüter Naturgefahrenabwehr, Biodiversität und anderer gesellschaftlicher Ansprüche.