WF-Projekt: NewIPS: Gefährdungsabschätzung für neuartige Schadauftreten von Borkenkäfern an Kiefern und Douglasie

Projektleitung

Martin Schebeck

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101686

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Borkenkäfer, Kiefernborkenkäfer, Ips acuminatus, Bläuepilze, Kiefer, Douglasie, Monitoring

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Novel risks of bark beetles on pines and Douglas fir

Projektziele

Aufgrund steigender Temperaturen und ungünstiger Niederschlagsverteilung ist von einer erhöhten Prädisposition von Nadelwäldern gegenüber Borkenkäferbefall auszugehen. Dieser Zusammenhang wurde bei vielen Borkenkäfern weltweit beobachtet und dieser Effekt wird durch zukünftige klimawandelbedingte Veränderungen noch an Bedeutung gewinnen. In Österreich wurde während der vergangenen Jahre vermehrt Stehendbefall an lebenden Kiefern durch den Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer, Ips acuminatus, beobachtet. Kenntnisse über die Biologie, Ökologie und das Schadpotential dieses Borkenkäfers sind jedoch äußerst limitiert. Dieses Wissen stellt jedoch die Basis für effektive Forstschutzmaßnahmen - vorbeugende wie bekämpfende - dar. Das vorliegende Projekt soll grundlegende Daten zur Biologie und Ökologie von I. acuminatus erarbeiten, welche in weiterer Folge zur Prognose von Befall sowie zur Bekämpfung bei Massenvermehrungen angewendet werden sollen. Dies wird zu einem effektiven Management einer Borkenkäfer-Art beitragen, die in Zukunft einen hohen Stellenwert in der österreichischen Forstwirtschaft einnehmen wird und bei der Zielsetzung, \"klimafitte Wälder\" zu begründen, berücksichtigt werden sollte.

Im Rahmen dieses Projektes sollen vier Hauptziele verfolgt werden:
1.
Prognose- und Phänologiemodelle sind die Basis für die Vorhersage von zeitlichem und räumlichen Auftreten, Entwicklung oder Generationenanzahl von Forstschädlingen. Somit kann zukünftiger Befall prognostiziert werden, wodurch Modelle ein zentrales Werkzeug im integrativen Forstschutz sind. Die Entwicklung von Insekten, und somit auch von Borkenkäfern, wird stark von der Umgebungstemperatur gesteuert. Kenntnisse zu Temperaturschwellenwerten (unterer und oberer Entwicklungsnullpunkt, Optimaltemperatur für die Entwicklung) sind die Basis, um die Phänologie und die Generationenanzahl unter natürlichen Bedingungen abschätzen zu können.
In Laborversuchen sollen der obere und untere Entwicklungsnullpunkt sowie die optimale Temperatur für die Entwicklung des gesamten Lebenszyklus (von der Besiedlung bis zum Schlupf der geschlechtsreifen Jungkäfer) berechnet werden. Dazu wird die Entwicklungsgeschwindigkeit bei verschiedenen Temperaturen in Weißkiefer-Stämmen beobachtet, um so Daten für die Gesamtentwicklung eines Lebenszyklus zu erhalten. Anhand der Entwicklungsdauer bei unterschiedlichen Temperaturbedingungen können in weiterer Folge die Temperaturschwellenwerte berechnet werden. Diese werden in Folge in ein Prognosemodell (vergleichbar mit PHENIPS für den Buchdrucker) implementiert, um so die Entwicklung und Phänologie von I. acuminatus vorhersagen zu können. Diese Ergebnisse werden maßgeblich zu einer Gefährdungsabschätzung durch I. acuminatus in österreichischen Nadelwäldern beitragen und einen Betrag zu effizienteren Forstschutzmaßnahmen leisten.

2.
Neben dem Befall an lebenden Kiefern wurde I. acuminatus auch an Douglasien beobachtet, in welchen sich dieser Borkenkäfer erfolgreich entwickeln konnte und auch Bäume zum Absterben brachte. Um das Gefahrenpotential von I. acuminatus an dieser für die zukünftige Forstwirtschaft vielversprechenden Baumart beurteilen zu können, sind grundlegende Erkenntnisse zur Befallsgefährdung von Douglasie durch I. acuminatus essentiell. In diesem Teil des Projektes sollen Daten zur Entwicklung, Fortpflanzungsleistung und Generationenanzahl von I. acuminatus an Douglasie erarbeitet werden und mit den Daten an den Haupt-Wirtsbaumarten (i.e. Kiefern) verglichen werden.
Basierend auf den Resultaten der Versuche aus Ziel 1 (Erarbeitung und Validierung von Temperaturschwellenwerten) sollen vergleichende Entwicklungsversuche mit verschiedenen Baumarten durchgeführt werden. Es wird jene Temperaturvariante ausgewählt, bei der sich I. acuminatus am schnellsten in Weißkiefer entwickelt. Danach wird die Entwicklungsgeschwindigkeit und die Anzahl an produzierten Nachkommen in Weißkiefer, Schwarzkiefer und Douglasie verglichen, um so die Eignung verschiedener Baumarten als Wirte beurteilen zu können. Diese Versuche werden mit Laborexperimenten an Stammstücken von Weißkiefer, Schwarzkiefer und Douglasie ergänzt, wo Käfer von I. acuminatus frei diese Baumarten zur Besiedlung wählen können, wodurch Schlüsse hinsichtlich Wirtsbaumpräferenz unter natürlichen Bedingungen gezogen werden können.
Diese Ergebnisse werden zu einem Gesamtbild beitragen, anhand dessen eine Gefährdungsabschätzung der Douglasie für Befall durch I. acuminatus erstellt werden kann.

3.
Um die Bedeutung von I. acuminatus als Forstschädling an Douglasien besser abschätzen zu können, soll ein systematisches, laufendes Monitoringsystem zu dessen Schadauftreten etabliert werden. Durch laufenden Austausch mit Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern sowie Bezirks- und Landesforstbehörden sollen Befallsherde von I. acuminatus erfasst und laufend beobachtet werden. Neben dem Befall von Douglasien durch I. acuminatus soll auch das Vorkommen anderer Borkenkäfer, wie z.B. Ips typographus, Pityogenes chalcographus oder Pityophtorus pityographus, untersucht werden. Dabei wird untersucht, ob eine erfolgreiche Besiedlung und eine erfolgreiche Entwicklung einer Generation möglich ist, um so die Relevanz von I. acuminatus (und anderen rindenbrütenden Borkenkäfern) als Schädling dieser Baumart beurteilen zu können.

4.
Des Weiteren ist I. acuminatus mit Bläuepilzen vergesellschaftet. Diese Pilze können vielfältige Aufgaben im Lebenszyklus von Borkenkäfern haben. Sie können dabei helfen, die Wirtsbaumabwehr herabzusetzen, sie können dem Käfer Nährstoffe zur Verfügung stellen oder in die Pheromonproduktion involviert sein. Darüber hinaus sind Bläuepilze für die Forstwirtschaft von großer Bedeutung, da sie zu erheblichen ökonomischen Verlusten an befallenem und gelagertem Holz führen können. Informationen zum Vorkommen und zur Bedeutung von Bläuepilzen an verschiedenen Baumarten (Kiefern, Douglasien) sind wichtig, da sie zu einem umfassenden Gesamtbild in der Abschätzung des Gefahrenpotentials von I. acuminatus beitragen.
Im Freiland sollen die Pilzgemeinschaften von I. acuminatus an Weißkiefer, Schwarzkiefer und Douglasie erfasst und verglichen werden. In Folge sollen gesunde Bäume mit diesen Bläuepilzen inokuliert werden, um die Wundreaktion und somit die Pathogenität dieser Pilze beurteilen zu können.
In einem weiteren Schritt sollen im Labor Verhaltensexperimente mit assoziierten Bläuepilzen durchgeführt werden, wo Käfer zwischen verschiedenen Arten wählen können (werden nicht-infizierte Bäume bevorzugt oder Bäume, die mit verschiedenen Pilzen bereits infiziert sind). Diese Ergebnisse werden dazu beitragen, die Relevanz von Bläuepilzen für I. acuminatus abschätzen zu können und so das Gesamtbild der forstwirtschaftlichen Bedeutung dieses Borkenkäfers vervollständigen.

Praxisrelevanz

Borkenkäfer sind die wichtigsten Forstschädlinge heimischer Waldbäume. Neben dem Buchdrucker an der Fichte nahm in den letzten Jahren die Bedeutung anderer Borkenkäfer an verschiedenen Nadelbäumen zu. Diese Borkenkäfer sind in der Regel Sekundärschädlinge, die physiologisch geschwächte Bäume, z.B. nach Windwurf, Schneebruch oder Trockenstress, erfolgreich besiedeln. Die Bedeutung dieser sekundären Borkenkäfer hat in den letzten Jahren zugenommen und wird in den nächsten Jahrzehnten noch an Relevanz gewinnen. Einer der wichtigsten Borkenkäfer an heimischen Kiefern (Weiß- und Schwarzkiefer) ist der Sechszähnige Kiefernborkenkäfer, I. acuminatus. Befall an stehenden Kiefern wurde zuletzt vermehrt beobachtet und die forstliche Bedeutung dieses Insekts wird aufgrund von klimatischen Gegebenheiten (Hitze, Trockenheit) in Zukunft steigen.

Weiters gerät die in Österreich forstlich wichtigste Baumart, die Fichte, aufgrund sich verändernder Umweltbedingungen (durch Klimawandel bedingte trockenere und heißere Sommer) mehr und mehr unter Druck. Herabgesetzte Abwehrkräfte der Fichte führten zu starkem Borkenkäferbefall, was sich in den Schadholzstatistiken der letzten Jahre niederschlägt. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung die Eignung alternativer Baumarten für die österreichische Forstwirtschaft zu beurteilen, wobei der Aspekt des Forstschutzes hier einen hohen Stellenwert einnimmt.

Deshalb sollen im Rahmen des vorliegenden Projektes umfangreiche Studien zur Biologie, Ökologie, Phänologie und Verbreitung von I. acuminatus durchgeführt werden. Die gewonnen Erkenntnisse tragen nicht nur zu einem bedeutenden wissenschaftlichen Mehrwert (und damit einer Steigerung der Bedeutung des Wissenschaftsstandortes Österreich) bei; sie werden ganz entscheidende Daten für ein effizientes und erfolgreiches Management dieses wichtigen Borkenkäfers zur Verfügung stellen.

1. Temperaturschwellenwerte für Ips acuminatus
Die Erarbeitung von thermischen Kennwerten (Entwicklungsnullpunkte, Optimaltemperatur für die Entwicklung) sind Basis für die Implementierung eines Prognose- und Überwachungssystems. Diese Modelle können in weiterer Folge, in Abhängigkeit von Standortsfaktoren (z.B. Lufttemperatur) die Entwicklung und Phänologie beschreiben. In Anlehnung an das Modell PHENIPS soll für I. acuminatus der Prototyp eines ähnlichen Werkzeugs erstellt werden, das in weiterer Folge den WaldbesitzerInnen vor Ort dazu dienen kann, zeitgerechte und effiziente Forstschutzmaßnahmen (z.B. zeitgerechter Abtransport von befallenen Bäumen) einzuleiten.

2. Eignung der Douglasie für Ips acuminatus
Die Douglasie wird als alternative Baumart zur Fichte unter sich ändernden klimatischen Bedingungen vorgeschlagen. Deshalb ist es entscheidend, eine frühzeitige Risikoabschätzung dieser Baumart aus Sicht des Forstschutzes abzugeben. Aufgrund von Freilandbeobachtungen ist bekannt, dass I. acuminatus die Douglasie erfolgreich besiedeln kann. Zu einer vollständigen Abschätzung ist es jedoch notwendig, detaillierte Untersuchungen zur Entwicklung und Reproduktionsleistung von I. acuminatus an dieser Baumart durchzuführen. Dies wird zu einem Gesamtverständnis der Eignung der Douglasie als alternative Baumart der Zukunft beitragen und somit einen wichtigen Beitrag zur österreichischen Forstwirtschaft leisten.

3. Monitoring von Ips acuminatus und anderen Borkenkäfern an der Douglasie
Gemeinsam mit Informationen zur Eignung der Douglasie als Wirtsbaum für I. acuminatus (siehe oben) soll ein systematisches Monitoring zum Borkenkäferbefall in Douglasienbeständen in Österreich etabliert werden. Wissen zur erfolgreichen Besiedlung und Entwicklung durch I. acuminatus, aber auch durch andere Borkenkäfer, wird zu einer Gesamtbeurteilung für diese Baumart beitragen.

4. Bläuepilze von I. acuminatus
Bläuepilze können I. acuminatus dabei helfen, Bäume erfolgreich zu besiedeln oder auch Ernährungszwecke erfüllen. Kenntnisse zum Vorkommen und Bedeutung von Bläuepilzen an verschiedenen Baumarten werden ein Gesamtbild liefern, anhand dessen eine Gefährungsabschätzung erfolgen kann. Neben diesen wichtigen Informationen für den Forstschutz haben Bläuepilze auch ökonomische Relevanz, da sie zu Einbußen an befallenem Holz führen können. Somit sind diese Kenntnisse für WaldbesitzerInnen und die forstliche Wertschöpfungskette wichtig.

Zusammenfassend, dieses Projekt wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Waldfunktionen in Österreich aufrechtzuerhalten sowie zum Schutz zukünftiger, klimafitter Wälder beitragen. Somit können die gewonnenen Erkenntnisse nicht nur einen wissenschaftlichen und forstlichen Mehrwert liefern, sie erfüllen auch einen gesamtgesellschaftlichen Beitrag.