WF-Projekt DECIDE: DECIDE - Entscheidungsfindung für klimaangepassten, präventiven Forstschutz

Projektleitung

Brady Mattsson

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101683

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Präventiver Forstschutz, Prädisposition, nachhaltige Waldbewirtschaftung, Klimawandel, Insekten, Krankheitserreger, Pilze, Schäle, Verbiss, Entscheidungstool, Stakeholder-Einbeziehung, räumlich explizite Modellierung, Fernerkundung, Waldstruktur

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

DECIDE – Decision support for climate adapted protective forest management

Abstract (englisch)

The aim of the DECIDE project is the development and testing of a decision-making tool for climate adapted protective forest management. With the help of the DECIDE-tool, decisions in silviculture with regard to sustainable, preventive forest management for the preservation and creation of climate-safe forests will be significantly supported. An essential pillar is the modeling and forecasting of damage susceptibilities of Austrian forests (with special consideration of climate-resilient tree species) along with a comprehensible visualization of adaptive capacities for sustainable and preventive forest management. The second pillar is the decision tool, which takes these predisposition assessments and options for action into account. The tool will be developed on the basis of the model regions of Styria and Lower Austria, thus providing the basis for an Austrian-wide application.
The project is organized into 7 work packages (WPs):
WP1 Project administration and coordination
WP2 Data preparation:
Prepare, transform, and merge existing geodata; calculate specific parameters for predisposition modeling, e.g. from LiDAR data
WP3 Model development:
Literature review on the most important potential damage factors and predisposition drivers for important forest tree species of the climate-smart forest (e.g. larch, fir, pine); create or adapt existing predisposition models for abiotic and biotic damaging factors (e.g. fire, Ips acuminatus, Armillaria s.l., or ruminant browsing) and linking of predisposition models according to the interaction of damaging factors
WP4 Model application:
Apply predisposition models for abiotic and biotic damaging factors to the currently prevailing forest-management context and to existing climate change scenarios
WP5 Decision tool development:
Lead stakeholder workshops to identify forest management variables that are needed for the decision tool and for applications in the forest protection sector, respectively; adapt and modify the decision tool to accommodate the identified variables
WP6 Interface definition and implementation along with synthesis:
Define the interfaces between the models generated in WP3 and WP4 along with their implementation in the DECIDE-tool; develop and test web application for the DECIDE-tool
WP7 Dissemination and communication:
Hold stakeholder workshops and trainings on the application and interpretation of the DECIDE-tool; publish articles in scientific and popular scientific outlets.

Projektziele

Österreichs Wälder unterliegen einer Vielzahl menschlicher Anforderungen und Interessen, infolgedessen sieht sich forstliches Management mit einer Fülle von Aufgaben konfrontiert, die die Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen, das Erreichen wirtschaftlicher Ziele sowie die Sicherstellung verschiedenster Ökosystemleistungen umfassen. Dementsprechend komplex ist das Entscheidungsfeld für Entscheidungsträger*innen und der Klimawandel potenziert diese Problemstellung zusätzlich. Essentielle Beiträge zur Verbesserung der Situation sind daher durch Instrumente zu leisten, die das Entscheidungsfeld für Entscheidungsträger*innen in transparenter und nachvollziehbarer Weise strukturieren bzw. diversen Interessensvertreter*innen den Vergleich mehrerer Szenarien auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen ermöglichen. Wesentlich ist dabei die Beachtung konkreter Ziele von Entscheidungsträger*innen sowie die Einbindung belastbarer, quantitativer räumlich-expliziter Modelle und qualitativer Einschätzungen.

Ziel dieses Projekts ist die Erstellung eines entscheidungsunterstützenden Tools und die Erarbeitung der dafür notwendigen Datengrundlagen. Mithilfe des Tools DECIDE sollen künftig Entscheidungen in der forstlichen Praxis in Hinblick auf die Erhaltung und Schaffung klimafitter Wälder wesentlich unterstützt werden. Dabei wird auf Waldbewirtschaftung im Sinne eines präventiven Forstschutzes und auf die Anfälligkeit von Wäldern gegenüber verschiedenen, potenziellen Schadfaktoren besonderes Augenmerk gelegt. Diese Anfälligkeit, die vor allem auch wesentliche Baumarten des klimafitten Waldes berücksichtigt, wird über zum Teil bereits existierende, zum Teil neu zu entwickelnde quantitative, räumlich-explizite Modelle dargestellt. Solche quantitativen Modelle sollten u.a. Anfälligkeiten von Waldbeständen gegenüber abiotischen und biotischen Faktoren (wie etwa Sturm, Feuer, Schäle, Verbiss oder Borkenkäferbefall) sowie bereits bestehende Datengrundlagen (z.B. Waldtypenkarten und Klimaszenarien in der Steiermark) umfassen. Bei der Modellierung der Prädisposition von Waldbeständen werden explizite Störungskaskaden bzw. Wechselwirkungen zwischen potenziellen Störfaktoren berücksichtigt. Der quantitative, räumlich-explizite Modelloutput der Anfälligkeitsmodelle fließt in das eigentliche qualitative Entscheidungstool DECIDE ein und wird somit integrativer Teil der Entscheidungsfindung durch Anwender*innen. Über diese Vorgehensweise werden zuverlässige Entscheidungsgrundlagen geliefert, wodurch das Problemfeld konkreter dargestellt und die Ressourcenzuweisung und das Spektrum möglicher Managementmaßnahmen optimiert werden können.

Adressaten der geplanten Modellierungen sind zunächst Entscheidungsträger*innen im Bereich Forstwirtschaft, wobei das System so konzeptioniert ist, dass es in der Folge auch für die Implementierung weiterer Entscheidungsträger*innen bzw. Stakeholder-Gruppen offen ist. Ebenso ist eine laufende Implementierung weiterer Prädispositionsmodelle je nach jeweils aktuellem Stand des Wissens möglich. Eine barrierefreie Anwendung des Tools durch Entscheidungsträger*innen soll durch die Realisierung des Tools als Webapplikation gewährleistet werden. Um den Transfer der Projektergebnisse zu potenziellen Nutzer*innen zu maximieren (3rd Mission), sind Stakeholder-Workshops und Schulungen zum Einsatz des Tools DECIDE sowie entsprechende wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationen geplant. Die Toolentwicklung wird anhand der Modellregionen Steiermark und Niederösterreich erfolgen, womit dann die Basis für eine österreichweite Anwendung vorliegt.

Das geplante Projekt gliedert sich in sieben ineinandergreifende Arbeitspakete (AP):

(AP1) Projektmanagement
- Administration und Projektlogistik
- Koordination der Projektaktivitäten

(AP2) Datenaufbereitung und Datenzusammenführung
- Aufbereitung, Transformation und Zusammenführung frei verfügbarer Geodaten und Ableitung relevanter Information für die Prädispositionsmodellierung
- Generierung zusätzlicher Geodaten wie z.B. Waldstrukturkenngrößen für die Prädispositionsmodellierung aus Laserscanningdaten (LiDAR-Daten)

(AP3) Modellentwicklung (Prädispositionsmodelle)
- Literaturrecherche zu den wesentlichsten potenziellen Schadfaktoren und zu Treibern der Prädisposition bei wichtigen Nadelbaumarten des klimafitten Waldes (z.B. Lärche, Tanne, Kiefer)
- Anpassung/Aktualisierung bestehender Prädispositionmodelle (z.B. Hallimasch oder Wurzelschwamm), insbesondere in Hinblick auf neue Erkenntnisse und Auswirkungen von Klimaänderungen
- Erstellung weiterer neuer Prädispositionsmodelle für abiotische und biotische Faktoren (z.B. Feuer, Ips acuminatus oder Wiederkäuer-Verbiss) und Verknüpfung der Prädispositionsmodelle gemäß der Interaktion der Faktoren

(AP4) Modellanwendung (Prädispositionsmodelle)
- Anwendung der Prädispositionsmodelle für abiotische und biotische Schadfaktoren auf die rezent vorherrschende Wald-Situation
- Anwendung der Prädispositionsmodelle für abiotische und biotische Schadfaktoren auf bereits vorliegende und verfügbare Klimawandelszenarien

(AP5) Weiterentwicklung des Entscheidungstools
- Abhaltung von Stakeholder-Workshops zur Implementierung forstlicher Entscheidungsfelder im Entscheidungstool bzw. für Anwendungen im Forstschutz-Bereich
- Adaptierung und Modifikation des Entscheidungstools für forstliche Entscheidungsfelder

(AP6) Schnittstellendefinition und -Implementierung sowie Synthese
- Definition und Implementierung der Schnittstellen zwischen den qualitativen (AP5) und quantitativen (AP3, AP4) Modellteilen, Synthese zu Tool DECIDE
- Programmierung der Webapplikation des Tools DECIDE

(AP7) Dissemination und Kommunikation - 3rd Mission
- Stakeholder-Workshops und Schulungen zur Anwendung/Interpretation des Tools
- wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationstätigkeit.

Praxisrelevanz

Forstwirtschaftliche Entscheidungsträger*innen stehen vor der Herausforderung, Entscheidungen unter komplexen Bedingungen des Klimawandels sowie unter Einbeziehung verschiedenster Interessen anderer Bereiche (Landwirtschaft, Umweltschutz, etc.) zu treffen. Mit dem Projekt soll ein wichtiges Instrument zur Verfügung gestellt, das die Bewältigung dieser Herausforderungen durch transparente und systematische Entscheidungsunterstützung ermöglicht. Das geplante Tool DECIDE soll Entscheidungsträger*innen Grundlagen des präventiven Forstschutzes auf jenen räumlichen Ebenen liefern, die für die jeweilige Entscheidungssituation relevant sind (z.B. Waldbestand, Revier, Hegering, Region, Bundesland). Dabei wird sowohl die gegenwärtig vorliegende Situation repräsentiert, als auch zu erwartende Herausforderungen, die sich im Zuge des Klimawandels ergeben können. Dies ist insofern bedeutend, als das Abwägen unterschiedlicher Handlungsoptionen in der Gegenwart möglichen Konsequenzen in der Zukunft gegenübergestellt werden kann. Die Waldtypisierung und die damit verbundenen Klimawandel-Szenarien aus FORSITE stellen hierfür exemplarisch in der Steiermark eine hervorragende Datengrundlage dar. Weitere Waldtypisierungen (die derzeit für mehrere Bundesländer diskutiert werden) lassen sich dank der offenen Konzeption des Systems laufend in das Entscheidungstool DECIDE implementieren. Für die Modellierung der Anfälligkeiten werden Baumarten des klimafitten Waldes (wie Tanne, Kiefer, Lärche) adressiert sowie entsprechende Grundlagen für ausgewählte, potenziell schädliche Insekten (z.B. Ips acuminatus, Tannenborkenkäfer), pathogene Pilze (Hallimasch, Wurzelschwamm) oder abiotische Schadfaktoren (Feuer) erarbeitet. Entsprechend aufbereitetes Wissen, das dem aktuellen Kenntnisstand in der Wissenschaft entspricht, ist für Praktiker*innen vielfach nicht direkt abrufbar und/oder es ist nicht so aufbereitet, dass es sich für eine Entscheidungsfindung in einem praktischen Kontext eignet. Gerade dieser Wissenstransfer stellt jedoch ein zentrales Hemmnis in der Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen im forstlichen Management dar. Im Rahmen dieses Projekts kann diese Lücke geschlossen beziehungsweise diesem Hemmnis entgegengewirkt werden. Das Tool DECIDE als praxisnahes Entscheidungswerkzeug soll Praktiker*innen die Möglichkeit bieten, diverse Entscheidungsoptionen gegeneinander abzuwägen, um die jeweils beste Option zu finden. Über die Anwendung des entscheidungsunterstützenden Tools DECIDE können Entscheidungsträger*innen einen systematischen Überblick über Interessen, potenzielle Schadfaktoren und deren Interaktionen bekommen. DECIDE liefert durch die transparente Entscheidungsunterstützung somit auch eine nachvollziehbare Argumentationsbasis und Begründung der getroffenen Entscheidungen. Neben den forstwirtschaftlichen Belangen können die Perspektiven und Ziele diverser weiterer Interessensgruppen (Landwirtschaft, Jagdwirtschaft, Tourismuswirtschaft, Umweltschutz etc.) im Rahmen dieser Entscheidungsunterstützung mitberücksichtigt werden. Die Einbindung dieser Interessen in die Entscheidungsfindung bietet somit auch Ansatzpunkte für eine Harmonisierung von Interessen verschiedener Landnutzer*innengruppen. Das Tool DECIDE lässt sich folglich auch im Rahmen von Mediationsprozessen einsetzen, um Interessenskonflikte zwischen besagten Gruppen aufzuarbeiten. In diesem Zusammenhang können vergleichende Analysen unterschiedlicher Ressourcenverteilungen, inklusive deren Auswirkungen auf das jeweilige Ziel (z.B. klimaangepasster, präventiver Forstschutz) dazu beitragen, Spannungen entgegenzuwirken. Aufgrund der hohen Folgelastigkeit von Entscheidungen im forstlichen Management für andere Bereiche ist demnach einer entsprechenden Entscheidungsunterstützung – wie in diesem Projekt mit dem Tool DECIDE vorgesehen – besondere Bedeutung auch für andere Sektoren beizumessen.