© Heinrich Grausgruber
RYE-SUS: ERA-NET SUSCROP: Entwicklung von standfestem und klimaangepasstem Roggen - ein Beitrag zur nachhaltigen Getreideproduktion in marginalen Umwelten
Projektleitung
Heinrich Grausgruber
Forschungseinrichtung
Universität für Bodenkultur Wien
Projektnummer
101407Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Allgemeine Projektinformationen
Schlagwörter (deutsch)
Getreidezüchtung, Roggen, Ertragsstabilität, Standfestigkeit, Kurzstrohgen
Titel (englisch)
Development of lodging-resistant and climate-smart rye – a contribution to a sustainable cereal production in marginal environments
Abstract (englisch)
Projektziele
RYE-SUS wird die Wettbewerbsfähigkeit von Roggen in der europäischen und kanadischen Landwirtschaft verbessern durch:
(i) die Nutzung der Hybridzüchtung: Roggen ist fremdbefruchtend (offen abblühend). Die Selbstinkompatibilität gewährleistet eine hohe Durchkreuzung innerhalb einer Population. Das Auffinden einer Selbstfertilität, cytoplasmatisch vererbter männlicher Sterilität (CMS) sowie entsprechender Restaurationsgene ermöglichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Entwicklung von Hybridroggen und die Ausnutzung der Heterosis im Hinblick auf eine Vielzahl von Merkmalen. Heute zeichnen sich Hyridroggen u.a. durch deutlich höhere Erträge als Populationssorten aus. Im Rahmen von RYE-SUS werden neuartige, vollständige Roggen-Experimentalhybride hergestellt;
(ii) die Steigerung der zielspezifischen Selektionseffizienz und Beschleunigung der Züchtungsprozesse durch genombasierte Präzisionszucht: Ein kürzlich entwickelter 20k SNP-Array für Weizen, Roggen und Triticale wird zur Erstellung genomweiter Fingerabdrücke verwendet. Auf Grundlage der SNP-Daten wird die Populationsstruktur sowie die genetische Beziehung im Untersuchungsmaterial beschrieben;
(iii) die Verbesserung der Standfestigkeit, Frost- und Dürretoleranz sowie der Nährstoffeffizienz: durch die Einkreuzung des Kurzstrohgenes Ddw1 wird nicht nur die Wuchshöhe verringert und die Standfestigkeit verbessert, sondern auch die Assimilatumlagerung ins Korn erhöht. Dadurch wird auch die Dürretoleranz und die Nährstoffeffizienz erhöht. Die mehrortige und mehrjährige Prüfung wird außerdem eine zuverlässige phänotypische Erfassung der Frosttoleranz ermöglichen (v.a. durch die Standorte in Kanada und Estland) die für die Entwicklung entsprechender molekularer Marker notwendig ist;
(iv) die Reduktion toxischer Mutterkornalkaloide im Erntegut: eine ausreichend hohe Pollenproduktion in den RYE-SUS Experimentalhybriden wird durch die markergestützte Introgression der Restorergene Rfp1, Rfp2 und Rfp4 gewährleistet. Dadurch soll eine vollständige Restauration der Pollenfertilität erzielt werden und somit die Anfälligkeit gegen Mutterkorn minimiert werden. Dadurch wird sich auch die Kontamination des Erntegutes mit den entsprechenden Mykotoxinen (Ergotalkaloide) deutlich reduzieren;
(v) die Nutzung natürlicher Genetik und die Entwicklung neuer molekularer Technologien: die genomweite Genotypisierung und die intensive Phänotypisierung an mehreren europäischen sowie kanadischen Standorten ermöglichen das Auffinden von Genregionen die für wichtige Merkmale des Roggens verantwortlich sind. Dadurch wird eine verstärkte Anwendung der markergestützten Selektion bei Roggen ermöglicht;
und (vi) die Entwicklung eines Wachstumsmodells für Roggen welches eine nachhaltige und optimierte Kulturführung von Roggen ermöglichen wird: erstmals wird für Roggen ein Wachstumsmodell entwickelt welches auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Roggenproduktion erfassen wird. Dafür wird ein bereits etabliertes Wachstumsmodell für Weizen durch umfangreiche Datensätze mit standortspezifischen Boden- und Tageswetterdaten, Aussaatterminen, Düngeintensitäten, Erntemanagementdaten, morphologische Daten sowie Daten zu Ertrag und Ertragskomponenten aus Langzeitversuchen an diversen Standorten in Deutschland und Europa angepasst. Die morphologischen, physiologischen und phänologischen Auswirkungen der genetischen Halmverkürzung in Halbzwergen werden mit Hilfe der geno- und phänotypischen Daten bei der Modellierung berücksichtigt. Das Modell wird eine Optimierung von Produktivität und Nachhaltigkeit des Roggenanbaus unter sich ändernden Klimabedingungen ermöglichen.
Die Forschung in RYE-SUS nutzt die Hybridzüchtung für die Entwicklung von neuartigen Genotypen, die gewonnenen Erkenntnisse bzw. die Halbzwerg-Genetik dienen jedoch auch für die genetische Verbesserung von offen abblühenden Populationsroggen.
Praxisrelevanz
Die Ergebnisse aus RYE-SUS ergeben Vorteile aus mikro- und makroökonomischer Sicht: die beteiligten Zuchtunternehmen erhalten wichtiges Wissen zu den ausgeprägten Effekten neuartiger Halbzwerg-Genotypen und Genominformationen können unmittelbar für die markergestützte Selektion von Zielmerkmalen genutzt werden können. Dadurch ergibt sich ein strategischer Wettbewerbsvorteils für die beteiligten Zuchtunternehmen. Aus makro-ökonomischer Sicht können Roggensorten mit stabil hoher Ertragsleistung und entsprechender Verarbeitungsqualität einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft leisten. Dies gilt insbesondere für Regionen mit widrigem Klima und Boden, in denen praktisch keine Alternative zum Roggenanbau existiert. Die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit neuartiger Roggensorten im Vergleich zu anderen Getreidearten führt zudem zu einer erhöhten Agrobiodiversität am Acker und Teller.
Berichte
Kurzfassung
Berichtsdateien
Abstract (deutsch)
Das Ziel von RYE-SUS war die Entwicklung, Erprobung und Modellierung von Gibberellin-sensitivem Halbzwergroggen mit verbesserter Standfestigkeit, hohem Ertragspotential und verbesserter Trockenheitstoleranz. Es wurden in Summe 48 Halbzwerg-Prototypen und ihre langstrohigen Schwesterhybride entwickelt die in mehrortigen Feldversuchen geprüft wurden, in Österreich unter biologischen Bedingungen im Marchfeld sowie unter konventionellen Bedingungen im Waldviertel. Die Halbzwerghybriden waren in fast allen Fällen ertragsschwächer als ihre langstrohigen Pendants. Im Waldviertel zeigten die Halbzwerg allerdings eine deutlich bessere Standfestigkeit. Die niedrigeren Erträge der Halbzwerge war vor allem auf ein niedrigeres Korngewicht zurückzuführen, während die Bestockung etwas höher war als bei den langstrohigen Vergleichshybriden. Auf Qualitätsmerkmale wirkte sich das Kurzstrohgen nicht negativ aus. Auch der Befall mit Mutterkorn war in den Testhybriden nicht erhöht im Vergleich zu offen abblühende Populationssorten. Mittels Rückkreuzungen wurde das Kurzstrohgen in österreichische Genetik eingekreuzt. Die Kreuzungsnachkommen werden zum Aufbau eines neuen Genpools von den beteiligten Projektpartnern über das Projekt hinaus züchterisch weiterbearbeitet. Weiters wurde ein Referenzversuch mit 24 Sorten, zugelassen zwischen 1876 und 2018, etabliert und über zwei Jahre geprüft. An Hand dieses Sortiments konnte ein deutlicher Zuchtfortschritt, vor allem in den letzten 40 Jahren gezeigt werden, wobei die Hybridsorten den offen abblühenden Populationssorten überlegen sind, auch unter Bedingungen des biologischen Landbaus. Basierend auf historischen Beobachtungen in Deutschland während des Zeitraums 1983 bis 2019 wurde eine Ökobilanz für die Produktion von Weizen und Roggen berechnet. Dabei zeigte sich, dass die Treibhausgas-Emissionen und der CO2-Fußabdruck pro Einheit Ernteprodukt von Roggen kleiner sind als die von Weizen. Hybridsorten zeigten zwar höhere Treibhausgas-Emissionen pro Flächeneinheit, aber einen niedrigeren CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Populationssorten. Basierend auf den umfangreichen Datensatz wurde auch ein bestehendes Wachstumsmodell für Weizen an Roggen angepasst. Das kürzlich veröffentlichte Roggen-Referenzgenom ermöglichte zudem die Identifikation einer Reihe von zuvor unbekannten Genen, die wesentlich zur Winterhärte beitragen.
Abstract (englisch)
The aim of the RYE-SUS project was the development, testing and modeling of gibberellin-sensitive semi-dwarf rye with improved lodging tolerance, high yield potential and improved drought tolerance. A total of 48 semi-dwarf experimental hybrids and their tall sister hybrids were developed and tested in multi-environment field trials, in Austria under organic conditions in the Marchfeld and under conventional management in the Waldviertel. In almost all cases, the semi-dwarf hybrids yielded less than their tall counterparts. In the Waldviertel, however, the semi-dwarfs showed no lodging at all compared to the medium to severe lodging of many tall genotypes. The lower grain yields of the semi-dwarfs were mainly due to a lower kernel weight, while tillering was even higher than that of the tall types. The dwarfing gene did not have a negative effect on quality characteristics. Ergot infestation was also not increased in the test hybrids compared to open-pollinating varieties. The dwarfing gene was introgressed into Austrian genetics by means of backcrossing. The crossbred offspring will be further selected by the involved project partners beyond the project duration in order to build up a new adapted gene pool. Furthermore, a reference trial with 24 varieties, released between 1876 and 2018, was established and tested over two years. With this nursery, a clear breeding progress could be shown, especially in the last 40 years, whereby the hybrid varieties are superior to the open-pollinating varieties, even under organic farming. Based on historical observations in Germany from 1983 to 2019, a life cycle assessment for the production of wheat and rye was calculated. It was shown that the greenhouse gas emissions and the carbon footprint per unit of harvested product from rye are smaller than those from wheat. Hybrid varieties showed higher greenhouse gas emissions per unit area, but a lower carbon footprint compared to open-pollinating varieties. Based on the created data, an existing crop model for wheat was adapted to rye. The recently published rye reference genome also enabled the identification of a number of previously unknown genes that contribute significantly to winter hardiness.
Autor/innen
Grausgruber, H.
Publikationen
Alle Publikationen wurden vom Projektverantwortlichen eingetragen und liegen in dessen Verantwortung.