RAGWEED: Ausbreitungsbiologie und Management einer extrem allergenen, eingeschleppten Pflanze – Wege und Ursachen der Ausbreitung von Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) sowie Möglichkeiten seiner Bekämpfung
Projektleitung
Gerhard Karrer
Forschungseinrichtung
Universität für Bodenkultur Wien - Department für Integrative Biologie
Projektnummer
100198Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung
Allgemeine Projektinformationen
Abstract (deutsch)
- einerseits die biologischen Grundlagen für die aktuelle rasche Ausbreitung von Ragweed in Österreich insbes. entlang des Straßen- und Gewässernetzes zu analysieren
- sowie Quellen und Wege der Ausbreitung auf landwirtschaftlichen und sonstigen außerlandwirtschaftlichen Flächen ausfindig zu machen,
- und andererseits – darauf aufbauend – Vorschläge für eine effektive Eindämmung durch konkrete und - soweit wie möglich wissenschaftlich getestete - Bekämpfungsmaß-nahmen zu machen.
Die Ergebnisse sollen einen Beitrag zur zielgerichteten und rechtzeitigen Bekämpfung dieser aus volksgesundheitlicher und volkwirtschaftlicher Sicht ausgesprochen gefährlichen Pflanze leisten.
Schlagwörter (deutsch)
Ackerunkraut, Straßen-Begleitflora, Invasive Art, Bekämpfungsmaßnahmen, Allergene Pflanze, Ausbreitungsprozess
Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)
Titel (englisch)
Spreading, population biology and management of the allergic alien ragweed – causes for the actual spreading and control options
Abstract (englisch)
- First, to analyse the causes for the actual spread of ragweed in Austria, i.e. the areal expansion along the roads, highways and waterways.
- Second, to find out the vectors between source and sink of Ambrosia on agricultural and other non agricultural systems.
- Third, to test control experiments on the base of the above analyses and to recommend specific measures for controlling this weed.
The results of the experiments may contribute to the effective control of this weed, which is stated dangerous from the viewpoint of national health and national economics.
Projektziele
Die Basis jeder Bekämpfung ist das Wissen um das Objekt und über die zugrunde liegenden Prozesse.
• Durch die Aufklärung des bisherigen Ausbreitungsprozesses von Ragweed kann besser abgesichert auf die mögliche weitere Entwicklung geschlossen werden. Molekulargenetisches Fingerprinting ist die modernste und am ehesten Erfolg versprechende Methode für die Auflösung der Frage der Ausbreitungswege und Ausbreitungsdynamik.
• Durch das verbesserte Wissen um das biologische Verhalten der sich ausbreitenden Populationen können die Versuche zur Eindämmung von bestehenden Populationen sowie zur Verhinderung ihrer weiteren Expansion wesentlich zielgerichteter eingerichtet werden.
• Sollte sich herausstellen, dass die Allergene von verschiedenen Populationen von A. artemisiifolia unterschiedlich sind, können allfällige Bekämpfungsmaßnahmen gezielter eingesetzt werden.
• Die Bekämpfungsversuche werden in Zusammenarbeit mit den für die Bewirtschaftung der kontaminierten Flächen verantwortlichen Organisationen durchgeführt, was die Entwicklung eines praxisnahen und sehr zielgerichteten Bekämpfungskonzeptes ermöglicht.
• Weiters können durch Konkurrenzversuche (im Versuchgarten wie auch an Neubauabschnitten von Strassen) mit Einsaat unterschiedlicher Anteile von Ambrosia die Möglichkeiten der gezielten Eindämmung bzw. Verhinderung der Etablierung mittels unterschiedlicher handelsüblicher Saatgutmischungen (Böschungsmischungen) in Kombination mit unterschiedlichen Schnittrhythmen getestet werden.
• Etablierung einer Kommunikationsplattform, welche laufend den wechselweisen Informationsaustausch zwischen Praktikern und Wissenschaft über neue Erkenntnisse und die Praxis des Managements von Ambrosia artemisiifolia herstellt (Verhinderung der Ausbreitung des Traubenkrautes). In einem zweiten Schritt auch Verbreitung der wissenschaftlichen Ergebnisse an die Fachwelt, die Praktiker und die interessierte Öffentlichkeit.
Folgende konkrete Fragen sollen beantwortet werden:
- Wie erfolgte die Einschleppung und Ausbreitung von Ambrosia artemisiifolia in Österreich (insbes. Niederösterreich)?
- Wo liegen die wichtigsten Ausbreitungsherde?
- Welche Vektoren sind bei traditioneller Bewirtschaftung verantwortlich für die weitere Ausbreitung von Ragweed entlang des Straßen- und Gewässernetzes?
- Welche Vektoren sind bei traditioneller Bewirtschaftung an der Ausbreitung von Ragweed auf Äckern, Ruderalstellen und anderen betroffenen Biotoptypen beteiligt?
- Welche Rolle spielt mit Ambrosia verunreinigtes Saatgut für Begrünungen und tierische Futtermittel (Vogelfutter) bei der Dotation der Populationen?
- Welchen populationsbiologischen Status haben die aktuellen Populationen? (Populationsgenetik, Bodensamenbank)
- Gibt es besondere Merkmale in der Begleitvegetation oder in den Bewirtschaftungsmaßnahmen befallener Flächen, die sich mit den populationsbiologischen Merkmalen des Ragweed korrelieren lassen?
- Welche Lebenszyklus-Merkmale erweisen sich als gut geeignet für Manipulationen: Konkurrenzvegetation; Schnitt-Zeitpunkte, -höhe und –häufigkeit; Bodenbearbei-tungsmaßnahmen; Herbizid-Einsatz.
- Auf welchen Straßenabschnitten Österreichs (insbes. Niederösterreichs) müssen welche Bekämpfungsmaßnahmen erfolgen bzw. verbessert werden?
- Überprüfung des direkten Effekts und der Nachhaltigkeit von Herbizideinsatz gegen Ambrosia artemisiifolia?
- Welche Bekämpfungsmaßnahmen sind ökologisch und humanmedizinisch vertretbar?
- Welche Bekämpfungsmaßnahmen sind auf welcher organisatorischen Ebene am sinnvollsten durchführbar? Wie müssen die Maßnahmen der Information und Kommunikation aussehen, um optimalen Erfolg zu erzielen?
- Sind die Allergene von Ambrosia artemisiifolia in unterschiedlichen Populationen Österreichs verschieden?
Die Antworten auf diese Fragen sollen die Eindämmung von Ragweed in Österreich ermöglichen. Durch die Ableitung praxisnaher und zielgerichteter Handlungsempfehlungen für stark betroffene Regionen in Österreich sollen auch für die Landwirtschaft Maßnahmen gegen die weitere Etablierung und Ausbreitung von Ragweed erstellt werden.
Für die Beantwortung der Fragen werden unterschiedliche Disziplinen vereint. Interdisziplinäre Lösungsansätze sind bei solchen Fragestellungen erfahrungsgemäß eher zielführend. Die Zusammenführung von Molekulargenetik, Populationsbiologie, Vegetationskunde, Landwirtschaft, Grünraum- und Straßenpflege, Bodenkunde und Phytomedizin zwecks Management einer invasiven Pflanze ist im Rahmen der angewandten Forschung in ganz Mitteleuropa neu.
Der besondere Nutzen des Projekts wird darin liegen, dass man nicht durch schlechte Kenntnis des das Problem verursachenden Objektes viel Geld in Maßnahmen investiert, die womöglich gar nicht greifen. In Ungarn wird bereits seit längerem an Ambrosia geforscht, trotzdem werden dort die Forschungen sogar noch intensiviert, weil man noch immer viel zu wenig genau über das Objekt und seine Populationsdynamik Bescheid weiß. Die bisher erzielten Ergebnisse der ungarischen Forschung sind auch nicht einfach auf die doch stärker ozeanischen Gebiete Österreichs zu übertragen. Bei Unkräutern und invasiven Arten muss man durch die kurzen Lebenszyklen und den hohen Selektionsdruck mit ständigen Änderungen der pflanzlichen Strategien rechnen und daher auch beim Monitoring am Ball bleiben. Beispielsweise hat sich das für die Anthrazin-Resistenz von Ragweed veranwortliche Gen in Ungarn offensichtlich innerhalb weniger Jahre über ganz Ungarn ausgebreitet, wobei derzeit noch vollkommen unklar ist wie das passieren konnte – ist doch diesen Gen in der Chloroplasten-DNA lokalisiert und damit nur über Samen in andere Populationen einbringbar (Tallos, mdl. Mitt.).
Das Projekt bedeutet somit eine wichtige Investition in die Zukunft, ist doch eindeutig eine zunehmende Sensibilisierung der ostösterreichischen Bevölkerung gegenüber dem allergenen Pollen von Ambrosia artemisiifolia nachgewiesen (Jäger 2006). Es würde einen zukunftsweisenden Schritt zur Vorsorge für die ostösterreichische Bevölkerung bedeuten, wenn man durch die Förderung dieses Projekts das Ragweed schlussendlich so weit wie möglich zurückdrängen könnte und damit die weitere Zunahme der gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Belastung durch die Folgekosten der Ragweed-Allergie verhindert.
Praxisrelevanz
Die große Bedeutung dieses Projekts liegt darin, dass es der Prophylaxe dient, d. h. daraus seriöse Handlungsstrategien ableitbar sein werden, die die weitere Ausbreitung von Ragweed verhindern können. Die dafür aufzubringenden Kosten machen nicht einmal Promille jener Gelder aus, die für die Behandlung von Atemwegserkrankungen aufgewendet werden müssten, wenn man Ragweed nicht ernsthaft bekämpft. Anlässlich eines vom Land Niederösterreich veranstalteten Ragweed-Workshops zu hat Paldy (2006) sehr deutlich gemacht, wie prekär die Situation der Ragweed-Allergie in Ungarn bereits ist. Dort müssen für die Behandlung von durch Ragweed ausgelösten Atemwegserkrankungen weit über 1 Milliarde € pro Jahr aufgewendet werden. Dies gilt es, für Österreich zu verhindern, wobei wissenschaftlich gestützte Bekämpfungsmaßnahmen in Niederösterreich derzeit am vordinglichsten erscheinen. Einzelne Versuche (mit Konkurrenzsaat und angepasster Mährhythmik wären aber auch in Kärnten und Wien sehr angebracht. Die Betroffenheit landwirtschaftlicher Flächen ist vor allem in der Steiermark gegeben, weshalb primär dort einschlägige Untersuchungen zur Verschleppung mit landwirtschaftlichen Geräten und Bekämpfungsversuche mit Herbiziden geplant sind. Landwirtschaftliche Flächen in Burgenland, Niederösterreich und Wien sind aber fallweise ebenfalls von Ragweed betroffen, weshalb man für diese Länder sehr gut Handlungsstrategien aus den Versuchsergebnissen in der Steiermark ableiten wird können.
Die Analyse der Allergene von Populationen aus unterschiedlichen Gebieten Österreichs kann eventuell zur Ausweisung von Gebieten mit geringerer oder größerer Dringlichkeit der Ragwed-Bekämpfung führen und so auch die Bekämpfungskosten einsparen helfen.
Die im Projekt vorgeschlagenen Maßnahmen werden gemeinsam mit der Praxis getestet, sodass ihre Umsetzbarkeit gleich geprüft werden kann.
Durch die Interdisziplinarität ist gewährleistet, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch allgemein umweltverträglich bleiben.
Berichte
Kurzfassung
Berichtsdateien
Autor/innen
Gerhard Karrer; Ivana Milakovic; Matthias Kropf; Cordula Blöch; Andrea Dlugosch; Melinda Leitsch-Vitalos; Gerald Hackl; Swen Follak; Sabine Fertsak; Martin Schwab; Andreas Baumgarten; Markus Gansberger; Rudolf Moosbeckhofer; Elisabeth Reiter; Elisabeth Publig; Franz Essl; Dietmar Moser; Ingrid Kleinbauer; Stefan Dullinger; Michael Hauser, Fatima Ferreira; Michael Wallner; Michael Mayer; Peter Klug; Barbara Jeitler; Maria Kerngast