Projekt-80: Analyse der genetischen Variabilität der Lipizzaner-Rasse mittels molekular- und zytogenetischer Methoden (EU Projekt im INCO-Copernicus-Programm)

Projektleitung

Gottfried Brem

Forschungseinrichtung

Ludwig Boltzmann Institut für immuno-, zyto- und molekulargenetische Forschung

Projektnummer

1083

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Analysis of the genetic diversity of the Lipizzan horse breed by molecular- and zytogenetic methods

Projektziele

Umfassende Analyse und Dokumentation der in der Lipizzaner-Rasse (noch) vorhandenen genetischen Variabilität mit Hilfe zyto- und molekulargenetischer Methoden als Grundlage für zukünftige Zucht- und Anpaarungsentscheidungen.
Erhebung und Ausarbeitung aller verfügbaren wissenschaftlichen Literatur über Lipizzaner.

Praxisrelevanz

Die Lipizzaner sind durch enge Blutlinienführung, begrenzte Zuchtziele und hohen Inzuchtkoeffizient gekennzeichnet (Probleme kleiner Population und Inzuchtzunahme mit sinkender Fruchtbarkeit und Widerstandsfähigkeit). Als Grundlage für Anpaarungsprogramme und Selektionsentscheidungen sollte durch das Projekt für diese älteste Kulturpferderasse Europas ein Beitrag zur Senkung des Inzuchtgrades geleistet und neben der Optimierung von speziellen Leistungsmerkmalen auch Fitness, Fruchtbarkeit, Resistenz etc. züchterisch verbessert werden.

Berichte

Abschlussbericht , 01.09.2000

Kurzfassung

Aus den molekulargenetischen Analysen (DNA-Mikrosatelliten und mt-DNA) von 566 Lipizzanern und 50 Kladrubern wurde deutlich, dass die Lipizzaner eine relativ homogene Population darstellen, die sich aber deutlich von den ihnen nahe stehenden Kladrubern unterscheidet. Eine stärkere genetische Differenzierung zwischen Lipizzanerpopulationen wäre überraschend gewesen, weil alle untersuchten Gestüte Bezie-hungen zur 'Urpopulation' in Lipica aufweisen. Zu dem ist es in der Zuchtgeschichte des Lipizzaners immer wieder zur Zusammenführung einzelner Populationen (Gestüte) bzw. zum Austausch von Zuchttieren zwischen Gestüten gekommen. Dieser 'Genfluss' trägt dazu bei, dass genetische Unterschiede zwischen Populationen fortdauernd nivelliert werden. Trotz der relativen genetischen Homogenität der Lipizza-nerrasse lassen lässt sich zwischen manchen Gestüten auch eine stärkere Differenzierung nachweisen. Genetisch relativ ähnlich sind sich die Gestüte Lipica, Monterotondo und Piber bzw. die rumänischen Gestüte Beclean und Fagaras. Die rumänischen Lipizzaner setzen sich jedoch deutlich von den restlichen Gestüten ab. Dies könnte vor allem daran liegen, dass in Rumänien häufiger auf Stutenlinien zurückge-griffen wurde, welche in den anderen Gestüten nicht zur Zucht eingesetzt wurden. Inwieweit die Stellung der rumänischen Gestüte im Hinblick auf die Gesamtdiversität des Lipizzaners besonders zu bewerten ist, sollte diskutiert werden. Hinsichtlich der genetischen Diversität gibt es keine auffallenden Unterschiede zwischen den untersuchten Lipizzanergestüten. Lipizzaner weisen trotz der vergleichsweise geringen Populationsgröße keine geringere Alleldiversität oder Heterozygotie als andere Pferderassen auf. Die molekulargenetischen Daten lassen nicht erkennen, dass Verwandtschaftspaarung (Inzucht) im großen Ausmaß stattfindet. Zytoge-netische Untersuchungen ergaben ebenfalls keinen Hinweis auf auffällige Aberrationen, so dass sich die untersuchte Lipizzanerpopulation als 'normale' Pferderasse darstellt. Auffallend war, dass die genetischen Untersuchungen von DNA-Mikrosatelliten und mt-DNA mehrfach Widersprüche zwischen tatsächlicher und der im Stammbaum dokumentierten Abstammung aufdeckten. Es fiel insbesondere der vergleichsweise hohe Anteil (7%) an falschen Mutterschaften auf. Es zeigte sich, dass dieses Problem vor allem im italienischen Gestüt Monterotondo auftritt, wo jede dritte untersuchte Abstammung falsch war. Schwierigkeiten bei der Zuordnung von Fohlen und Mutter werden wahrscheinlich durch das in Monterotondo prak-tizierte Haltungssystem (Weidehaltung in Kleinherden) begünstigt. mt-DNA-Analysen konnten zudem belegen, dass in 28,5% der untersuchten mütterlichen Linien mindestens einmal eine falsche Abstammung ins Zuchtbuch eingetragen wurde. Damit in Zukunft die Genauigkeit der Zuchtbucheintragungen verbessert werden kann, sollten in allen Gestüten Anstrengungen unternommen werden, die Fehlabstammungsrate so weit wie möglich zu senken. Abstammungsüberprüfungen auf Basis der DNA-Mikrosatelliten-Analyse wären hierzu absolut geeignet. Prinzipiell können die erhaltenen Daten auch für Anpaarungsempfehlungen, wie sie zum Beispiel in Piber durchgeführt werden, genutzt werden. Günstig wäre es sicherlich, wenn die Analysen von einem Zentrallabor durchgeführt werden würden, das die notwendige Expertise (z.B. Teilnahme an internationalen Vergleichstests) aufweisen kann. Besonderes Augenmerk sollte bei der Einführung eines DNA-Abstammungstests auch der ständigen Evaluierung des Testsystems gewidmet werden, wobei hier wichtige Detailkenntnisse gewonnen werden könnten, die auch für Abstammungstests bei anderen Rassen von internationalem Interesse sind.

Berichtsdateien

1083_Artikel.pdf

1083_Lipizzaner_Variabilitaet.pdf

Autor/innen

Gottfried Brem, Burkhard Mayr, Hans Sölkner, Peter Dovc