Projekt-77: Untersuchung über die Umsetzungswege von Erkenntnissen der angewandten Ethologie in die österreichische landwirtschaftliche Nutztierhaltung

Projektleitung

Josef Troxler

Forschungseinrichtung

Veterinärmedizinische Universität Wien - Department für öffentliches Gesundheitswesen in der Veterinärmedizin Institut für Tierhaltung und Tierschutz

Projektnummer

1064

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Projektziele

Ausgehend von Expertenbefragungen und einer Fragebogenerhebung sollen die organisatorischen und rechtlichen Erfordernisse mit dem Ziel der Absicherung der artgerechten Nutztierhaltung untersucht werden.
Die Umsetzungsdynamik für anerkannt tiergerechte Haltungssysteme (z.B. Gruppenhaltung von tragenden Zuchtsauen, Laufstallhaltung von Milchvieh) soll in bundesländerweisen Vergleichen des Tierhaltungs- und Stallbauberatungswesens analysiert werden.
Modelle zur Erhöhung der Effektivität und Koordinierung der Stallbauberatung, der Schulungs- und Fortbildungsprogramme zur Verbesserung des ethologischen Wissens sollen entwickelt werden.
Grundlagen und Vorschläge für die zukünftige Tierschutzgesetzgebung und den Vollzug der Tierschutzgesetze sollen entwickelt werden.

Berichte

Abschlussbericht , 01.10.2000

Kurzfassung

Tierhaltende Betriebe stehen unter großem ökonomischen Druck und sind zunehmend mit Forderungen der Öffentlichkeit nach mehr Tier-schutz konfrontiert. Für den notwendigen Anpassungsprozess sind die Tierhalter auf Erkenntnisse der Nutztierethologie angewiesen. Gegenstand der Untersuchung ist daher das 'ethologische Wissenssystem' in Österreich. 317 Landwirte und 322 Tierärzte, Lehrer wurden an landwirtschaftlichen Schulen, Offizialberater, Mitarbeiter von Stallbaufirmen, Erzeugerverbänden und Tierschutzorganisationen mittels Fragebögen befragt. Zudem wurden 39 Experteninterviews durchgeführt. Bei der Auswahl eines Haltungssystems haben Verhaltensansprüche der Tiere für Landwirte eine untergeordnete Bedeutung, primär wird nach ökonomischen, arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Kriterien entschieden. Rund 40% der Landwirte kennen die Tierschutznormen weniger gut bis gar nicht. Neben anderen Landwirten sind Tierärzte und Offizialberater die wichtigsten Informationsquellen über Verhalten und Haltung. Die Offizialberatung ist der wichtigste Vermittler von Tierschutznormen. Die Ausbildung und das aktuelle Informationsangebot über Verhalten, Haltung und Tierschutz wird mehrheitlich als nicht ausreichend bezeichnet. Strukturelle Schwachstellen im Wissenssystem behindern den Informationsfluss, die länderübergreifende Vernetzung ist gering, moderne Informationstechnologien wie das Internet werden kaum genutzt. Tierärzteschaft und landwirtschaftliches Beratungs- und Bildungswesen benutzen weitgehend getrennte Informationswege. Stallbaufirmen und besonders Tierschutzorganisationen sind wenig in das 'ethologische Wissenssystem' eingebunden. Von allen Gruppen wird der ungenügende Wissensaustausch mit Forschungseinrichtungen beklagt. Der Informationsfluss wird von mehr als 75% der Befragen als ineffizient beurteilt. Fast 80% sind der Ansicht, dass ein 'Informationszentrum für Tierhaltung' eine Verbesserung des Informationsflusses mit sich brächte. Etwa 90% der befragten Tierärzte und Lehrer, 2/3 der Offizialberater und Mitarbeiter der Stallbaufirmen sowie eine große Mehrheit der übrigen Experten sind der Ansicht, dass derzeit Haltungssysteme angeboten werden, die nicht tiergerecht sind. Mehr als 80% erachten es als notwendig, Haltungssysteme vor dem Inverkehrbringen auf Tiergerechtheit zu prüfen, auch Mitarbeiter von Stallbaufirmen befürworteten dies mehrheitlich. Ein Fortschritt im Tierschutz, Vereinheitlichung des Tierschutzstandards und mehr Sicherheit für Landwirte wird dadurch erwartet. In Österreich gibt es zur Zeit weder die Möglichkeit einer freiwilligen Prüfung von Haltungssystemen auf Tiergerechtheit, noch ist sie gesetzlich vorgeschrieben. Einige Nutztierschutznormen enthalten jedoch Regelungen, aus denen die Notwendigkeit zur Prüfung von Stalleinrichtungen auf Tiergerechtheit abgeleitet werden kann. Die Aus- und Weiterbildung aller beteiligten Personen muss intensiviert werden. Der ab 2001 für Tierärzte vorgesehene 'Lehrgang Tierhaltung und Tierschutz' der Veterinärmedizinischen Universität soll auch für Berater, Lehrer, Firmen und Tierschutzorganisationen offen stehen. Auch in Österreich sollten serienmäßig hergestellte Haltungssysteme und Stalleinrichtungen auf Tiergerechtheit geprüft werden. Rechtliche Grundlage könnte eine bundesgesetzliche Regelung oder eine Vereinbarung aller Bundesländer gemäß Art. 15a B-VG sein. Die wissenschaftliche Basis wäre durch eine Kooperation zwischen Veterinärmedizinischer Universität, Universität für Bodenkultur und Bundesanstalt für alpenländischer Landwirtschaft Gumpenstein (BAL) sichergestellt. Es wird empfohlen, eine 'Fachstelle für Tierhaltung' zu bilden, die als Koordinationsstelle für die Prüfung von Haltungssystemen und als Informationszentrum für Tierhaltung fungiert.

Berichtsdateien

1064_AB.doc

Autor/innen

O.Univ.-Prof. Dr.med.vet. Josef Troxler, Dr. Johannes Baumgartner

1064_Artikel.doc