Projekt-30: Biologische Bekämpfung des Kastanienrindenkrebses basierend auf dem Prinzip der Hypovirulenz von Cryphonectria parasitica

Projektleitung

Michael Stelzl

Forschungseinrichtung

Hygienicum, Institut für Mikrobiologie und Hygiene-Consulting Graz

Projektnummer

1122

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Biological control of chestnut blight

Projektziele

Kastanienrindenkrebs wir durch den Pilz Cryphonectria parasitica verursacht. Während der Befall mit virulenten Pilzstämmen für den Baum letal endet, verlaufen Infektionen mit hypovirulenten Pilzstämmen nur oberflächlich und die baumeigenen Abwehrreaktionen führen zu Überwallungen der auftretenden Läsionen. Dieses Prinzip soll durch Erzeugung von Hypovirulenz mit Hilfe von dsRNA-Viren zur Abschwächung der virulenten Pilze eingesetzt werden.
Grundlegende Arbeiten (Beprobung, Kartierung, Konversion und baumphysiologische Untersuchungen mit histologischen und molekularen Methoden) werden in einem eigenen Projekt des ÖFZS durchgeführt. Die Fa. Hygienicum soll durch Optimierung der Inokulationstechnik die praktische Anwendung verfolgen, wofür von der Firma 55% der Kosten als Eigenleistung getragen werden.
Optimierung der Inokulation.
Entwicklung einer auch von interessierten Laien anwendbaren biologischen Bekämpfungsmethode.
Praxisrelevante Beiträge für ein Handbuch zur Bekämpfung von Kastanienrindenkrebs (zur Einarbeitung im Projekt Nr. 1111 des Österreichischen Forschungszentrums Seibersdorf).

Praxisrelevanz

Kastanienrindenkrebs (=Endothiaseuche), der 1938 aus den USA über Genua eingeschleppt wurde, hat sich vorerst im süd- und mitteleuropäischen Raum ausgebreitet und in den letzten Jahren auch in Österreich ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen. Erstes Symptom der Krankheit ist ein plötzliches Welken von Blättern und Trieben. Das kernfarbene Mycel des gefährlichen Parasiten der Edelkastanie (Esskastanie) wuchert flächenartig unter der Rinde und lässt an dieser ausgedehnte, krebsfarbene Längswülste entstehen.
Die Edelkastanie wird in Österreich bereits seit der Römerzeit, also seit ca. 3000 Jahren, häufig zusammen mit Wein kultiviert. Kastanienanlagen stellen in manchen Regionen vor allem der West- und Südsteiermark sowie in Teilen des Rosaliagebirges landschaftsprägende Elemente dar, denen auch kulturhistorische Bedeutung zukommen. Durch den Verlust dieser teilweise jahrtausendealten Kulturlandschaften würde sich der typische Landschaftscharakter dramatisch verändern. Dadurch gehen einerseits wertvolle Biotope mit speziellen Ökosystemen verlustig.
Neben dem Anbau in Obstanlagen ist auch das dauerhafte und verwitterungsbeständige Holz ökonomisch interessant. Als Obstbaum stellt die Edelkastanie eine interessante Alternativkultur dar, die derzeit durch die Pilzkrankheit in den Hintergrund gerückt ist. Als zusätzliches bäuerliches Einkommen im Spätherbst kommt der Direktvermarktung ab Hof eine nicht unwesentliche Bedeutung zu.
Weiters wird diese Baumart in vielen europäischen Ländern als wertvolles Edellaubholz geschätzt. Das Potential als Forstbaum ist in Österreich sicher nicht ausgeschöpft. Vor allem im Zuge der Stillegung landwirtschaftlicher Produktionsflächen wird ein verstärkter Bedarf für neue, wenig arbeitsintensive Bewirtschaftungsformen entstehen. Die Kastanienkultur könnte als Beispiel für die nachhaltige Nutzung aus Land- und Forstwirtschaft in einigen Regionen Österreichs beispielhaft betrachtet werden.

Berichte

Abschlussbericht

Kurzfassung

Schon seit mehr als zehn Jahren bedroht der Edelkastanienrindenkrebs die Kastanienbestände in den heimischen Wäldern. Die Pilzkrankheit, die von Cryphonectria parasitica ausgelöst wird, hat sich von Italien und Südtirol bis in die Wälder Südösterreichs herauf verbreitet. Aufgrund der geografischen Verbreitung der Edelkastanie, die die Bedingungen eines Wein-Mais-Klimas bevorzugt, sind die südlichen Regionen der Steiermark sowie des Burgenlandes von dieser Krankheit schwer betroffen. Kurz nach der Entdeckung dieser Krankheit wurde auch das Prinzip der übertragbaren Hypovirulenz entdeckt und in zahlreichen Forschungsarbeiten grundlegend untersucht. Ziel dieses Projektes war die Entwicklung eines für die Praxis anwendbaren Mittels zur Bekämpfung des Kastanienrindenkrebses in Österreich. Als Basis für die Entwicklung wurden die Grundlagenarbeiten der österreichischen Forschung sowie die Erfahrungen in der Freilandausbringung aus anderen europäischen Ländern herangezogen. Basierend auf diesen Daten und weiteren Angaben aus der Literatur konnte ein Mittel entwickelt werden, das mit dem Namen 'Pilzkleister' bezeichnet wird. In zahlreichen Labor- und Freilandversuchen wurden die Eigenschaften des Pilzkleisters untersucht: Lagerfähigkeit, Verhalten bei der praktischen Anwendung (Konversionsfähigkeit), beeinflussende Parameter auf die Eigenschaften des Kleisters (z. B. Licht, Temperatur) etc. Bei der Entwicklung des Mittels wurde auf eine gute Anwendbarkeit, eine möglichst lange Haltbarkeit und auf eine einfache Handhabung bei der Anwendung geachtet. Der Pilzkleister hat sich bezüglich dieser Merkmale aus vier untersuchten Varianten als am besten geeignet herausgestellt. Seine Konsistenz ist dauerhaft schmierig und gut an der Behandlungsstelle haftbar, wodurch er sich für die direkte Behandlung von Befallsstellen ausgezeichnet eignet. Auch die Applikationstechnik für eine direkte Behandlung konnte optimiert werden, sodass die Anwendung des Pilzkleisters in landwirtschaftlichen Kastanienplantagen durchaus möglich ist. Es sollte allerdings nicht nur eine Behandlung im landwirtschaftlichen Bereich möglich sein, die Erhaltung der Edelkastanie in den Wäldern Südösterreichs ist für die betroffenen Gegenden von enormer Wichtigkeit. Die Edelkastanie stellt in diesen Regionen neben dem nicht zu unterschätzenden Teil des Landschaftsbildes auch einen wirtschaftlichen Faktor dar. Im Herbst ist die Edelkastanie aufgrund der Beliebtheit ihrer Früchte eine Attraktion für die entlegeneren Regionen beispielsweise in der Steiermark. Im Laufe der Projektarbeiten ist es nicht gelungen, ein Spritzmittel mit hypovirulentem Pilzmaterial herzustellen, um großflächige Behandlungen der Wälder möglich zu machen. Es hat sich jedoch während der drei Jahre eine andere Möglichkeit zur 'indirekten' Behandlung dieser Flächen herauskristallisiert. Durch Sensibilisierung von Jungpflanzen kann durch Behandlung der Bäume mit dem Pilzkleister in der Baumschule und anschließendem Aussetzen das Potential der Hypovirulenz in ein bestimmtes Gebiet eingebracht werden. Dadurch ist nicht nur der junge Baum gegen einen Angriff durch Kastanienrindenkrebs geschützt, sondern durch die natürliche Verbreitung kann das hypovirulente Pilzmaterial in einem Waldgebiet gleichzeitig mit den Neuaufforstungen ausgebracht werden. Das vereinfacht auf der einen Seite die Behandlung, die dann in der Baumschule durchgeführt werden kann, wo die Jungpflanzen leicht zugänglich sind. Auf der anderen Seite wird der Ausbringungsschritt gleichzeitig und ohne zusätzlichen Aufwand mit den Neupflanzungen durchgeführt. Durch diese 'indirekte' Behandlung, das Ausbringen sensibilisierter Jungkastanien, werden sowohl Forstbestände als auch schützenswerte Altbestände behandelbar. Ob die Behandlung mit den hypovirulenten Pilzstämmen negative Effekte auf die Bäume in der relativ sensiblen Wachstumsphase zeigen, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Es konnte also im Rahmen dieses Projektes ein Mittel zur biologischen Bekämpfung des Kastanienrindenkrebses entwickelt werden - der Pilzkleister. Der Kleister kann über ein Jahr bei kühler Lagerung aufbewahrt werden und ist für die direkte Behandlung von Befallsstellen gut geeignet. Eine indirekte Behandlung könnte durch Sensibilisierung von Jungpflanzen möglich sein.

Berichtsdateien

1122__Kastanienrindenkrebs.pdf

Autor/innen

Dr. Michael STELZL, Mag. Thomas Rühmer