Projekt-26: Biologische Bekämpfung von Kastanienrindenkrebs mittels hypovirulenter Pilzstämme und Untersuchung der baumphysiologischen Reaktionen

Projektleitung

Eva Wilhelm

Forschungseinrichtung

Austrian Research Centers GmbH - ARC ehem. Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf G.m.b.H.

Projektnummer

1111

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Biological control of chestnut blight with hypovirulence and investigations on host defence response

Projektziele

Als Voraussetzungen zur nachhaltigen Bekämpfung des Kastanienrindenkrebses (Pilzerkrankung verursacht durch Cryphonectria parasitica) sind seine Kartierung einschließlich der in Österreich vorkommenden vegetativen Kompatibilitätsgruppen und die Suche nach Umwandlungspartnern für alle VC-Gruppen sowie eine Überprüfung der Ausbreitung von Hypovirulenz vorgesehen.
Die Optimierung der Inokulation wird in einem Parallelprojekt von der Fa. Hygienicum durchgeführt.
Flächendeckende Kartierung der vegetativen Kompatibilitätsgruppenverteilung von C.p.
Einordnung der vegetativen Kompatibilitätsgruppen in das europäische VC-Gruppen-System
Entwicklung einer auch von interessierten Laien anwendbaren biologischen Bekämpfungsmethode, Erstellung eines Handbuches - gemeinsam mit Fa. Hygienicum
Untersuchung der Ausbreitung hypovirulenter Cryphonectria parasitica im Freiland
Untersuchung der baumphysiologischen Reaktionen (nach Verletzung; nach verschiedenen Inokulationsvarianten; mittels histologischer und molekularbiologischer Untersuchungen)

Praxisrelevanz

Kastanienrindenkrebs (=Endothiaseuche), der 1938 aus den USA über Genua eingeschleppt wurde, hat sich vorerst im süd- und mitteleuropäischen Raum ausgebreitet und in den letzten Jahren auch in Österreich ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen. Erstes Symptom der Krankheit ist ein plötzliches Welken von Blättern und Trieben. Das kernfarbene Mycel des gefährlichen Parasiten der Edelkastanie (Esskastanie) wuchert flächenartig unter der Rinde und lässt an dieser ausgedehnte, krebsfarbene Längswülste entstehen.
Die Edelkastanie wird in Österreich bereits seit der Römerzeit, also seit ca. 3000 Jahren, häufig zusammen mit Wein kultiviert. Kastanienanlagen stellen in manchen Regionen vor allem der West- und Südsteiermark sowie in Teilen des Rosaliagebirges landschaftsprägende Elemente dar, denen auch kulturhistorische Bedeutung zukommen. Durch den Verlust dieser teilweise jahrtausendealten Kulturlandschaften würde sich der typische Landschaftscharakter dramatisch verändern. Dadurch gehen einerseits wertvolle Biotope mit speziellen Ökosystemen verlustig.
Neben dem Anbau in Obstanlagen ist auch das dauerhafte und verwitterungsbeständige Holz ökonomisch interessant. Als Obstbaum stellt die Edelkastanie eine interessante Alternativkultur dar, die derzeit durch die Pilzkrankheit in den Hintergrund gerückt ist. Als zusätzliches bäuerliches Einkommen im Spätherbst kommt der Direktvermarktung ab Hof eine nicht unwesentliche Bedeutung zu.
Weiters wird diese Baumart in vielen europäischen Ländern als wertvolles Edellaubholz geschätzt. Das Potential als Forstbaum ist in Österreich sicher nicht ausgeschöpft. Vor allem im Zuge der Stillegung landwirtschaftlicher Produktionsflächen wird ein verstärkter Bedarf für neue, wenig arbeitsintensive Bewirtschaftungsformen entstehen. Die Kastanienkultur könnte als Beispiel für die nachhaltige Nutzung aus Land- und Forstwirtschaft in einigen Regionen Österreichs beispielhaft betrachtet werden.

Berichte

Abschlussbericht , 01.10.2001

Kurzfassung

Die Edelkastanie (Castanea sativa Mill.) wird in Österreich durch die eingeschleppte Pilzerkrankung, den Kastanienrindenkrebs (Cryphonectria parasitica Murr.) in ihrem Bestand bedroht. Zielsetzung dieses Projektes war die Realisierung einer nachhaltigen biologischen Bekämpfungsmethode basierend auf dem Prinzip der Hypovirulenz. Hypovirulenz wird durch einen dsRNA-(Doppelstrang RNA)-Virus der Gattung Hypovirus verursacht und wird durch Anastomosen von Hyphen vegetativ ähnlicher Pilzstämme übertragen. Während der Befall mit virulenten Pilzstämmen für den Baum letal endet, verlaufen Infektionen mit hypovirulenten Pilzstämmen nur oberflächlich, und es kommt zu einer Ausheilung der Nekrose. Zur praktischen Behandlung vor Ort, werden hypovirulente Pilzstämme auf virulenten Läsionen ausgebracht und durch Übertragung des Hypovirus kommt es zu einer Umwandlung des virulenten Pilzes, womit eine Ausheilung der Nekrose stattfinden kann. Eine Umwandlung ist allerdings nur dann erfolgreich, wenn die vc (vegetative Kompatibilität)-Gruppen der beiden Pilzstämme ident bzw. ähnlich sind. Die Kenntnis der vc-Gruppen ist daher unbedingt wichtig, um erfolgreiche Behandlungen mit Hypovirulenz durchzuführen. Als wichtiger Projektbestandteil wurde daher die Kartierung der in Österreich vorkommenden vc-Gruppen durchgeführt. Für die nachhaltige Umsetzung der Hypovirulenz ist dies von Bedeutung, da bei späterer Selbstanwendung keine vc-Gruppenbestimmung mehr vorgenommen werden wird. Dann wird die vc-Gruppenkartierung als Basis für die jeweilige Präparateformulierung herangezogen, wobei in bestimmten Regionen bestimmte vc-Gruppen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorzufinden sind. Im Projektzeitraum wurden ca. 1500 C. parasitica Isolate im Freiland gesammelt und auf ihre vegetativen Kompatibilitätsgruppenzugehörigkeit getestet. Es wurden insgesamt 15 vegetative Kompatibilitätsgruppen in Österreich gefunden und 14 davon konnten in das europäische vc-System eingeordnet werden. Zwei Gruppen (EU 17 und EU 13) repräsentierten mehr als 80% aller beprobten Läsionen. Fünf der österreichischen vc-Gruppen konnten mit ungarischen, französischen und schweizer hypovirulenten Isolaten umgewandelt werden, darunter auch die zwei häufigsten Gruppen. Leider konnte kein österreichischer hypovirulenter Stamm identifiziert werden, ebenso wenig konnte bisher keine selbstständige Ausbreitung hypovirulenter Stämme beobachtet werden. Im Zuge dieser Arbeiten wurde ein Informationsblatt zur Probenaufsammlung von befallenen Bäumen ausgearbeitet und verteilt. Weiters wurde gemeinsam mit der Firma Hygienium ein Handbuchentwurf für die Applikation von Hypovirulenz für Anwender erstellt. Die Behandlung erkrankter Bäume im Freiland verlief erfolgreich, etliche Nekrosen heilten nach der Behandlung mit Hypovirulenz aus. Auch die auf Versuchsflächen durchgeführten vorbeugenden Inokulationsversuche bei Schnittmaßnahmen und Veredelungen verliefen sehr positiv. Bei keinem der vorbeugend behandelten Versuchsbäume trat nach dem Astschnitt eine Erkrankung auf. Ebenso erwies sich die Anhäufelung von Erde als günstig für das Hochkommen von Stockausschlägen. Im Rahmen dieses Projekts konnte die Effizienz der kurativen und vorbeugenden Behandlung von Edelkastanie zum Schutz vor Kastanienrindenkrebs gezeigt werden. Diese Behandlungen, zusammen mit phytosanitären Maßnahmen und regelmäßiger Kontrolle der Kastanienbestände, leisten einen essentiellen Beitrag zur Erhaltung der Edelkastanie in Österreich. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Projektes lag in der molekularen und histochemischen Aufklärung der baumphysiologischen Reaktionen von Edelkastanie nach Verletzung und Pilzinokulation. Mit heterologen Sonden von PR-Proteinen und einer aus Kastanie isolierten Sonde für Phenylalanin Ammoniumlyase konnte festgestellt werden, dass der hypovirulente Pilz die Verteidigungsmechansimen des Baumes stärker stimuliert als Verwundung oder Infektion mit virulenter C. parasitica. Diese Ergebnisse wurden durch histochemische Analysen bestätigt, bei denen ein effizienterer Aufbau von mechanischen Barrieren im Borkengewebe nach Infektion mit hypovirulenter C. parasitica beobachtet wurde. Mittels Differential mRNA Display und cDNA-Bibliotheksscreening konnten 27 verwundungsgesteuerte Gene aus In-vitro-Pflanzen isoliert werden. Die Funktionen dieser Gene umfassten Signaltransduktion, Stress- und Pathogenrespons, Wachstumsregulation, Proteinmetabolismus, Energietransport, sowie 5 Gene mit bisher unbekannter Funktion. Der Einfluss von Pilzinokulation auf die Expression der verwundungsresponsiven Gene wurde untersucht. Dabei zeigte sich, dass C. parasitica die Genexpression nicht generell negativ beeinflusst, sondern spezifisch die Expression gewisser Gengruppen induziert und andere inhibiert. Die Expression der aus In-vitro-Pflanzen isolierten wundresponsiven Gene konnte anhand ausgewählter Gene im Borkengewebe von Glashauspflanzen bestätigt werden. Mit diesen grundlegenden Arbeiten konnte gezeigt werden, dass Edelkastanie analoge Verteidungssysteme wie krautige Pflanzen z. B. Arabidopsis aufweist.

Berichtsdateien

1111_Kastanienrindenkrebs.pdf

Autor/innen

Dr. Eva Wilhelm