Projekt-21: Methodische Grundlagen und Beispiele zur Bewertung der fischökologischen Funktionsfähigkeit in Oberflächengewässern

Projektleitung

Jungwirth

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur - Department Wasser - Atmosphäre - Umwelt Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement

Projektnummer

1023

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Projektziele

Fische spielen auf Grund ihrer besonderen Indikatorfunktionen schon seit langem eine wesentliche Rolle bei der Bewertung des ökologischen Zustandes von Fließgewässern. Dem steht jedoch ein deutlicher Mangel an geeigneten, standardisierten Bewertungsmethoden gegenüber.
Ziel vorliegender Studie war einerseits die Erarbeitung von Grundlagen für die Entwicklung von fischbezogenen Bewertungsmethoden, andererseits die Konzeption eines neuen Bewertungsverfahrens für eine flächendeckende Bewertung österreichischer Fließgewässer. Das Grundprinzip dieses neuen fischökologischen Bewertungsverfahrens baut auf dem in Österreich in den letzten Jahren entwickelten Konzept der Bewertung der ökologischen Funktionsfähigkeit auf. Dieses Konzept geht davon aus, dass der Zustand eines Gewässers als graduelle Abweichung von einem unbeeinträchtigten Referenzzustand, eines gewässertypspezifischen Leitbildes, definiert wird.

Berichte

Abschlussbericht , 31.12.2000

Kurzfassung

Ausgangsbasis vorliegender Studie war eine umfassende Literaturrecherche und -analyse in Bezug auf bislang verwendete fischbezogene Bewertungsverfahren. Darauf aufbauend und unter Bezugnahme auf das Konzept der ökologischen Funktionsfähigkeit wurde eine neue Methode zur Bewertung der fischökologischen Funktionsfähigkeit entwickelt. Anhand von Anwendungsbeispielen wurde die Eignung der selektierten Bewertungskriterien dargestellt. Bei diesem neuen Verfahren erfolgt die Bewertung des Gewässerzustandes anhand biotischer Merkmale verschiedener ökologischer Ebenen, die einer hierarchischen Ordnung unterliegen. Die verwendeten Merkmale sind, in Reihenfolge ihrer Bedeutung: Artenvielfalt, Artenzusammensetzung, Populationsgröße sowie Reproduktion und Jungfischaufkommen. Aus diesen Merkmalen werden insgesamt 7 Bewertungskrite-rien selektiert. Für die Verwertung der Artenvielfalt werden typspezifische sowie sich selbst erhaltende Arten herangezogen. Unter typspezifischen Arten versteht man heimische Arten, die zum ursprünglichen Artenspektrum des jeweiligen Gewässertyps zu zählen sind. Sich selbst erhaltenden Arten sind dadurch definiert, dass deren Bestandsgröße über der Minimalpopulationsgröße liegt und sie über die Fähigkeit zu eigenständiger Reproduktion und damit über ausreichenden Nachwuchs verfügen. Zur Charakterisierung der Artenzusammensetzung werden die Kriterien Fischregion, Anzahl ökologischer Gilden sowie deren Zusammensetzung verwendet. Für die Bewertung des Kriteriums Fischregion wurde ein neuer Fischregionsindex entwickelt, der eine nummerische Bestimmung der Region eines Fließgewässerabschnittes ermöglicht. Hinsichtlich ökologischer Gilden finden herkömmliche Klassifizierungen für Lebensraum, Reproduktion, Ernährung, etc. Verwendung. Zu diesem Zweck wurden die für Österreich vorliegenden Einstufungen erweitert, überarbeitet und für alle heimischen Flussfischarten auf den aktuellen Stand des Wissens gebracht. Ein weiteres Bewertungskriterium ist der Fischbestand, dessen Ermittlung im Gegensatz zu den o.g. Kriterien quantitative Erhebungen erfordert. Zudem erfolgt auf Populationsniveau die Bewertung der Populationsstruktur, die Reproduktionserfolg und Jungfischaufkommen widerspiegelt. Für alle genannten Kriterien wird ein Leitbild des ursprünglichen, unbeeinflussten, gewässertypspezifischen Zustandes anhand aktueller Referenzsituationen, historischer Fischdaten, historischer Lebensraumcharakteristika oder entsprechender Leitbild-Modelle erstellt. Dieses Leitbild wird als Maßstab für die Bewertung des aktuellen Zustandes herangezogen. Recherchen zu historischen Fischdaten zeigen, dass diese Daten eine wesentliche Hilfe für die Erstellung von Leitbildern darstellen. Die Leitbilderstellung erfolgt letztendlich unter Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Informationen. Im Rahmen des Projektes wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Gewässerökologie, Fischereibiologie und Seenkunde des Bundesamts für Wasserwirtschaft und dem Kärntner Seenforschungsinstitut auch eine Datenbank ('HaFiDat') erstellt, in welcher nunmehr Daten fischökologischer Untersuchungen von mehr als 2000 Teststrecken (240 Fließgewässer) erfasst sind. Mit Hilfe dieser Datenbank lassen sich Referenzsituationen verschiedener Fließgewässer bzw. –typen dokumentieren. Die Datenbank dient auch der Erstellung von Modellen, die auf Zusammenhängen zwischen abiotischen und fischökologischen Kriterien basieren. Diese Modelle werden als zusätzliches Hilfsmittel für die Entwicklung fischökologischer Leitbilder verwendet. Die Erfassung der aktuellen fischökologischen Verhältnisse in zu bewertenden Gewässerabschnitten erfolgt grundsätzlich mittels eigens durchzuführender Freilanduntersuchungen. Die dabei verwendeten Befischungsmethoden werden im Rahmen vorliegender Studie angesprochen und Mindeststandards bezüglich Untersuchungsdesign und -intensität erarbeitet. Die Bewertungsmethode wird in Rhithral- und Potamalgewässern differenziert angewendet. Während im Rhithral infolge naturbedingt geringer Artenvielfalt mehr Bedeutung auf die Merkmale Populationsgröße und Populationsaufbau gelegt wird, stehen in Potamalgewässern die Merkmale Artenvielfalt und Artenverteilung im Vordergrund. Die letztendliche Bewertung der fischökologischen Funktionsfähigkeit erfolgt anhand eines Hemerobiesystems. Der Zustand des einzustufenden Gewässerabschnittes wird entsprechend der EU-Wasserrahmenrichtlinie einer von 5 vordefinierten Zustandsklassen zugeordnet. Die Klasse der sehr guten Qualität entspricht natürlichen bzw. fast natürlichen Gewässern (ökol. Leitbild). Je nach Beeinträchtigungsgrad nehmen die Bewertungsstufen der ökologischen Funktionsfähigkeit vom guten, mäßigen, unbefriedigenden hin zum schlechten Zustand ab. Mehrere dargestellte Beispiele belegen eine erfolgreiche Anwendung der Bewertungskriterien in unterschiedlichen Gewässertypen sowohl hinsichtlich der Sensibilität gegenüber anthropogenen Beeinträchtigungen als auch in Bezug auf deren Praktikabilität.