Projekt-201: Evaluation der Österreichischen Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung

Projektleitung

Alexander Carius

Forschungseinrichtung

Adelphi Consult

Projektnummer

4032

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Projektziele

Mit der Österreichischen Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung hat die Bundesregierung die Schwerpunkite und Prinzipien Nachhaltiger Entwicklung für Österreich im April 2002 festgelegt die Prozesse zur Umsetzung der Strategie und die in ihrer Umsetzung gesetzten Aktivitäten sollen einer Evaluation unterzogen werden.

Berichte

Abschlussbericht , 20.12.2005

Kurzfassung

Nachhaltigkeit betrifft die langfristige Sicherung der natürlichen, ökonomischen und sozialen Grundlagen gesellschaftlicher Entwicklung. Nachhaltige Entwicklung kann nicht ohne das Zusammenwirken von Akteuren aus Staat, Gesellschaft und Wirtschaft erreicht werden. Die Koordination dieser Aktivitäten, der Ausgleich von Interessenkonkurrenzen und die Balance zwischen kurzfristigen Möglichkeiten und langfristigen Notwendigkeiten ist eine anspruchsvolle Aufgabe staatlichen Handelns. Immer mehr Regierungen haben die Notwendigkeit umfassender Strategiebildung und Koordination erkannt und erste Anstrengungen unternommen, das Regierungshandeln systematisch auf Aspekte der Nachhaltigkeit auszurichten. Dreh- und Angelpunkt dafür sind Nationale Strategien für Nachhaltige Entwicklung. Mit seiner Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung hat sich Österreich im Spitzenfeld vergleichbarer internationaler Vorhaben positioniert. Eine deutliche Stärke ist der ausgeprägte partizipative Charakter der Nachhaltigkeitsstrategie, d.h. die umfassende Einbindung von Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft in den Umsetzungsprozess. Evaluation als Herzstück der ‚lernenden Strategie’ Als lernende Strategie erhebt die Nachhaltigkeitsstrategie den Anspruch, den Umsetzungsprozesses insgesamt zu optimieren und flexibel auf Veränderungen des Umfeldes zu reagieren. Die Strategie sieht Institutionen zur flexiblen Umsetzung vor, enthält eine Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung über die Umsetzung von Initiativen und Einzelprojekten und das Monitoring von nachhaltiger Entwicklung anhand von Indikatoren. Weiterhin ist eine externe wissenschaftliche Evaluierung des Umsetzungsprozesses durch ein unabhängiges Expertenteam Teil der Lernmechanismen. Der Auftrag, diese Evaluation durchzuführen, wurde nach einer Ausschreibung im April 2005 an eine unabhängige und interdisziplinäre Gruppe von WissenschaftlerInnen unter Leitung von Alexander Carius (Adelphi Consult, Berlin) und Dr. Klaus Jacob (Forschungsstelle für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin) in Zusammenarbeit mit D-Coach vergeben. Der Evaluationsprozess wurde von zwei wichtigen Gremien begleitet: Organisatorisch wurden die WissenschaftlerInnen durch ein Begleitteam unterstützt, das eine enge inhaltliche und organisatorische Abstimmung der einzelnen Organisationsschritte sicherstellte. Weiterhin bestand durch den eigens etablierten Projektbeirat ein Forum für die kritische Begleitung und die Weiterentwicklung von Empfehlungen, die einen wichtigen Input für den partizipativ angelegten Evaluationsprozess darstellten. Die Evaluation verfolgte in erster Linie das Ziel, die Wirksamkeit der Institutionen und Mechanismen der Nachhaltigkeitsstrategie zu analysieren und anhand verschiedener Kriterien (Konsistenz, Effektivität, Effizienz, Angemessenheit und Transparenz) nach Optimierungsmöglichkeiten hin zu untersuchen. Die Evaluation wurde von April bis November 2005 durchgeführt. In diesem Zeitraum wurden Interviews mit über 30 Interviewpartnern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden geführt; zudem fand eine internetbasierte standardisierte Befragung der Leiter aller 280 Einzelmaßnahmen der Nachhaltigkeitsstrategie statt. Zur weiteren Vertiefung bestimmter Themen wurden mehrere begleitende Workshops abgehalten. Spezifische Stärken der Nachhaltigkeitsstrategie Die im internationalen Vergleich weit entwickelte Nachhaltigkeitsstrategie mit ihren umfassenden Umsetzungsmechanismen unterstreicht die Vorreiterrolle Österreichs im Bereich Nachhaltigkeit. Zum Teil ist dies ein Resultat der spezifischen österreichischen Rahmenbedingungen. Durch die traditionell ausgeprägten partizipativen Mechanismen und dem daraus resultierenden intensiven Dialog zwischen den gesellschaftlichen Gruppen sind gute Grundvoraussetzungen für eine breit angelegte Strategie gegeben. Positiv hervorzuheben sind außerdem Österreichs lange Erfahrung mit langfristigen Strategiekonzepten (etwa durch den Nationalen Umweltplan) und das vergleichsweise hohe Umweltbewusstsein der Bevölkerung. Die vergleichsweise hohe Bedeutung der Strategie ist aber auch ein Ergebnis des gelungenen Umsetzungsprozesses der Nachhaltigkeitsstrategie. Insbesondere die hohe Motivation und Dynamik aller beteiligten Akteure – die nicht zuletzt der gelungenen Federführung des Lebensministeriums zugeschrieben werden muss – das aktive Netzwerk von Nachhaltigkeitsexperten quer durch alle Ressorts, die Breite der Zielformulierung sowie die ausgeprägte Innovationsorientierung der Nachhaltigkeitsstrategie sind als ausschlaggebende Elemente hervorzuheben. Die ausgeprägte Partizipationskultur führt jedoch bisweilen zu ineffizienten Entscheidungen. Österreichs Nachhaltigkeitsstrategie im Spitzenfeld Im Internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Nachhaltigkeitsstrategie klar im Spitzenfeld vergleichbarer Initiativen anzusiedeln ist. Sie stellt insgesamt eine umfassende, multidimensionale und sektorübergreifende Strategie dar und liegt damit klar im internationalen Trend. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern sind die im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie verfolgten Ziele klar definiert, quantifiziert und in konkreten Maßnahmen operationalisiert. In besonderem Maße zeichnet sich die Nachhaltigkeitsstrategie jedoch durch die Partizipation und Integration einer Vielzahl verschiedener Akteure an zahlreichen Stellen des Strategieprozesses aus. So fand bereits der Erstellungsprozess unter umfassender Beteiligung der Öffentlichkeit statt. Die gut ausgestaltete Institutionalisierung (siehe unten) garantiert zudem die Beteiligung unterschiedlicher Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft während des gesamten Umsetzungsprozesses. Damit geht die Nachhaltigkeitsstrategie weit über den internationalen Trend hinaus, wo meist nur eine ad hoc Beteiligung relevanter Akteursgruppen im Umsetzungsprozess stattfindet. Auch die systematische wissenschaftliche Evaluation durch externe Gutachter ist eine Innovation im internationalen Vergleich und setzt Standards für die von der Europäischen Kommission geplante Überprüfung (peer reviews) nationaler Nachhaltigkeitsstrategien der europäischen Mitgliedstaaten. Hoher Grad der Institutionalisierung Eine der wichtigsten Stärken der Nachhaltigkeitsstrategie ist ihr hoher Grad der Institutionalisierung. Die Nachhaltigkeitsstrategie beruht auf einem Regierungsbeschluss auf Ministerratsebene aus dem Jahre 2002. Sie folgt damit dem internationalen Trend, Nachhaltigkeitsstrategien als hochrangige Regierungsprogramme auszugestalten. Im Vergleich zu singulären Ressortstrategien hat sie damit von Beginn an eine hervorgehobene Stellung innerhalb des politischen Systems. Ganz deutlich tritt die Nachhaltigkeitsstrategie jedoch durch die Vielzahl der an der Umsetzung beteiligten Organe hervor. Formell ist das Lebensministerium mit der Federführung betraut, das diese Rolle mit großer Kompetenz und hoher Motivation wahrnimmt. Dem interministeriellen Charakter der Strategie wurde durch die Einrichtung eines Komitees für ein Nachhaltiges Österreich (kurz: Komitee) Rechnung getragen, in dem sich Vertreter aller beteiligten Ministerien über den Strategieprozess austauschen und die horizontale Koordination der Ressortpolitiken sowie deren Ausrichtung auf gemeinsame Ziele vorantreiben. Durch das Forum Nachhaltiges Österreich (kurz: Forum) wird zudem eine wissenschaftliche Unterstützung des Umsetzungsprozesses der Nachhaltigkeitsstrategie ermöglicht. Das Forum erfüllt Beratungs-, Initiativ- und Feedbackfunktionen für den Umsetzungsprozess der Nachhaltigkeitsstrategie und trägt damit zur Umsetzung des Konzeptes einer lernenden Strategie bei. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer zentraler Arbeitsgruppen, die zur Umsetzung der Strategie beitragen. Umfassende Einbindung aller relevanten Akteure Nachhaltigkeit betrifft als Querschnittsaufgabe eine Vielzahl verschiedener Akteure. Im Umsetzungsprozess der Nachhaltigkeitsstrategie wurde daher der breiten Einbindung von Akteuren aus verschiedenen Bereichen ein besonderer Wert beigemessen. Diese Partizipationskultur spiegelt sich deutlich in den institutionellen Strukturen wider, besonders in Form des Forums Nachhaltiges Österreich. Die fünfzig Mitglieder dieses Gremiums stammen aus unterschiedlichen Bereichen (z.B. Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen, sowie aus dem Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialbereich), zeichnen sich aber allesamt durch besondere Fachkenntnis in Nachhaltigkeitsfragen aus. Die Aktivitäten zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie durch die staatlichen Institutionen auf der Bundesebene, der Kammern und der Länder werden im Rahmen des Komitees für ein Nachhaltiges Österreich koordiniert. Da subnationale Ebenen eine Vielzahl eigener Maßnahmen und Projekte im Bereich Nachhaltigkeit umsetzen, ist eine enge Koordination und Abstimmung mit der nationalen Strategie von zentraler Bedeutung. Im Komitee wurde eine Reihe von ressortübergreifenden Initiativen entwickelt und begleitet. Innovationsorientierung Nachhaltigkeit sichert nicht nur die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen, sondern ist bereits heute in zunehmendem Maße ein bedeutender Wettbewerbs- und Innovationsfaktor. Künftig ist damit zu rechnen, dass eine signifikante Anzahl an Arbeitsplätzen durch eine konsequente Weiterentwicklung und Implementierung des Nachhaltigkeitsgedankens geschaffen werden kann. Expertise und Problemlösungskompetenz im Nachhaltigkeitsbereich können damit zu einem entscheidenden Standortfaktor werden. Insgesamt hat Österreich hervorragende Startbedingungen, um diesen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Das starke Engagement Österreichs in der Forschungs- und Technologiepolitik oder etwa die bisher erworbenen Kompetenzen im Bereich der Biomasseverstromung oder der Niedrigenergiehäuser sind Beispiele dafür. Daher ist es nur folgerichtig, dass im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie eine hohe Innovationsorientierung angestrebt wird, etwa im Rahmen eines der vier Handlungsfelder, das mit „Erfolg durch Innovation und Vernetzung“ betitelt ist. Die stark ausgeprägten partizipativen Strukturen innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie sowie die gelungene Institutionalisierung des Umsetzungsprozesses bieten gute Rahmenbedingungen, um diesem Ziel Geltung zu verschaffen. Entwicklungspotentiale der Nachhaltigkeitsstrategie Ziel der Evaluierung war es insbesondere, mögliche Optionen aufzuzeigen, um an den bisherigen Erfolgen der Nachhaltigkeitsstrategie anzuknüpfen und diese weiter zu vertiefen. Im Rahmen dieses Prozesses konnte eine Reihe von Entwicklungspotentialen für die Nachhaltigkeitsstrategie aufgezeigt werden, um das Spektrum des Möglichen für eine Weiterentwicklung zu verdeutlichen und die Effektivität der Mechanismen und Instrumente weiter zu erhöhen. Die folgenden Bereiche erscheinen für eine gezielte Weiterentwicklung besonders geeignet: Politische Verankerung, Politikintegration und Einbindung der Akteure Eine hochrangige politische Verankerung gilt als entscheidende Voraussetzung jeder ressortübergreifenden politischen Strategie. Das Lebensministerium hat die Federführung für die Koordination der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie inne und hat dafür eine beachtliche Kompetenz und Expertise angesammelt. Insgesamt wird die Koordinationsrolle vom Lebensministerium mit den vorhandenen Ressourcen sehr gut ausgefüllt. Es konnte ein beachtliches ressort- und ebenenübergreifendes Netzwerk von Akteuren entwickelt werden. Vor dem Hintergrund des Engagements und der entwickelten Kapazitäten sollte diese Rolle im Lebensministerium verbleiben. Die formell hochrangige institutionelle Verankerung als Ministerratsbeschluss spiegelt sich jedoch nicht durchgängig im Umsetzungsprozess wider. Auf Ebene der Bundesregierung, des Nationalrats und der Sozialpartner haben sich die politischen Entscheidungsträger bisher in der Öffentlichkeit noch nicht hinreichend mit der Nachhaltigkeitsstrategie positioniert. Dementsprechend schwach entwickelt sind der Raum und die Mechanismen für die politische Debatte über die mit der Nachhaltigkeitsstrategie aufgeworfenen Grundfragen der langfristigen Entwicklung des Landes. Trotz eines hohen Formalisierungsgrades und der breiten institutionellen Ausdifferenzierung der Strategie entfaltet diese in der Praxis bisher keine ausreichende politische Bindungswirkung und entsprechende Rezeption durch die Schlüsselakteure. Dies gilt für die breite Öffentlichkeit ebenso wie für jene Fachabteilungen in den jeweiligen Ressorts, die bisher nicht aktiv in den Umsetzungsprozess über das Komitee in diesen Prozess eingebunden sind. Daher besteht die Notwendigkeit, die politische Verankerung über die Ebene der Verwaltung hinaus, insgesamt zu verbessern und den Grad der Verbindlichkeit der Nachhaltigkeitsstrategie zu erhöhen. Ziel sollte es sein, Themen der nachhaltigen Entwicklung regelmäßig im Ministerrat einzubringen. Dazu ist die Einrichtung eines hochrangigen, regelmäßigen tagenden Regierungsausschusses denkbar, etwa analog zu so genannten Green Cabinets, wie dies in anderen Ländern erprobt wurde. Auch eine stärkere Involvierung des Nationalrates in den Umsetzungsprozess oder die Einsetzung eines Beauftragten auf der Ebene des Ministerrats, beispielsweise ein Staatssekretär im Lebensministerium wäre möglich und wünschenswert. Von einer regelmäßigen Befassung auf politischer Ebene und der dadurch erzielten höheren Verbindlichkeit der Nachhaltigkeitsstrategie würden alle Akteure profitieren und die Umsetzungsinstitutionen und –mechanismen aufgewertet und besser genutzt werden. Als weitere Handlungsoption kommt eine Stärkung der Koordination zwischen der Bundes- und Landesebene (vertikale Politikintegration) sowie zwischen den verschiedenen Ministerien (horizontale Politikintegration) in Frage. Die Integration von Nachhaltigkeitszielen im Entscheidungsprozess ist besonders dann schwierig, wenn es Interessensgegensätze gibt oder wenn diese Ziele nur vergleichsweise schwach institutionalisiert sind. Auch wenn der österreichische Umsetzungsprozess schon weit entwickelt ist und die Bedeutung nachhaltiger Entwicklung in mehreren Ressorts erkannt wurde, müssen noch weitere Anstrengungen unternommen werden um diese Integration noch zu vertiefen und auch solche Ministerien mit einzubeziehen, die sich bisher nicht oder nur in geringem Maße im Umsetzungsprozess beteiligen. Eine Ausweitung der Koordination der Aktivitäten mit und zwischen den Bundesländern erscheint wünschenswert um zusätzliche Synergieeffekte zu erschließen und die teilweise beachtlichen Aktivitäten auf der Ebene der Länder zu stabilisieren und auszuweiten. Eine Ausweitung der Koordinationsaktivitäten mit den Bundesländern stößt aber besonders dann auf Schwierigkeiten, wenn die verfassungsmäßig garantierten Rechte und Zuständigkeiten betroffen sind. Die Österreichische Strategie steht hinsichtlich der Notwendigkeit die vertikale Integration zu verbessern nicht alleine da; dies ist vielmehr ein Problem, dass sich in vielen Ländern in ähnlicher Weise stellt und für das institutionelle Innovationen notwendig sind. Wie dargestellt verfügt die Nachhaltigkeitsstrategie bereits über breit angelegte partizipative Mechanismen. Eine Verbesserung dieser Zusammenarbeit ist in der Tiefe möglich und sinnvoll, beispielsweise durch eine Schwerpunktsetzung auf inhaltlicher wie regionaler Ebene. Trotz der Anstrengungen des Komitees und des Forums für eine Prioritätensetzung, ist bisher keine klare Schwerpunktbildung unter den Maßnahmen zu erkennen. Eine Schwerpunktbildung und die deutlichere Anbindung von Maßnahmen an die Nachhaltigkeitsstrategie würde zukünftig auch die Wirkung der Strategie insgesamt erhöhen. Durch eine Konzentration auf besonders vordringliche Nachhaltigkeitsprobleme in Österreich oder auf bestimmte regionale Probleme könnte ein solcher Effekt bereits erzielt werden. Eine derartige Prioritätensetzung eröffnet zudem die Möglichkeit, die Einbindung der Akteure flexibel an die jeweiligen Schwerpunktsetzungen anzupassen. Somit würde die Grundlage für eine effektivere Koordination in spezifischen Sachfragen geschaffen und zugleich die so wichtige Grundsatzkoordination unter Beteiligung aller Akteure aufrechterhalten. Für eine effektivere Beteiligung wissenschaftlicher Expertise und gesellschaftlicher Akteure sollten ähnlich wie in anderen Ländern zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die die unabhängige und fachkundige Begleitung des Umsetzungsprozesses sicherstellen. Innovationsorientierung und Kommunikation Die hervorragenden Ausgangsbedingungen Österreichs im Bereich der Innovationsorientierung lassen allenfalls die Frage offen, wie dieser komparative Vorteil noch stärker ausgenutzt werden kann. Zum einen kann das starke Engagement Österreichs in der Forschungs- und Technologiepolitik noch weiter ausgebaut werden, um die potentiellen Vorteile des Wandels zu nachhaltigerer Politik voll auszuschöpfen. Zum anderen hat sich eine enge Verknüpfung von Innovations- und Problemorientierung durch eine zielgerichtete Kommunikationsstrategie als sehr zweckmäßig erwiesen. Einzelprobleme mit hoher medialer Aufmerksamkeit können etwa als Möglichkeit benutzt werden, um Nachhaltigkeitsthemen insgesamt höhere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Dabei ist es wichtig, nicht nur die Probleme zu benennen, sondern auch mögliche Lösungswege und sich daraus ergebende Chancen aufzuzeigen. Die Nachhaltigkeitsstrategie und der öffentliche Diskurs über Nachhaltigkeitsthemen in Österreich sind noch weitgehend von einander entkoppelt. Ihr Charakter einer Verwaltungsstrategie macht die Verwaltung selbst zur vorrangigen Zielgruppe. Erst in zweiter Linie werden gesellschaftliche Interessengruppen angesprochen und einbezogen. Die Strategie selbst und die Herausforderungen und Initiativen im Umsetzungsprozess werden kaum von den Medien aufgegriffen oder entsprechend offensiv über die Medien kommuniziert. Auch einzelne Umsetzungsmaßnahmen werden nur selten als Initiativen der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie dargestellt oder als solche in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Die geringe Reichweite der Strategie in die gesellschaftlichen Gruppen und Öffentlichkeit – jenseits der unmittelbar beteiligten Akteure – ist jedoch auch ein Defizit in den meisten anderen Staaten. Daher sollte die Nachhaltigkeitsstrategie in der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Medienpartnerschaften haben sich hier als erste sinnvolle Ansätze erwiesen. Ein mögliches weiteres Instrument dafür wäre die Organisation von Nachhaltigkeitstagungen. Hier sollten verschiedene Kanäle benutzt werden, um dem Gedanken der Nachhaltigkeit insgesamt einen größeren Stellenwert beizumessen. Insgesamt sollte eine kohärente Kommunikationsstrategie entwickelt werden, die auch der Tatsache Rechnung trägt, dass die Projektleiter in den Ministerien in der Regel ein Eigeninteresse an der öffentlichkeitswirksamen Profilierung ihrer Maßnahmen haben und sie darin unterstützt werden sollten. Notwendig für die Kommunikation der Strategie wäre eine stärkere Fokussierung auf vordringliche Handlungsfelder. Die Vielzahl von unterschiedlichen Feldern und Zielen erleichtert zwar die Zustimmungsfähigkeit, ein Dialog über die Prioritäten wird bisher allerdings vermieden. Langzeitorientierung und Finanzierung In praktisch allen Ländern besteht das Problem, dass langfristige Politik in den bestehenden Institutionengefügen schwer durchzusetzen ist. Das ist jedoch neben der Politikintegration eine zentrale Aufgabe der Nachhaltigkeitsstrategie. Die Langzeitorientierung sollte stärker in der Strategie und ihrem Umsetzungsprozess verankert werden. Durch die systematische Evaluation ihrer Erfolge anhand von Indikatoren ist die Nachhaltigkeitsstrategie in diesem Gebiet bereits weit fortgeschritten. Dieser Ansatz könnte dahingehend weiterentwickelt werden, den Beitrag der einzelnen Umsetzungsmaßnahmen zur Erreichung der langfristigen Ziele konsequent zu evaluieren. Bereits während der Durchführung von Maßnahmen würden so wertvolle Informationen als Feedback zur Verfügung stehen. Die Notwendigkeit einer konsequenten Langzeitorientierung wird jedoch gerade im Hinblick auf die Finanzierung von Maßnahmen besonders deutlich. Daher ist eine Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Budgetplanung anzustreben. Denkbar ist eine jährliche Abschätzung der Auswirkungen des Budgets auf Nachhaltigkeitsaspekte, wie dies in mehreren Ländern praktiziert wird. Auch die Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden könnten im Hinblick auf die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen überprüft werden. Der vollständige Evaluationsbericht findet sich auf der Internetseite www.nachhaltigkeit.at. Weitere Informationen zur Evaluation erhalten Sie bei: Dr. Wolfram TERTSCHNIG Lebensministerium, Abteilung II/3 Stubenbastei 5, 1010 Wien Fon: +43-1-515221602 Fax: +43-1-51316791351 E-Mail: Wolfram.Tertschnig@lebensministerium.at Web: www.lebensministerium.at

Berichtsdateien

Evaluationsbericht_NStrat_Langfassung_06-05-11.pdf

Autor/innen

Alexander Carius, Klaus Jacob, Martin Jänicke, Wolfgang Hackl