Projekt-19: Spermien-Gefrierkonservierung bei Karpfenfischen (Cyprinidae)

Projektleitung

Franz Lahnsteiner

Forschungseinrichtung

Universität Salzburg - Naturwissenschaftliche Fakultät Institut für Zoologie

Projektnummer

1092

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Cryopreservation of semen of cyprinid fishes

Projektziele

Entwicklung einer praxistauglichen Gefrierkonservierungsmethode für den Samen der Karpfenfische, Cyprinidae, die universell für alle Arten anwendbar ist, und mit der bei einem Samen/Eiverhältnis < 5 Mio. Spermien/Ei Befruchtungsraten von 90 bis 100% der Kontrollbefruchtung mit Frischsamen erzielt werden.
Untersuchung der Gefrierkonservierung von Samen der Karpfenfische, Cyprinidae, mit dem Ziel optimale Verdünner, Äquilibrierungs-, Einfrier- und Auftaumethoden und Befruchtungstechniken für die Praxis zu entwickeln.

Praxisrelevanz

Die Samengefrierkonservierung ermöglicht die Anlage von qualitativ hochwertigen Samendepots, optimiert die Ausnutzung von Laichmaterial und verbessert somit die ökonomischen Grundlagen der Fischproduktion.
Durch die Anlage von Samendepots ermöglicht die Konservierung von genetischem Material in ausreichend hoher Variabilität die Erhaltung der Biodiversität (mehr als 60% der österreichischen Fischarten, darunter zahlreiche Cypriniden, sind gefährdet). Bei Nachzucht- und Wiederbesatzmaßnahmen können somit stabile Populationen gewährleistet werden.

Berichte

Abschlussbericht , 01.08.2000

Kurzfassung

Als Modell für die Untersuchungen wurde die Seelaube Chalcalburnus chalcalburnus (Unterfamilie Abraminae) verwendet, da sie in der Umgebung der Universität Salzburg leicht erhältlich ist und eine lange Reproduktionsphase hat. Im ersten Teil des Projekts wurden grundlegende kryobiologische Untersuchungen durchgeführt. Potentielle interne und externe Gefrier-schutze wurden stufenweise, und in verschiedenen Konzentrationen und Kombinationen getestet und die Einfrier- und Auftaubedingungen wurden standardisiert. Zur Kontrolle der Spermienvitalität wurde in diesem Abschnitt des Projekts die computergestützte Zellmotilitätsanalyse verwendet, da die Motilitätsrate des gefrierkonservierten Samens signifikant mit der Befruchtungsrate korreliert. Basierend auf diesen Untersuchungen wurden die optimale Verdünnerzusammensetzung, die optimale Äquilibrierungszeit und die besten Einfrier- und Auf-taubedingungen ermittelt. Dann wurde dieses Gefrierkonservierungsprotokoll an anderen Karpfenfischen getestet. Es wurden Arten aus-gewählt, die Bedeutung zur Anlage von Gendepots und für Biodiversitätsprogramme haben, aber auch Arten von wirtschaftlicher Bedeutung (Cyprininae: Karpfen - Cyprinus carpio, Graskarpfen- Ctenopharyngodon idella, Silberkarpfen Hypophtalmichthys molitrix, - Barbe - Barbus barbus; Leuciscinae: Aitel - Leuciscus cephalus, Rußnase - Vimba vimba, Nase - Chondrostoma nasus). Für alle untersuchten Arten wurden mit gefrierkonserviertem Samen Motilitätsraten im Bereich von 50 – 60% erzielt, zusätzlich wiesen 20 bis 25% der Spermien lokale Motilität auf. Die Motilität von gefrierkonserviertem Samen der Karpfenfische ist daher weitaus höher als bei den Salmoniden (Motilitätsrate etwa 20 – 25%, Rate der lokal motilen Spermien 10-15%). Im zweiten Teil des Projekts wurde die künstliche Befruchtungstechnik für gefrierkonservierten Samen optimiert. Dabei wurden folgende Para-meter untersucht: Auftaubedingungen, Zusammensetzung und Menge der Befruchtungslösung, Befruchtungstechnik, Verdünnungsrate des Samens im Verdünner und Verwendbarkeit von 1,2 ml Pailletten. Basierend auf den Ergebnissen des ersten Projektteils waren in diesem Abschnitt Verdünnerzusammensetzung, Äquilibrierungszeit und Einfrierbedingungen Konstante. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: Befruchtungstechnik: Für den Kontrollsamen bestand kein Unterschied, wenn die trockene oder die nasse Befruchtungstechnik angewandt wurde. Für ge-frierkonservierten Samen war die Rate der sich entwickelnden Embryonen unabhängig von der Befruchtungstechnik bis zum Morulastadium gleich. Danach stellte ein Großteil der Eier, die mit der nassen Methode befruchtet wurden, ihre Entwicklung ein, während sich die Eier, die trocken befruchtet wurden, normal weiterentwickelten. Zusammensetzung und Menge der Befruchtungslösung: Im Kontrollsamen war die Befruchtungsrate gleich hoch, wenn Wasser oder 50-mmol-l-1-NaCl Lösung verwendet wurde. Auch die Menge der Befruchtungslösung spielte keine Rolle. Für gefrierkonservierten Samen war Wasser die beste Befruchtungslösung. Die optimale Menge an Befruchtungslösung war von der Verdünnungsrate, die zur Aktivierung der Spermienmotilität notwendig war, abhängig, aber auch von der Spermienkonzentration in der Befruchtungslösung. Auftaubedingungen: Die Fertilität von gefrierkonserviertem Samen nahm mit zunehmender Auftauzeit und abnehmender Auftautemperatur ab, optimal war eine Temperatur von 35°C und eine Zeitspanne von 10 sec. Verdünnungsrate des Samens im Verdünner und Verwendbarkeit von 1,2 ml Pailletten: Die Optimierung beider Parameter ist notwendig, um Samen effizient einfrieren zu können. Eine Verdünnungsrate von 1 : 7 bis 1 : 10 (Samen : Verdünner) war optimal und resultierte in der höchsten Samenfertilität. Wurden die Einfrier- und Auftaubedingungen adaptiert, konnten mit 1,2 ml Pailletten gleich gute Ergebnisse wie mit 0,5 ml Pailletten erzielt werden. Nach Optimierung der beschriebenen Parameter konnten mit gefrierkonserviertem Samen in allen untersuchten Cypriniden Befruchtungsraten im Bereich von 90-100% der Befruchtungsrate mit Kontrollsamen erzielt werden. Das Spermien–Eiverhältnis betrug 1,5 x 106 : 1 bis 3,5 x 106 : 1. Im auf Grundlagenforschung bezogenen Teil des Projekts wurde an der Laube (Chalcalburnus chalcalburnus, Cyprinidae) und vergleichend an der Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss, Salmonidae) der Einfluss verschiedener Motilitätsparameter des Samens auf die Fertilität untersucht, mit dem Ziel die entscheidenden Parameter zu stabilisieren, und die Befruchtungstechnik zu verbessern. Drei Lösungen zur Aktivierung der Spermienmotilität wurden getestet, in denen die Spermien unterschiedliche Anfangsmotilitätsraten und unterschiedliche Motilitäts-dauer hatten. Dies waren Wasser (Motilitätsdauer < 1 min), Natriumchloridlösungen (< 2 min) und spezielle, die Spermienmotilität verlängernde physiologische Lösungen (> 10 min). Die erste Serie an Versuchen zeigte, dass der Samen so lange fertil blieb, wie er motil war. Die Eier blieben mindestens solange befruchtungsfähig, wie die Spermien motil waren. Anschließend wurde ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem die Anzahl der Spermien berechnet werden konnte, die theoretisch die Mikropyle erreichten. In Wasser waren es im Verlauf der ganzen Motilitätsperiode 10 - 15 Spermien bei einem Spermien : Ei Verhältnis von 30000 : 1, in NaCl Lösungen 35 – 300, und in den die Spermienmotilität verlängernden Lösungen >2000. Daher sollte in den die Sper-mienmotilität verlängernden Lösungen die höchste Befruchtungsrate erzielt werden, gefolgt von NaCl Lösungen und Wasser, und diese Unterschiede sollten bei niedrigem Spermien : Eiverhältnis besonders klar zu Tage treten. Dies war aber nur bei der Laube der Fall. Bei der Regenbogenforelle hatte die Motilitätsdauer keinen Einfluss auf die Befruchtungsrate. Unabhängig von Spermien - Eiverhältnis waren die Befruchtungsraten in allen drei getesteten Lösungen gleich. Weiterführende Versuche zeigten, dass Regenbogenforel-leneier in der Gegenwart von Samen (sowohl von fertilem als auch infertilem) ihre Befruchtungsfähigkeit in weniger als einer Minute verlieren, während Eier der Laube befruchtungsfähig blieben. Das mathematische Modell wies darauf hin, dass die Befruchtung bei der Regenbogenforelle in den ersten 20-30 sec nach der Spermienaktivierung erfolgte, da in diesem Zeitraum die Anzahl der Spermien, die die Mikropyle erreichte für alle Aktivierungslösungen gleich war. Daher existieren bei den Cypriniden und Salmoniden verschiedene Mechanismen der Spermien–Ei-Interaktion. Bei den Cypriniden bleiben die Eier in der Gegenwart von Samen befruchtungsfähig. und einer langen Motilitätsdauer kommt große Bedeutung, sogar größere Bedeutung als einer hohen Anfangsmotilität zu. Dagegen verlieren die Eier der Salmoniden in der Gegenwart von Samen ihre Befruchtungsfähigkeit sehr rasch, die Spermienmotilitätsdauer spielt somit keine Rolle für die Fertilität, nur eine hohe anfängliche Motilitätsrate und Schwimm-geschwindigkeit. GEFRIERKONSERVIERUNGSPROTOKOLL FÜR CYPRINIDENSAMEN: Benötigtes Material zur Gefrierkonservierung: Verdünner, Stickstoffcontainer, Flüssigstickstoff, Einfriervorrichtung, Einfriergefäße, Gefäße zum Sammeln und Verdünnen von Samen, Messgefäße zur Samenverdünnung Verdünner: Zusammensetzung: 75 mmol/l NaCl, 70 mmol/l KCl, 2 mmol/l CaCl2, 1mmol/l MgSO4, 20 mmol/l Tris (pH 8.0), 10 % Dimethylsulfoxid (DMSO) (v/v) und 0.5% Glycin (w/v) Zubereitung: 0,435g NaCl; 0,550 g KCl; 0,030 g CaCl2; 0,025 g MgSO4; 0,242 g Tris; 100 ml H2O, pH auf 8,5 einstellen, Zugabe von 0,5g Glycin und 10 ml DMSO. Haltbarkeit: circa 1 Woche bei 4°C, 2-3 Monate bei –25°C Einfriergefäße: 0,5 ml oder 1,2 ml Pailletten, entsprechend dem beigelegten Schema können mehrere 1,2 ml Pailetten zusammengeklebt oder mit Plastikhüllen verbunden werden, wenn große Samenmengen benötigt werden Einfriervorgang Samengewinnung: Abstreifen oder mit Katheder; Verarbeitung unmittelbar nach Gewinnung; ist sofortige Verarbeitung unmöglich, Lagerung bei 4°C und in dünner Schichtdicke (2 – 3 mm), um gute Sauerstoffversorgung zu gewährleisten Mischung von Samen und Verdünner (Verdünnungsrate): 1 Teil Samen mit 7 Teilen 4-6°C kaltem Verdünner mischen Einfüllen des Samens in die Einfriergefäße Äquilibrierungszeit (Kontaktzeit Spermien – Verdünner vor dem Einfrieren): <3 min bei 4°C Einfrieren: im Dampf von Flüssigstickstoff, 0,5 ml Pailletten 4 cm über dem Flüssigstickstoff-spiegel, 1,2 ml Pailletten im Stickstoffdampf 3 cm über dem Flüssigstickstoffspiegel Auftauen: 0,5 ml Pailletten: 35°C Wasserbad, 10 sec; 1,2 ml Pailletten: 40°C Wasserbad, 10 sec Befruchtungstechnik: trocken (Eier + Samen mischen, anschließend Befruchtungslösung zugeben) Ei/Samenverhältnis: 1 g Eier (350 ± 20) + 1 Stück 0,5 ml Paillette Befruchtungslösung: Wasser, 5 ml pro 1 Stück 0,5 ml Paillette

Berichtsdateien

1092_Abschlussbericht_Zusammenfassung.doc

Autor/innen

Univ. Doz. Dr. Franz LAHNSTEINER, Mag. Thomas WEISMANN, Mag. Beate BERGER