Projekt-15: Praxisorientierte Untersuchungen des Transfers von Schwermetallen unter besonderer Berücksichtigung des Arsens vom Boden in Nutzpflanzen

Projektleitung

Walter Kosmus

Forschungseinrichtung

Karl-Franzens-Universität Graz - Naturwissenschaftliche Fakultät Institut für Chemie

Projektnummer

822

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Projektziele

Erarbeitung von Untersuchungsmethoden zur Beurteilung des pflanzenverfügbaren Teils der im Boden befindlichen Schwermetalle.
Ermittlung des Schwermetalltransfers Boden/Pflanze/Grundwasser bei Feldversuchen mit 16 verschiedenen Kulturarten (Winterraps, Winterweizen, Winterroggen, Wintertriticale, Dauergrünland, Feldfutterintensivmischung, Sommergerste, Mais, Rübe, Kartoffel, Salat, Erbse, Karotte, Gurke, Phacelia, Buchweizen) und durch vegetationskundliche Aufnahmen und Screeninganalysen der vorhandenen Pflanzenarten verschieden belasteter Standorte.

Berichte

Abschlussbericht , 21.06.2001

Kurzfassung

In die Untersuchungen bezüglich einer möglichen Gefährdung durch erhöhte Gehalte an Schwermetallen im Boden wurden folgende Rasterstandorte einbezogen: Leibnitz 9, Graz 2, Neumarkt 10 und 12, Bruck 5, Liezen 7, Leoben 8, Industrie 3, Knittelfeld 3. Hinzugefügt wurde noch die Vererzung in Gasen, um im Hinblick auf Arsen einen Extremstandort zur Verfügung zu haben, und die Versuchsfelder der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft in Gumpenstein und Piber. Folgende Arbeiten wurden für diese 10 Standorte durchgeführt: Bodenproben bis 50 cm Tiefe in 10 cm Abständen wurden entnommen. Für jede dieser Schichten wurden Königswasserextrakte nach ÖNORM L 1085 hergestellt. Weiters wurden bei der obersten Bodenschicht folgende Extraktionsmittel angewendet: 0.2 M Salzsäure, 0.05 M Zitronensäure, 0.1 M Ascorbinsäure, 0.02 M Dinatriumhydrogenphosphat + 0.1 M Natriumchlorid + 1% Natriumcarbonatlösung, 0.03 M Natriumfluoridlösung und Wasser. Bestimmt wurden die Gehalte der Elemente: Cr, Co, Ni, Cd, Zn, Mo, Sn, Hg, As, Fe, Cu, V, Mn, Sr, Sb, Ba, Tl, Bi, U und Pb. Zur besseren Bodencharakterisierung wurden zusätzlich mineralogische Analysen der Feinfraktion durchgeführt. An allen Standorten wurden Regenwürmer als Bioindikatoren gesammelt und sowohl deren Elementgehalt als auch deren Arsenverbindungen bestimmt. Um den Transfer Boden - Pflanze zu studieren, wurden auch für die einzelnen Standorte jeweils typische und mit anderen Standorten vergleichbare Pflanzen gesammelt. In Vorversuchen (Piber und Gumpenstein) und einer intensiven Studie im Rahmen eines exakten Anbaus von Kulturpflanzen in Admont (Liezen 7) wurden verschiedenste landwirtschaftlich relevante Kulturen untersucht. In Admont wurde zusätzlich eine Saugkerzenanlage installiert; es wurden sowohl das Bodenwasser als auch die Kulturpflanzen über die gesamte Vegetationsperiode hinweg beprobt und analysiert. Die Pflanzenteile wurden mit Wasser von Partikeln befreit, gefriergetrocknet und in einem Mikrowellenaufschluss mit Hilfe von konz. HNO3+ H2O2 verascht. Bestimmt wurden Cr, Co, Ni, Cd, Zn, Mo, Sn, Hg, As, Fe, Al, Cu, V, Li, Be, Mn, Sr, Sb, Ba, Tl, Bi, U und Pb; beim Bodenwasser zusätzlich Sulfat, Nitrat und Chlorid. Als hauptsächliche Analysenmethode kam die ICP-MS Technik zur Anwendung, in einigen Fällen die FAAS und HG-AAS, HPLC und HPLC-ICPMS. Die Analysenqualität wurde laufend durch Parallelbestimmungen von Referenzmaterial kontrolliert. Zur Methodik: Trotz der großen Zahl an Analyseproben und des damit verbundenen großen Aufwandes haben sich Extraktionsmittel als nicht geeignet erwiesen, über die Pflanzenverfügbarkeit von Elementen eine Aussage zu treffen. Jede Pflanzenart verhält sich gegenüber dem Elementangebot individuell, bevorzugt das eine oder andere Element. Keine statistische Methode konnte einen Zusammenhang bzw. Faktor zwischen den in den Extraktionsmitteln festgestellten Gehalten und jenen in den Pflanzen herstellen. Einige Beispiele sind im Kapitel über den Standort Knittelfeld dargestellt. Wenn auch bei den Untersuchungen nur eine kleine Auswahl der publizierten, in die Hunderte gehenden Extraktionsmöglichkeiten gewählt wurde, so ist generell die Sinnhaftigkeit fraglich. Ebenso können Extraktionsmittel keine Aussage bezüglich einer spezifischen Bindung eines Elementes/Ions an eine bestimmte Mineralphase erbringen, was von einigen Autoren vor allem bei sequentiellen Extraktionen behauptet wird. Während der Extraktionsschritte unterliegt das System verschieden schnell ablaufenden Lösevorgängen, die alle durch unterschiedliche Kinetik gekennzeichnet sind. Dieser Kinetik übergelagert sind die ständig ablaufenden zahlreichen Gleichgewichte von Ad- und Desorptionsvorgängen. Wesentlicher Bestandteil der Bodenuntersuchung ist der Königswasserauszug und wird es auch bleiben. Das Lösevermögen dieser Mischung aus konzentrierter Salz- und Salpetersäure steht allerdings in keiner Relation zu einer Pflanzenverfügbarkeit. Jedoch ist nur der Massetransfer vom Boden in die Pflanze von umwelthygienischer Bedeutung und ihn gilt es zu bestimmen. Der Königswasserauszug zeigt Gefährdungspotentiale an, die eine nähere Untersuchung verlangen. Daneben spielt die Bioindikation eine wesentliche Rolle. Regenwürmer sind an sich gut geeignet, die bioverfügbare Fraktion eines Elementes anzuzeigen. Ein besonders gutes Beispiel liefert der Weinbaustandort in Leibnitz. Der Zinkgehalt ist im Königswasserauszug nicht besonders auffällig. Der Zinkgehalt in den Regenwürmern ist jedoch auffallend hoch, da das Zink mit den Fungiziden in einer organisch komplexierten Form und damit sehr bioverfügbar eingebracht wurde. Eine schwer beherrschbare Schwierigkeit ergibt sich jedoch für die routinemäßige Verwendung der Regenwürmer als Bioindikatoren. Der Darmkanal ist nur schwer von den Bodenpartikeln zu befreien. Solche Reste können natürlich den Gehalt in der reinen Biofraktion verfälschen. Die Frage der Bioverfügbarkeit mineralischer Fraktionen im Boden wird sich nur mit Hilfe sogenannter Indexpflanzen bestimmen lassen. Dies sind jene, die eine gewisse Vorliebe für ein Element zeigen, wie z. B. Kürbis für Kupfer oder Raps für Thallium. Eine solche Liste wäre sehr hilfreich um einen möglichen überdurchschnittlichen Transfer eines Schwermetalls in die Nahrungskette zu erkennen. Stellt man durch einen Königswasserauszug fest, dass ein Gefährdungspotential vorliegen könnte, kann man in einem zweiten Schritt durch eine Analyse der geeigneten Indexpflanze die Frage einer Mobilität des Elementes in Sinne des ‘worst case’ beantworten. Als methodisch fragwürdig für die Beurteilung von Boden-Pflanze-Transferraten müssen allerdings alle dicht am Boden befindlichen Pflanzenteile gelten. Keine Reinigungsprozedur kann die Bodenpartikel im µm-Bereich von den Blattoberflächen entfernen. Damit sind die Ergebnisse immer nach oben verfälscht. Die Anforderungen des modernen Bodenschutzes stellen auch die untersuchenden Stellen vor immer neue Aufgaben. In analytischer Hinsicht müssen diese Stellen mit modernen Untersuchungsmethoden ausgerüstet werden. Bei den heutigen Sachfragen soll der Analytiker nicht vor die Frage gestellt werden, welches Element er in der Probe zu bestimmen hat. Simultane Methoden, die jedes Element über einer bestimmten Nachweisgrenze anzeigen, sollten zur Standardausrüstung der Untersuchungsanstalten gehören. Zum Problem Arsen im Boden: Betrachtet man die Untersuchungen bezüglich Bodenschutz im Überblick, so ist das auffälligste Element Arsen. Gerade dieses Element überschreitet in einer beunruhigenden Anzahl von Standorten die international angenommenen Richt- und Grenzwerte. Dabei kommen in der Steiermark zwei Gründe zum Tragen: Erstens ist es die geologische Situation mit den zahlreichen Vererzungen im alpinen Gelände. Zweitens ist es die Art der Untersuchungsmethode. Arsen kommt in den Proben zu hundert Prozent in königswasserlöslichen Verbindungen vor. Daher tritt in den analysierten Aufschlüssen dieses Element mit seinem Gesamtgehalt auf. Andere toxische Schwermetalle, wie Nickel und Chrom, sind vor allem in der Silikatfraktion vertreten, die nicht königswasserlöslich ist. Auf Grund der vorliegenden Untersuchungen kann man bezüglich des Auftretens von Arsen in den steirischen Standorten folgendes Bild zeichnen: Die Standorte mit erhöhtem Gehalt von Arsen können in drei Gruppen eingeteilt werden: 1) Geogene primäre Vererzungen: Als Beispiel dafür kann Gasen herangezogen werden. 2) Geogene Sedimentablagerungen: Hier sind es vor allem die Schwemmfächer der Flüsse Mur und Enns, ein typischer Standort dafür ist LIE 7 3) Anthropogene Kontaminationen: Da Arsen sehr rauchgasflüchtig ist, kommt es zu Immissionsbelastungen in der Nähe solcher Quellen. Ein typisches Beispiel ist IND 3, wobei es sich dort um eine Mischung aus geogener und anthropogener Belastung handelt. Wie sind nun die drei Gruppen umweltbezogen einzuordnen? Bei den primären Vererzungen handelt es sich tatsächlich um Gefährdungsgebiete. Das Arsen liegt im Boden hauptsächlich in seiner niedrigsten Oxidationsstufe als Arsenid vor. Die Verwitterungsprozesse führen ständig zu einer Oxidation des Arsenids zu Arsenit und daraufhin Arsenat; Die Bedingung für eine Mobilisierung des Elementes in wasserlösliche Form ist ständig gegeben. Die Untersuchungen nicht nur in Gasen zeigen, dass Arsen in den Grundwässern über die zulässigen Grenzwerte auftreten kann, was das Potential an kanzerogenen Erkrankungen bei Genuss dieses Wassers stark erhöht. Pflanzen können mit dem extrem hohen Angebot im Boden nicht mehr fertig werden, ein Eintrag in die Nahrungskette ist gegeben. Solche Gebiete der Steiermark - dazu gehören die seit Jahrhunderten bekannten Gebiete mit sulfidischen Vererzungen und damit verbundener reger Verhüttungstätigkeit in unmittelbarer Umgebung - gehören kartiert. Eine Bodenbearbeitung, wie es in Gasen geschehen ist, sollte den Landwirten untersagt werden. Die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung in diesen Gebieten sollte rigoros auf Arsen untersucht werden. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass von den sekundären Sedimentablagerungen mit hohem Arsengehalt mit einer kleinen Einschränkung (s.u.) keine Gefährdung ausgeht. Diese Ablagerungen stammen aus eiszeitlich abgetragenen Vererzungen aus dem inneralpinen Bereich, die durch die Bewegung der Gletscher in tiefer liegende Gebiete ausgebracht wurden. Während dieses Transportprozesses wurde das Erzmaterial vermahlen und in Kontakt mit Luft gebracht. Während dieser Zeit konnte der Verwitterungsprozess stattfinden und das primär vorliegende Arsenid wurde zum Arsenat oxidiert. Einen bedeutenden Beitrag für eine rasche Oxidation liefert der Anteil der Smectite im Gestein. Durch zahlreiche Laborversuche konnte gezeigt werden, dass die Oberfläche der Blättchensilikate einen sehr wirksamen Katalysator für diese Oxidation darstellt. Daher wurde an den Standorten durch eine röntgenographische Analyse die Zusammensetzung der Feinfraktion bestimmt. An allen Standorten konnten solche katalytisch wirksamen Minerale mit genügendem Anteil nachgewiesen werden, um bei ausreichender Belüftung des Bodens das Arsen in der Oxidationsstufe des Arsenates zu halten. Daher liegt das Arsen in diesen Sedimenten hauptsächlich als Erdalkaliarsenate, die sehr schwer wasserlöslich sind, vor. Modellrechnungen mit den in den Bodenwässern festgestellten Konzentrationen an Ionen zeigen, dass das Bariumarsenat auf Grund seines kleinen Löslichkeitsproduktes die dominierende Form darstellt. Jedoch sind solche Ergebnisse etwas mit Vorsicht zu betrachten, da Gleichgewichte im Boden nicht nur von der zahlenmäßigen Größe von Löslichkeiten bestimmt werden. Auf Grund der geringen Löslichkeit beträgt in diesen Sedimenten die Konzentration von Arsenat im Bodenwasser während der ganzen Vegetationsperiode, das mittels Saugkerzen 30 cm unter der Oberfläche gewonnen wurde, nur 1-2 µg/L. Daher geht von diesen Gehalten keine Gefährdung für das Grundwasser aus. Auch konnte keine der untersuchten Kulturpflanzen durch ihre Wurzelaktivität das Arsenat in lösliche Form bringen. Eine einzige Möglichkeit, dass das Arsenat mobil wird, wurde durch Laborversuche gezeigt. Wenn das elektrochemische Potential im Boden absinkt, d.h. durch Stauwasser eine längere anaerobe Periode auftritt, kann das Arsenat zu Arsenit reduziert werden. Arsenit ist im Gegensatz zu Arsenat bei den üblichen pH-Werten des Bodens ungeladen und wird dadurch geringer adsorbiert. Arsenite sind auch gegenüber Arsenaten leicht löslich. Daher tritt das Arsen von der festen Phase in die lösliche über. Es wäre noch durch Studien zu prüfen, ob dies wirklich bei Staunässe auftreten kann, so z.B. bei Gleyeböden. Diese reduzierenden Phasen sind an sich bekannt, so wurde bei der Lysimeterstation in Wagna eine Reduktion von Nitrat zu Nitrit beobachtet, jedoch nur ein einziges Mal innerhalb von 7 Jahren. Bei derartigem Absinken des elektrochemischen Potentials muss auch mit dem Auftreten von höheren Konzentrationen von Arsenit im Grundwasser gerechnet werden. Solche Perioden treten wie es scheint sehr selten auf und dauern nur eine beschränkte Zeit. Es ist nicht anzunehmen, dass dadurch eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit zu erwarten ist, da mit keiner längerfristigen Aufnahme von Arsen zu rechnen ist und es daher auch zu keiner chronischen Vergiftung kommen kann. Von akut toxischen Konzentrationen sind die Arsenkonzentrationen weit entfernt. Es sei jedoch angemerkt, dass in Südostasien Millionen Einwohner von diesem Problem betroffen sind. Eine Gesundheitsgefährdung durch Arsen über Inhalation könnte am Standort IND3 vorliegen. Nachdem aber dieser Studie nur die Immissionsbelastung der Bodenoberfläche zugänglich war, besteht keine Information über welchen Zeitraum diese Belastung angehäuft wurde. Hier müsste eine Analyse des Staubes, der über einen Impaktor größenfraktioniert gesammelt wird, eine eindeutige Auskunft geben. Auf alle Fälle ist zu prüfen, ob durch eine technische Verbesserung die Emission überhaupt verhindert werden kann. Die Studie liegt in der Abt II 1 des BMLFUW in Papierform auf (Tel. 01 71100 6876).