Kontrolle der zur Messung verwendeten Peristaltikpumpe durch einen Schüler

© HBLFA Raumberg-Gumpenstein/ Mayer R.

PowerStreams: Die Selbstreinigungskraft von Fließgewässern unter dem Druck zunehmender Nährstoffbelastung

Projektleitung

Renate Mayer

Forschungseinrichtung

LFZ Raumberg-Gumpenstein

Projektnummer

101055

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Unbeeinflusste Fließgewässer besitzen die Fähigkeit, Stoffe aus dem Umland aufzunehmen und zurückzuhalten. Diese natürliche Selbstreinigungskraft wird durch die zunehmende Belastung infolge von Nährstoffeinträgen und Gewässerregulierungen massiv beeinträchtigt. Hohe Nährstoffkonzentrationen können außerdem biochemische Prozesse in den Gewässern verstärken, die zu einer erhöhten Produktion von Treibhausgasen führen. Somit wirkt sich die Nährstoffbelastung nicht nur in einer Verschlechterung der Wasserqualität aus, sondern kann auch Folgen für das Klima nach sich ziehen.
Im Projekt PowerStreams wird, unter Zusammenarbeit von Partnern aus Forschung, Bildung und Wirtschaft, die Wirkung von Nährstoffbelastungen und Gewässerregulierungen auf die Effizienz und die Nachhaltigkeit der Selbstreinigungskapazität von Bächen untersucht. Das Ziel ist es, die wechselseitige Wirkung der menschlichen Einflüsse auf die Stoffbilanz von Fließgewässern zu quantifizieren, um Handlungsmöglichkeiten für das Management von Fließgewässern zu identifizieren. Gemeinsam mit Jugendlichen wird die Aufnahme von gelöstem Stickstoff und Kohlenstoff in wenig bis massiv belasteten naturnahen und regulierten Gewässerstrecken experimentell gemessen. Gleichzeitig wird die Produktion von Treibhausgasen in den Gewässern bestimmt. In Laborversuchen testen SchülerInnen im Rahmen ihrer vorwissenschaftlichen Arbeiten das Potential von Sedimenten für eine Aufnahme oder Abgabe von Nährstoffen und Treibhausgasen unter unterschiedlichen Umweltbedingungen. Mittels eines Langzeitversuches wird geklärt, wie sich Nährstoffeinträge über längere Zeiträume auf den Stoffhaushalt der Gewässer und die Wasserqualität auswirken. Für langfristige Kooperationen mit den Schulen wird ein Kooperationsmodell zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Rahmen von Forschungswochen und gemeinsam betreuten vorwissenschaftlichen Arbeiten entwickelt.
Das Projekt wird vom WasserCluster Lunz - Biologische Station GmbH geleitet. Weitere Projektpartner sind die HBLFA Raumberg Gumpenstein, das BORG Mistelbach, das Francisco Josephinum Wieselburg und das BRG Waidhofen/Ybbs.

Wissenschaftliche Hauptziele des Projektes:
Ziel 1 Analyse des gewässerinternen Rückhalts von gelöstem Stickstoff und organischem Kohlenstoff in naturnahen und regulierten Fließgewässern bei zunehmender Nährstoffbelastung
Ziel 2 Abschätzung der Emission von Treibhausgasen in naturnahen und regulierten Fließgewässern bei zunehmender Nährstoffbelastung
Ziel 3 Klärung der unmittelbaren und langzeitigen Wirkung von Kohlenstoff- und Stickstoffeinträgen auf den Stoffhaushalt und die Wasserqualität unterschiedlich eutropher Fließgewässer

Arbeitspakete:
AP1 Kurzzeiteinspeisungen an mehreren Gewässern
AP2 Langzeiteinspeisungen an einem Modellgewässer
AP3 Potential zur Stoffaufnahme und –abgabe mittels Laborversuchen
AP4 Synthese der Daten und Aussagen auf Managementebene

Schlagwörter (deutsch)

Gewässerselbstreinigung, Eutrophierung, Hydromorphologie, Nährstoffretention, Treibhausgasemissionen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

The self-purification capacity of streams under the pressure of increasing nutrient pollution

Projektziele

Die zunehmende Belastung unserer Fließgewässer durch Nährstoffeinträge aus dem Umland und Gewässerregulierungen verändert deren Stoffhaushalt. Das wirkt sich vor allem in Oberläufen aus, die aufgrund ihrer üblicherweise hohen Selbstreinigungskraft hauptverantwortlich für den Stoffrückhalt im Einzugsgebiet sind. Hohe Stoffkonzentrationen im Wasser und in den Sedimenten können zu einer Übersättigung des Systems führen, was eine Beeinträchtigung der gewässerinternen Stoffaufnahme nach sich zieht. Kommt es zusätzlich zu Gewässerverbauungen, werden wichtige physikalische Rahmenbedingungen des Stoffrückhalts verändert und die Situation weiter verschärft. Anstatt als natürliche Rückhalteräume agieren die betroffenen Gewässer zunehmend als Transportsysteme für die vom Umland eingetragenen Stoffe.
Neben der Einschränkung der Gewässerselbstreinigung können hohe Nährstoffbelastungen außerdem biogeochemische Umsetzungsprozesse in den Gewässern fördern, die zu einer verstärkten Emission von Treibhausgasen führen. So können hohe Mengen an Nitrat und organischem Material eine verstärkte Freisetzung von Distickstoffmonoxid verursachen. Anaerobe Prozesse im Zuge einer Gewässereutrophierung fördern wiederum die Produktion von Methan. Somit wirkt sich die Eutrophierung unserer Gewässer nicht nur in einer Verschlechterung der Wasserqualität aus, sondern kann auch Folgen für das Klima nach sich ziehen.

Im Projekt PowerStreams soll die Wirkung der stofflichen und hydromorphologischen Belastung von Fließgewässern auf deren Selbstreinigungsleistung und Treibhausgasemissionen untersucht werden. Entlang eines Gradienten von stofflich wenig belasteten zu massiv belasteten naturnahen und regulierten Oberläufen wird die gewässerinterne Retention von gelöstem Stickstoff und organischem Kohlenstoff im Gewässer analysiert. Anhand von Kurz- und Langzeiteinspeisungen (Stunden bis mehrere Wochen) werden die Auswirkungen von leicht verfügbaren Stickstoff- und Kohlenstoffquellen (Nitrat, Ammonium, Acetat) auf den aquatischen Stoffhaushalt untersucht. Zusätzlich wird die Emission der Treibhausgase Distickstoffmonoxid, Methan und Kohlendioxid in den Untersuchungsgewässern bestimmt. Schließlich wird in Laborversuchen das Potential der Sedimente zur Stoffaufnahme bzw. –abgabe und Treibhausgasproduktion bei ansteigender Stoffbelastung bestimmt. Anhand der Ergebnisse aus dem Freiland und den Laborversuchen wird abgeschätzt, wie sich die Eutrophierung und Regulierung von Gewässeroberläufen auf deren Selbstreinigungskapazität und die Emission von Treibhausgasen auswirken. Die Ergebnisse sollen in das Management von Gewässeroberläufen einfließen.

Folgende Schlüsselfragen stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen:
• Wie wirkt sich die stoffliche und morphologische Belastung von Gewässeroberläufen auf den gewässerinternen Rückhalt von Stickstoff und gelöstem organischem Kohlenstoff aus? Welche internen und externen Faktoren beeinflussen die Aufnahmekapazität der Gewässer?
• Wie wirkt sich die stoffliche und morphologische Belastung der Gewässer auf den Gehalt und die Emission von Kohlendioxid, Methan und Distickstoffmonoxid im Gewässer aus?
• Welche unmittelbaren und langzeitigen Effekte (mehrere Wochen) sind durch die Zugabe von leicht verwertbaren Stickstoff- und Kohlenstoffquellen auf den Stoffhaushalt der Gewässer, deren Wasserqualität und die Emission von Kohlendioxid, Methan und Distickstoffmonoxid zu erwarten?
• Wie hoch ist das Potential der Sedimente zur Stickstoffaufnahme bzw. –abgabe und zur Treibhausgasproduktion unter steigenden Stickstoff- und Kohlenstoffkonzentrationen?
• Welchen Einfluss haben die Eutrophierung und die Regulierung von Gewässeroberläufen auf die Effizienz und Nachhaltigkeit des gewässerinternen Stoffumsatzes?

Ausgehend von den bekannten Forschungsergebnissen basiert das Projekt auf folgenden Hypothesen:

H1: Eine zunehmende Stoffbelastung führt zu einer Reduktion der gewässerinternen Aufnahme von Stickstoff und Acetat.
a) Stofflich wenig belastete Gewässer weisen eine höhere Stickstoff- bzw. Acetataufnahme als stark belastete Gewässer auf.
b) Je höher die zugegebene Menge an Stickstoff bzw. Acetat ist, desto geringer ist die Stickstoff- bzw. Acetataufnahme.

H2: Bei derselben Stoffbelastung weisen kanalisierte Strecken eine schlechtere gewässerinterne Aufnahme von Stickstoff und Acetat auf als naturnahe Strecken.

H3: Eine zunehmende Stoffbelastung führt zu einer verstärkten Freisetzung von N2O und CH4.
a) Wenig belastete Gewässer weisen niedrigere N2O und CH4 Emissionen als stark belastete Gewässer auf.
b) Durch die Zugabe von Acetat und Nitrat wird die Produktion von N2O und CH4 in den Gewässern verstärkt.

H4: Die Zugabe von Nitrat oder Ammonium (leicht verwertbare Stickstoffquelle) führt zu einer Erhöhung der autochthonen Anteile des DOC, die Zugabe von Acetat (leicht verwertbare Kohlenstoffquelle) zu einer Erhöhung der refraktären Anteile des DOC.
H5: Die Zugabe von Acetat erhöht die gewässerinterne Aufnahme von Nitrat bzw. Ammonium.
H6: Sedimente aus belasteten Gewässern weisen ein höheres Potential zur Denitrifikation, Ammoniumabgabe und Emission von N2O auf als solche aus unbelasteten Gewässern.

Praxisrelevanz

Mehrwert für die WissenschafterInnen:
Der unmittelbare Mehrwert liegt in der Unterstützung der Freilandarbeiten und der Übernahme von Laborarbeiten durch die SchülerInnen. Durch die Mitarbeit der SchülerInnen bei den Freilanderhebungen ist es möglich, ein relativ intensives und aufwendiges Probenprogramm zu absolvieren, welches die simultane Messung von unterschiedlichen Daten an vielen Probenstellen gleichzeitig umfasst, eine hohe statistische Aussagekraft ermöglicht und für die Erreichung der Projektziele notwendig ist. Erfahrungen aus anderen Kooperationsprojekten zeigen, dass bei entsprechenden Vorkenntnissen der SchülerInnen durch schulische Laborpraktika, wie sie im Falle der Partnerschulen existieren, und eine ausreichende Einschulung im Rahmen des Projekts die Probennahme und Analyse biogeochemischer Daten den Anforderungen eines Wissenschaftsprojekts entsprechen (Verwendung von Daten aus SchülerInnenpraktika und vorwissenschaftlichen Arbeiten). Besonders die Bearbeitung von Teilaspekten des Projekts im Rahmen von vorwissenschaftlichen Arbeiten hat sich bislang als gewinnbringend sowohl für die WissenschafterInnen als auch für die SchülerInnen herausgestellt. Durch das Eigeninteresse der SchülerInnen an der korrekten Durchführung ist die Qualität der Arbeiten hoch und sind die Daten für wissenschaftliche Publikationen verwertbar. Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit in einem Wissenschaftsprojekt das Interesse der SchülerInnen an einer naturwissenschaftlichen Ausbildung anregen und stellt damit ein wichtiges Instrument zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dar (was langfristig wiederum der Wissenschaft zugute kommt). Die enge Zusammenarbeit mit den SchülerInnen schult außerdem Kommunikations- und Vermittlungskompetenz der WissenschafterInnen, indem komplexe Sachverhalte einfach und anschaulich erklärt werden müssen.

Mehrwert für die SchülerInnen:
Die SchülerInnen werden in den Wissenschaftsprozess eingebunden und erwerben bzw. erweitern so ihre Kompetenz, Wissen selbst zu generieren und für Probleme der Lebenswelt anzuwenden sowie Daten und Aussagen aus Forschungsprozessen zu verstehen und zu interpretieren („Scientific literacy“). Durch die strukturierte Herangehensweise an Probleme im Forschungsprozess erweitern sie ihre Problemlösungskompetenz. Zudem lernen die SchülerInnen neue naturwissenschaftliche Methoden und Geräte kennen, die weit über die in der Schule erlernten Methoden hinausgehen (fachliche Kompetenz), und erleben den unmittelbaren Nutzen dieses Wissens durch die Anwendung im Projekt. Die Einbindung in die Versuchskonzeption lässt die SchülerInnen Partizipation in einem für sie interessanten Bereich (landwirtschaftliche Nutzung vs. ökologischer Nachhaltigkeit) erleben und zeigt ihnen außerdem die Komplexität von Stoffprozessen auf Landschaftsebene (ökologisches Bewusstsein). Durch die Einbindung in den Forschungsprozess werden die SchülerInnen an das Berufsbild ForscherIn herangeführt, der Forschungsprozess verständlich gemacht und Hemmschwellen zum akademischen Wissen abgebaut („Forschung und ForscherInnen zum Angreifen“). Zudem zeigen die Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten, dass die Zusammenarbeit mit WissenschafterInnen außerhalb des Regelunterrichts als interessant und aufregend empfunden wird und die Inhalte intensiver aufgenommen werden, weil sie zum Teil auch selbst geschaffen wurden (lebendiger Unterricht).

Berichte

Abschlussbericht , 31.07.2020

Kurzfassung

Im Projekt PowerStreams wurde die Wirkung von Nährstoffbelastungen und Gewässerregulierungen auf die Effizienz und die Nachhaltigkeit der Selbstreinigungsleistung von Bächen und Flüssen untersucht. Das Ziel war es, die menschlichen Einflüsse auf den Stoffhaushalt von Fließgewässern zu quantifizieren, um Handlungsmöglichkeiten für das Management von Fließgewässern zu entwickeln. Das Projekt stellt eine Forschungs-Bildungs-Kooperation des WasserCluster Lunz mit dem Francisco Josephinum Wieselburg, dem BRG Waidhofen/Ybbs, dem BORG Mistelbach und der HBLFA Raumberg-Gumpenstein dar.

Berichtsdateien

Abschlussbericht_PowerStreams.pdf

Autor/innen

DI Renate Mayer, Mag. Kathrin Blanzano