Echter Rebenmehltau an Weintrauben

© Magdalena Waldhör

OPTIREM: Optimierungsstrategien zur Fungizidreduktion bei der Bekämpfung des Echten Rebenmehltaus auf Basis der Epidemiologie des Erregers

Projektleitung

Markus Redl

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101711

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Der Echte Mehltau der Rebe, verursacht durch Erysiphe necator Schwein., ist eine der bedeutendsten Krankheiten im Weinbau. Gegenwärtig wird der Schaderreger meist mit 6-10 Fungizidapplikationen bekämpft. Aufgrund der negativen Effekte von Pestiziden auf das Ökosystem will die EU Kommission die Pflanzenschutzmittelverwendung bis 2030 um 50 Prozent reduzieren. Dieses Projekt liefert einen Beitrag zu diesem Vorhaben und setzt sich das Ziel die Anzahl der nötigen Fungizidanwendungen zur Bekämpfung des Echten Mehltau zu reduzieren, ohne Qualitätsverluste des Erntegutes in Kauf nehmen zu müssen. Es gibt Anhaltspunkte, dass besonders zu Beginn der Vegetation die Möglichkeit besteht, die Anzahl an Fungizidbehandlungen zu minimieren. Einen wichtigen Beitrag können hier mathematische Modelle leisten; um dieses Potential voll auszuschöpfen müssen jedoch noch zahlreiche Wissenslücken über die Epidemiologie des Erregers geschlossen werden. Ein zielgerichtetes und damit pestizidreduzierendes Management erfordert die Berücksichtigung der regionalen Krankheitsentwicklung. Das Projekt geht hier auf die Schlüsselfaktoren ein: Der Zeitpunkt der Primärinfektion, die Verbreitung der Ascosporen sowie die Inkubationszeit sollen in Kombination mit den Witterungsfaktoren unter natürlichen und kontrollierten Bedingungen untersucht werden. Basierend auf diesen Ergebnissen werden mathematische Modelle und darauf aufbauend regional adaptierte Fungizidstrategien für Winzer*innen entwickelt. Diese wissensbasierten Strategien ermöglichen nachhaltige Konzepte für den Pflanzenschutz im Weinbau und tragen zur Erreichung einer 50-prozentigen Pestizidreduktion bei.

Schlagwörter (deutsch)

Oidium, Pflanzenschutz, Pestizidreduktion, Weinbau, Prognosemodell

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Optimization strategies to reduce pesticide applications against grape powdery mildew based on the epidemiology of the pathogen

Abstract (englisch)

Grape powdery mildew, caused by Erysiphe necator Schwein., is one of the major diseases in viticulture. Currently, the pathogen is mostly controlled with 6-10 fungicide applications. Due to the negative effects of pesticides on the ecosystem, the EU Commission aims to reduce the pesticide use by 50 percent by 2030. This project contributes to this goal and aims to reduce the number of fungicide applications needed to control powdery mildew without sacrificing crop quality. There is evidence that especially at the beginning of the vegetation there is a possibility to reduce the number of fungicide treatments. Mathematical models can make an important contribution here; however, in order to fully exploit this potential, numerous gaps in knowledge about the epidemiology of the pathogen still need to be filled. Targeted and thus pesticide-reducing management requires consideration of local disease development. The project addresses key factors here: The time of primary infection, the spread of ascospores and the incubation period will be investigated in combination with weather factors under natural and controlled conditions. Based on these results, mathematical models and regionally adapted fungicide strategies for winegrowers will be developed. These knowledge-based strategies will enable sustainable concepts for plant protection in viticulture and contribute to the achievement of a 50% pesticide reduction.

Schlagwörter (englisch)

plant protection, pesticide reduction, viticulture, forecast model

Projektziele

Das Hauptziel dieses Projektes ist es auf Basis neuer epidemiologischer Daten den Fungizideinsatz zur Kontrolle des Echten Rebenmehltaus zu verringern, ohne dabei Qualitätseinbußen des Traubenmaterials in Kauf nehmen zu müssen. Dieses Ziel stützt sich auf mehrere untergeordnete Arbeitsschwerpunkte dieses Projektes:

  • Eruierung in welchem Ausmaß bestimmte Witterungsfaktoren für den Transportprozess der Ascosporen von der Borke auf die Blätter verantwortlich sind.
  • Ermittlung inwieweit eine geringe Ausschleuderung von Ascosporen einen Beitrag zum Infektionsgeschehen leisten.
  • Erhebung der Inkubationszeit von durch Ascosporen und Konidien verursachten Infektionen
  • Entwicklung von validen mathematischen Modellen anhand der erarbeiteten Ergebnisse
  • Überführung der gewonnenen Grundlagenerkenntnisse in Fungizidstrategien und Testung dieser in verschiedenen klimatisch unterschiedlichen Weingärten in Österreich
  • Bereitstellung von praxisrelevanten Handlungsempfehlungen zur Optimierung und Reduktion des Fungizideinsatzes

Die in diesem Projekt erarbeiteten Modelle und Strategien sollen helfen, das auf EU-Ebene ausgegebene Ziel einer 50-prozentigen Reduktion der Pflanzenschutzmittelmenge zu erreichen. Dadurch wird der negative Einfluss von vielen anorganischen wie auch organischen Fungiziden auf das Ökosystem minimiert. So kann sowohl für die integrierte als auch biologische Produktionsweise ein nachhaltiges Konzept des Krankheitsmanagements gegen den Echten Rebenmehltau erzielt und das Image des Weinbaus als Hauptverursacher des Pflanzenschutzmittelausstoßes verbessert werden.

Praxisrelevanz

Das Erreichen der Reduktionsziele des Green Deals, eine Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 50 %, kann nur durch die Summe von verschiedenen Ansätzen erreicht werden. Durch den hohen Pflanzenschutzmitteleinsatz im Weinbau wäre eine Reduktion in diesem Bereich ein wichtiger Beitrag für dieses Vorhaben. Es werden nicht nur positive klimaschonende Effekte auf die Umwelt erzielt, sondern es wird auch die Biodiversität im Weingartenökosystem erhalten bzw. gefördert. Auch durch die geringere Anzahl an Überfahrten mit den schweren Applikationsgeräten werden Bodenverdichtungen in der Fahrspur vermindert und so das Bodenleben begünstigt. Weiters führen weniger Überfahrten zu einem geringeren CO2-Ausstoß. Alleine durch eine Reduktion der Applikationshäufigkeit um 2 Behandlungen kann beim Einsatz von kleinen Aufsattelgeräten der Kraftstoffverbrauch um 10 Liter pro ha gesenkt werden (ÖKL 2021). Neben den ökologischen Gesichtspunkten sind auch ökonomischen Effekte hinsichtlich einer Kosteneinsparung zu erwarten.

Derzeit werden ausgearbeitete Optimierungsstrategien zur Pflanzenschutzmittelreduktion Winzer*innen bereits über die Webseite rebschutz.boku.ac.at präsentiert, um damit Hilfestellungen bei der Terminierung von Pflanzenschutzmaßnahmen gegen den Echten Rebenmehltau (Oidium) zu bieten. Auf dieser Webseite laufen derzeit Wetterdaten von über 20 Wetterstationen (Fa. OTT) in Österreich zusammen. Den Eigentümervereinigungen (Winzer*innen, Weinbauvereine, Winzergenossenschaften) der Wetterstationen stehen derzeit die aufbereiteten aktuellen Wetterdaten nach Login zu Verfügung. Die Nutzer*innen können auf ein an der BOKU entwickeltes Prognosemodell zum Falschen Rebenmehltau (Peronospora, Plasmopara viticola) zugreifen, das
für jeden Standort die vorherrschende Situation hinsichtlich Infektionsgefahr von Peronospora liefert.

Die neu erarbeiteten Strategien zur Pflanzenschutzmittelreduktion bei der Bekämpfung des Echten Rebenmehltaus werden den Winzer*innen auf der Webseite rebschutz.boku.ac.at öffentlich zugänglich zu Verfügung gestellt. Bei den erarbeiteten Modellen ist das nicht möglich, da sie auf regional spezifische Wetterdaten angewiesen sind. Sie sollen aber den Wetterstationsinhaber*innen (Winzer*innen, Weinbauvereinen, Gesellschaften und Genossenschaften) zu Verfügung stehen. Die Ergebnisse werden der Winzerschaft und der Beratung durch Vorträge und in Fachzeitschriften präsentiert. Durch den engen Kontakt mit der Beratung wird diese auch durch bilaterale Gespräche über die gewonnenen Erkenntnisse und Strategien informiert. Aufgrund der forschungsbasierten schulischen und universitären Lehre kann eine Vielzahl an zukünftigen Winzer*innen erreicht werden. Des Weiteren stehen die Projektpartner in engem Kontakt mit den Winzer*innen. Somit wird eine stakeholderspezifische Adressierung der Optimierungsstrategien zur Fungizidreduktion erreicht.

Das Projekt liefert faktenbasierte Informationen, die für die Öffentlichkeitsarbeit im Weinbau herangezogen werden können, um z.B. die Bestrebungen aktiv zu einer nachhaltigeren und klimaschonenderen Produktion beizutragen, untermauern zu können.

Berichte

Abschlussbericht

Kurzfassung

Der Echte Mehltau der Rebe, verursacht durch Erysiphe necator Schwein., ist eine der be-deutendsten Krankheiten im Weinbau. Mathematische Modelle können einen wichtigen Beitrag leisten, um die Anzahl an Applikationen zu reduzieren. Jedoch müssen noch zahlreiche Wissenslücken über die Epidemiologie des Erregers geschlossen werden. Ziel des Projekts war es, Optimierungsstrategien für die Praxis zu entwickeln. Es wurde der Zeitpunkt der Primärinfektionen und der Einfluss von Witterungsfaktoren auf die Ausschleuderung von Ascosporen aus Fruchtkörpern untersucht. Es zeigte sich, dass die Witterungsparameter während der Regenphasen von geringer Bedeutung waren, verglichen mit der potenziellen Ascosporenausschleuderung. Die indirekten Regenspritzer zeigten keinen Zusammenhang mit den gefangenen Ascosporen. Bei inokulierten Blättern nahm die Anfälligkeit in Richtung Triebspitze zu. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Behandlung ausschließlich der Blätter auch die Trauben ausreichend schützte. In einem anderen Versuch wurden Blätter mit Konidien an 3 Terminen in der Vorblütephase inokuliert und es wurde mit den Applikationen von Schwefel gegen den Echten Mehltau zu 3 Terminen zwischen 5-Blatt-Stadium und Fruchtansatz begonnen. Die Ergebnisse zeigten, dass früh inokulierte Rebstöcke eine höhere Befallsrate der Trauben aufwiesen. Laborversuche zur Wirkung von Multi-Site Fungiziden bei verschiedenen Temperaturen und in unterschiedlichen biologischen Entwicklungsstadien des Pathogens deuten darauf hin, dass Kupfer ein hohes Potenzial als Fungizid gegen den Echten Mehltau besitzt, obwohl es nicht gegen dieses Pathogen zugelassen ist. Kaliumhydrogencarbonat zeigte bei einer Applikation vor der Inokulation keine Wirkung, besaß aber die höchste eradikative Wirkung. In zwei Feldversuchen starteten die Applikationen an 3 Terminen zwischen 5-Blatt-Stadium und Fruchtansatz oder die Fungizide wurden phänologiebasiert zwischen Vorblüte und Schrotkorngröße appliziert. Die Ergebnisse zeigten, dass die Applikation zu Fruchtansatz am bedeutendsten ist und Applikationen während der Vorblütephase reduziert werden können. Es wurde ein Oidium-Modell entwickelt, das sich aus mehreren Teilmodellen zusammensetzt. Es bildet das Oidiumbefallsrisiko ab und auf Basis des Risikos können verschiedene Handlungsstrategien gewählt werden. Diese Optimierungsstrategien wurden auf Basis der Projektergebnisse erarbeitet und ebenso wie das Oidium-Modell auf der Webseite rebschutz.boku.ac.at dargestellt. Die Ergebnisse dieses Projekts können der Praxis Informationen für eine erfolgreiche Kontrolle liefern und zu einer nachhaltigen Bekämpfung vom Echten Rebenmehltau beitragen.

Berichtsdateien

Abschlussbericht_OPTIREM

Abstract (deutsch)

Der Echte Mehltau der Rebe, verursacht durch Erysiphe necator Schwein., ist eine der bedeutendsten Krankheiten im Weinbau. Mathematische Modelle können einen wichtigen Beitrag leisten, um die Anzahl an Applikationen zu reduzieren. Jedoch müssen noch zahlreiche Wissenslücken über die Epidemiologie des Erregers geschlossen werden. Ziel des Projekts war es, Optimierungsstrategien für die Praxis zu entwickeln. Es wurde der Zeitpunkt der Primärinfektionen und der Einfluss von Witterungsfaktoren auf die Ausschleuderung von Ascosporen aus Fruchtkörpern untersucht. Die Witterungsparameter während der Regenphasen waren von geringer Bedeutung, verglichen mit der potenziellen Ascosporenausschleuderung. Die indirekten Regenspritzer zeigten keinen Zusammenhang mit den gefangenen Ascosporen. Bei inokulierten Blättern nahm die Anfälligkeit in Richtung Triebspitze zu. Eine Behandlung ausschließlich der Blätter war ausreichend um auch die Trauben zu schützen. Blätter wurden mit Konidien an 3 Terminen in der Vorblütephase inokuliert und es wurde mit den Applikationen von Schwefel gegen den Echten Mehltau zu 3 Terminen zwischen 5-Blatt-Stadium und Fruchtansatz begonnen. Früh inokulierte Rebstöcke hatten eine höhere Befallsrate der Trauben. Laborversuche zur Wirkung von Multi-Site Fungiziden bei verschiedenen Temperaturen und in unterschiedlichen biologischen Entwicklungsstadien des Pathogens deuten darauf hin, dass Kupfer ein hohes Potenzial als Fungizid gegen den Echten Mehltau besitzt. Kaliumhydrogencarbonat zeigte bei einer Applikation vor der Inokulation keine Wirkung, besaß aber die höchste eradikative Wirkung. In zwei Feldversuchen starteten die Applikationen an 3 Terminen zwischen 5-Blatt-Stadium und Fruchtansatz oder die Fungizide wurden phänologiebasiert zwischen Vorblüte und Schrotkorngröße appliziert. Die Ergebnisse zeigten, dass die Applikation zu Fruchtansatz am bedeutendsten ist und Applikationen während der Vorblütephase reduziert werden können. Es wurde ein Oidium-Modell entwickelt, das sich aus mehreren Teilmodellen zusammensetzt. Es bildet das Oidiumbefallsrisiko ab und auf Basis des Risikos können verschiedene Handlungsstrategien gewählt werden. Diese Optimierungsstrategien wurden auf Basis der Projektergebnisse erarbeitet und ebenso wie das Oidium-Modell auf der Webseite rebschutz.boku.ac.at dargestellt. Die Ergebnisse dieses Projekts können der Praxis Informationen für eine nachhaltige Bekämpfung vom Echten Rebenmehltau liefern.

Abstract (englisch)

Powdery mildew of grapevine, caused by Erysiphe necator Schwein., is one of the major diseases in viticulture. Mathematical modelling can make an important contribution to reducing the number of fungicide applications. However, numerous gaps in knowledge about the epidemiology of the pathogen still need to be closed. The aim of the project was to develop optimization strategies for practical use. The timing of primary infections and the influence of weather factors on the release of ascospores from fruiting bodies were investigated. Weather parameters during the rain phases were of minor importance compared to the potential ascospores release (under optimal conditions). Indirect rain splashes did not correlate captured ascospores. Inoculated leaves of a shoot showed an increase in susceptibility towards the shoot tip. Ffungicide applications of the leaves alone successfully controlled the disease on grape clusters. In another trial, leaves were inoculated with conidia on 3 dates in the preflowering phase and applications of sulphur against powdery mildew were started on 3 dates between the 5-leaf stage and fruit set. The results show that early inoculated vines had a higher rate of grape infestation. Lab experiments on the effect of multi-site fungicides at different temperatures and biological development stages of the pathogen indicate that copper has a high potential as fungicide against powdery mildew. Potassium bicarbonate showed no effect when applied before inoculation, but had the highest eradicative effect. In two field trials applications started on 3 dates between the 5-leaf stage and fruit set or fungicides were sprayed phenological-based between preflowering and berries groat-sized. The present results showed that the application at fruit set is most important and applications during the preflowering period can be reduced depending on the disease pressure. An Oidium model was developed. The model is made up of several submodels. It represents the risk of Oidium infestation and various action strategies can be selected based on that. These optimization strategies were developed on the basis of the project results. The strategies and the Oidium model are presented on the website rebschutz.boku.ac.at. The results of this project can provide information for s a sustainable control of powdery mildew.

Autor/innen

Redl, M., Waldhör, M., Redl, C., Jagg, E., Hauser, C., Renner-Martin, K.