MYKORESI: TdRF2024_Resiliente Wälder durch Erhalt und Förderung von Mykorrhizapilzen

Projektleitung

Mathias Mayer

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

102091

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft 

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Das Projekt MykoResi untersucht die zentrale Bedeutung von Mykorrhizapilzen für die Zukunftsfitness und Gesundheit der Wälder im Wienerwald. Mykorrhizapilze gehen symbiotische Beziehungen mit Bäumen ein und sind entscheidend für deren Wachstum, Gesundheit und Stresstoleranz. Obwohl bekannt ist, dass Mykorrhizapilze die Nährstoff- und Wasseraufnahme verbessern und die Resilienz gegenüber Trockenstress erhöhen, fehlen umfassende Studien über ihre Artenzusammensetzung und Funktion in Waldökosystemen. Das Projekt schließt diese Wissenslücke durch die DNA-basierte Erfassung von Mykorrhizapilzen und die Verknüpfung der Daten mit Boden- und Bestandesparametern. Die Forschungsfragen lauten: 1) Welche Mykorrhizapilze sind mit höherer Trockenheitstoleranz und besserer Nährstoffversorgung assoziiert? 2) Beeinflusst die Baumartenwahl die Zusammensetzung der Mykorrhizapilze? 3) Welche Managementmaßnahmen erhalten und fördern Mykorrhizapilzgesellschaften? Die Ergebnisse umfassen auch Handlungsempfehlungen für die nachhaltige Ressourcennutzung im Wald und die Förderung zukunftsfitter Wälder. Das Projekt wird vom Institut für Waldökologie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) durchgeführt. Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf AG), der Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien, der Forstbetrieb Stift Klosterneuburg, der Forstbetrieb Stift Heiligenkreuz und das Biosphärenpark Wienerwald Management unterstützen das Projekt. Die enge Zusammenarbeit mit den Forstbetrieben und dem Biosphärenpark Wienerwald stellt den Wissenstransfer in die Praxis sicher.

Schlagwörter (deutsch)

Mykorrhiza, Wienerwald, Trockenstress, Waldbewirtschaftung, Biosphärenpark

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

TdRF2024_Resilient forests through the preservation and promotion of mycorrhizal fungi

Abstract (englisch)

The project MykoResi investigates the central importance of mycorrhizal fungi for the future fitness and health of forests in the Wienerwald region. Mycorrhizal fungi form symbiotic relationships with trees and are crucial for their growth, health and stress tolerance. Although it is known that mycorrhizal fungi improve nutrient and water uptake and increase resilience to drought stress, comprehensive studies on their species composition and function in forest ecosystems are lacking. The project closes this knowledge gap through the DNA-based analysis of mycorrhizal fungi and the linking of the data with soil and stand parameters. The research questions are: 1) Which mycorrhizal fungi are associated with higher drought tolerance and better nutrient supply? 2) Can the choice of tree species influence the composition of mycorrhizal fungi? 3) Which management measures maintain and promote mycorrhizal fungal communities? The results also include recommendations for sustainable management of forest resources and the promotion of climate-smart forests. The project is being carried out by the Institute of Forest Ecology at the University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna (BOKU). The Österreichischen Bundesforste (ÖBf AG), the City of Vienna – climate, forestry and agriculture, the forest enterprises of Klosterneuburg Abbey and Heiligenkreuz Monastery and the Wienerwald Biosphere Reserve support the project, ensuring the transfer of knowledge into practice.

Schlagwörter (englisch)

Mycorrhiza, Vienna Woods, Drought stress, Forest managment, Biosphere reserve

Projektziele

Zukunftsfitte Wälder sind ohne Mykorrhizapilze nicht denkbar. Mykorrhizapilze spielen durch ihre symbiotische Beziehung mit Bäume eine entscheidende Rolle für deren Wachstum und Gesundheit (Read & Perez‐Moreno, 2003; Smith & Read, 2010). Sie können ein weitverzweigtes Netzwerk im Boden bilden, das die Nährstoff- und Wasseraufnahme der Bäume verbessert. Die feinen Hyphen der Pilze erschließen den Boden besser als es die Wurzeln allein können. Im Gegenzug erhalten die Mykorrhizapilze Zucker, den die Bäume durch Photosynthese produzieren. Die Symbiose zwischen Bäumen und Mykorrhizapilzen fördert das Pflanzenwachstum, erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Stress und trägt wesentlich zur Gesundheit von Bäumen bei. In Trockenperioden können Mykorrhizapilze die Wasserversorgung der Bäume verbessern und ihnen helfen, Trockenstress besser zu überstehen (Lehto & Zwiazek, 2011; Usman et al., 2021). Sie verbessern die Bodenstruktur und erhöhen die Wasserspeicherkapazität des Bodens. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung im Boden (Mayer et al., 2021; Mayer, et al., 2023; Anthony et al., 2024).

Ein Großteil unseres Wissens über Mykorrhizapilze basiert auf kontrollierten Topfversuchen mit jungen Bäumen, während ihre Funktionen in vielen Waldökosystemen unerforscht sind (Lehto & Zwiazek, 2011). Die Artenzusammensetzung von Mykorrhizapilzen in Wäldern kann hochdivers und komplex sein und für den Großteil an Waldökosystemen ist nicht bekannt, welche Mykorrhizapilze vorkommen und wie diese mit Bestandesfaktoren wie Wachstum, Nährstoffangebot oder Resilienz in Zusammenhang stehen. Dadurch ist unklar, ob und wie das Vorkommen bestimmter Mykorrhizapilzarten zu einer besseren Nährstoffversorgung oder einer erhöhten Stresstoleranz von Waldstandorten beiträgt oder ob man Gesellschaften von Mykorrhizapilzen durch die Auswahl der Baumarten beeinflussen kann (Mayer, et al., 2023; Sachsenmaier et al., 2024). Auch ist nicht vollständig geklärt, in welcher Form Mykorrhizapilze und ihre Funktionen durch Waldbewirtschaftung und natürliche Waldstörungen (z.B. Windwürfe) beeinflusst werden (Baldrian, 2017; Mayer et al., 2022). Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass insbesondere großflächige Kahlschläge und Windwürfe das Vorkommen von Mykorrhizapilzen stark reduzieren können, da mit dem Wegfall der Baumpartner auch die Versorgung der Pilze mit Zucker endet. Ein Rückgang der Mykorrhizapilze nach Kahlschlägen und natürlichen Störungen im Wald wird mit einem Verlust ihrer positiven Funktionen für die Bäume und damit mit einer Verschlechterung des Wachstums und der Vitalität der nachfolgenden Baumverjüngung in Verbindung gebracht (Sterkenburg et al., 2019; Pérez‐Izquierdo et al., 2021). Unklar ist jedoch, wie lange diese Effekte anhalten und ob sie reversibel oder vermeidbar sind. Durch die Einleitung der Naturverjüngung vor der Ernte des gesamten Bestands an Altbäumen könnten die Mykorrhizapilze an die nächste Baumgeneration jedoch ‚weitergegeben‘ und somit erhalten werden. Ein Beispiel hierfür ist der Schirmschlag, bei dem ein Teil der alten Bäume stehen bleibt, bis sich eine Baumverjüngung etabliert hat. Oder eine dauerwaldartige Bewirtschaftung, die durch Einzelstammentnahme zur langfristigen Koexistenz von Altbäumen und Naturverjüngung auf der Fläche führt. Auch das Belassen von Habitatbaumgruppen (Retention trees) könnte sich positiv auf den Erhalt von Mykorrhizapilzen auswirken (Prescott & Grayston, 2023).

Der Wienerwald als bedeutendes Waldgebiet im Osten Österreichs ist vom Klimawandel besonders betroffen. Lange Trocken- und Hitzeperioden, Stürme und Starkniederschläge setzen dieses Ökosystem zunehmend unter Druck. Die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit des Wienerwaldes gegenüber extremen Wetterereignissen ist daher von großer Bedeutung, zumal der Wienerwald als stadtnaher Grünraum eine enorme Kühlwirkung auf das Stadtgebiet ausübt und als Erholungsraum in einer immer heißer werdenden Zeit von zentraler Bedeutung für die Region ist. Der Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Wienerwaldes kommt daher besondere Bedeutung zu.

Das Projekt MykoResi zielt darauf ab, die angeführten Wissenslücken zu schließen und zu untersuchen, ob und wie Waldbestände des Wienerwaldes durch den Erhalt und die Förderung von Mykorrhizapilzen zukunftsfitter gemacht werden können.

Dabei sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

1) Gibt es bestimmte Mykorrhizapilze, die mit einer höheren Trockenheitstoleranz und einer besseren Nährstoffversorgung von Waldstandorten in Verbindung gebracht werden können?

2) Kann die Artenzusammensetzung der Mykorrhizapilze durch die Wahl der Baumarten beeinflusst werden, um so die Resilienz von Waldbeständen zu erhöhen?

3) Können Mykorrhizapilze durch alternative Bewirtschaftungsmaßnahmen im Vergleich zu großflächigen Räumungen oder Kahlhieben erhalten oder sogar gefördert werden?

Die Beantwortung der oben genannten Fragen wird zur Erreichung der folgenden Teilziele beitragen:

A) Identifizierung von Mykorrhizapilzen, die mit hoher Resilienz und guter Nährstoffversorgung von Waldbeständen in Verbindung stehen.

B) Identifizierung und Empfehlung von Baumarten-Mykorrhiza-Mischungen, die die Resilienz von Waldbeständen fördern.

C) Empfehlung von Bewirtschaftungsmaßnahmen, die Mykorrhizapilzgesellschaften langfristig erhalten und fördern (vor allem jene, die mit Resilienz in Verbindung gebracht werden – siehe Teilziel A).

Praxisrelevanz

Der Wienerwald umfasst 67.000 ha Waldfläche und wurde im Jahr 2005 von der UNESCO zum Biosphärenpark erklärt. Der an die Stadt Wien angrenzende Wienerwald unterstützt folgende SDGs (Sustainable Development Goals), weshalb die nachhaltige Nutzung, der Schutz und die Anpassung des Wienerwaldes an sich ändernde Klimabedingungen so wichtig sind:

SDG 3: Good health and well-being: Wichtigstes Erholungsgebiet für die Wiener Bevölkerung.

SDG 6: Clean water and sanitation: Liefert Trinkwasser für viele Haushalte und füllt die Trinkwasserspeicher.

SDG 11: Sustainable cities and communities: Trägt zur Reduzierung der Luftverschmutzung bei.

SDG 13: Climate action: Wälder als CO2-Senken.

SDG 15: Life on land: Schutz und Förderung der natürlichen Ressourcen, ländliche Produktion, Klimawandelbekämpfung und Biodiversitätserhöhung.

Für die Forstbetriebe in der Region Wienerwald sind neue Erkenntnisse über die Zukunftsfitness des Waldes von großer Bedeutung (siehe auch Unterstützungsschreiben im Anhang). Die nachhaltige Holzproduktion in einer von Trockenheit und Hitze besonders betroffenen Region bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung aller Waldfunktionen stellt die Forstwirtschaft hier vor immer größere Herausforderungen. Bei den Bewirtschaftungsempfehlungen für einen zukunftsfitten Wienerwald wurde das Thema Mykorrhizapilze bisher ausgeklammert.

Im Projekt MykoResi wird erstmals für den gesamten Wienerwald die Artenzusammensetzung der Mykorrhizapilze mittels molekularer Analysen bestimmt. Diese ‚Baseline‘ dient zur Beurteilung, ob und wie die Resilienz und Nährstoffversorgung von Waldbeständen durch Mykorrhizapilze beeinflusst werden und ob durch Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Ernteverfahren oder Baumartenwahl Mykorrhizapilze erhalten oder sogar gefördert werden können, um die Resilienz von Wäldern zu erhöhen. Da standortsspezifische Handlungsempfehlungen für die Waldbewirtschaftung abgeleitet werden sollen, sind diese Erkenntnisse von hoher Praxisrelevanz. Eine wichtige Information für die forstliche Praxis wird vor allem sein, ob und wie durch gezielte Baumartenmischungen die Mykorrhizapilzgesellschaften beeinflusst werden können, um die Resilienz der Bestände gegenüber Klimaextremen zu erhöhen. Darüber hinaus sollen standortsspezifische Handlungsempfehlungen für waldbauliche Maßnahmen erarbeitet werden. Insbesondere der Erhalt von ausreichend großen Habitatbaumgruppen ist eine interessante und vielversprechende Managementoption, um Mykorrhizapilze zu erhalten und zu fördern (Sterkenburg et al., 2019; Prescott & Grayston, 2023). Darüber hinaus sind die Projektergebnisse für Biodiversitätsmonitoringprogramme im Wienerwald relevant, die so um eine „unterirdische“ Bodenkomponente erweitert werden können. Eine zunehmende Anzahl von Ökosystemmodellen integriert Mykorrhizapilze, um ihre Vorhersagen z.B. des Bestandeswachstums oder der Kohlenstoffspeicherung von Wäldern zu verbessern (Deckmyn et al., 2020). Die Ergebnisse des MykoResi-Projekts liefern daher auch wichtige Informationen für die Kalibrierung und Validierung dieser Modelle, die für die Erstellung und Berichterstattung nationaler Kohlenstoffbilanzen zunehmend an Bedeutung gewinnen (Jandl et al., 2024).