KlimaCornus: Züchterische Nutzung physiologischer Unterschiede und Vermehrung maßgebender Genotypen der Kornelkirsche im Pielachtal, Triestingtal und Gölsental als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel

Projektleitung

Margit Laimer

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien

Projektnummer

101692

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

-

Schlagwörter (deutsch)

Kornelkirsche, Cornus, Züchtung, Regionalität, Klimawandel-Anpassung

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Breeding usage of physiological differences and reproduction of decisive genotypes of the Cornelian cherry in the Pielach Valley, Triesting Valley and Gölsen Valley as a contribution to adaptation to climate change

Abstract (englisch)

Cornelian cherries gain increasingly the consumer interest as healthy food, which leads to an increased market demand for high quality fruits and corresponding planting material. Previously we have analyzed more than 400 genetically unique C. mas accessions in the Pielach Valley, Traisen Valley and Gölsen Valley, both phenotypically and genetically. Findings on the long-term development of temperature and precipitation levels suggest that breeding for drought tolerance and disease resistance prevail in the face of current and future challenges with changing climatic conditions.

To develop a breeding strategy for the production of novel genotypes adapted to future needs for a sustainable production in the region, the following objectives are envisaged:

1. The germination of the cornel cherry seeds takes up to 3 years and first fruits are expected in seedling plants after 8 years. Therefore, a marked reduction in the germination time would benefit the breeding, but also the propagation of Cornelian cherry. Thus, the premature breaking of the dormancy is a major issue to be worked on and improved in the present project in vivo and in vitro.

2. Valuable cultivars have to be propagated vegetatively. Grafting experiments will be carried out at different times of the year and with different scions in the greenhouse and in the insect proof screenhouse. In addition, the technique of "in vitro grafting" will be established for Cornus mas.

3. The creation of a reference genome sequence of a Pielachtal selection of Cornus mas will make it possible to identify essential genome segments including regulatory elements and provide the basis for a marker-assisted selection (MAS).

4. A MAS strategy will be developed and used on selected genotypes in the Austrian Cornelian cherry cultivation. This will allow to shorten the time until a decision is made about the breeding value of a new breed, i.e. the later growth and production behavior of a plant, as early as the seedling stage.

5. Cornelian cherries are also attacked by viruses and phytoplasmas. However, since they are mainly considered wild plants, infections are not reported, because there exist no systematic surveys. Since virus transmission via seeds cannot be ruled out in Cornelian cherry, in the present project, the testing of seedlings and planting material by ELISA or PCR will be established and a control strategy developed.

Schlagwörter (englisch)

cornus

Projektziele

Da C. mas eine langlebige Art ist, sind Zuchtbemühungen sehr zeitaufwendig. Deshalb wurde im Vorgängerprojekt das methodische Toolset geschaffen, die richtige Auswahl der Kreuzungspartner zu ermöglichen. Darüberhinaus soll nun ein Referenzgenom erstellt werden, um ausgewählte Eigenschaften genau zuordnen und in einem MAS-Selektionsprogramm nutzen zu können. Der Umstand, dass bei vermehrter Auspflanzung auch der Pathogendruck steigen wird, erfordert eine voraussehende Herangehensweise an die Frage der Virus- und Phytoplasmen-Infektionen, die mit dem gesteigerten Angebot an Pflanzgut auftreten könnten. Für ein solches Unterfangen stellt virus- und phytoplasmen-freies Material eine Voraussetzung dar, die mit der in vitro Thermotherapie produziert werden könnte.

Das geplante Projekt widmet sich 3 Hauptanliegen, die in 5 Arbeitspaketen bearbeitet werden:

1. Vermehrung von Pflanzgut

1.1. Gewebekulturen

Gewebekulturen stellen eine wertvolle Alternative zur in vivo Vermehrung dar (Laimer et al. 2021). Sie bilden die Grundlage für die Vermehrungs- und Veredelungsarbeiten in vitro und sollen auf die ausgewählten Genotypen angepasst und weiter optimiert werden.

1.1.1 in-Kulturnahme (Etablierung) von neuen interessanten Linien: Hier sollen neue Linien von ausgewählten Genotypen als genetische Ressource für genetische Analysen, für Vermehrungsversuche, aber auch für Züchtungsansätze in vitro etabliert werden.

1.1.2 Erhaltung und Vermehrung ausgewählter Linien: Die regelmäßige Subkultivierung der Kulturen erfolgt in 6 – 8 wöchentlichen Rhythmen auf bewährte Kulturmedien. Falls erforderlich, müssen auch Anpassungen der Kulturbedingungen vorgenommen werden. Nach Bedarf werden von bevorzugten Linien Pflanzen für die Auspflanzung produziert. Bei Befallsverdacht (Siehe AP 5) können in vitro Thermotherapie-Protokolle erarbeitet und angewandt werden.

1.1.3 Bewurzelung und Akklimatisierung: Dazu ist es notwendig, die späteren Phasen des Gewebekultur-Zyklus wie Bewurzelung der in vitro Sprosse und Akklimatisierung an das Glashaus- bzw. Saranhausklima.

1.2. Verkürzung der Keimdauer

Bisher gibt es eine Reihe von Techniken, um die Ruhezeit von Samen mit einer starken Samenschale zu brechen, einschließlich thermischer, mechanischer und chemischer Behandlungen.

Eine chemische Behandlung des Kerns könnte die Keimzeit durch Aufbrechen der Ruhezeit verkürzen und die Keimfähigkeit im Allgemeinen erhöhen, während ein mechanisches Verfahren die Keimzeit durch Entfernen des äußeren, harten Kerns verkürzen könnte.

Für die Steigerung der Keimrate von Kornelkirschen werden verschiedene Ansätze unter in vivo und in vitro Bedingungen verglichen, die unterschiedliche Behandlungen umfassen.

1.3. Veredelungsversuche in vivo und in vitro

Veredelungen auf Sämlings-Unterlagen können ebenfalls die Zeit bis zur ersten Blüte und Frucht erheblich verkürzen. Versuche zur Veredlung sollen an Gruppen von Sämlingen bzw. älteren Pflanzen zu verschiedenen Jahreszeiten und mit unterschiedlichen Edelreisern im Glashaus und im Saranhaus durchgeführt werden.

Daneben werden mit Gewebekulturen, die sowohl als Unterlage, aber auch als Edelreis verwendet werden können, in vitro Veredelungsversuche durchgeführt werden. Die erhöhte Juvenilität, Pathogenfreiheit und das Wachstumspotenzial von in vitro-Veredelungen im Vergleich zu herkömmlichen Feldveredelungen machen diese Technik zu optimalen Möglichkeit zur Massenvermehrung von Obstbäumen unter den gegenwärtigen und künftigen globalen Herausforderungen bei sich ändernden klimatischen Bedingungen.

2. Genetische Analysen zur Etablierung einer Marker-gestützten Selektion

Die modernen Züchtungsmethoden zielen vor allem darauf ab, die Zeit bis zur Entscheidung über den Zuchtwert einer Neuzüchtung zu verkürzen. Dazu wird vor allem Marker-gestützte Selektion eingesetzt, die es erlaubt, bereits im Sämlings-Stadium eine Aussage über das spätere Wuchs- und Produktionsverhalten einer Pflanze zu treffen. Eine solche Methode gibt es für C. mas noch nicht und soll im Rahmen dieses Projektes erarbeitet werden.

2.1. Erstellung eines Referenzgenoms einer selektierten Pflanze: Ein Referenzgenom entspricht einer digitalen Datenbank mit der Abfolge aller Basenpaare im Genom eines Organismus. Diese Datenbank wird als repräsentatives Beispiel aller Gene eines idealisierten Individuums einer Spezies zusammengesetzt.

Zur Erstellung einer Referenzgenom-Sequenz wird eine im Vorprojekt ausgewählte Pflanze einer Pielachtaler Selektion von Cornus mas herangezogen, die sich durch ein ausgewogenes Merkmalsmuster bewährt hat.

Die Annotierung erlaubt es, die Gene entsprechenden „Linkage groups“ zuzuordnen, die im Idealfall den Chromosomen entsprechen. Wichtige Erkenntnisse erwartet man daraus, dass wichtige Genomabschnitte inklusive regulatorischer Elemente identifiziert werden können, die in weiterer Folge die Basis für eine „Marker gestützte Selektion“ liefern.

2.2. Karyotypisierung mittels Flow Cytometry: Wichtig erscheint auch die Frage nach dem Chromosomensatz bei großfrüchtigen Kornelkirschen. Die Chromosomen-Zahl von C. mas wird in der Literatur mit 18 bzw. 54 angegeben, was die Frage aufwirft, ob z. B. der Phänotypus “Macrocarpa” – also Genotypen, die sich durch eine gesteigerte Fruchtgröße auszeichen, mit einem höheren Ploidie-Grad einhergeht. Diese Frage kann mit Methoden der Karyotypisierung, etwa mittels Flow Cytometry beantwortet werden.

2.3. Mikrosatelliten- Analysen einer Referenzpopulation: Die im Rahmen des Forschungsprojekts 101176 optimierten Mikrosatelliten-Analysen sollen an 50 neuen interessanten Linien (Mutterpflanzen und Nachkommen) durchgeführt werden, um deren Einbettung in das Pielachtaler Kornelkirschen-Genombild zu ermöglichen.

2.4. Etablierung einer Methodik zur Marker-gestützten Selektion: Ein Abgleich mit dem Referenzgenom ermöglicht es, Varianten im sequenzierten Genom anderer Individuen oder beispielsweise Sorten einer Art festzustellen. Dazu werden ausgewählte Individuen von Kornelkirschen aus der Projektregion, aber auch aus entfernten Regionen herangezogen.

3. Phytopathologische Erhebung, Bewertung und Maßnahmenkatalog

Ausgewählte Pflanzenpopulationen sollen auf den Befall mit Viren und Phytoplasmen untersucht werden. Dies geschieht durch mehrmalige Beprobung im Jahresverlauf und umfasst Blatt- und Fruchtproben aus der gesamten Baumkrone.

3.1. Erhebungen der Pathogensituation: Die Ab- bzw. Abwesenheit der aus der Literatur bekannten Viren und Phytoplasmen sollen mittels ELISA bzw. PCR Testung nachgewiesen werden.

3.2. Erstellung einer Kontroll- und Monitoringstrategie:

Bei Auffinden von relevanten Virus- bzw. Phytoplasma-infektionen wird umgehend ein Test- und Monitoring-Strategie, wie sie aus anderen obstbaulichen Kulturen bekannt ist, in die Wege geleitet.

Falls wertvolle Genotypen davon betroffen sein sollten, kann mit Hilfe der in vitro Thermotherapie pathogenfreies Pflanzgut erstellt werden.

Praxisrelevanz

Das Projekt ermöglicht die Kooperation mit Baumschulen, Dirndlproduzenten, den verarbeitenden Betrieben und den Vermarktern. Die gewonnenen Erkenntnisse werden unmittelbar in der Praxis angewandt und stehen jedem landwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung, da sie in den relevanten Medien publiziert und verbreitet werden. Die Wissensübergabe an interessierte Regionen und Landwirte wird über Dokumentation und Informationsveranstaltungen mit der NÖ Landwirtschaftskammer gewährleistet.
Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren im ländlichen Raum ergibt sich eine Erhöhung der Wertschöpfung und Lebensmittelsicherheit durch die Steigerung des Produktions-Know-hows rund um die Produktion, Verarbeitungsmethoden und neue Verwendungsbereiche dieser regionalen Frucht. Dank des gewonnenen Wissens können Arbeitsplätze geschaffen und die ländliche Region langfristig gestärkt werden. Die Ernte und Verarbeitung von Dirndl ist ein beachtenswerter Nebenerwerb für viele Landwirte in der Region, die durch den erhöhten Verkauf von Dirndlprodukten eine beträchtliche Einkommensstabilität erzielen.
Eine zukünftige nachhaltige Produktion von Kornelkirschen erfordert einen, an die örtlichen Gegebenheiten angepassten Genpool, der unter wechselnden Umwelt- und Klimabedingungen sich ändern könnte. Die Erkenntnisse zur längerfristigen Entwicklung der Temperatur- und Niederschlagsmengen legen es nahe, auf Trockentoleranz und Krankheitsresistenz zu züchten.
Trockenstress ist eine außergewöhnliche, durch Trockenheit, also Wassermangel, ausgelöste Belastung für Pflanzen, wobei die Schwere als auch die Dauer des Stresses kritisch sind. Er hat Auswirkungen auf Wachstum, Phänologie, Wasser- und Nährstoffbeziehungen, Photosynthese, Assimilatverteilung und Atmung in Pflanzen. Unter Trockenstressbedingungen verringern die Blattgröße, das Stamm- und das Wurzelwachstum, stören die Wasserverhältnisse in der Pflanze und reduzieren die Wassernutzungseffizienz.
Quantitative Reaktionen unterscheiden sich je nach Entwicklungsstadium. Die erste und wichtigste Auswirkung der Dürre ist eine beeinträchtigte Keimung und ein schwacher Standaufbau. Auch den Dirndln machen die Klimaveränderungen und die damit einhergehenden Trockenperioden zu schaffen. Die bisher als trockentolerant bekannte Kornelkirsche hat plötzlich keinen verwertbaren Ertrag mehr geliefert. Die künftige Nutzung dieser landschafts-prägenden Pflanze mit ihren vielen nützlichen Eigenschaften sollte – nicht zuletzt durch die Erkenntnisse aus diesem Projekt gesichert werden.
Ökologisch gesehen, hat die Dirndl an ihren bevorzugten Standorten an Südhängen des Tales einen wesentlich höheren Blattflächenfaktor (höhere Kohlenstoffbindung) als die häufig vorkommenden Magerwiesen. Außerdem befestigt das intensive Wurzelsystem mit starker Adventivbewurzelung erosionsgefährdeten Böden. Dirndlhecken sind ideale Windbrecher, die Schäden durch Winderosion und Austrocknung verringern. Da Dirndl im Pielach- und Traisental auf Grenzertragsböden wachsen und diese Flächen kaum anders landwirtschaftlich genutzt werden können, wird durch die Dirndlnutzung eine zusätzliche Wertschöpfung erzielt. Die Bepflanzung der vielfach gerodeten Waldsäume ergibt aus Naturschutzsicht eine wesentliche Verbesserung. Neben der Auspflanzung von Plantagen mit neu zu identifizierenden regionalen und ökologisch sinnvollen Typen könnte die Nutzung von Grenzertragsflächen, Böschungen, Abbruchränder, sonnenbeschienenen Steilflächen einen weiteren Beitrag zum Boden- und Klimaschutz liefern.