IpsEMAN (WF-Projekt): WF-Projekt Buchdrucker – Ökologie und integriertes Borkenkäfermanagement

Projektleitung

Gernot Hoch

Forschungseinrichtung

Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)

Projektnummer

101687

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Borkenkäfer, Ips typographus, Integrierter Forstschutz, Resistenz, Diapause, Monitoring, Phänologie

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

WF-Project Ips typographus – Ecology and integrated pest management

Abstract (englisch)

The proposed project aims to provide answers to several crucial questions in biology and ecology of Ips typographus and to develop promising, environmentally sound methods for pest control and monitoring of this important bark beetle. The targeted topics were identified based on insight gained during the ongoing bark beetle outbreak and under the influence of climate change. Main goals of the project are:
1. To understand breeding behavior and induction of diapause in late summer and fall: Experiments under laboratory conditions will identify environmental factors inducing diapause. The results will be of great practical importance for further development of phenological models as well as risk analysis.
2. To ascertain molecular mechanisms of resistance/tolerance of spruce against bark beetle attack: Specific defense genes will be analyzed by RT-qPCR and DNA-seq. The resulting set of molecular markers will contribute to a better understanding of host defense against bark beetles and will bring important gains in knowledge for plant breeding.
3. To further develop environmentally sound methods for treatment of infested wood: The diminishing availability of chemical pest control agents leads to increasing demand for pesticide free methods for treating bark beetle infested wood. Experiments will provide yet unknown details for promising methods, such as debarking by harvester, scratching bark or covering wood with materials such as construction fleece, and test methods under practical conditions. The correct application of successful methods will be disseminated in forestry practice.
4. To establish new monitoring tools: The correlation of the phenology of certain indicator plants and spring swarming of I. typographus will be tested by using citizen science as well as the analysis of existing data sets. Derived popular indicator plants for bark beetle swarming could be a valuable addition to existing monitoring systems that would be accessible for new groups of users. Based on existing traps and lures an automated trap will be developed.
Overall, the results from this project will make a highly relevant contribution to further developing integrated management of I. typographus, a pest that will remain of highest importance in Austrian forests.

Projektziele

Das beantragte Projekt will Antworten auf einige zentrale Fragen in Biologie und Ökologie von I. typographus geben, erfolgversprechende umweltfreundliche Bekämpfungsmethoden weiterentwickeln sowie neue Methoden im Monitoring etablieren. Der Transfer des generierten Wissens in die forstliche Praxis ist ein weiteres, wichtiges Ziel des Projektes.

Die Hauptziele des Projektes sind:

1) Brutverhalten und Diapauseinduktion im Spätsommer und Herbst:
Das Reproduktionsverhalten des Buchdruckers wird neben der Temperatur von der Tageslichtlänge gesteuert, da diese eine Diapause induziert. Während der Diapause (Ruhephase während des Winters) wird die Entwicklung und Reproduktionsleistung stark reduziert, was sich auf den Voltinismus und das Schadpotential auswirkt. Die Diapause wird im Spätsommer/Herbst durch kürzere Tageslichtlängen ausgelöst, jedoch wird sie durch hohe Temperaturen nach hinten verschoben, was den potentiellen Zeitraum für Entwicklung und Fortpflanzung verlängert. Inwieweit und wie stark diese Verschiebung durch Umweltfaktoren (Temperatur, Tageslichtlänge) ausfällt, ist jedoch nicht bekannt. In diesem Arbeitspaket sollen die Effekte von Umweltbedingungen auf die Diapauseinduktion unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht werden. Diese Ergebnisse werden darüber Aufschluss geben, welche Herbstbedingungen die Diapauseinduktion verschieben und somit den potentiellen Zeitraum für die Anlage zusätzlicher Generationen verlängern. Des Weiteren sollen unterschiedliche Regionen (Hochlagen und Tieflagen) untersucht werden, um möglichst genaue Daten für heimische Buchdrucker-Populationen zu erhalten. Diese Ergebnisse können in weiterer Folge in Phänologiemodelle implementiert werden (z.B. PHENIPS, PHENIPSplus) und so zu einer präziseren Vorhersage von Befall und Populationsentwicklung beitragen.

2) Molekulare Mechanismen einer Resistenz/Toleranz gegenüber einem moderaten bis starken lokalen Befallsdruck durch Fichtenborkenkäfer:
Einzelne Fichten, die einem Befall entkommen oder tolerieren können (potentiell resistente), werden mit solchen Bäumen verglichen, die stark unter dem Befall leiden und absterben (anfällige). Spezifische Abwehrgene der Fichte sollen zu mehreren Zeitpunkten des Befalls mithilfe von real-time quantitative PCR (RT-qPCR) analysieret werden. Zum daraus abgeleiteten, besten Zeitpunkt werden die genetischen Analysen durch die mit höheren Kosten verbundene Sequenzierung (RNA-seq) vertieft. Die Analyse wird ergänzt durch die Auswertung von Phenolharzen, Terpenoiden und abwehrspezifischer Hormonen. Nach einer ersten Untersuchungsphase müssen die gewonnen Erkenntnisse getestet und an einem unabhängigen Probenset bestätigt werden. Als Endresultat kann ein Set aus molekularen Markern (genetische Expression und chemischen Inhaltsstoffen) ausgewählt werden, die eine wichtige Rolle in der Schädlingsabwehr einnehmen. Dieses Set wird für die weitere Anwendung in der Forschung und in der Pflanzenzüchtung einen wichtigen Erkenntnisgewinn darstellen.

3) Weiterentwicklung umweltfreundlicher Maßnahmen zur bekämpfungstechnischen Behandlung von befallenem Holz:
Da befallenes Holz häufig nicht rechtzeitig aus dem Wald abgeführt bzw. vermarktet werden kann, besteht im Zuge von Borkenkäfermassenvermehrungen die Notwendigkeit, dieses bekämpfungstechnisch zu behandeln. Harvester-Entrindung, Ritzen oder vollständiges Fräsen der Rinde mit Fräsaufsätzen für die Motorsäge, Lagerung unter Bauvlies oder in Silofolie zeigten vielversprechende Ergebnisse. Vertiefende Experimente sollen noch offene Fragen in der Anwendung klären. Wird etwa die Harvester-Entrindung richtig durchgeführt, geht vom behandelten Holz keine Gefahr mehr aus. Untersuchungen deuteten auch darauf hin, dass ein erheblicher Teil von in der Rinde befindlichen Jungkäfern durch die mechanische Wirkung getötet wird. Der Effekt soll besser quantifiziert und Strategien zur Minderung des verbleibenden Risikos entwickelt werden. Bauvlies-Verpackung, die in Laborversuchen den Ausflug von Käfern verhindern konnte, soll unter Praxisbedingungen getestet und eine effiziente Anwendungsmethode entwickelt werden. Nicht zuletzt soll die fachgerechte Anwendung der vorhandenen Methoden für die Praxis zusammengestellt werden.

4) Etablierung neuer Monitoringwerkzeuge:
Untersuchungen in Kärnten gaben gute Hinweise, dass die Phänologie bestimmter Zeigerpflanzen gut mit dem Schwärmbeginn des Buchdruckers korrelieren. Solche auch für forstliche Laien einfach durchzuführende Beobachtungen können eine nützliche Ergänzung zu den bestehenden Monitoringsystemen darstellen, die infolge dessen auch mit diesen verknüpft werden soll. Dazu braucht es eine Absicherung der Kärntner Ergebnisse in anderen Bundesländern über mehrere Jahre. Dies soll durch Einbindung freiwilliger Beobachter (Citizen Science) ermöglicht werden. Ziel ist die Etablierung einer einfachen und anwenderfreundlichen Methode zur Bestimmung der beginnenden Buchdrucker-Aktivität im Frühjahr. Daraus abgeleitete, neue „Bauernregeln“ können eine Ergänzung zum temperaturgestützten Modell PHENIPS sein. Zusätzliche Auswertungen bestehender Datensätze zu Käferaktivität und Phänologie sollen weitere Zeigerarten für die verschiedenen Entwicklungsstadien des Buchdruckers liefern, vor allem dem Aktivitätsende im Herbst.
Darüber hinaus gibt es bei etablierten Monitoringsystemen Potential zur Weiterentwicklung. Für viele wissenschaftliche Fragestellungen ist es wünschenswert, Fallenfänge in möglichst hoher zeitlicher Auflösung zu haben. In der forstlichen Praxis werden Betreuung und Absammeln der Fallen oft nicht regelmäßig durchgeführt, folglich ist die Aussagekraft dadurch herabgesetzt. Wenn eine Falle nur aufgesucht werden muss, wenn tatsächlich etwas gefangen wurden, wäre der Arbeitsaufwand bei gleichzeitig besserer Datenqualität herabgesetzt. Dazu wären automatisierte Pheromonfallen geeignet. Ein Prototyp einer solchen smart trap soll entwickelt werden.

Praxisrelevanz

Auch wenn die sichtbar werdenden Folgen des Klimawandels für den Wald in der Forstwirtschaft zu einer verstärkten Suche nach \"klimafitten\" Baumarten geführt hat, wird die Fichte im österreichischen Wald in den nächsten Jahrzehnten weiterhin eine dominante Stellung einnehmen, nicht zuletzt aufgrund ihrer herausragenden holzwirtschaftlichen Bedeutung. Steigende Temperaturen und vermehrte Perioden mit Trockenstress lassen erwarten, dass die Schäden durch holz- und rindenbrütende Insekten, insbesondere Borkenkäfer, in ihrer Bedeutung hoch bleiben und sogar noch zunehmen werden. Für die Fichte bedeutet dies, dass sie durch den Buchdrucker in allen Bereichen ihrer Verbreitung unter Druck kommen wird. Am unteren, warmen Rand des Verbreitungsgebietes wird es vor allem die verminderte Abwehrfähigkeit in Perioden mit Trockenstress sein, die Massenvermehrungen auslösen kann. Hier wird es umso wichtiger sein, die genetische Basis der Abwehr von Befall zu verstehen und gegebenenfalls auch züchterisch zu nutzen. Im auch in den nächsten Jahrzehnten klimatisch für die Fichte gut geeigneten Verbreitungsgebiet ist aufgrund höherer Temperaturen mit einer rascheren Vermehrung des Buchdruckers und dadurch mit höherem Befallsdruck zu rechnen. Dies wird vor allem nach Störungsereignissen wie Windwürfen bedeutend werden. Die Notwendigkeit zu einem intensiven, integrierten Borkenkäfermanagement wird also auf der ganzen Fläche steigen. Dazu werden sowohl die geplanten öko-physiologischen Grundlagenarbeiten als auch die Entwicklung neuer Monitoringtools und die Weiterentwicklung bzw. Etablierung umweltfreundlicher Methoden der bekämpfungstechnischen Behandlung befallenen Holzes im Kalamitätsfall wesentliche Beiträge liefern. Die breite Einbindung von Laien bei der phänologischen Beobachtung kann ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Citizen Science im Waldschutz werden und das Potential für weitere Anwendungen dieses Ansatzes aufzeigen. Die Borkenkäfermassenvermehrung der letzten Jahre zeigte, dass es nicht die eine erfolgreiche Managementstrategie gibt, sondern dass die forstliche Praxis ein breites Portfolio von effektiven Maßnahmen braucht, um die für die Situation jeweils optimal geeignete auszuwählen – ganz entsprechend der Vielfalt der Bedürfnisse und Möglichkeiten der Waldbewirtschafter*innen in Österreich.