© Thomas Zuna-Kratky
Insektenstudie: Veränderung von Insektenpopulationen in Österreich in den letzten 30 Jahren - Ursachen und ausgewählte Beispiele
Projektleitung
Thomas Zuna-Kratky
Forschungseinrichtung
Büro Zuna-Kratky
Projektnummer
101514Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung| Ingenieurbüro für Landschaftsplanung und Landschaftspflege Thomas Zuna-Kratky| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Allgemeine Projektinformationen
Schlagwörter (deutsch)
Insekten, Landnutzung, Populationsveränderung, Fallstudie
Titel (englisch)
Changes in the population of Insects in Austria during the last 30 years - causes and selected case-studies
Abstract (englisch)
Projektziele
In einem ersten Schritt werden die für Österreich maßgeblichen anthropogenen Einflussfaktoren auf Insektenpopulationen zusammenfassend dargestellt und deren Wirkung analysiert. Besonderes Augenmerk wird dabei auf diejenigen Wirkfaktoren gelegt, die direkt oder indirekt auf das Vorkommen und die Fortpflanzungsmöglichkeiten von Insekten Einfluss nehmen können. So soll beispielsweise für die oft genannte Ursache „Einsatz von Pestiziden“ die tatsächlich wirksame Folgeerscheinung im Lebensraum von Insekten herausgearbeitet werden (in diesem Fall u. a. Verlust von Nahrungspflanzen oder direkte Mortalität durch die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel). Die geschieht in Abstimmung mit dem derzeit in Ausarbeitung befindlichen „Insektensterben-Projekt“ des Umweltbundesamtes.
Der bedeutsame nächste Schritt ist eine Priorisierung der erarbeiteten Einflussfaktoren hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Veränderung von Insektenpopulationen. Dies erfolgt auf zwei Wegen: Einerseits werden die quantitativen Veränderungen der Ursachen im Verlauf der letzten 30 Jahre (z. B. die Zunahme des Lebensraumverlustes durch Überbauung) soweit erfassbar recherchiert und damit das Ausmaß der Einflussgröße der jeweiligen Ursache auf Insektenpopulationen ermittelt. In einem zweiten Schritt wird anhand der Sensibilität der Vertreter einer ausgewählten Gruppe von Insektenfamilien (mit etwa 10 % der heimischen Insektenvielfalt) die mögliche Stärke der Wirkung der jeweiligen Ursachen abgeschätzt. Dies erfolgt anhand einer durch Experten jeder Art zugeordneten Serie an Parametern, die für die Art entscheidend für das Vorkommen ist (z. B. Spezifität der Nahrungswahl, klimatische Ansprüche an Wärme bzw. Trockenheit, Bindung an Sonderstandorte etc.). Bei nahrungspflanzenspezifischen Arten wird zusätzlich durch Verschneidung mit der Bestandsentwicklung und Gefährdung der betreffenden Pflanzenarten die Abhängigkeit dieser Arten von bestimmten Pflanzengruppen bzw. deren Habitate herausgearbeitet.
Das Ergebnis dieses zweistufigen Analyseverfahrens ist eine Darstellung der in ihrer Wirksamkeit auf Insektenpopulationen in Österreich abgestuften Ursachen und Einflussgrößen, die die Veränderung von Insektenpopulationen in Österreich in den letzten 30 Jahren bestimmt haben. Gleichzeitig verfügt man dabei über eine ökologische Charakterisierung eines bedeutenden Teils der heimischen Insektenwelt, die für die Evaluierung der „Achillesfersen“ der heimischen Insektenwelt nutzbar ist.
Das zweite Projektmodul soll anhand der Wiederholung ausgewählter quantitativer Studien aus den 1990er bzw. 2000er Jahren mit derselben Methodik konkretes, belastbares Datenmaterial zur Veränderung von Insektenpopulationen gewinnen. Anhand der im ersten Modul vorgenommenen Charakterisierung der Arten kann die Wirksamkeit der verschiedenen Ursachen bzw. Einflussfaktoren überprüft und die Aussagen des ersten Moduls abgesichert werden. Aufgrund der notwendigerweise zumindest zwei Vegetationsperioden umfassenden Kartierungsarbeit sollen zur zeitnahen Überprüfung die Ergebnisse des bereits wiederholten BINATS-Projektes in entsprechender Weise als Test für die Periode der letzten 10 Jahre herangezogen werden.
Zu Projektende liegt eine Übersicht über die Bedeutung und Wirksamkeit anthropogener Einflussfaktoren auf die heimischen Insektenwelt sowie eine Übersicht über die ökologischen Ansprüche eines wesentlichen Teils der heimischen Insektenwelt vor. Zusätzlich können erstmals durch eine Reihe von Vergleichserhebungen mit Studien aus den 1990er und 2000er Jahren Fallstudien mit quantitativem Ansatz aus Österreich vorgelegt werden.
Als Schnittstelle zwischen den Finanzierungspartnern und den Projektbetreibern wird ein Projektbeirat gegründet, der in regelmäßigen Abständen von den Fortschritten des Projektes bzw. den Teilergebnissen unterrichtet wird.
Praxisrelevanz
Mit Hilfe der Fallstudien kann erstmals in einem größeren räumlichen Rahmen die Veränderung ausgewählter Insektengruppen auch quantitativ abgeschätzt werden. Dies hat Relevanz auch für eine künftige Prioritätensetzung im Naturschutz.
Berichte
Kurzfassung
Berichtsdateien
Abstract (deutsch)
siehe Zusammenfassung für den Endbericht
Abstract (englisch)
The "Dokumentationsband" comprises the results of the evaluation of literature and sources concerning the effects of the certain factors on insect populations and their change over the last 30 years in Austria, shows the results of the trait-analysis of the insect-sample and gives information on methods and results of all re-evaluation studies of the "Insect-study". This is an important reference for the final report of this study, as the conclusions in the final report are based on the information in the "Dokumentationsband".
Autor/innen
Thomas Zuna-Kratky, Johann Neumayer, Werner Holzinger, Thomas Frieß, Helge Heimburg, Elisabeth Huber, Inge Illich, Bärbel Pachinger, Esther Ockermüller, Kathrin Pascher, Christa Hainz-Renetzeder, & Leopold Sachslehner
Abstract (deutsch)
Die Analyse der Wiederholungserhebungen von Insektenpopulationen zeigte vielfach ähnliche Muster, die auf allgemeine Entwicklungen, zumindest von vergleichbaren Insektengruppen in der Kulturlandschaft sowie in den Hochlagen der Alpen hindeuten. So wiesen die Untersuchungen bei den für Insektenpopulationen charakteristischen starken Schwankungen relativ stabile Gesamtartenzahlen sowie Artenzahlen pro Testfläche im Laufe der Untersuchungsperiode auf. Die Individuendichten zeigten unterschiedliche Entwicklungen, wobei stabile Verhältnisse dominierten. Signifikante Rückgänge in der Häufigkeit zeigten jedoch die Heuschrecken und Fangschrecken in der österreichweiten Erhebung. Für alle Untersuchungen charakteristisch waren jedoch deutliche Veränderungen in der Artenzusammensetzung. Typischerweise verschwanden spezialisierte Arten von nährstoffarmen Standorten sowie an kältere Klimate angepasste Insekten, die zunehmend von wärmeliebenden Arten sowie von Insekten mit breiterer ökologischer Amplitude ersetzt wurden.
Die Analyse des Einflusses der Wirkfaktoren konnte vor allem konkrete Belege für die negative Wirkung der Intensivierung im Grünland, der Aufgabe traditioneller Nutzungsformen in der Land- und Forstwirtschaft, der anhaltenden Eutrophierung sowie der Bedeutung des Verlustes von Sonderstrukturen in der Landschaft erbringen, während die Klimaerwärmung sich im Untersuchungszeitraum tendenziell positiv auf die untersuchten Insektenpopulationen auswirkte. Für manche mit Sicherheit insektenrelevante Wirkfaktoren wie dem Ausbringen insektentoxischer Stoffe, der Verbauung oder der Lichtverschmutzung konnten die Wiederholungserhebungen keine Beiträge liefern, deren negativer Einfluss ist aber aus der Literatur gut belegt.
Die wichtigsten und effizientesten Maßnahmen zur langfristigen Absicherung arten- und individuenreicher Insektenpopulationen in Österreich wurden im abschließenden Teil der „Insektenstudie“ ausformuliert. Besonders hervorzuheben sind dabei die Fortführung bzw. Ausweitung traditioneller Nutzungsformen in der Grünlandwirtschaft sowie im Wald, Erhalt und Anlage von Sonderstrukturen, Abpufferung der Effekte der Intensivierung von Grünlandnutzung. Die Reduktion insektenschädlicher Stoffeinträge (v. a. Pestizide, Stickstoff) sowie der Lichtverschmutzung sowie eine Reduktion der Versiegelungsrate sind weitere wichtige Elemente einer insektenfreundlicheren Landnutzung. Langfristig sind auch Strategien zur Abmilderung negativer Klimafolgen zu erarbeiten.
Abstract (englisch)
The „Insect study“ – a project supported by the state-federal state cooperation in Austria – shall generate data on the development of species composition and abundance of insect-communities in Austria in the last 30 years, lead to insights into the main factors driving these observed changes and propose certain effective measures to preserve stable insect communities and improve the status of declining groups in the near future.
With the analysis of existing re-evaluation studies and five representative studies conducted for the purpose of this “insect study” it could be shown, that the total number of species in each survey and the average numbers per study plot were quite stable or slowly increasing during the study period and also the density of insects showed mainly fluctuations. The most pronounced change was detected in the species-composition, that showed pronounced changes in most of the studies.
The re-evaluation studies together with the results of a sample of over 4.000 species of insects (approx. 11 % of Austrian insect-species), for which we designated traits and demands and correlated this with declining trends, were compared with the evaluation of factors potentially influencing insect populations in Austria. The greatest support for negative impact on insect populations was found concerning the intensification of grassland-management, abandonment of traditional land use in agriculture and forestry, eutrophication and loss of rare landscape structures. The impact of toxic substances like pesticides couldn´t be assessed due to missing data on size and change of the impact in Austria, but it is evident, that they influence insect populations. Soil surface sealing, light pollution and collision with cars are of importance, but are relevant only in comparably small parts of Austria. Climate warming finally turned out to influence insect populations positively on average.
The most efficient measures to preserve and improve the status of insects in Austria were proposed as follows: Maintenance and support of traditional land-use in agriculture and forestry, preservation and re-establishment of rare landscape-elements and buffering the effects of intensive management of grassland. Of importance are also reduction of the emission of toxic substances and fertilizers, reduction of soil surface sealing and light pollution and in the long run establishing strategies to compensate the effects of climate warming, especially in sensible habitats.
Autor/innen
Thomas Zuna-Kratky Kooperationspartner: ÖKOTEAM (Werner Holzinger, Thomas Frieß, Helge Heimburg, Elisabeth Huber), Johann Neumayer, Esther Ockermüller, Bärbel Pachinger, Dominik Rabl. Inge Illich, Kathrin Pascher