GeWeid: Wissensvermittlung für qualifiziertes Personal auf Almen mit kleinen Wiederkäuern und gelenkter Weideführung: Aufbau einer modularen Basisausbildung für Schaf- und Ziegenhirt*innen in Österreich

Projektleitung

Maria Naynar

Forschungseinrichtung

Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein

Projektnummer

102084

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft 

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Extensive Beweidung mit Kleinwiederkäuern ist im alpinen Raum von hoher ökologischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Bedeutung. Kleinwiederkäuer leisten hier einen wichtigen Beitrag, vor allem auf Standorten, die für Rinder schwer zugänglich sind. Aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, Rückkehr der großen Beutegreifer, geringe Auftriebszahlen, Mangel an qualifiziertem Personal oder zunehmende Verbuschung wirken sich negativ auf die Almfutterflächen, ihre Schutzkapazität vor Naturgefahren und ihre Biodiversität aus. Gelenkte Weideführung von Schaf- und Ziegenherden ermöglicht verbesserte Tierüberwachung, vereinfachten Zugriff auf das Tier bei Krankheit, Verletzungen oder notwendigen Trennung von der Herde, sowie Herdenschutz. Zudem wird durch gezielte Beweidung die Weidefläche optimal genutzt, Über- und Unterweidung können leichter verhindert werden. Hirt*innen spielen dabei eine zentrale Rolle. Qualifiziertes Personal auf Schaf- und Ziegenalmen ist daher eine wichtige Grundlage, um diese Form der Bewirtschaftung umsetzen zu können. Um ein bestmögliches Management sicherzustellen und einem Personalmangel auf Almen mit gelenkter Weideführung entgegenzuwirken, ist es notwendig, Hirt*innen auszubilden und ein fundiertes Wissen über Behirtung von Schaf- und Ziegenherden zu vermitteln. Die Ausbildung kann auch dabei helfen, den Beruf attraktiver zu gestalten und Almpersonal längerfristig für den Beruf zu motivieren.

Schlagwörter (deutsch)

Almwirtschaft, Schafalpung, Behirtung, Hirt, extensive Beweidung, gelenkte Weideführung, Ausbildung

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Knowledge Transfer for qualified shepherds on alpine pastures with small ruminants and targeted grazing: Establishing of a modular training for shepherds in Austria

Abstract (englisch)

Extensive grazing with small ruminants is of high ecological, societal, and economic importance in alpine regions. Small ruminants make a significant contribution to cultural landscapes and biodiversity, especially in areas that are difficult for cattle to access. Current challenges such as climate change, the return of large predators, low livestock numbers, a shortage of qualified staff, or increasing shrub encroachment negatively impact alpine pastures, their capacity to protect against natural hazards and their biodiversity. Targeted grazing management of sheep and goat herds allows for improved animal monitoring, easier access to animals in cases of illness, injury or necessary separation from the herd, as well as herd protection. Additionally, targeted grazing optimizes the use of pastureland, making it easier to prevent overgrazing and undergrazing. Shepherds play a central role in this process. Therefore, having qualified staff on sheep and goat alpine pastures is crucial for implementing this form of management. To ensure the best possible management and to counteract staff shortage on alpine pastures with directed grazing management, it is necessary to train shepherds and transfer comprehensive knowledge about herding of sheep and goat herds. Training can also help to make the profession more attractive and motivate shepherds to remain in the profession long-term.

Schlagwörter (englisch)

Alpine pasture, extensive grazing, shepherding, shepherd, targeted grazing, education

Projektziele

Das Hauptziel des vorliegenden Projekts ist die Erstellung einer modularen Basisausbildung für Schaf- und Ziegenhirt*innen als Prototyp im Ausmaß von ca. 100 Stunden. Hirt*innen sollen für den Arbeitseinsatz auf Almen geschult und bereits vorhandenes Wissen aus der Forschung soll vermittelt werden. Dieser erprobte Prototyp kann als Ausbildungspaket für die weitere Etablierung genutzt werden. Dieses Hauptziel hat folgende Teilziele:

  • Erstellung des Curriculums für die Basisausbildung (inhaltliches Konzept): Dazu gehört vor allem die Evaluierung und Anpassung bestehender Curricula für Schaf- und Ziegenhirt*innen mit Berücksichtigung vorhandener Erfahrungen aus Vorprojekten (z.B. im Zuge von LIFE Projekt EuroLargeCarnivores und LIFE Wolfalps EU) und aus anderen Ländern (z.B. Lehrgang für Hirtinnen und Hirten, Fachschule Salern).
  • Entwicklung einer Methode zur Vermittlung der Lehrinhalte (Methodisches Konzept): Basierend Erfahrungen aus Vorprojekten (z.B. LIFE Projekt EuroLargeCarnivores) wird eine Methode entwickelt, um den Inhalt möglichst praxisnah zu vermitteln.
  • Einmalige Durchführung der Basisausbildung: Diese Ausbildung soll ein umfassendes Verständnis für die Grundlagen der Behirtung von Schaf- und Ziegenherden, Herdenschutz und gelenkte Weideführung sicherstellen.
  • Lehrunterlagen für Kursteilnehmer*innen: Die behandelten Lehrinhalte werden in einem Arbeitsheft zusammengefasst, die den Teilnehmenden als Lehrunterlage dient und für zukünftige Ausbildungen verwendet werden kann.
  • Etablierung der Basisausbildung: Im Zuge des Projekts können Inhalt und Methode der Basisausbildung erprobt und angepasst werden. Um die Ausbildung in anderen europäischen Ländern vergleichbar zu machen, soll die Ausbildung im Nationalen Qualifikationsrahmen etabliert und die Basis für eine Weiterführung nach Projektende geschaffen werden.

Praxisrelevanz

Seit jeher spielt die extensive Tierhaltung und Beweidung im Alpenraum eine wichtige Rolle. Sie hat vielseitige ökologische, ökonomische und soziale Funktionen und leistet einen wichtigen Beitrag zur Multifunktionalität der Landwirtschaft in den Bergregionen (Aigner, 2016; Mack, et al., 2008; Schönhart, et al., 2019). Doch bereits 1993 erwähnte die Bundesanstalt für Bergbauernfragen in einem Bericht zur Almwirtschaft in Österreich einen erheblichen Mangel an qualifiziertem Personal in der Almwirtschaft (Groier, 1993). Die Frage nach qualifizierten Hirt*innen für Schaf- und Ziegenalmen in Österreich ist auch heute noch hochaktuell. Gut ausgebildete Hirt*innen spielen eine zentrale Rolle für eine sichere und nachhaltige Almhaltung von kleinen Wiederkäuern (Willems, et al., 2024a). Aktive Behirtung ermöglicht eine intensive Betreuung der Tiere (Willems, et al., 2024b), was zu einer verbesserten Tierüberwachung und einem leichteren Zugreifen auf Einzeltiere bei Verletzung und Krankheit ermöglicht. Dies kann einen positiven Beitrag zum Tierwohl auf der Alm leisten. Es ist abzusehen, dass die aktive Behirtung von Schaf- und Ziegen in Form einer gelenkten Weideführung an Bedeutung gewinnt, denn aktuell stellt die Rückkehr von großen Beutegreifern eine der größten Herausforderung für die Alpung von Kleinwiederkäuern dar. Die Risszahlen, v.a. durch den Wolf, lagen im Jahr 2023 bei 550 getöteten Tieren, betroffen sind v.a. Schafe und Ziegen (Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs, 2024). Zunehmende Risszahlen sind in Zukunft zu erwarten. Zudem wirken sich auch weitere Herausforderungen, wie z.B. der Klimawandel oder der Mangel an qualifiziertem Personal, negativ auf die Almwirtschaft aus. Durch die sinkende Anzahl an gealpten Kleinwiederkäuern (Hofer, 2024) wird es zunehmend schwieriger, Almfutterflächen zu erhalten. Es kommt zu einer Selektion auf besseren Futterflächen, während schlechtere Futterflächen unternutzt bleiben. Das fördert entweder die Verbuschung oder Naturgefahren - Erosionen, Schneerutschungen, Überschwemmungen. Dieser Prozess ist hochaktuell: seit 1960 ging die Almfutterfläche um knapp 65 % zurück (BML, 2001; Hofer, 2024). Kleine Wiederkäuer sind für die Landschaftspflege an für Rindern schwer zugänglichen Standorten von großer Bedeutung, wenn sie gezielt und mit gutem Management eingesetzt werden.

Zudem werden Schaf- und Ziegenprodukte zunehmend als Spezialität angesehen und sind als Einkommensquelle für Betriebe, v.a. auch in Bergregionen, durchaus interessant. Konsument*innen erwarten sich naturnahe Haltungsbedingungen und nachhaltig produzierte Fleisch- und Milchprodukte. (Böhm, et al., 2021; Böhm, et al., 2019). Ein effizientes Almmanagement, das Fragen zu Tiergesundheit, Tierwohl und Weidemanagement unter Berücksichtigung von Milchmengen und Gewichtszunahmen beinhaltet, dient somit als Grundlage für eine ökonomisch und ökologisch relevante Almnutzung. Mit einer gelenkten Weideführung und einem damit verbundenen angepassten Almmanagement kann aktuellen Herausforderungen entgegengewirkt werden. Sie bietet die Möglichkeit, flexibler auf Veränderungen der Umwelt einzugehen. Gelenkte Weideführung stellt jedoch für viele Almbetriebe eine Umstellung dar. Um sie bestmöglich umzusetzen, braucht es qualifiziertes Almpersonal. Die Ausbildung von Schaf- und Ziegenhirt*innen dient als wesentliches Werkzeug, um eine gute Grundlage dafür zu schaffen.