GENDIV CATTLE: Genetische Charakterisierung Österreichischer Rinderrassen

Projektleitung

Roswitha Baumung

Forschungseinrichtung

Universität für Bodenkultur Wien - Department für Nachhaltige Agrarsysteme

Projektnummer

100339

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

ÖNGENE - Österreichische Nationalvereinigung für Genreserven landwirtschaftlicher Nutztiere| Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Die wesentlichen Ziele des Projektes \"Genetische Charakterisierung Österreichischer Rinderrassen\" sind:
1.) Genetische Charakterisierung der in Österreich heimischen Rinderrassen, wobei vor allem die genetische Diversität kleiner Populationen untersucht und mit internationaler Literatur verglichen werden soll. Dies kann künftig bei der Einstufung der Bedeutung einer Rasse als Informationsquelle und Vergleichsbasis dienen.
2.) Die Genetische Distanz zu Rinderrassen in anderen Ländern soll abgeschätzt werden. Damit werden die österreichischen Rinderrassen erstmals in einen Europaweiten Zusammenhang gestellt.
3.) Abklärung der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen eng verwandten Population zur Überprüfung inwiefern getrennte Reinzuchtprogramme durchgeführt wurden bzw. auf welche Populationen bei genetischen Engpässen zur „Blutauffrischung“ zurückgegriffen werden sollte.
4.) Schaffung einer zusätzlichen Datengrundlage zu Beurteilung der Auswirkungen der laufenden Erhaltungszuchtprogramme als Grundlage für weitere züchterische Empfehlungen.

Schlagwörter (deutsch)

genetische Diversität, Rind, Microsatelliten, Erhaltungszucht

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Genetic Characterisation of Austrian Cattle Breeds

Abstract (englisch)

In Austria nine autochthonous cattle breeds are officially acknowledged to be endangered. The reasons for the actual endangerment are manifold; on the one hand forces like random genetic drift threaten the genetic diversity especially in small populations, on the other hand crossing with higher yielding, popular breeds might lead to a gradual and unnoticed replacement of characteristic alleles in the autochthonous populations. Main goal of the proposed project is a first- time genetic characterisation of all endangered Austrian cattle breeds. Therefore 35 animals per breed will be sampled (blood samples) and analyzed for 30 neutral microsatellite markers recommended by FAO for genetic diversity studies. Special attention is turned on the comparability of genotyping data with large international projects. Therefore the list of markers is chosen in a way that high overlap with other diversity studies in cattle is guaranteed. Furthermore a reference animal (INRA2000) will be genotyped to allow standardization of results from different molecular genetic labs. The genotyping data will allow statements on the relative genetic diversity (e.g. observed and expected heterozygosity), the genetic differentiation between breeds (e.g. genetic distance matrices, Fst-values and estimated migration rates) and will provide information to detect possible genetic substructures within breeds. These results as a whole will give valuable insight in the past genetic management of the breeds and will therefore be basis for future recommendations for conservation breeding programs. Results for two endangered Austrian cattle breeds (Waldviertler Blondvieh and Kärntner Blondvieh) in comparison with Hungarian Grey cattle are already available showing three clearly distinct populations with closest relationship between the two blond cattle breeds from Austria.

Projektziele

Im geplanten Projekt sollen alle autochthonen Österreichischen Rinderrassen untersucht werden. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf gefährdete Rassen gelegt. Zu diesen zählen Original Braunvieh, Original Pinzgauer, Tiroler Grauvieh, Waldviertler Blondvieh, Kärntner Blondvieh, Tux-Zillertaler Rind, Pustertaler Sprintzen und Ennstaler Bergschecken. Zusätzlich zu den gefährdeten Rassen ist geplant, Rassen zu untersuchen, die vermutlich bis in jüngste Zeit eine gemeinsame Zuchtgeschichte mit den gefährdeten aufweisen. So soll neben Original Braunvieh auch Braunvieh (Brown Swiss) und neben Original Pinzgauer das „moderne“ Pinzgauerrind einbezogen werden. Eringer aus der Schweiz sollen aufgrund des bekannten Eringereinsatzes in der Tux_Zillertalerpopulation Berücksichtigung finden. Generell muss auch der Bezug zur Österreichischen „Hauptrasse“, dem Fleckvieh, abgeklärt werden. Die Daten sollen dann mit Informationen aus anderen Großprojekten (N-EURO-CAD, RESGEN) zur Untersuchung der genetischen Diversität von Rinderrassen zusammengeführt werden. Proben des Murbodner Rindes und des Tiroler Grauviehs wurden im Rahmen eines EU-Projektes an der Ludwig-Maximilians Universität (LMU) München typisiert. Die Ergebnisse dieser Analyse werden den Österreichischen Zuchtverbänden für diese Rasse zur Verfügung gestellt und sollen nach Zustimmung der Verbände dann auch im hier geplanten Projekt berücksichtigt werden. Genotypisierungsdaten für das Eringerrind und Pustertaler Sprintzen aus Deutschland könnten über das EU-Projekt RESGEN einbezogen werden. Mit dieser Vorgangsweise wird eine unnötige doppelte Typisierung gleicher Rassen vermieden. Genotypisierungsdaten für Waldviertler und Kärntner Blondvieh liegen bereits durch das ÖNGENE-Projekt „Genetische Charakterisierung Österreichischer Rinderrassen: Das Blondvieh“ vor. Um eine Zusammenführen der Daten verschiedener Projekte zu ermöglichen und weitere Kosten für eine unnötige Mehrfachtypisierung einer Rasse zu vermeiden, wurde ein Markersatz gewählt, der den FAO-Empfehlungen entspricht und in allen oben genannten Diversitätsprojekten zum Einsatz kam. Um die Relationen der genetischen Distanz zu verdeutlichen sollen auch Rassen, die vermutlich keine jüngere gemeinsame Zuchtgeschichte mit den oben angeführten Rassen aufweisen, berücksichtigt werden.
Das wesentliche Ziel des Projektes ist es die Ähnlichkeiten der untersuchten Rinderrassen aufzuklären, Rassengruppen und Abgrenzungen zwischen phänotypisch schwer unterscheidbaren Rassen ausfindig zu machen. Diese Ergebnisse können in Zukunft im Rahmen der praktischen Erhaltungsarbeit Anwendung finden, wenn um genetische Engpässe zu vermeiden, eventuell Tiere einer anderen, eng verwandten Rasse, zum Einsatz kommen müssen. Des Weiteren ist eine gute Zuordnung von Einzeltieren zu einer bestimmten Rasse gerade für sehr kleine, gefährdete Populationen, wo jedes Tier von großer Bedeutung für das weitere Bestehen der Rasse sein kann, wichtig. Eine klare genetische Differenzierung der untersuchten Rassen, soll Einblicke in die Zuchtarbeit der jüngeren Vergangenheit geben und als Beratungsgrundlage für zukünftige Generhaltungsmaßnahmen dienen.
Die genetische Diversität innerhalb der Rassen soll im Vergleich mit Ergebnissen internationaler Studien eine der möglichen Kennzahlen zur Abschätzung des Gefährdungsgrades liefern. Hierbei spielt die Vergleichbarkeit der Resultate verschiedener Studien im Hinblick auf die verwendeten genetischen Marker eine bedeutende Rolle.

Praxisrelevanz

Der Wert genetischer Ressourcen für die Landwirtschaft ist seit nunmehr etwa zwei Jahrzehnten unumstritten. Einerseits ist die genetische Diversität innerhalb von Populationen die Grundvoraussetzung für die Erreichung von Zuchtfortschritt, andererseits können kleine Populationen über bisher unerkannte, aber zukünftige interessante Eigenschaften verfügen, die mit Aussterben der Rasse verloren gehen würden. Generell stellen heimische Rassen ein wertvolles Kulturgut dar. Diese Rassen, in Form von Lebendtierbeständen, geben ein anschauliches Zeugnis für die Bedeutung der bäuerlichen Zuchtarbeit in Österreich und tragen somit zu einen positiven Image der Landwirtschaft bei.
Der langfristige Erhalt von kleinen Populationen in Form von Lebendtierbeständen stellt jedoch spezielle Herausforderungen an das Erhaltungszuchtprogramm. Die praktische Bedeutung dieses Projektes für die Landwirtschaft entspricht den formulierten Projektzielen, die die Kontrolle, Verbesserung und informative Unterstützung bestehender Erhaltungszuchtprogramme umfassen:
Diese Projektergebnisse könnten in Zukunft im Rahmen der praktischen Erhaltungsarbeit Anwendung finden, wenn um genetische Engpässe zu vermeiden, eventuell Tiere einer anderen, eng verwandten Rasse, zum Einsatz kommen müssen. Des Weiteren ist eine gute Zuordnung von Einzeltieren zu einer bestimmten Rasse gerade für sehr kleine, gefährdete Populationen, wo jedes Tier von großer Bedeutung für das weitere Bestehen der Rasse sein kann, wichtig. Eine klare genetische Differenzierung der untersuchten Rassen, soll Einblicke in die Zuchtarbeit der jüngeren Vergangenheit geben und als Beratungsgrundlage für zukünftige Generhaltungsmaßnahmen dienen.

Berichte

Abschlussbericht , 30.11.2008

Kurzfassung

Anhand von 26 Mikrosatelliten Markern, die auf Hardy-Weinberg-Gleichgewicht getestet wurden, konnte die genetische Variabilität österreichischer Rinderrassen untersucht werden. Für eine Vergleichsstudie wurden, basierend auf dem gleichen Marker-Set, fünf Rinderrassen aus Deutschland, drei Rassen aus der Schweiz, zwei Rassen aus Frankreich und eine ungarische Rasse herangezogen. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Frage der genetischen Differenzierung phänotypisch schwer unterscheidbarer Rassengruppen, die Analyse der Populationsstruktur und die Möglichkeit Einzeltiere aufgrund molekulargenetischer Informationen einer bestimmten Rasse korrekt zuzuordnen. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst. Der überwiegende Anteil der genetischen Diversität in den untersuchten Populationen kann über die Diversität innerhalb der Rassen (rund 91%) und nicht über die Diversität zwischen den Rassen erklärt werden. Auch für die Zukunft sollte die Vielfalt innerhalb der Rassen durch entsprechende Zuchtprogramme und gezielte Anpaarungsstrategien erhalten werden. Über die verwendeten Mikrosatelliten-Loci ist eine sehr gute Zuordnung von Einzeltieren zu den vordefinierten Rassen möglich (98%). Falsch zugeordnete Tier sollten bezüglich ihrer Abstammung genau kontrolliert werden. Das Ungarische Steppenrind weist insgesamt die geringste Verwandtschaft zu den anderen untersuchten Populationen auf, gefolgt von Aubrac, das auch die größte geographische Distanz zu den untersuchten österreichischen Rassen aufweist. Innerhalb der autochthonen österreichischen Rassen nimmt das Tiroler Grauvieh eine Sonderstellung ein. Dies untermauert die Wichtigkeit diese nicht als hoch gefährdet eingestufte Rasse auf Grund ihrer Einzigartigkeit dennoch durch entsprechende Erhaltungszuchtmaßnahmen und Förderungen zu unterstützen. Innerhalb der untersuchten Rassen zeichnen sich fünf Cluster ab: 1. Der Braunviehcluster, dem Original Braunvieh aus Österreich, der Schweiz und Deutschland angehören. Auf Grund der besonderen genetischen Nähe des österreichischen zum Schweizer Braunvieh, wird empfohlen bei genetischen Engpässen auf Tiere aus der Schweiz zurückzugreifen. 2. Einen weiteren Cluster bilden die alpinen Zweinutzungsrassen. In dieser Gruppe finden sich die Original Pinzgauer, die Pustertaler Sprinzen und das Tux-Zillertaler Rind. Es ist anzumerken, dass das Tux-Zillertaler Rind trotz der bekannten gemeinsamen Zuchtgeschichte mit den Eringer Rindern als eigenständige Rasse angesehen werden kann. Die Evolener und Eringer erscheinen hingegen genetisch nahezu identisch. Letzteres deckt sich auch mit der in der Literatur beschriebenen Tatsache, dass in der Eringerpopulation fallweise gescheckte Rinder vorkommen, die nicht von Evolènern unterschieden werden können. 3. Den dritten Cluster bilden die Blondviehrassen. Eine besondere genetische Nähe besteht zwischen Murbodnern und dem Deutschen Gelbvieh. In diesen Cluster fallen erwartungsgemäß auch das Waldviertler und Kärntner Blondvieh. Unerwartet war hingegen das Resultat, dass die Ennstaler Bergschecken, die als nahezu ausgestorben und zumindest in der jüngeren Literatur als vom Fleckvieh genetisch verdrängt galten, ebenfalls in den Blondviehcluster fallen. Zu Beginn des 20sten Jahrhunderts wurden jedoch der Murbodner und die Vorfahren des Kärntner Blondviehs (Mürztaler, Mariahof-Lavantaler) in eine Reihe mit den Ennstaler Bergschecken gestellt. Es wurde vermutet, dass das Murbodner Rind aus eine Kreuzung von Mürztaler, Mariahof-Lavantaler und Ennstaler Bergschecken hervorgegangen ist. 4. Weiters gibt es einen Fleckviehcluster, der das aktuelle gemeinsame Zuchtprogramm widerspiegelt. 5. Der vierte Cluster kann als Holsteingruppe bezeichnet werden. Hier findet sich auch das moderne Pinzgauer Rind. Dies macht besonders deutlich, dass auch in Zukunft eine klare züchterische Trennung zwischen Pinzgauer und Original Pinzgauer erfolgen muss. Trotz der relativ großen Stückzahl leidet der Original Pinzgauer unter einer besonderen Gefährdung: der Verdrängung der Pinzgauergenetik durch die Holsteingenetik. In Summe unterstreichen die Ergebnisse, die Wichtigkeit der gezielten Erhaltungszuchtmaßnahmen, nicht nur für Rassen mit extrem kleiner Stückzahl.

Berichtsdateien

cattlediv.pdf

Autor/innen

PD Dr. Dipl. Ing. Roswitha BAUMUNG, MSc. Supawadee MANATRINON, Dr. Franz FISCHERLEITNER, Dr. Ivica MEDUGORAC, Bakk.rer.nat. Anna PREINERSTORFER