fuse2model: Datenfusion zur Entwicklung von Modellen für Boden und Pflanzenbestand im Ackerbau

Projektleitung

Andreas Ettlinger

Forschungseinrichtung

Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Francisco Josephinum

Projektnummer

102066

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft 

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Grundlage für die standortangepasste Bewirtschaftung ist die Ableitung von Applikationskarten bzw. Management-Zonen, welche auf Grund ihrer Eigenschaften homogen bewirtschaftet werden können. Es ist somit notwendig, Heterogenitäten im Feld zu detektieren und in der Bewirtschaftung darauf entsprechend zu reagieren. Pflanzenwachstumsmodelle enthalten viele Parameter, welche für eine solche Klassifizierung verwendet werden können. Hier wird mit Hilfe von Wetter-, Boden-, Sorten- und Management-Daten der aktuelle Zustand des Pflanzenbestandes sowie des Bodenwasser- und Nährstoffhaushaltes simuliert. Die Simulation auf Basis von physikalischen Gleichungen ist aber stark von der Korrektheit bestimmter Input-Daten abhängig (z.B. Bodentyp oder initialier Wasser- und Nährstoffgehalt). Eine andere Möglichkeit zur Detektion von Heterogenitäten im Feld ist die Nutzung von Fernerkundungsdaten. Besonders eignen sich die Daten von Satellitenmissionen, da sie meist frei verfügbar (z.B. Sentinel-2) und in hoher zeitliche Auflösung vorhanden sind. Trotzdem bestehen Limitationen: Einerseits sind Aufnahmen im Bereich des sichtbaren Lichts von der Bewölkung abhängig, was zu einer Verringerung der zeitlichen Auflösung führt. Andererseits ist auch die geringe räumliche Auflösung (max. 10 m bei Sentinel-2) ein limitierender Faktor. Die klein-strukturierte Landwirtschaft in großen Teilen Österreichs erfordert eine möglichst hohe räumliche Auflösung um Heterogenitäten im Feld entsprechend darzustellen. Die genannten Datenquellen zur Ableitung von Management-Zonen in Feldern weisen für sich gesehen Limitationen auf. In diesem Projekt sollen diese Daten in einem kombinierten Ansatz aggregiert und fusioniert werden. Die Fusion von Daten aus mehreren Quellen mit unterschiedlichen Charakteristika (bezüglich räumlicher und zeitlicher Auflösung sowie Präzision und Genauigkeit der Messung) ermöglicht die Erstellung von Modellen für Boden und Pflanzenbestand mit hoher Qualität und Zuverlässigkeit. Die implementierten Modelle werden mit qualitativ hochwertigen In-Situ („ground-truth“) Daten wie z.B. Biomasse- und Ertragserhebungen aus Feldversuchen validiert.


Schlagwörter (deutsch)

Wachstumsmodelle, Fernerkundung, Ertragsprognosen, Datenaggregation, Schätz- und Lernalgorithmen

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Data fusion to develop models for the soil and crop stock in arable farming

Abstract (englisch)

The derivation of application maps or management zones, which can be homogeneously cultivated due to their properties, is the basis for site-specific farming. Thus, it is necessary to detect the differences within a field and adjust the cultivation accordingly. Crop growth models contain many parameters which can be used for such a classification. By using weather, soil crop-variety as well as management data, the current state of the crop stock and other quantities such as soil water and nutrition amounts can be simulated. Another option to detect differences is to use remote sensing data. Data from satellite missions are well suited for such applications because they are often available in a high temporal resolution and free of charge (e.g. Sentinel-2). Still, there are limitations: on the one hand, data in the range of visible light are dependent on clouds which leads to a reduction of the temporal resolution. On the other hand, the low spatial resolution (10 m with Sentinel-2) is a limiting factor. The small-structured agriculture in large parts of Austria requires a preferably high spatial resolution to detect differences within the fields. The mentioned data sources to derive management zones in fields independently exhibit limitations. In this project, the data sources should be aggregated and fused in a combined approach. The fusion of data from multiple sources with heterogeneous properties (different spatial and temporal resolution as well as precision and accuracy of the measurements) enables the implementation of models for soil and crop stock with high quality and reliability. The developed models will be validated with high quality in-situ (ground-truth) data, such as biomass or yield surveys from field trials.

Schlagwörter (englisch)

growth models, remote sensing, yield prediction, data aggregation, estimation and learning algorithms

Projektziele

Die Datenquellen zur Ableitung von Management-Zonen in Feldern weisen für sich gesehen Limitationen auf. Ziel in diesem Projekt ist, diese Daten in einem kombinierten Ansatz zu aggregieren und fusionieren. Die Fusion von Daten aus mehreren Quellen mit unterschiedlichen Charakteristika (bezüglich räumlicher und zeitlicher Auflösung sowie Präzision und Genauigkeit der Messung) ermöglicht die Erstellung von Modellen für Boden und Pflanzenbestand mit hoher Qualität und Zuverlässigkeit. Auf Basis dieser Modelle weisen auch die abgeleiteten Applikationskarten optimierte Eigenschaften für die standortangepasste Bewirtschaftung in Österreich auf. Die implementierten Modelle werden zusätzlich mit qualitativ hochwertigen In-Situ („ground-truth“) Daten wie z.B. Biomasse- und Ertragserhebungen aus Feldversuchen validiert. Feldversuchsdaten sind allerdings nur in vergleichsweise geringem Ausmaß verfügbar und über viele Betriebe und Institutionen verteilt. Ein weiteres Ziel ist daher, zusätzliche Quellen für ground-truth Daten zu recherchieren und eine Strategie zu erarbeiten, wie sämtliche in diesem Projekt verwendeten Daten zusammengeführt werden können. Darauf aufbauend, wird ein Konzept für einen Data Space erstellt, welcher die Basis für die Modell-Weiterentwicklung und Validierung in der standortangepassten Bewirtschaftung darstellen soll.


Das Projekt gliedert sich in vier Arbeitspakete und die spezifischen Zielen in den jeweiligen Abschnitten sind die folgenden


Projektdokumentation und Dissemination

  • GIT-Repository mit Quelltext und ausführlicher Dokumentation sämtlicher entwickelter Modelle und Algorithmen
  • Endbericht des Projektes (inkl. der Zwischenergebnisse bzw. -berichte aus den anderen Arbeitspaketen)
  • Publikation der Projektergebnisse (einschlägige Fachkonferenz und Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift)

Datenaggregation und Modellvalidierung

  • Quelltext und Dokumentation der implementierten Schnittstellen für die zur Modellentwicklung notwendigen Datenquellen (Pflanzenwachstumsmodelle und Fernerkundungsdaten)
  • Datenbank, in welcher die bereits vorhandenen ground-truth Daten (hauptsächlich Feldversuchsdaten) aggregiert sind
  • Konzept (Dokument) für die Erstellung eines Data Space für die Weiterentwicklung und Validierung der Modelle für Pflanzenbestand und Boden im Ackerbau

Datenfusion und Zustandsschätzung

  • Quelltext und Dokumentation der implementierten System- und Pflanzenwachstumsmodelle
  • Quelltext und Dokumentation der implementierten Beobachtungsmodelle für die Fernerkundungsdaten
  • Quelltext und Dokumentation der implementierten Algorithmen zur Datenfusion und Zustandsschätzung (Kombination der System- und Pflanzenwachstumsmodelle mit den Beobachtungsmodellen für die Fernerkundungsdaten)

Zeitreihenanalyse und Prädiktion

  • Quelltext und Dokumentation der implementierten Modelle zur Prädiktion des Ertrages
  • API zur wissenschaftlichen Nutzung der entwickelten Modelle

Praxisrelevanz

Der Klimawandel verdeutlicht die Notwendigkeit, die Bewirtschaftungsweise in der Landwirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeit anzupassen. Die EU-Kommission gibt das mit dem Green Deal und zahlreichen Strategien entsprechend vor, welche sich in der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) niederschlagen. Die Bodenstrategie beinhaltet sehr konkrete Schritte für die Landwirtschaft, wie z.B. die Optimierung der Düngerausbringung („farm sustainability tool for nutrients“) und die Digitalisierung in der Bewirtschaftung („controlled traffic farming“). Auch die „Farm2Fork“-Strategie und der „Zero Pollution Action Plan“ spielen hier eine wichtige Rolle (Erhaltung der Biodiversität, 50%-Reduktion von Nährstoffauswaschung und Pestizideinsatz). Die öffentlichen Ziele und Anreize sind sehr stark auf Umwelt und Nachhaltigkeit fokussiert. Daneben ist es auch wichtig, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen bzw. der österreichischen Landwirtschaft erhalten bleibt und im besten Fall gestärkt wird. Der Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit steht nicht zwingend im Widerspruch mit der nachhaltigen Bewirtschaftung. Gerade die
standortangepasste Bewirtschaftung in Kombination mit der Digitalisierung bietet das Potential, die oben genannten Ansprüche, zu erfüllen bzw. vermeintliche Widersprüche aufzulösen.

Die Ergebnisse dieses Projektes bilden die Basis für weitere Forschungsprojekte und Entwicklungen. Neben den Fernerkundungsdaten gibt es noch andere Datenquellen, welche mit den Pflanzenwachstumsmodellen fusioniert werden können. Möglichkeiten hierfür sind die Integration von Daten aus der Maschinen- und Gerätedasensorik oder die Nutzung von verteilter Sensorik im Feld (d.h. IoT-Ansatz). Mit Hilfe der entwickelten Modelle können Heterogenitäten im Feld detektiert und damit Management-Zonen und Applikationskarten abgeleitet werden. In der Anwendung (z.B. Düngung oder Pflanzenschutz) ist es dann aber notwendig weitere Algorithmen und Modelle anzuwenden. Durch den Fokus auf die bedarfsgerechte Düngung in der HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg (TerraZo, Feldversuche), dienen die Projektergebnisse vor allem der Weiterentwicklung der Düngemodelle. Durch eine spätere Integration in TerraZo partizipieren auch die Landwirtinnen und Landwirte von den erweiterten Modellierungen von Pflanzenbestand und Boden. Durch die Implementierung einer API und der Versionierung des Quelltextes in einem GIT-Repository ist es möglich, dass weitere Institutionen und Forschungseinrichtungen in möglicherweise folgenden Projekten an diesen Modellen mitarbeiten. Das Konzept eines Data Space könnte helfen, den Austausch von In-Situ Daten zwischen den relevanten Institutionen in Österreich voranzutreiben und damit die Verbesserung bestehender Modelle sowie die Entwicklung neuer Ansätze zu beschleunigen.