EvalPSM: Evaluierung der mittelfristigen Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen - Bewertung möglicher Alternativen und Auswirkungen auf die österreichische Landwirtschaft
Projektleitung
Patrick Breinhoelder
Forschungseinrichtung
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
Projektnummer
102205Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft| Amt der Burgenländischen Landesregierung| Amt der Wiener Landesregierung| Amt der Niederösterreichischen Landesregierung| Amt der Oberösterreichischen Landesregierung| Amt der Steiermärkischen Landesregierung| Amt der Tiroler Landesregierung| Amt der Salzburger Landesregierung| Amt der Vorarlberger Landesregierung| Amt der Kärntner Landesregierung
Allgemeine Projektinformationen
Abstract (deutsch)
Das verfügbare Portfolio an Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in der Europäischen Union unterliegt gegenwärtig durch die Berücksichtigung von zusätzlichen Kriterien im Zuge der Genehmigung, wie beispielsweise der Bewertung von endokrinen Eigenschaften, sowie durch adaptierte und an den Stand der Wissenschaft angepasste Methoden einem massiven Wandel. Während die Anzahl der genehmigten Wirkstoffe in den letzten Jahren in etwa gleich blieb, war eine Verschiebung von den chemischen Wirkstoffen hin zu Mikroorganismen und weiteren biologischen Wirkstoffen wie Pflanzenextrakten und Pheromonen zu vermerken. Während für einen Teil der nicht mehr genehmigten chemischen Wirkstoffe ausreichend alternative Bekämpfungsmittel zu Verfügung stehen, sind einige Wirkstoffe nur schwer oder nicht ausreichend ersetzbar.
Im Rahmen des Projekts soll nun unter Berücksichtigung der aktuell gültigen Bewertungskriterien sowie auch möglicher zukünftiger Entwicklungen und Vorgaben auf europäischer Ebene eine Abschätzung vorgenommen werden, welche Wirkstoffe mittelfristig nicht mehr verfügbar sein könnten. Danach erfolgt die Bewertung der jeweiligen Situation im Pflanzenschutz für ausgewählte Kulturen auf Basis der verbleibenden, verfügbaren chemischen, biologischen und mechanischen Alternativen. Bei einer zu erwartenden kritischen Situation im Pflanzenschutz wird eine Aufstellung möglicher Alternativen mittels umfassender Literatursuche sowie durch Umfragen erarbeitet. Die potenziell relevanten Alternativen werden anschließend hinsichtlich Stands der Entwicklung, Praktikabilität und Wirksamkeit, Relevanz für die österreichische Landwirtschaft und Zeithorizont bezüglich der zukünftigen Anwendung und Umsetzung diskutiert und bewertet. Die abgeleiteten Szenarien werden darüber hinaus auch auf ihre betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen untersucht.
Schlussendlich soll das Projekt durch die umfassende Zusammenstellung und Abschätzung der möglichen zukünftigen Entwicklungen im Pflanzenschutz mit besonderem Fokus auf die österreichische Landwirtschaft die Ableitung von unmittelbaren und langfristigen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen sowie die Erarbeitung einer Grundlage für strategische Überlegungen zum Pflanzenschutz ermöglichen.
Schlagwörter (deutsch)
Pflanzenschutz, Pflanzenschutzmittel, Wirkstoffe, Pflanzenschutzalternativen, Österreich, Landwirtschaft
Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)
Titel (englisch)
Assessment of the medium-term availability of active substances in plant protection - Analysis of possible alternatives and effects on Austrian agriculture
Abstract (englisch)
The available portfolio of active substances for plant protection in the European Union is currently undergoing a massive change due to the consideration of additional criteria in the course of authorisation, such as the assessment of endocrine properties, as well as adapted and state-of-the-art methods. While the number of approved active substances has remained more or less the same in recent years, there has been a shift from chemical active substances to microorganisms and other biological active substances such as plant extracts and pheromones. Although there are sufficient alternative control methods available for some of the chemical active substances that are no longer approved, some active substances are difficult or impossible to replace.
As part of the project, an assessment will be made of which active substances could no longer be available in the medium term, taking into account the currently valid evaluation criteria as well as possible future developments and requirements at European level. The specific plant protection situation for selected crops will then be assessed on the basis of the remaining available chemical, biological and mechanical alternatives. If a critical situation in plant protection is expected, a list of possible alternatives will be worked out conducting a comprehensive literature search and surveys. The potentially relevant alternatives are then discussed and evaluated with regard to the state of development, practicability and effectiveness, relevance for Austrian agriculture and the timeline for future application and practical implementation. The derived scenarios are also analysed in terms of their operational and economic impact.
In conclusion, the project will derive immediate and long-term measures and recommendations for action and provide a basis for strategic considerations on plant protection through the comprehensive compilation and assessment of possible future developments in plant protection with a special focus on Austrian agriculture.
Schlagwörter (englisch)
plant protection, plant protection products, active substances, alternatives, Austria, agriculture
Projektziele
Das verfügbare Portfolio an Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in der Europäischen Union unterliegt gegenwärtig einem massiven Wandel. Während die Anzahl der genehmigten Wirkstoffe in den letzten Jahren in etwa gleich blieb, war eine Verschiebung von chemischen Wirkstoffen hin zu Mikroorganismen und weiteren biologischen Wirkstoffen, wie Pflanzenextrakten und Pheromonen, zu beobachten.
Hintergrund dieser Entwicklung sind die stetige Anpassung der Untersuchungsmethoden an neue Erkenntnisse und an den Stand der Wissenschaften und die Berücksichtigung von zusätzlichen Kriterien bei der Wirkstoffgenehmigung (z. B. endokrine Eigenschaften). Dadurch soll auch das Ziel eines nachhaltigen Lebensmittelsystems im Rahmen des „Green Deals“ der europäischen Kommission unterstützt werden.
Während für einen Teil der nicht mehr genehmigten chemischen Wirkstoffe noch ausreichend Alternativen zu Verfügung stehen, zeigen jedoch langwierige Verhandlungen über einzelne Wirkstoffe im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel, sowie auch Erfahrungen aus der landwirtschaftlichen Praxis, dass einige chemische Wirkstoffe nur noch schwer oder nicht ausreichend ersetzbar sind.
Bereits auf Basis der aktuell etablierten Bewertungsmethoden ist mit der Nicht-Genehmigung von weiteren chemischen Wirkstoffen zu rechnen. Zudem ist davon auszugehen, dass durch weitere Erkenntnisse bezüglich möglicher negativer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt einzelne Wirkstoffe und auch ganze Wirkstoffgruppen mittelfristig die Genehmigung verlieren werden. So werden beispielsweise gegenwärtig die Problemfelder Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), Succinat-Dehydrogenase-Inhibitoren (SDHI) und die Verstärkung von Resistenzen im medizinischen Bereich durch Azol-Wirkstoffe diskutiert, aber auch die neuen CLP-Kriterien (Classification, Labelling and Packaging) sowie Adaptierungen der Trinkwasserverordnung könnten die Verfügbarkeit von PSM-Wirkstoffen beeinflussen.
Im Rahmen des Projekts soll nun unter Berücksichtigung der aktuell gültigen Bewertungskriterien sowie auch bereits bekannter zukünftiger Entwicklungen und Vorgaben auf europäischer Ebene eine Abschätzung vorgenommen werden, welche Wirkstoffe mittelfristig nicht mehr verfügbar sein könnten. Nach Analyse der potentiell entstehenden Behandlungslücken werden mögliche Alternativen hinsichtlich des Stands der Technik, der Praktikabilität und Wirksamkeit, der Relevanz für die österreichische Landwirtschaft und des Zeithorizonts bezüglich der zukünftigen Anwendung und Umsetzung diskutiert und bewertet.
Der Projektbericht soll durch die umfassende Zusammenstellung und Abschätzung der möglichen zukünftigen Entwicklungen im Pflanzenschutz mit besonderem Fokus auf die österreichische Landwirtschaft die Ableitung von unmittelbaren und langfristigen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen sowie die Erarbeitung einer Grundlage für strategische Überlegungen zum Pflanzenschutz ermöglichen.
Praxisrelevanz
Pflanzenschutzmittel sind sowohl in der integrierten als auch in der biologischen Landwirtschaft unverzichtbar, um Ernteausfälle durch Schädlinge, Krankheiten und Unkräuter zu verhindern und somit die Nahrungsmittelproduktion und die hohe Qualität unserer Nahrungsmittel zu sichern.
Der Wegfall von Wirkstoffen bzw. den daraus abgeleiteten Pflanzenschutzmitteln führt zu immer mehr Bekämpfungslücken in der landwirtschaftlichen Praxis in Österreich: Drahtwürmer in Kartoffeln, Schädlinge in Zuckerrübe, Raps und im gesamten Obst- und Gemüsebau, um nur einige zu nennen. Selbst die Bereitstellung von gebeiztem Saatgut in einigen Kulturen wie z.B. dem Kürbis wird immer mehr zu einer Herausforderung. Zudem sind die noch verbleibenden Wirkstoffe einer hohen Resistenzgefahr ausgesetzt. Der Klimawandel verschärft das Problem durch Veränderungen im Auftreten von Schadorganismen und die Förderung von invasiven Arten zusätzlich.
Die Entwicklung von alternativen Verfahren und Methoden ist oftmals zeitaufwändig und schwierig. Eine frühzeitige Abschätzung der Wirkstoffverfügbarkeit ermöglicht es, Behandlungslücken proaktiv zu schließen und rechtzeitig alternative Verfahren und Methoden entwickeln zu können.