Kartoffel mit typischem Drahtwurmschaden

© Quelle: AGES/ Katharina Wechselberger

ElatPro: ERA-NET C-IPM: Eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen - Vorhersage der Drahtwurmaktivität in der obersten Bodenschicht als Entscheidungshilfe für integrierte Pflanzenschutzmaßnahmen in betroffenen landwirtschaftlichen Kulturen

Projektleitung

Katharina Wechselberger

Forschungseinrichtung

Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit

Projektnummer

101147

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft| Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Das Gesamtziel des Projektes „ElatPro“ ist die Entwicklung und Implementierung eines praxisnahen Systems zur Unterstützung bei Entscheidungsfindungen innerhalb der integrierten Bekämpfung von Drahtwürmern, einer schädlichen und schwer bekämpfbaren Gruppe von Bodenschädlingen.

Die wichtigsten Projektziele umfassen (i) die Entwicklung eines Prognosemodells zur Vorhersage des Aufenthaltsortes von Drahtwürmern innerhalb der Bodensäule, (ii) der Gewinn detaillierter Kenntnisse über die Schlüsselfaktoren welche die Bewegung von Drahtwürmern innerhalb der Bodensäule beeinflussen. Diese Kenntnisse geben wichtige Hinweise für den optimalen Zeitpunkt des Einsatzes von Bekämpfungsmaßnahmen und stellen damit die Basis für das zu entwickelnde Prognosemodell dar, (iii) die nationale und internationale Validierung zur Verbesserung des Prognosemodells. Hiermit wird sichergestellt, dass möglichst viele Drahtwurmarten, Bodentypen und Klimate bei der Modellentwicklung berücksichtigt werden, (iv) die Überprüfung der Anwendbarkeit des Modells in der Praxis. Die Freilanduntersuchungen werden auf Kartoffeläckern in direkter Zusammenarbeit mit den Landwirten durchgeführt, (v) Das im Projekt entwickelte Modell wird nach Projektende online verfügbar und damit für Berater und Landwirte nutzbar sein.


Schlagwörter (deutsch)

Wireworms, Pest monitoring tools, Decision Support Systems (DSS), EU-wide harmonized monitoring and forecasting systems

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Spotting the needle in a haystack: Predicting wireworm activity in top soil for integrated pest management in arable crops

Abstract (englisch)

Wireworms, the larvae of click beetles (Coleoptera: Elateridae), are abundant soil-dwelling insects which attack the below-ground parts of a wide range of crops thereby inflicting severe economic damage. Typically, wireworms damage crops when they are located in the upper soil layer. They migrate to deeper soil layers when soil conditions become unfavorable as well as for moulting and hibernation. Predicting these vertical movements and identifying when wireworms actually dwell in upper soil layers is crucial for the decision and timing on measures for controlling these pests. Recently, the prognosis model SIMAGRIO-W has been developed as a decision support system to forecast based on soil moisture, temperature and soil type, when Agriotes wireworms are present in the upper soil layer. Albeit successfully applied in field tests in western Germany, the model performed poorly when it was evaluated in eastern Austria. This discrepancy in the model’s performance may be due to differences in temperature tolerance between the different Agriotes species occurring in eastern Austria and in Germany. Moreover, the model does not take into account other parameters which might be important drivers of wireworms’ vertical movements such as soil type and texture, species-specific movement behaviours, larval age, root availability and plant volatiles. The current project directly addresses these gaps of knowledge and aims to significantly improve the current model to develop a wireworm decision support system to predict the activity of pestiferous wireworms in the topsoil across European arable land. Laboratory experiments, which will reveal how specific parameters affect larval vertical movement behaviour of abundant Agriotes species, will be combined with field surveys in potato and maize fields across several European regions. These data will be used to extend and improve the model, which will thereafter be evaluated using an independent set of field data. Additionally, through the coordinated field surveys in multiple countries, the main pestiferous species of wireworms occurring in specific regions will be identified, an important prerequisite for any future control and decision support system. As such this project provides a unique opportunity for creating a novel strategic decision making tool for pestiferous wireworms which would not be possible to obtain through research in any one country alone.

Projektziele

Drahtwürmer können durch unterirdischen Fraß an Wurzel und Spross bedeutende Schäden an verschiedenen Kulturpflanzen verursachen. Jene Insektizide, welche sich im Einsatz gegen den Drahtwurm als äußerst wirksam erwiesen, verblieben lange im Boden und wurden als risikoreich für die Umwelt eingestuft. Mittlerweile stehen Europaweit kaum noch geeignete Pflanzenschutzmittel im Kampf gegen den Drahtwurm zur Verfügung. Es ist daher dringend notwendig den Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel und Methoden so weit zu optimieren, dass auch damit die Drahtwurmschäden möglichst unter der wirtschaftlichen Schadschwelle gehalten werden können.
Dass Drahtwürmer zu den am schwersten bekämpfbaren Bodenschädlingen zählen liegt vor allem daran, dass sich die robusten Larven bei ungünstigen Bedingungen in tiefere Bodenschichten zurückziehen, wo sie über viele Monate hinweg ohne Nahrung ausharren können. Wenn die Drahtwürmer in den Oberboden zurückkehren, sind sie auch wieder für Bekämpfungsmaßnahmen erreichbar. Aus diesem Grund ist die Kenntnis über das Verhalten von Drahtwürmern besonders wichtig um in der Praxis gute Erfolge bei der Bekämpfung von Drahtwürmern zu erzielen.

SIMAGRIO-W ist ein zweistufiges Modell das auf Tageswerten für Bodentemperatur und Bodenfeuchte basiert und nach Bodenart differenziert. Das Modell berechnet jenen Anteil der Drahtwurmpopulation eines Standortes, der sich aktuell in der obersten Bodenschicht aufhält. Im ersten Schritt des Modells wird anhand der Tagesmittelwerte der gemessenen oder simulierten Bodentemperatur und Bodenfeuchte durch eine bivariate Gaußscher Regressionsgleichung ein Prozentsatz ermittelt, der das Risiko von Drahtwürmern in der Schadzone wiedergeben soll. Liegt der Wert bei über 10% wird im zweiten Teil des Modells mit einer Logistischen Regression in Abhängigkeit von Bodenfeuchte und Bodenart der genaue Prozentsatz der Drahtwurmpopulation bestimmt, der sich in der obersten Bodenschicht aufhält. Die Logistischen Regressionsgleichungen müssen für jede Bodenart durch Evaluierung im Freiland erstellt werden und liegen für mehrere Bodenarten vor (mittel lehmiger Sand, stark sandiger Lehm, schluffiger Lehm, mittel schluffiger Ton). SIMAGRIO-W wurde von Hann et al. 2014 einer Validierung unterzogen, wobei die Vorhersagen des Modells mit den ermittelten Drahtwurmdichten in den obersten Bodenschichten an 4 Versuchsstandorten in Ostösterreich verglichen wurden. Während das in Deutschland (Rheinland-Pfalz) entwickelte Modell ein Aktivitätsmaximum von 11°C voraussetzt, wurden an den Versuchsstandorten in Ost-Österreich bei Temperaturen bis zu 26° hohe Drahtwurm-Aktivitäten beobachtet. Auch die Bodenfeuchte in 80cm Bodentiefe lag an 3 Standorten durchgehend unter dem Drahtwurmaktiviätsbereich von SIMAGRIO-W und dennoch konnte eine hohe Drahtwurmaktivität beobachtet werden. Die Wärmebedürfnisse und die Ansprüche an die Bodenfeuchte unterscheiden sich stark zwischen den Drahtwurmarten. Dies ist wenig überraschend, da die verschiedenen Schnellkäferarten unterschiedliche Klimanischen besetzen. Um das Prognosemodell SIMAGRIO-W an die regionalen Verhältnisse in Österreich anzupassen und daraus ein artspezifisches Drahtwurmaktivitäts-Modell zu entwickeln, müssen die Temperatur und Feuchteansprüche der wichtigsten in Österreich schädlichen Schnellkäferarten genau untersucht und in das Modell integriert werden. Aus diesem Grund wird ein durchgehendes Drahtwurm-Monitoring in kühleren (im Projekt: West-Österreich) und wärmeren Gebieten (im Projekt: Ost-Österreich) durchgeführt werden. Diese Feldversuche werden durch Laboruntersuchungen ergänzt. Im Labor können die einflussnehmenden Faktoren, wie beispielsweise das Larvenstadium der Drahtwürmer im Versuch, genau kontrolliert werden. Diese Ergebnisse helfen bei der Interpretation der im Freiland durchgeführten Untersuchungen und sind für die Eichung des Modells besonders wichtig. Sowohl die Feldversuche als auch die Experimente im Labor werden mit standardisierten Methoden erhoben. Auf diese Weise erhalten wir ein umfangreiches und konsistentes Daten-Set, das eine solide Basis zu Entwicklung, Testung und Optimierung des Prognosemodells darstellt. Im zweiten Untersuchungsjahr wird ein unabhängiger Satz an Daten erhoben, anhand dessen das Modell erneut evaluiert und verbessert wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt der bei der Verbesserung des Prognosemodells ins Auge gefasst werden muss, ist der Einfluss der Bewirtschaftung auf das Wanderverhalten von Drahtwürmern. Daher soll eine Untersuchung mit Kleinparzellen auf einer Versuchsfläche durchgeführt werden, wobei die vertikale Wanderung von Drahtwürmern in Parzellen mit Kartoffeln mit jener in der angrenzenden Naturwiese untersucht werden soll. Der Einflussfaktor soll anschließend in das Modell integriert werden.

Nachdem das Prognosemodell SIMAGRIO-W an die regionalen Verhältnisse in Österreich angepasst worden ist, kann es einen wertvollen Beitrag zur Verhinderung von Fraßschäden durch Drahtwürmer leisten.

Praxisrelevanz

Drahtwürmer sind häufig auftretende Bodenschädlinge, die umfangreiche ökonomische Schäden bei Kartoffeln und Mais verursachen. Auch andere Kulturen, wie beispielsweise Salat oder Zwiebeln sind in kleinerem Umfang betroffen. Nachdem persistente Insektizide mit Breitbandwirkung verboten werden mussten, haben sich die Drahtwurmpopulationen in vielen Ländern erhöht. Bis heute zählen Drahtwürmer zu den am schwersten bekämpfbaren Schädlingen, da sie bei ungünstigen Bedingungen in tiefere Bodenschichten abwandern können um dort bis zu mehreren Monaten auszuharren.
Das neu entwickelte Modell berechnet den Anteil einer Drahtwurmpopulation, der sich in den obersten 15 cm des Bodens aufhält auf der Basis von Bodentemperatur und Bodenfeuchte und Drahtwurmart und berücksichtigt den Einfluss der Vegetation auf das Verhalten der Drahtwürmer. Mittels Wetterprognosen und Bodentemperatur- und Bodenfeuchtemodellen könnte die Drahtwurmaktivität der obersten Bodenschicht auch für die nahe Zukunft und flächenhaft dargestellt werden. Diese Information kann wesentlich zur Vermeidung von Drahtwurmschäden beitragen. Es kann mittels Modell eine Aussage über das potentielle Schadrisiko auf einem Feld zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen werden, da sich die gefährdeten Teile der Kulturpflanzen in den obersten 15 cm der Bodensäule konzentrieren (= Schadzone, Jung et al. 2012). Wird im Frühjahr eine hohe Drahtwurmaktivität in der Schadzone prognostiziert, so kann der Anbautermin von Mais verschoben werden, um die Körner nicht dem Fraßdruck der Drahtwürmer auszusetzen (Jung et al. 2012, Furlan 2014).
Wird im Spätsommer eine hohe Drahtwurmaktivität in der obersten Bodenschicht prognostiziert, dann kann die Kartoffelernte auf gefährdeten Flächen vorverlegt werden (Jung et al. 2012). Je länger die schalenfesten Knollen im Boden liegen, desto größer die Gefahr von Drahtwurmschäden (Schepl et al. 2010).
Auch der Erfolg von direkten Bekämpfungsmaßnahmen, zB. einer intensiven Bodenbearbeitung, ist maßgeblich vom Aufenthalt der Larven in den obersten Bodenschichten abhängig (Jung et al. 2012, Schepl et al. 2010).
Um das Schadensrisiko auf einer Fläche konkret einstufen zu können, ist eine Messung der tatsächlichen Drahtwurmdichte und der Artenzusammensetzung mit Drahtwurm-Köderfallen unumgänglich (Furlan 2014, Barsics et al. 2013, Kromp et al. 2009). Die Vorhersagen von eines Prognosemodells können dazu dienen, den Einsatz der Köderfallen mit einer hohen prognostizierten Drahtwurm-Aktivität in den obersten 15 cm des Bodens, also im Fangbereich der Fallen, zeitlich abzustimmen. Dadurch wird ein möglichst großer Anteil der Drahtwurmpopulation einer Fläche befangen und somit die tatsächliche Drahtwurmdichte repräsentativ erhoben. Auf Flächen mit hoher Drahtwurmdichte sollten, wenn möglich, keine sensitiven Kulturen angebaut werden (Barsics et al. 2013, Furlan 2007).
Die Ergebnisse des Projektes werden nicht nur die wissenschaftliche Forschung zu dem Thema vorantreiben, sondern in Zukunft auch eine wichtige Informationen für landwirtschaftliche Beratungsstellen liefern. ElatPro richtet sich also nach dem Ziel die integrierte Landwitrschaft zu fördern um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren.

Berichte

Abschlussbericht , 20.12.2019

Kurzfassung

Drahtwürmer, die Larven der Schnellkäfer (Coleoptera: Elateridae), sind bodenbewohnende Insekten, die die unterirdischen Teile einer Vielzahl von Kulturen befallen und dadurch schwere wirtschaftliche Schäden verursachen. Typischerweise schädigen Drahtwürmer die Pflanzen, wenn sie in den oberen Bodenschichten Futter suchen, während sie in tiefere Schichten abwandern, wenn die Bodenverhältnisse ungünstig werden. Die Vorhersage dieser vertikalen Bewegungen und die Identifizierung, wann sich Drahtwürmer tatsächlich in oberen und tieferen Bodenschichten aufhalten, ist entscheidend für die Entscheidung und den Zeitpunkt der Bekämpfungsmaßnahmen für diese Schädlinge. Vor kurzem wurde das Prognosemodell SIMAGRIO-W als Entscheidungsunterstützungssystem entwickelt, um die Aktivität von Agriotes-Drahtwürmern in oberen Bodenschichten basierend auf Bodenfeuchte, Temperatur und Bodenart vorherzusagen. Obwohl das Modell in westdeutschen Feldversuchen erfolgreich eingesetzt wurde, lieferte es bei einer Evaluierung in Ost-Österreich unzureichende Ergebnisse. Diese Diskrepanz in der Anwendbarkeit des Modells beruht auf Unterschieden in der Temperaturtoleranz zwischen den verschiedenen Agriotes-Arten. Darüber hinaus berücksichtigt das Modell keine weiteren Parameter, die wichtige Treiber für die vertikalen Bewegungen von Drahtwürmern sein könnten. Das Projekt ElatPro befasste sich mit diesen Wissenslücken. Laborexperimente, die zeigten, wie sich spezifische Parameter auf das vertikale Bewegungsverhalten von Drahtwürmern auswirken, wurden mit einem Drahtwurm-Monitoring auf Kartoffelfeldern und Wiesenflächen in mehreren europäischen Regionen kombiniert.

Berichtsdateien

ElatPro_Nationaler_Endbericht_barrierefrei.pdf

Autor/innen

Katharina Wechselberger, Michael Traugott, Christiane Zeisler, Patrick Hann, Claus Trska, Martin Strausz, Benjamin Hann, Carina Schragl, Giselher Grabenweger, Lara Reinbacher