Versuchsfläche am Standort Stoderzinken

© Franziska Schrempf

BoPIS-BÖRS: Bodenkrusten-Pflanzen Interaktionen als Strategie für Boden- und Ökologische Renaturierung nach Störungen

Projektleitung

Markus Herndl

Forschungseinrichtung

Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein

Projektnummer

101923

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft 

Allgemeine Projektinformationen

Abstract (deutsch)

Es besteht große Unsicherheit darüber, wie schnell und zuverlässig sich Pflanzen nach größeren Störungen erholen können – insbesondere nach Störungen, bei denen die oberen Bodenschichten und organische Substanz entfernt werden (z. B. durch Vergletscherung, Steinschlag oder Erosion, oder intensive landwirtschaftliche Nutzung). Bodenkrusten (einschließlich Organismen wie Moose, Flechten und Cyanobakterien) spielen eine wichtige Rolle bei der Erholung von Ökosystemen, da sie zum Aufbau von strukturellem und organischem Material in den Böden beitragen, sowie Stickstoffkonzentration im Boden erheblich erhöhen können. Die Bildung von Bodenkrusten verläuft jedoch oft (wenn auch nicht immer) langsam, und kann durch Umweltbedingungen (z.B. schnelle Trockenheits-/Befeuchtungszyklen), sowie durch Konkurrenz mit Gräsern, Kräutern und Sträuchern behindert werden. Ebenso können dichte Bodenkruste-Schichten die Ausbreitung und Keimung von Samen verhindern. Das Hauptziel des Projektes ist, die Wechselwirkungen zwischen Bodenkrusten und Grünlandpflanzen sowie die Auswirkungen dieser Wechselwirkungen auf die Erholung nach größeren Störungen zu quantifizieren. Zu diesem Zweck werden in und um die Forschungsstation am Stoderzinken Flächen mit und ohne signifikante Bodenkruste ausgewählt und die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Erholung von krautigen Pflanzen auf diesen Flächen mit und ohne Saatgutzugabe getestet. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, bessere Wiederherstellungsstrategien zu entwickeln, die am ehesten in der Lage sind, die Bodenkruste und krautige Pflanzendecke und -vielfalt nach größeren Störungen schneller wiederherzustellen.

Schlagwörter (deutsch)

Bodenkruste; krautige Pflanzen; Bodenerholung; Renaturierung; ökologische Rückkopplung; hochauflösende Umweltdaten

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Biocrust-Plant interactions as a strategy for soil and ecological restoration after disturbances

Abstract (englisch)

There is great uncertainty about how quickly and reliably plants can recover after major disturbances - especially disturbances that remove the upper layers of soil and organic matter (e.g. through glaciation, rockfall or erosion, or intensive agricultural use). Biocrusts (including organisms such as mosses, lichens and cyanobacteria) play an important role in the recovery of ecosystems, as they contribute to the build-up of structural and organic matter in soils and can significantly increase nitrogen concentrations in the soil. However, biocrust formation is often (though not always) slow and can be hindered by environmental conditions (e.g. rapid drought/moisture cycles) and competition with grasses, forbs and shrubs. Similarly, dense biocrust layers can prevent seed dispersal and germination. The main objective of the project is to quantify the interactions between biocrusts and grassland plants and the effects of these interactions on recovery after major disturbances. For this purpose, plots with and without significant biocrusts will be selected in and around the Stoderzinken research station, and the speed and extent of recovery of herbaceous plants on these plots will be tested with and without seed addition. The results will help to develop better restoration strategies that are most likely to restore biocrust and herbaceous plant cover and diversity more quickly after major disturbances.

Schlagwörter (englisch)

Biocrust; herbaceous plants; soil recovery; restoration; ecological feedbacks; high-resolution environmental data

Projektziele

Effiziente und erfolgreiche Strategien für ökologische Renaturierung sind nach wie vor schwer fassbar, insbesondere in Fällen, in denen größere Störungen zu einem erheblichen Verlust von Böden, Nährstoffen und organischer Substanz geführt haben. Dennoch werden schnelle, nachhaltige Methoden zur Wiederherstellung immer wichtiger, da Störungen durch Landnutzungsänderungen und Klimawandel weiter zunehmen. So sind beispielsweise die alpinen Regionen Österreichs zunehmend mit Bodenverlusten infolge von Lawinen und Erdrutschen, Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen und Weiden, Gletscherrückgang und sogar Waldbränden konfrontiert.

Hauptziel dieses Projekts ist es, Methoden zur Bodenrenaturierung und Unterstützung der Erholung von krautigen Pflanzen und Bodenkrusten in Alpenregionen zu ermitteln. Die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Organismengruppen können die Erholungsrate sowohl erhöhen als auch verlangsamen. Das Nettoergebnis dieser Interaktionen (d.h. Unterstützung oder Behinderung der Wiederherstellung) hängt sowohl vom ökologischen Kontext (z.B. von der genauen Identität und Häufigkeit der beteiligten Arten) als auch von den Umweltbedingungen ab; insbesondere können rasche Veränderungen der Feuchtigkeitsverfügbarkeit zu einem raschen Absterben der Bodenkrusten führen, wodurch ihr Beitrag zur Bodenbildung verzögert oder sogar beendet wird. Daher müssen erfolgreiche Wiederherstellungsstrategien gleichzeitig den genauen Zeitpunkt, das Ausmaß, und die relativen Auswirkungen von Umweltvariablen sowohl auf krautige Pflanzen als auch auf Bodenkrustenarten berücksichtigen.

Praxisrelevanz

Obwohl Böden eine der wichtigsten Einflussfaktoren für Lebensraumart, biologische Vielfalt, und Produktivität auf lokalen Skalen sind, gehören sie zu den schwierigsten Aspekten der Renaturierung. Böden bilden sich im Allgemeinen langsam, über Jahrhunderte bis Jahrtausende hinweg, und der Verlust von Böden führt daher oft zu einem sehr langfristigen Rückgang der ökologischen Stabilität und Ökosystemleistungen. Methoden zu dem schnelleren Aufbau von Böden sind daher aus Sicht des Naturschutzes als auch aus wirtschaftlicher Sicht von entscheidender Bedeutung. Ebenso würden effiziente Strategien für die Wiederherstellung vielfältiger, produktiver Pflanzen- und Bodenkrustengesellschaften dazu beitragen, einige der weitreichenden Trends der Landnutzungsänderung, des Lebensraumverlusts, und des Rückgangs der biologischen Vielfalt, die im letzten Jahrhundert zugenommen haben, umzukehren. In Anbetracht dieser Probleme hat die UNO die 2020er Jahre zum Jahrzehnt der Renaturierung erklärt, was die Bedeutung der Ziele dieses Projekts unterstreicht.

Berichte

Abschlussbericht

Kurzfassung

Das Projekt untersuchte die Wechselwirkungen zwischen Bodenkrusten und krautigen Pflanzen mit dem Ziel, effektive Methoden zur Renaturierung gestörter Böden zu entwickeln. Bodenkrusten, bestehend aus Cyanobakterien, Moosen und Flechten, spielen eine zentrale Rolle für die Bodenstabilisierung, den Wasserhaushalt und die Nährstoffanreicherung. Ihr Einfluss auf die Wiederherstellung von Pflanzengemeinschaften nach Störungen war bislang jedoch wenig erforscht. Die Untersuchung fand am Forschungsstandort Stoderzinken in der Steiermark statt. Dabei wurden 16 Versuchsparzellen mit unterschiedlichen Behandlungen eingerichtet: Bodenstörung (Entfernung der oberen Bodenschicht), Düngung sowie Saatgut- und Biokrusteninokulation. Über zwei Jahre hinweg wurde die Entwicklung der Vegetation analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Störungen die Artenvielfalt und Pflanzenbedeckung erheblich reduzierten, während Düngung positive Effekte auf die Vegetationsentwicklung hatte. Die Biokrustenbedeckung wurde durch Störung und Düngung verringert, was darauf hinweist, dass sich Biokrusten nur langsam regenerieren. Die Saatgutbehandlung förderte die Vegetationsbedeckung, hatte aber keinen signifikanten Einfluss auf die Artenvielfalt. Biokrusteninokulation zeigte keine messbaren Effekte auf die Vegetation. Die Studie bestätigt, dass Biokrusten eine wichtige Funktion für die Renaturierung von degradierten Böden haben, ihre Wiederherstellung jedoch stark von Umweltfaktoren abhängt. Für eine nachhaltige Renaturierungsstrategie sind langfristige Untersuchungen und gezielte Fördermaßnahmen notwendig. Eine Wiederholung des Experiments in höheren alpinen Regionen wird empfohlen, um den Einfluss extremer Umweltbedingungen zu untersuchen.

Berichtsdateien

Bodenkrusten-Pflanzen Interaktionen als Strategie für Boden- und Ökologische Renaturierung nach Störungen

Abstract (deutsch)

Das Projekt untersuchte am Standort Stoderzinken (Steiermark) die Rolle von Biokrusten und Saatgutmaßnahmen bei der Wiederherstellung alpiner Böden nach massiven Störungen. Biologische Bodenkrusten – bestehend aus Cyanobakterien, Moosen und Flechten – tragen wesentlich zur Stabilisierung, Nährstoffanreicherung und Wasserregulation bei, sind jedoch gegenüber Störungen und Düngung empfindlich. In einem zweijährigen Feldexperiment mit 16 Parzellen wurden die Effekte von Bodenstörung (Abtrag der obersten Schicht), Düngung, Saatgutausbringung und Biokrusteninokulation getestet. Die Ergebnisse zeigen, dass Störungen die Artenvielfalt (-8 Arten/m²) und Pflanzendeckung deutlich reduzierten, während Düngung die Vegetationsentwicklung förderte (+2,75 Arten/m²), jedoch die Biokrustenbedeckung verringerte. Saatgutausbringung erhöhte die Pflanzendeckung signifikant (+21 %), ohne die Artenvielfalt zu beeinflussen. Die Biokrusteninokulation mit Nostoc hatte keine messbaren Effekte auf Vegetation oder Biokrustenbedeckung, was auf begrenzte Etablierungserfolge hinweist. Für die Praxis bedeutet dies: In subalpinen Lagen sollte die Renaturierung primär auf Saatgutausbringung und Bodenverbesserung fokussieren, während eine aktive Förderung von Biokrusten hier wenig Wirkung zeigt. Biokrustenmanagement ist vor allem in hochalpinen, extrem nährstoffarmen Standorten sinnvoll. Weitere Langzeitstudien, insbesondere in höheren Lagen, sind notwendig, um das Potenzial von Biokrusten gezielt für nachhaltige Renaturierungsstrategien nutzbar zu machen.

Abstract (englisch)

The project investigated the role of biocrusts and seeding in restoring alpine soils at the Stoderzinken site (Styria, Austria). Biological soil crusts, composed of cyanobacteria, mosses, and lichens, play a key role in soil stabilization, nutrient enrichment, and water regulation but are highly sensitive to disturbance and fertilization. In a two-year field experiment with 16 plots, the effects of soil disturbance (topsoil removal), fertilization, seeding, and biocrust inoculation were tested. Results showed that disturbance strongly reduced species richness (-8 species/m²) and plant cover, whereas fertilization enhanced vegetation development (+2.75 species/m²) but decreased biocrust cover. Seeding significantly increased plant cover (+21%) without affecting richness, while Nostoc inoculation had no measurable effect, indicating poor establishment success. For applied practice, this implies that in subalpine areas, restoration should primarily focus on seeding and soil improvement, whereas active biocrust promotion is of limited value under such conditions. Biocrust management becomes more relevant at high alpine, nutrient-poor sites where vascular plant establishment is slow. Long-term studies, particularly at higher elevations, are needed to assess the potential of biocrusts for sustainable restoration strategies.

Autor/innen

Clark, A., Weber, B., Herndl, M.