Bergmilchviehaltung: Tierwohl- und Emissionspotenzial-Bewertung von innovativen Haltungssystemen auf Milchviehbetrieben im Berggebiet (Projekt "Berg-Milchvieh" in EIP-AGRI)

Projektleitung

Elfriede Ofner-Schröck

Forschungseinrichtung

HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Projektnummer

101443

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus| Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Laufstall, Kombinationshaltung, Auslauf, Milchkühe, Bergbetriebe, tiergerecht, Emissionen, Management

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Assessment of animal welfare and emission risk potential of innovative dairy cattle husbandry systems in mountainous regions

Abstract (englisch)

The smallholder mountain dairy farming is facing great challenges. The economic situation is stretched and is exacerbated by legal requirements to convert to loose housing systems or housing systems with outdoor yard, creating an unfavourable economic situation and uncertainty in general.
In the EIP project "Berg-Milchvieh", innovative solutions for agricultural buildings are developed, comprehensively evaluated and documented especially for small mountain farms. In addition, alternative farm development strategies for mountain dairy farms will also be developed. The project is intended to make an important contribution to support mountain farms in disadvantaged areas in order to preserve the multifunctionality of mountain farming.
This project of the HBLFA Raumberg-Gumpenstein complements the EIP project and supports it with further scientific studies on the topics of animal husbandry, animal welfare and emission risk. Important preliminary work is also to be carried out on the definition and delimitation of housing systems.

Projektziele

Die Themen Kombinations-, Laufstall-, Auslauf- und Weidehaltung beschäftigen derzeit sowohl biologische als auch konventionelle Milchviehbetriebe. Lebensmitteleinzelhandelsmarken zahlen Milchzuschläge nur mehr für Milch aus Laufstall- oder Auslaufstallsystemen bzw. werden dazu Umstellungsfristen diskutiert. Vor allem im Berggebiet (Hanglage, kleine Betriebsgrößen etc.) setzen derzeit traditionellerweise viele Betriebe auf Kombinationshaltung (Weide+Auslauf+vorübergehende Anbindehaltung) und stehen auf Grund der Marktsignale sowie den betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten vor sehr großen Herausforderungen. In den Berggebieten der westlichen Bundesländer wird diese Haltungsform auf bis zu 80 % der Betriebe praktiziert. Die Verunsicherung ist hoch - Umbaulösungen sind besonders am Berg kostspielig, müssen gut durchdacht werden und benötigen darüber hinaus auch betriebsindividuelle Lösungsansätze. Stallbaufirmen haben für diese kleinen Betriebe zumeist keine passenden und kostengünstigen Lösungen bzw. können diese nicht bedienen. Auf Seite der Beratungs- und Bildungsorganisationen lastet ein großer Druck und es müssen innovative Lösungen gemeinsam mit Praxis, Beratung und Forschung erarbeitet werden. Dabei gilt es auch Nachhaltigkeitskriterien sowie das Tierwohl- als auch das Emissionsrisikopotenzial zu beachten. Auch der Ausstieg aus der Milchviehhaltung ist ein bedeutendes Thema und muss, zur Absicherung der Bewirtschaftung bzw. der Betriebe, gut überlegt und begleitet werden.
Bezug nehmend auf die EIP-Ausschreibung (LE 2020) wurde im Jänner 2019 zum Ausschreibungsleitthema „Entwicklung und Testung von Lösungsansätzen zur Verbesserung der Tierhaltung“ ein Projektantrag mit dreijähriger Laufzeit (1. Juni 2019 bis 31. Mai 2022) bei der Förderstelle des BMNT eingereicht und in Folge genehmigt. Dabei werden Baumaßnahmen, Kosten, Tierwohl- und Emissionsrisiko-Potenziale dokumentiert bzw. Nachhaltigkeitskriterien evaluiert. Es sollen auch bauliche Alternativen zur klassischen Laufstallhaltung erarbeitet und beurteilt werden. Die Ergebnisse daraus werden in einer Baubroschüre mit Betriebsbeispielen bzw. auf bestehenden Homepage-Plattformen (ÖKL, LK, HBLFA) zusammengefasst werden. Es werden aber auch mögliche alternative Betriebsentwicklungsstrategien (Aufgabe der Milchviehhaltung, Aufbau zusätzlicher/anderer Betriebszweige) beschrieben und in Form einer Broschüre bzw. Homepage-Infos für die LandwirtInnen zusammengefasst. Für die Zielgruppe der BeraterInnen werden Beratungstools (Folien, Vorträge, Bildmaterial, Broschüren, Pilot- und Exkursionsbetriebe) zur Verfügung gestellt. Bereits in der Projektlaufzeit wird aus Gründen der Aktualität auf einen Wissenstransfer über Bildungsmaßnahmen, die das vorliegende Projekt ergänzen (LFI etc.), besonders Wert gelegt. Es werden in den betroffenen österreichischen Regionen dazu Schulungen, Seminare, Vorträge stattfinden. Ein Austausch der Projektergebnisse mit Stakeholdern, diversen Partnern entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette, der Beratung und Forschung ist ebenfalls vorgesehen. Damit soll ein Konsens über die erarbeiteten Lösungen zwischen den Partnern der Wertschöpfungskette erreicht werden.
Das vorliegende Projekt baut auf das Innovations- und Umsetzungsprojekt (EIP) auf und soll dieses durch zusätzliche wissenschaftliche Begleituntersuchungen zu den Bereichen Tierwohl- und Emissionsrisikopotenzial, Betriebs- und Tierhaltungsmanagement unterstützen. Es sollen auch wichtige Vorarbeiten zur Definition und Abgrenzung von Stallhaltungssystemen (Laufstall, Auslaufstall, Kombinationshaltung etc.) geleistet werden.

Praxisrelevanz

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit:
Die österreichische Berglandwirtschaft ist kleinstrukturiert und es dominiert hier in der Tierhaltung die Kombinationshaltung (Weide+Auslauf+vorübergehende Anbindehaltung). In den Berggebieten der westlichen Bundesländer wird diese Haltungsform auf bis zu 80 % der Betriebe praktiziert. Der Druck der KonsumentInnen, der Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, der Milchverarbeitungsbetriebe, der Tierschutzvereine usw. auf die Betriebe, auf Laufstallhaltung umzustellen, wird immer größer und lässt bei einigen Handelsmarkenprogrammen bereits erste Auswirkungen erkennen. Alles weist darauf hin, dass für den Handel auch die vorübergehende Anbindehaltung (Kombinationshaltung) ein Auslaufmodell darstellt. Gemäß des nationalen Bundestierschutzgesetzes und der 1. Tierhaltungsverordnung sowie der EU-Bioverordnung ist diese Form der Aufstallung kombiniert mit Auslauf und Weidehaltung zwar weiterhin erlaubt, aber der Handel wird weitergehende eigene privatrechtliche Anforderungen in der Landwirtschaft vorgeben. Die Existenz zahlreicher bergbäuerlicher Betriebe wird damit bedroht und viele nachgelagerte Problembereiche wie die Offenhaltung der Kulturlandschaft, die Erhaltung der Wertschöpfung in den ländlichen Regionen, die Abwanderung im ländlichen Raum und die Aufgabe der Almwirtschaft in Tourismusregionen werden damit einhergehen.
• Das vorliegende wissenschaftliche Projekt unterstützt die Arbeiten des EIP-Berg-Milchviehprojektes. Diese beiden Projekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Bewirtschaftung der Bergbauernhöfe in den Grünland-Bergregionen in Österreich.
• Es liefert einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der Landwirtschaft, zur Verbesserung der Tierhaltung, zur Aufrechterhaltung der Multifunktionalität in der Berglandwirtschaft und unterstützt die Betriebsentwicklung im Berggebiet.
• Es entwickelt und evaluiert Innovationen, vernetzt Praxis, Beratung und Wissenschaft und erhöht auch die Datenbasis zur Tierhaltung (Agrarpolitik, Förderwesen etc.).
Die beteiligten Projektpartner (im vorliegenden und im EIP-Projekt) erweitern durch die Zusammenarbeit die Kompetenzen im Bereich „Berg-Milchviehhaltung“ und bauen ein Wissensnetzwerk dazu auf.

Umwelt- und Klimawirkung:
Die Grünlandbewirtschaftung im Berggebiet Österreichs zeichnet sich durch eine kleinbäuerliche Struktur und durch Multifunktionalität aus. Die Höfe tragen als Familienbetriebe wesentlich zur Offenhaltung der Landschaft und Erhaltung der biologischen Vielfalt, der lokalen und regionalen Märkte, der ländlichen Regionen und der Erzeugung gesunder und authentischer Lebensmittel bei. Die Leistungen der traditionell wirtschaftenden Bergbauern können in die drei Bereiche „Lebendiger ländlicher Raum“, „Erhalt einer vielfältigen Landschaft (Diversität)“ und „Umweltschutz“ zusammengefasst werden.
Eine Absicherung der Bewirtschaftung der extremen Bergstandorte - unter Beachtung der Umwelt- und Tierwohlanforderungen – entspricht dem Programm LE 2020 sowie den Zielen des BMNT. Die verschiedenen Stallsysteme beeinflussen in unterschiedlichem Ausmaß das Emissionsrisiko. Im vorliegenden Projekt sollen diesbezüglich Betriebssituationen und Bewertungsmethoden evaluiert werden.

Berichte

Abschlussbericht , 30.07.2022

Kurzfassung

Im EIP-Projekt ​„Berg-Milchvieh“ wurden innovative Stallumbaulösungen für kleinstrukturierte landwirtschaftliche Bergbetriebe entwickelt, umfassend evaluiert und dokumentiert. Das vorliegende Projekt baute auf das EIP-Projekt auf und lieferte zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Bereichen Tierwohl- und Emissionsrisikopotenzial, Betriebs- und Tierhaltungsmanagement. Erhebungen von unterschiedlichen Stallbau- und ‑umbaulösungen fanden auf insgesamt 32 Projektbetrieben aus dem Berggebiet Österreichs statt. Zur Beurteilung des Tierwohlpotenzials wurde der FarmLife-Welfare-Index (FWI) angewandt. Das N‑Emissionspotenzial wurde mit Hilfe des webbasierten Tools ​„Agrammon“ ermittelt. Aus den Betriebsbesuchen konnten hinsichtlich Tierwohlpotenzial Ergebnisse zu den Bereichen ​„Haltungsbedingungen“, ​„Tierbetreuung und Management“ sowie ​„Tier“ generiert werden. Für die Ermittlung des N‑Emissionspotenzials wurden für die Milchkühe die Bereiche Stall, Wirtschaftsdüngerlagerung und ‑ausbringung hinsichtlich N‑Emissionen in kg pro Milchkuh und Jahr quantifiziert und ausgewählte Betriebsergebnisse untereinander und mit Beispielbetrieben verglichen. Im Bereich des Tierwohls lagen die 30 Bergmilchvieh-Betriebe bei einem durchschnittlichen FarmLife-Welfare-Index von 89 Punkten. Sieben Betriebe wurden sowohl vor als auch nach dem Umbau besucht – es konnte eine deutliche Verbesserung des Tierwohls durch die Umbaumaßnahme beobachtet werden. In weiterführenden Untersuchungen wurden die Daten aus dem vorliegenden Projekt mit jenen eines anderen Projektes zu einer Stichprobe von insgesamt 375 Betriebserhebungen zusammengefasst. Der positive Einfluss der Weidehaltung auf Indikatoren des Tierwohls und der Tiergesundheit konnte bereits in einer Reihe von Untersuchungen verdeutlicht werden. Erste Ergebnisse aus dem vorliegenden Projekt weisen ebenfalls in diese Richtung und sollen zukünftig anhand einer größeren Stichprobe weiter analysiert werden. Hinsichtlich des Emissionsrisikopotenzials konnte festgestellt werden, dass Kühe auf Bergmilchviehbetrieben im Mittel um rund 16 kg weniger an Stickstoff in Form von Ammoniak emittieren, als Kühe im Referenzstallsystem mit 55 kg N/​Kuh und Jahr. Der in der Regel hohe Weideanteil bei Bergmilchviehbetrieben, die fast durchgängige Güllelagerabdeckung sowie das etwas niedrigere Leistungsniveau sind wesentliche Reduktionsfaktoren bezogen auf die Ammoniakemissionen. Die Weide erfüllt auch aus Emissionssicht wichtige Funktionen.

Berichtsdateien

101443_BergMilchvieh_Ofner_Schroeck_et_al.pdf

Abstract (deutsch)

Im EIP-Projekt „Berg-Milchvieh“ wurden innovative Stallumbaulösungen für kleinstrukturierte landwirtschaftliche Bergbetriebe entwickelt, umfassend evaluiert und dokumentiert. Das vorliegende Projekt baute auf das EIP-Projekt auf und lieferte zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Bereichen Tierwohl- und Emissionsrisikopotenzial, Betriebs- und Tierhaltungsmanagement. Erhebungen von unterschiedlichen Stallbau- und -umbaulösungen fanden auf insgesamt 32 Projektbetrieben aus dem Berggebiet Österreichs statt. Zur Beurteilung des Tierwohlpotenzials wurde der FarmLife-Welfare-Index (FWI) angewandt. Das N-Emissionspotenzial wurde mit Hilfe des webbasierten Tools „Agrammon“ ermittelt. Aus den Betriebsbesuchen konnten hinsichtlich Tierwohlpotenzial Ergebnisse zu den Bereichen „Haltungsbedingungen“, „Tierbetreuung und Management“ sowie „Tier“ generiert werden. Für die Ermittlung des N-Emissionspotenzials wurden für die Milchkühe die Bereiche Stall, Wirtschaftsdüngerlagerung und -ausbringung hinsichtlich N-Emissionen in kg pro Milchkuh und Jahr quantifiziert und ausgewählte Betriebsergebnisse untereinander und mit Beispielbetrieben verglichen.

Im Bereich des Tierwohls lagen die 30 Bergmilchvieh-Betriebe bei einem durchschnittlichen FarmLife-Welfare-Index von 89 Punkten. Sieben Betriebe wurden sowohl vor als auch nach dem Umbau besucht – es konnte eine deutliche Verbesserung des Tierwohls durch die Umbaumaßnahme beobachtet werden. In weiterführenden Untersuchungen wurden die Daten aus dem vorliegenden Projekt mit jenen eines anderen Projektes zu einer Stichprobe von insgesamt 375 Betriebserhebungen zusammengefasst. Der positive Einfluss der Weidehaltung auf Indikatoren des Tierwohls und der Tiergesundheit konnte bereits in einer Reihe von Untersuchungen verdeutlicht werden. Erste Ergebnisse aus dem vorliegenden Projekt weisen ebenfalls in diese Richtung und sollen zukünftig anhand einer größeren Stichprobe weiter analysiert werden.

Hinsichtlich des Emissionsrisikopotenzials konnte festgestellt werden, dass Kühe auf Bergmilchviehbetrieben im Mittel um rund 16 kg weniger an Stickstoff in Form von Ammoniak emittieren, als Kühe im Referenzstallsystem mit 55 kg N/Kuh und Jahr. Der in der Regel hohe Weideanteil bei Bergmilchviehbetrieben, die fast durchgängige Güllelagerabdeckung sowie das etwas niedrigere Leistungsniveau sind wesentliche Reduktionsfaktoren bezogen auf die Ammoniakemissionen. Die Weide erfüllt auch aus Emissionssicht wichtige Funktionen.

Abstract (englisch)

In the EIP-project " Berg-Milchvieh" („Cattle husbandry in mountainous regions“), innovative cattle housing systems for small-scale mountain farms were developed, comprehensively evaluated and documented. The present project builds on this EIP-project and is intended to support it through additional scientific accompanying studies in the areas of animal welfare potential, emission risk potential, animal husbandry and farm management. Surveys of various housing system construction and renovation solutions were carried out on 32 project farms in the mountainous region of Austria. The FarmLife-Welfare-Index (FWI) was used to assess the animal welfare potential. The nitrogen emission potential was determined with the aid of the “Agrammon” tool. The farm visits yielded initial results in terms of animal welfare potential in the areas of "husbandry conditions", "stockmanship and management" and "animal welfare". To determine the nitrogen emission potential, nitrogen emissions were quantified in kg per year for the areas of housing system, farm manure storage and application, and selected farm results were compared with example farms.

In terms of animal welfare the 30 dairy farms had an average FarmLife Welfare Index of 89 points. Seven dairy farms were visited both before and after the conversion – a significant improvement in animal welfare due to the conversion could be found. In further investigations, the data from the present project were combined with those from another project to form a sample of a total of 375 farm visits. The positive influence of grazing on indicators of animal welfare and animal health has already been demonstrated in a number of studies. The first results from the present project also point in this direction and will be further analyzed in the future using a larger sample.

With regard to the emission risk potential it was found, that cows on project dairy farms in mountainous regions emit on average around 16 kg less nitrogen in the form of ammonia than cows in the reference housing system with 55 kg N/cow and year. The generally high share of grazing on the project dairy farms, the almost continuous coverage of manure storage and the somewhat lower level of milk-yield are significant reduction factors in relation to ammonia emissions. The pasture also fulfills important functions from an emissions point of view.

Autor/innen

Ofner-Schröck, E., Pöllinger-Zierler, A., Scherzer, E., Zamberger, I., Guggenberger, T., Steinwidder, A.