Das Bild zeigt eine Kaffeetasse mit einer Melange.

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ATAMCO: Analyse des touristischen Arbeitsmarkts vor, während und nach Corona

Projektleitung

Jörg Dominik Walch

Forschungseinrichtung

Institut für Höhere Studien, Wien

Projektnummer

101664

Projektlaufzeit

-

Finanzierungspartner

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

Allgemeine Projektinformationen

Schlagwörter (deutsch)

Tourismus, Arbeitsmarkt, Corona

Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)

Titel (englisch)

Analysis of the Tourism Labor Market before, during and after the Pandemic

Abstract (englisch)

Ziel der Studie ist die Analyse des Arbeitsmarktgeschehens in den beiden touristischen Kernbranchen Beherbergung und Gastronomie in den Jahren 2021 und 2022.
Inhaltlich liegt der Fokus auf jenen Aspekten, die generell die Besonderheiten des touristischen Arbeitsmarkts konstituieren sowie auf den unmittelbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie. Zentral sind dabei die besonderen Arbeitsmarktmuster der Branche, die eine unmittelbare Folge der im Zeitverlauf stark schwankenden Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen sind sowie aktuell die Auswirkungen der behördlichen Schließungen ab März 2020.
Methodisch knüpft das Studienvorhaben unmittelbar an die zahlreichen Untersuchungen des touristischen Arbeitsmarktes an, die das IHS (unter der Projektleitung durch Dominik Walch) seit 2008 im Auftrag unterschiedlicher Stakeholder durchgeführt hat: Die Analyse basiert auf der Auswertung von Administrativdaten aus dem Sozialversicherungssystem und vom AMS wie sie dem IHS im Rahmen der Arbeitsmarktatenbank (AMDB) von bma/AMS zu Verfügung in pseudonymisierter Form auf Individualebene vorliegen. Bestehende Indikatoren werden einem Datenupdate unterzogen und neu berechnet, die Zeitreihen zur Beschreibung des touristischen Arbeitsmarkts werden fortgesetzt. Um neuartige Phänomene – wie etwa die Kurzarbeit analysieren zu können werden neue Auswertungen entworfen und das Indikatorenset erweitert. Für diese Analysen werden spezielle Zusatzdaten, die im Zuge zuwartender Datenlieferungen durch das bma zu Verfügung gestellt werden, in die Untersuchung integriert.

Projektziele

Ziel und Inhalt der gegenständlichen Studie ist eine umfassende Analyse des touristischen Arbeitsmarkts vor, während und nach der der Corona-Pandemie.
Ausgehend von einer Zusammenfassung der Entwicklungen des touristischen Arbeitsmarkts der letzten Jahre werden die beiden Jahre der Corona Pandemie 2020 und 2021 untersucht. Im Fokus der gegenständlichen Analyse stehen dabei die Beschäftigtenstruktur und die Beschäftigungsmuster sowie ihre Veränderungen während der Pandemie.
Im Zuge der Pandemie tritt Arbeitslosigkeit erstmalig als Verlust von Arbeitsplätzen abseits von saisonalen Schwankungen auf . Das Instrument der Kurzarbeit scheint besonders für den Tourismus– dies legen erste Analysen nahe – wesentlich zu sein, um den Verbleib von MitarbeiterInnen in der Branche zu unterstützen.
Neben der Analyse der unselbständigen Beschäftigung umfasst die Studie somit auch die Untersuchung von Kurzarbeit und von Arbeitslosigkeit, Phänomene, die in bisherigen Untersuchungen des touristischen Arbeitsmarktes angesichts des stetigen Branchenwachstums eine untergeordnete Rolle gespielt haben
Aufbauend auf der Darstellung des Status quo vor der Krise und den krisenbedingten Veränderungen in der Struktur der Tourismusbeschäftigung in den Jahren 2020/2021 werden zusätzlich eine Abschätzung der Beschäftigungsentwicklung nach der Pandemie durchgeführt und jene Handlungsoptionen der Tourismus- bzw. der Arbeitsmarktpolitik identifiziert, die helfen können, einem allfälligen zukünftigen MitarbeiterInnenmangel entgegenzuwirken.

Praxisrelevanz

Der Tourismus in Österreich ist eine traditionell wichtige Branche, deren Bedeutung durch verschiedene Kennzahlen unterstrichen wird.
Die Wertschöpfung der Branche betrug im Jahr 2019 (inklusive Dienst- und Geschäftsreisen) rund 23,5 Mrd. Euro, was einem Anteil an der gesamten Wertschöpfung von rund 5,9% entspricht. Berücksichtigt man nicht nur direkte sondern auch indirekte Effekte, so beläuft sich der BIP-Beitrag im Jahr 2019 auf 7,3%.
Da Österreich eine wichtige Tourismusdestination ist, spielen gerade ausländische Gäste eine wichtige Rolle. Die Tourismusausgaben der AusländerInnen in Österreich betrugen im Jahr 2019 rund EUR 20,5 Mrd. und übersteigen damit die Ausgaben der ÖsterreicherInnen im Ausland (ca. EUR 10,3 Mrd.). Der Saldo von über 10 Mrd. Euro wirkt sich positiv auf die Außenhandelsbilanz aus.
Die steigende Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen schlägt sich unmittelbar in den steigenden Arbeitsmarktzahlen der Branche nieder. Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die Anzahl unterschiedlicher Personen, die im Jahresverlauf zumindest einen Tag in den beiden touristischen Kernbranchen Beherbergung und Gastronomie unselbständig beschäftigt waren sowie die jahresdurchschnittliche Beschäftigung. In den beiden touristischen Kernbranchen Beherbergung und Gastronomie waren im Jahresverlauf 2019 über 500.000 unterschiedliche Personen zumindest einen Tag unselbständig beschäftigt. Im Jahresdurchschnitt waren knapp 275.000 Personen unselbständig beschäftigt.
Der Tourismus ist somit ein wesentlicher Arbeitgeber. Umgekehrt ist der Tourismus aber auch auf ein aqäuates Arbeitskräfteangebot angewiesen. Aus diesem Spannungsfeld ergibt sich die Relevanz der Analysen für den Fortbestand des Tourismus selbst, aber auch darüber hinausgehend für die gesamte Ökonomie.

Berichte

Abschlussbericht , 24.02.2023

Kurzfassung

Die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen ist in den Jahren von 1997 bis 2019 kontinuierlich gewachsen. Dieses Wachstum hat sich auch unmittelbar in den Beschäftigungszahlen niedergeschlagen. Die grundlegenden Beschäftigungsmuster der Branche sind in diesem Zeitraum weitgehend stabil geblieben, da sich die Charakteristika von Angebot und Nachfrage nicht geändert haben: Die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen schwankt im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf. Im Moment, in dem die Nachfrage anfällt, muss sie durch personalintensive, just-in-time Produktion vor Ort befriedigt werden. Die saisonal bedingten Schwankungen im Personalbedarf bedingen auch eine besondere Beschäftigungsdynamik. Die (auch international) branchenüblichen Heraufforderungen temporäre und saisonale Arbeitskräfte zu finden und Personalabgänge zu kompensieren, wurde durch das Branchenwachstum verschärft. Der wachsende Arbeitskräftebedarf konnte in den letzten Jahren vor allem durch grenzüberschreitend mobile Beschäftigte gedeckt werden, wobei dies perspektivisch durch den demographischen Wandel und die Konkurrenz durch andere Branchen erschwert wird. Im Zuge der Corona Pandemie war der Tourismus jene Branche, die am stärksten von Lockdowns betroffen war. Der Beschäftigungsrückgang im Corona Zeitraum von 2020 bis Ende 2022 war im Tourismus (ÖNACE I) im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen am stärksten. Die Frage der Deckung des Personalbedarfs wurde dadurch nicht erleichtert. Der vermeintlichen kurzfristigen Entlastung stand die Herausforderung gegenüber, den Abgang langfristiger Kernbeschäftigter zu vermeiden. Ab Sommer 2022 sind nicht nur behördliche Einschränkungen weggefallen, auch die Quarantänebestimmungen, die eine Einschränkung der Nachfrageseite bedeuteten, sind weitgehend gelockert worden. Auf Basis des kurzen Nachbetrachtungszeitraums des Sommers 2022 kann Corona als temporärer Einschnitt betrachtet werden. Wie weit sich in Folge der Pandemie mittel- und langfristige Änderungen ergeben, wird sich zeigen. Weder die Rahmenbedingungen noch die Produktionsweise haben sich im Tourismus in Folge von Corona fundamental geändert. Die Herausforderung, den Arbeitskräftebedarf adäquat zu decken, besteht auch nach Corona weiter.

Berichtsdateien

Tourismusprojekt_BML-Format_FINAL_2023_walch.pdf

Abstract (deutsch)

Die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen ist in den Jahren von 1997 bis 2019 kontinuierlich gewachsen. Dieses Wachstum hat sich auch unmittelbar in den Beschäftigungszahlen niedergeschlagen.

Die grundlegenden Beschäftigungsmuster der Branche sind in diesem Zeitraum weitgehend stabil geblieben, da sich die Charakteristika von Angebot und Nachfrage nicht geändert haben: Die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen schwankt im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf. Im Moment, in dem die Nachfrage anfällt, muss sie durch personalintensive, just-in-time Produktion vor Ort befriedigt werden.

Die saisonal bedingten Schwankungen im Personalbedarf bedingen auch eine besondere Beschäftigungsdynamik. Die (auch international) branchenüblichen Heraufforderungen temporäre und saisonale Arbeitskräfte zu finden und Personalabgänge zu kompensieren, wurde durch das Branchenwachstum verschärft.

Der wachsende Arbeitskräftebedarf konnte in den letzten Jahren vor allem durch grenzüberschreitend mobile Beschäftigte gedeckt werden, wobei dies perspektivisch durch den demographischen Wandel und die Konkurrenz durch andere Branchen erschwert wird.

Im Zuge der Corona Pandemie war der Tourismus jene Branche, die am stärksten von Lockdowns betroffen war. Der Beschäftigungsrückgang im Corona Zeitraum von 2020 bis Ende 2022 war im Tourismus (ÖNACE I) im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen am stärksten.

Die Frage der Deckung des Personalbedarfs wurde dadurch nicht erleichtert. Der vermeintlichen kurzfristigen Entlastung stand die Herausforderung gegenüber, den Abgang langfristiger Kernbeschäftigter zu vermeiden.

Ab Sommer 2022 sind nicht nur behördliche Einschränkungen weggefallen, auch die Quarantänebestimmungen, die eine Einschränkung der Nachfrageseite bedeuteten, sind weitgehend gelockert worden.

Auf Basis des kurzen Nachbetrachtungszeitraums des Sommers 2022 kann Corona als temporärer Einschnitt betrachtet werden. Wie weit sich in Folge der Pandemie mittel- und langfristige Änderungen ergeben, wird sich zeigen. Weder die Rahmenbedingungen noch die Produktionsweise haben sich im Tourismus in Folge von Corona fundamental geändert. Die Herausforderung, den Arbeitskräftebedarf adäquat zu decken, besteht auch nach Corona weiter.

Abstract (englisch)

Over the last decades demand for tourism services has grown steadily. To meet growing demand employment in the sector had to grow as well.

Despite this growth, the industry’s employment patterns have largely remained stable, as the characteristics of supply and demand have not changed: Demand for tourism services fluctuates over time, i.e., demand - once it arises - must be met instantaneously by labor-intensive, just-in-time production.

Hence, the demand for labor also fluctuates over time, which in turn gives rise to special employment dynamics. Besides finding temporary and seasonal workers, tourism’s biggest personell challenge is compensating for staff departures. Constant growth of the sector growth has complicated matters.

In the last decade, growing demand for labor has been met primarily by employees who are mobile across borders. However, demographic change and competition from other industries will complicate continuing this strategy.

During Corona tourism was the industry most affected by lockdowns. Compared to other sectors of the economy, the decline in employment in tourism (ÖNACE I) was the most severe.

This temporary decline in demand for labor, however, did not necessarily make things easier as retaining core staff members became a major challenge.

As of summer 2022, most restrictions have been relaxed. Demand as well as production of tourism services reverted to the old pre-Corona levels.

Based on the data available so far, Corona can be considered a temporary one-off episode which the sector seems to have weathered well.

As the industry’s underlying demand and supply side conditions have not fundamentally changed, the challenge of adequately meeting the demand for labor will continue.

Autor/innen

Dominik Walch, Viktor Dorofeenko