Agri-PV-Grass: Vergleich von Photovoltaikanlagen auf Grünlandflächen und deren Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung
Projektleitung
Schaumberger Andreas
Forschungseinrichtung
Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein
Projektnummer
102138Projektlaufzeit
-
Finanzierungspartner
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
Allgemeine Projektinformationen
Abstract (deutsch)
Im Projekt Agri-PV-Grass vergleichen wir verschiedene Photovoltaiksysteme (bifaziale Agri-PV-Aufständerungen mit konventionellen Freiflächenanlagen) auf Grünland und beobachten deren Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung. Ziel ist eine qualitative und quantitative Bewertung von Einschränkungen bei der landwirtschaftlichen Nutzung sowie die Untersuchung ökologischen, ökonomischen und klimatischen Effekten solcher Anlagen.
Photovoltaikanlagen benötigen große Flächen und können Konflikte mit landwirtschaftlicher Nutzung, Naturschutz und Landschaftsästhetik auslösen. Eine kombinierte Nutzung in Form einer Agri-PV-Anlage ermöglicht die Integration von Energiegewinnung und Landwirtschaft, für die neben der Bewirtschaftungseinschränkung möglicherweise Vorteile wie reduzierter Trockenstress oder höhere Biodiversität eine wichtige Rolle spielen könnten.
Im vorliegenden Projekt werden Flächenanlagen und Agri-PV-Anlagen auf grünlandgenutzten Feldern hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Ertrag, Biodiversität und Bewirtschaftung miteinander verglichen. Die wissenschaftlichen Datenerhebung erfolgt auf drei repräsentativen Grünlandstandorten in Österreich mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen (Alpenvorland, inneralpine Regionen, trockene Grenzregion).
Mit einer vergleichenden Untersuchung von Agri-PV-Anlagen und Freiflächenanlagen sollen für Landwirte Daten bereitgestellt werden, die als Entscheidungsgrundlage dienen. Voraussetzung für eine konstruktive Diskussion derartiger Anlagen, in denen traditionelle Landnutzung mit dem Ausbau erneuerbarer Energie kombiniert werden, ist eine objektive, wissenschaftliche Auseinandersetzung zu diesem Thema.
Schlagwörter (deutsch)
Grünland, Agro-Photovoltaik, Bifaziale PV-Module, PV-Flächenanlagen, Biodiversität, Klimawandelanpassung
Titel, Abstract, Schlagwörter (englisch)
Titel (englisch)
Study of different photovoltaic systems on grassland and their impact on agricultural utilisation
Abstract (englisch)
In Agri-PV-Grass, we compare different photovoltaic systems (bifacial Agri-PV systems and conventional open-field systems) on grassland and analyse their impact on agricultural use. The aim is a qualitative and quantitative assessment of the management restrictions and potential benefits from an ecological, economic and climatic perspective.
Photovoltaic systems require large areas and can trigger conflicts with agricultural use, nature conservation and landscape aesthetics. Combined use of an agrivoltaic system enables the integration of energy production and agriculture, for which advantages such as reduced drought stress or higher biodiversity could play an important role in addition to the farming restrictions.
In this project, area systems and agrivoltaic systems on grassland fields are compared in terms of their effects on yield, biodiversity and management. The scientific data will be collected on three representative grassland sites in Austria with different climatic conditions (Alpine foreland, inner-Alpine regions, dry regions).
A comparative study of agrivoltaic systems and open-field systems is intended to provide farmers with data that can be used as a basis for decision-making. The prerequisite for a constructive discussion of such systems, in which traditional land use is combined with the expansion of renewable energy, is an objective scientific study of this topic.
Schlagwörter (englisch)
Grassland, Agrophotovoltaics, Bifacial PV modules, Photovoltaic plant, Biodiversity, Climate change adaptation
Projektziele
Der Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix der Zukunft wird durch die Umsetzung nationaler und internationaler Richtlinien und Vereinbarungen zu Klima- und Energiestrategien zunehmend größer und gewinnt stark an Bedeutung. Mit der dadurch zu erreichenden Reduktion der Treibhausgasemissionen stehen nachhaltige Energiegewinnung und Klimaschutz in einem direkten Zusammenhang. Solare Energie ist dabei neben Wasser- und Windkraft eine unverzichtbare Quelle für die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien.
Im Gegensatz zur Montage auf Dachflächen weisen freistehende und damit auch großflächigere und leistungsfähigere Photovoltaikanlagen einen dimensionsabhängigen Flächenverbrauch auf, der zwangsläufig zu Nutzungskonflikten führt. Je besser eine mehrfache Nutzung dieser Flächen möglich ist, desto geringer die Konflikte und desto größer das zur Energiegewinnung bereitstehende Flächenpotential, verbunden mit einer breiteren Akzeptanz in der Bevölkerung. Die technologische Weiterentwicklung der Photovoltaik erhöht nicht nur ihre Effizienz, sondern schafft auch neue Einsatzmöglichkeiten. Bifaziale Solarflächen können beispielsweise vertikal ausgerichtet und damit als Agrophotovoltaik grundsätzlich auch mit landwirtschaftlich genutzten Flächen kombiniert werden.
Während Flächenanlagen sowohl auf weniger produktiven Standorten bzw. anderweitig benachteiligten Flächen als auch auf hochproduktiven Ertragsflächen ausschließlich auf eine optimale Energiegewinnung ausgerichtet sind, ist ein bifaziales Agrophotovoltaiksystem aufgrund der geringeren Energieausbeute pro Flächeneinheit darauf ausgelegt, mit einer landwirtschaftlichen Nutzung kombiniert zu werden.
Im vorliegenden Projekt werden Flächenanlagen und bifaziale Agrophotovoltaikanlagen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine Grünlandnutzung und deren Rahmenbedingungen (produktionstechnisch, klimatisch, ökologisch, ökonomisch) wissenschaftlich untersucht. Ziel ist eine systematische qualitative und quantitative Beschreibung von Einschränkungen einer landwirtschaftlichen Nutzung als Grünland, die sich durch Photovoltaikanlagen ergeben. Ein besonderer Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung besteht darin, zwei verschiedene Systeme direkt miteinander vergleichen zu können.
Die für Flächenanlagen bereitgestellten Agrarflächen können grundsätzlich sowohl intensiv als auch extensiv genutzt werden und weisen deshalb ein unterschiedlich hohes Konfliktpotenzial zwischen Energieerzeugung und landwirtschaftlicher Nutzung auf. Darüber hinaus handelt es sich oft um naturschutzfachlich wertvolle Flächen, die aufgrund ihrer extensiven Bewirtschaftung eine hohe Biodiversität und damit Nutzungskonflikte mit dem Naturschutz aufweisen. Ein weiterer Konflikt ergibt sich aus einer möglichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.
Das Ziel von bifazialen, vertikal errichteten Photovoltaikanlagen ist die volle Integration in eine landwirtschaftliche Flächennutzung. Konflikte ergeben sich dabei in erster Linie durch die Beeinträchtigung einer effizienten Bewirtschaftungstechnik sowie durch den Flächenverbrauch unterhalb der Module, der jedoch vergleichsweise gering ausfällt und unter Umständen zur Anhebung der Biodiversität genutzt werden kann.
Um die identifizierten Vor- und Nachteile der zu untersuchenden Photovoltaiksysteme mit kombinierter landwirtschaftlicher Nutzung, insbesondere der Grünlandbewirtschaftung, objektiv bewerten zu können, braucht es eine Evaluierung möglicher Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen. Im Projekt werden folgende Schwerpunkte gesetzt und eingehender untersucht:
- Ertrag und Qualität des Grünlandes im Vergleich zu intensiver und extensiver Grünlandnutzung
- Agrarmeteorologische Einflussfaktoren (Verminderung der Evapotranspiration durch Abschattung und windbremsende Effekte
- Kombinationsmöglichkeiten mit der Haltung von Nutztieren (Wiederkäuer, Geflügel) und deren Einfluss auf Ertrag, Boden und Pflanzenbestand. Im Projekt erfolgt aus Kosten- und Bewirtschaftungsgründen keine systematische Untersuchung verschiedener Tierbesatze. Eine Bewertung der Kombination mit Tierhaltung erfolgt lediglich dann, wenn der Flächenbewirtschafter auf dem Versuchsstandort eine Beweidung durchführt. Die Erhebungen im Projekt beziehen sich ausschließlich auf die Beurteilung des Pflanzenbestandes, des Grünlandertrages und der Futterqualität. Tierhaltungsfragen sind nicht Teil dieses Projektes
- Technische und betriebswirtschaftliche Bewertung von Pflege und Bewirtschaftung: Möglichkeiten und Anforderungen der technischen Ausstattung, Bewertung des Mehraufwandes an Arbeitszeit, Bewertung der Abgeltungserfordernisse
- Auswirkungen und Veränderungen der Biodiversität und naturschutzfachliche Evaluierung: direkter Vergleich mit intensiver und extensiver Grünlandnutzung, begleitende Maßnahmen zur Förderung der pflanzlichen Biodiversität (Anlage von Blühstreifen, Gestaltung von Randstrukturen)
Da der Fokus der Untersuchung auf landwirtschaftliche Bewirtschaftungsfragen in Zusammenhang mit Energieanlagen gelegt ist, werden im vorliegenden Versuchskonzept alle Fragen der Energiebewirtschaftung nicht berücksichtigt.
Die Voraussetzung für einen direkten Vergleich beider Photovoltaiksysteme in Kombination mit einer landwirtschaftlichen Nutzung ist deren Installation auf einer Fläche, welche annähernd dieselben Rahmenbedingungen hinsichtlich Pflanzenbestand, Boden, Topographie und Klima aufweist. Gleichzeitig ist auf jedem Standort eine Referenzfläche einzurichten, auf welcher eine unbeeinflusste Bewirtschaftung den angrenzenden Flächen mit kombinierter Nutzung (Energie + Landwirtschaft) gegenübergestellt werden kann. Vorzugsweise sollte der Standort flach und leicht zugänglich sein, um topografische Einflüsse zwischen den drei Behandlungsvarianten bei unterschiedlicher Exposition oder Hangneigung zu vermeiden. Die Behandlungsvarianten und deren Ausstattung sind schematisch in der beiliegenden Abbildung des Versuchsdesigns dargestellt (2025-01 Agri-PV-Grass Versuchsdesign.png).
Um Standorteffekte (Boden, Klima, Topographie) auf die Bewirtschaftung und deren Wechselwirkungen mit den Behandlungsvarianten (Photovoltaikanlagen) zu verringern bzw. auszugleichen, ist es notwendig, die gesamte Versuchsanlage auf mehreren Standorten zu replizieren. Eine Berücksichtigung der sich jährlich ändernden Witterung erfolgt durch eine Mindestlaufzeit, die sich auf zeitgleiche Untersuchungen über mindestens drei Vegetationsperioden erstreckt. Sollen die Erkenntnisse aus diesem Projekt für eine allgemeine Evaluierung des Zusammenhangs zwischen Photovoltaik und landwirtschaftlicher Nutzung herangezogen werden, ist neben der dreijährigen Laufzeit auch eine mindestens dreifache Wiederholung des Faktors Standort unverzichtbar. Die Standorte sollten sich nach Möglichkeit lediglich durch verschiedene klimatische Bedingungen unterscheiden, um die Varianz weitgehend auf diesen Parameter beschränken zu können. Damit Aussagen für möglichst viele Grünlandflächen in Österreich möglich sind, bietet sich folgende Standortauswahl an:
Standort 1: Grünland in einer klimatischen Gunstlage des Alpenvorlandes: Solarpark Eugendorf (LAT: 47.829603, LON: 13.140556)
Standort 2: Inneralpiner Grünlandstandort nahe der HBLFA Raumberg-Gumpenstein in Aigen (LAT: 47.509088, LON: 14.116878)
Standort 3: Eher trockener Standort an der LFS Grottenhof, Betrieb in Hardt (LAT: 47.058075, LON: 15.357596)
Mit diesen Standorten sollte ein großer Teil der Flächen des österreichischen Wirtschaftsgrünlandes repräsentiert sein. Die Projektdauer von 6 Jahren wird deshalb gewählt, um zumindest drei Jahre an allen drei Standorten gleichzeitig Daten erheben zu können. Während der Standort 1 (Eugendorf) bereits in Betrieb ist und ab 2025 beprobt werden kann, wird jener in Hardt (Standort 3) erst im nächsten Jahr in Betrieb gehen, während Aigen (Standort 2) noch in der Planungsphase ist. Hier ist mit einer Inbetriebnahme 2028 zu rechnen.
Praxisrelevanz
Die unter zunehmendem wirtschaftlichen Druck stehenden Landwirte denken über alternative Einkommensquellen für Ihren Betrieb nach. Eine Energieproduktion auf einem Teil der Betriebsfläche stellt dabei für manche Landwirte eine attraktive Option dar. Neben administrativen Einschränkungen und Hürden bei der Errichtung fehlt es oft an qualifizierten Informationen, die vor allem die Rahmenbedingungen einer Doppelnutzung solcher Flächen betreffen. Während es für die Einreichung, steuerliche Behandlung, Flächenwidmung, Förderung und Herstellung von Agri-PV zahlreiche Handreichungen und Broschüren aus unterschiedlichen Quellen gibt, sind Handlungsempfehlungen oder Entscheidungshilfen für das eine oder andere PV-System von mehreren Faktoren abhängig, die im Rahmen dieses Projektes angesprochen werden sollen.
Im Ackerbau sind Agri-PV-Systeme schon länger im Einsatz und dafür gibt es auch bereits Erfahrungen und Austausch unter den Landwirten. Auf Grünland sind eher Flächenanlagen installiert, die aufgrund einer Priorisierung der Energienutzung nur eine begrenzte landwirtschaftliche Bewirtschaftung ermöglichen. Für eine Kombination mit Grünland-Intensivflächen fehlen weitgehend Erfahrungen sowie objektive Daten für eine Bewertung. Wie im Ackerbau spielt auch in der Grünlandwirtschaft die Frage des Gesamtdeckungsbeitrages (Energie + landwirtschaftliche Nutzung) eine große Rolle. Daneben sind aber Fragen des zusätzlichen Arbeitsaufwandes, der Mechanisierung bei Düngung und Ernte, des Futterertrages und der Futterqualität sowie stabile Pflanzenbestände von großer Bedeutung. Möglichkeiten zur Klimaanpassung und mögliche Förderungen hinsichtlich einer Erhöhung der Biodiversität sind zusätzliche Aspekte.
Im vorliegenden Projekt werden Daten erhoben, die Antworten auf diese Frage bieten sollen. Der direkte Vergleich zwischen Agri-PV- und Flächenanlagen sowie einer Referenzbewirtschaftung ohne PV auf mehreren Standorten soll dafür die Grundlage schaffen.