© Stefan Kirchweger
Landbewirtschaftung und Naturschutz auf Almen und Bergwiesen – eine Partizipativ-Ökonomische Betrachtung
Österreichs Landschaft wird seit Jahrhunderten durch die Landwirtschaft geprägt. Die Landwirtschaft ist somit hauptverantwortlich für die Gestaltung des Lebensraums in ländlichen Regionen und die daraus entstandene Kulturlandschaft. Die Bewirtschaftung durch die Landwirtschaft erstreckt sich in alpinen Regionen bis in hohe Lagen und hat auch auf Almen einen hohen Stellenwert. Insbesondere dort findet man oft eine einzigartige Flora und Fauna. Mit dem Ziel, diese Flora und Fauna zu erhalten und diese speziellen Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu gewährleisten, sind einige Almen und Bergwiesen in Österreich in die Zonen von Natura-2000-Gebieten, Naturschutzgebieten und Nationalparks mitaufgenommen worden.
Dadurch können für die Landwirtschaft Nutzungsauflagen entstehen, die nicht immer mit der vorherrschenden Bewirtschaftung der Flächen übereinstimmen. Solche Nutzungsauflagen können unterschiedliche Ausprägungen mit verschiedenen Bewirtschaftungsverbotszeiträumen umfassen. Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Strategien zur Erhaltung der Kultur- und Naturgüter der Almen kann zu Nutzungskonflikten führen. Da sowohl der Naturschutz als auch die Landwirtschaft mit öffentlichen Mitteln gefördert werden und Almen einen Anziehungspunkt für Touristen darstellen, spielen gesellschaftliche Erwartungen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Nutzungsstrategien und Fördermaßnahmen.
Ziel dieses Projektes war es, ein besseres Verständnis für die gesellschaftlichen Präferenzen bei der Bewirtschaftung von Almen und Bergwiesen zu erlangen und Nutzungsstrategien und Rahmenbedingungen zu identifizieren, um ein Optimum aus dem Kultur- und Naturgut zu entwickeln und auch Erholungsaspekte zu berücksichtigen. Dazu wurden Methoden der partizipativen Forschung und ein Discrete Choice Experiment kombiniert, um die Präferenzen und die marginale Zahlungsbereitschaft (MWTP) potentielle Besucher von Almen und Bergwiesen der Fallstudienregion zu berechnen. Als Fallstudienregion diente die bundesländerübergreifende Region Eisenwurzen (OÖ, NÖ, Stmk). Im Rahmen des partizipativen Prozesses wurden sechs entscheidende Gestaltungmerkmale von Almen und Bergwiesen identifiziert, und das Experiment in einer Umfrage durchgeführt. Dabei nahmen 360 Personen aus der Eisenwurzen und Umgebung teil. Anschließend wurden statistische Modelle angewendet um die Präferenzen und MWTP für die einzelnen Gestaltungmerkmale zu berechnen.
Die Ergebnisse zeigen insgesamt positive Präferenzen für alle nicht-monetären Attribute, insbesondere in Bezug auf eine starke Zunahme der Vielfalt an Pflanzen- und Insektenarten, aber auch für eine Wissensvermittlung mit. Im Durchschnitt aller Befragten wird die höchste MWTP für eine hohe Vielfalt an Pflanzen- und Insektenarten angegeben, gefolgt von Informationstafeln, Naturlehrpfaden, Apps zur Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung. Es folgen interaktivere Formen der Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung, ein hoher Anteil an regionalen Lebensmitteln sowie Aufenthaltsmöglichkeiten mit Verpflegung und Unterkunft. Betrachtet man die marginale Zahlungsbereitschaft nach Gruppen, so werden die zuvor beschriebenen Unterschiede in den Präferenzen noch deutlicher. Basierend auf weiteren Interaktionen mit Stakeholdern wurden notwendige Rahmenbedingung und alternative Umsetzungsmaßnahmen für Almen und Bergwiesen skizziert um die Politik bei der Entwicklung geeigneter Strategien zu unterstützen, und Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus in der Region Eisenwurzen zu initiieren. Kommunikation zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus von großer Bedeutung ist um die nachhaltigen Lebensräume für Mensch und Natur in alpinen Räumen zu erhalten.
Die hier erzielten und mit den Stakeholdern diskutierten Ergebnisse können aufgrund der spezifischen regionalen Gegebenheiten nur bedingt in andere Regionen übertragen werden. Jedoch stellt der hier vorgestellte Forschungsansatz eine Möglichkeit dar um die regionalen Präferenzen der potentiellen Alm- und Bergwiesen-Besucher*innen zu kennen und ermöglicht durch die Methodenkombination die Erarbeitung von wissenschaftlich abgesicherten, regional verankerten und an die Zielgruppe orientierenden Ergebnisse. Für die Gestaltung von Rahmenbedingungen zur Entwicklung von nachhaltigen Lebensräumen für mensch und Natur auf Almen und Bergwiesen ist die dies von größter möglicher Bedeutung.